Die Kunst der Kunst

Gross, laut, grell, spektakulär, gigantisch. Alles Attribute, die gegenwärtig zum Renommee eines Künstlers von Rang und Namen gehören. Nix von leise, still, bescheiden, klein oder intim. Die Beschaulichkeit des Berührtseins, das geheimnisvolle Etwas stehen hinter dem Effektvollen, Sensationslüsternen, gigantischen. Die leisen Töne fehlen. Wenn sie da sind, verschwinden sie hinter dem grossen scheppernden Klang der Kunstwelt. Sie geben sich bescheiden, fast schon anmassend bescheiden, die kleinen Künstler, die „nur“ aus Begeisterung und der reinen Freude am Tun arbeiten. Sie können nicht leben von dem was sie schaffen. Sie verbringen unendliche Stunden in ihrem stillen Kämmerlein, am Feierabend, in freien Stunden.

Mona Lisa hätte heute kaum mehr eine Chance in die Ränge zu kommen. Leonardo arbeitete fast ein ganzes Leben an ihr, immer wieder, nahm sie überall mit, wohin er auch ging. Strich mal da, mal dort sanft über die Wangen und ließ es auf sich beruhen. Dies tat er bis fast an sein Lebensende. Kurz vor seinem Tode zeigte er sie erstmals hohen Kirchenvätern und bezauberte diese. Sie war noch nicht vollendet und würde es auch nie sein…

So etwas heute? Die lauten Töne brauchen zu viel Rauch und haben wenig Feuer. Dafür umso mehr Klugheit, Intelligenz, oder besser Schlauheit. Es ist die Schlauheit des Händlers, der genau weiß, was für die Masse taugt. Bescheiden geben sie sich jedenfalls schon lange nicht mehr. Das stille Kämmerlein wird mit grossen Fabrikhallen getauscht. Der Pinsel mit Schweissapparaten und Baumfällerwerkzeug. Wer die anderen übertönt, hat schon gewonnen. Wer die beste Werbekampagne macht, geht als Sieger davon. Eine gute Idee genügt. Was geht über die Idee hinaus? Was schafft den Mehrwert – in uns?

Darüber streiten sich seit Jahrzehnten die Kunstkritiker. Sie raufen sich die Haare und jeder findet ebenso gute Argumente dafür, wie dagegen. Alles kann unter diesem Aspekt ebenso gut Kunst sein, wie es Nichtkunst sein kann… es kommt auf die Argumente an…

Lob der Mundart

hochdeutschGunnar Decker schreibt in seiner Hesse Biografie: „Es entspricht Hesses Selbstverständnis zu Beginn der dreißiger Jahre, zu sagen, er habe den ästhetischen Ehrgeiz, Literatur zu machen, gänzlich verloren.“ Dazu schrieb dieser am 14. November 1926 an Heinrich Wiegand, er schreibe keine Dichtung, „sondern eben Bekenntnis, so wie ein Ertrinkender oder Vergifteter sich nicht mit seiner Frisur beschäftigt oder aber mit der Modulation der Stimme, sondern eben hinausschreit.“

Wie schreibt man „richtig“?
Akademisch, gelehrt… sodass die Literaturkritiker sich lobend erheben und Beifall klatschen… oder gerade nicht, weil sie der anderen Gattung angehören?

Oder anders herum gefragt, was nennt Mann/Frau „richtig“ oder „falsch“? Sind die Sätze umständlich aufgebaut? Schreiben ist eine Kunst, gewiss. Aber was für eine? Welche Normen gelten, welche Kriterien kennzeichnen den „guten“ Schreibstil? Wiederholungen vermeiden? Satzbau akribisch kontrollieren? Dialektwörter tunlichst vermeiden? Länge des Satzes kontrollieren? Füllwörter so wenig wie möglich verwenden und natürlich die Grammatik penetrant überarbeiten! Der Leser, die Leserin müssen es nicht nur lesen und verstehen können, sondern wieder zurückübersetzen in seine/ihre eigene Gedankenwelt!
Nicht wenige Schriftsteller wurden zu ihrer Zeit mit dem Prädikat untauglich abgestempelt, um später als große Autoren entdeckt zu werden!

Ein Text-Beispiel:

„Drinnen in der weiten, reinen Küche knisterte ein mächtiges Feuer von Tannenholz, in weiter Pfanne knallten Kaffeebohnen, die eine stattliche Frau mit hölzerner Kelle durcheinanderrührte, nebenbei knarrte die Kaffeemühle zwischen den Knien einer frischgewaschenen Magd; unter der offenen Stubentüre aber stund, den offenen Kaffeesack noch in der Hand, eine schöne, etwas blasse Frau und sagte: »Du, Hebamme, röste mir den Kaffee heute nicht so schwarz, sie könnten sonst meinen, ich hätte das Pulver sparen mögen. Des Göttis Frau ist gar grausam mißtreu und legt einem alles zuungunsten aus. Es kömmt heute auf ein halb Pfund mehr oder weniger nicht an. Vergiß auch ja nicht, das Weinwarm zu rechter Zeit bereitzuhalten! Der Großvater würde meinen, es wäre nicht Kindstaufe, wenn man den Gevatterleuten nicht ein Weinwarm aufstellen würde, ehe sie zur Kirche gehen. Spare nichts daran, hörst du! Dort in der Schüssel auf der Kachelbank ist Safran und Zimmet, der Zucker ist hier auf dem Tische, und nimm Wein, daß es dich dünkt, es sei wenigstens halb zuviel; an einer Kindstaufe braucht man nie Kummer zu haben, daß sich die Sache nicht brauche…“

Haben Sie erraten, von wem das ist? Richtig, von Jeremias Gotthelf mit einer der bekanntesten Erzählungen des deutschsprachigen Raumes: „Die schwarze Spinne“. Der Text hat Herzblut und Seele. Und das ist das Wesentlichste! Klar kann man an die Gedanken, die man fürs Erste fliessend hinschmeisst, um ihnen eine angemessene Form zu geben, gehörig nachmodulieren, nachformen, kann ihnen die Länge nehmen (wie diesem hier z.B.), sie stutzen, komprimieren, deren Aussagen raffen und gemäss allen Regeln des Schreibens zurechtbiegen. Und dann die Dialektbegriffe entfernen, weil sie dem preussischen Ohr nicht gut tun könnten. Die Frage bleibt offen: Warum ist des Preussen Deutsch eigentlich das „Richtige“? Könnte doch auch bayrisch sein, oder Kölsch…

Wenn wir aufmerksam sind, bemerken wir, dass es Konventionen sind, die uns an den Regeln des Schreibens (und des Lebens) festklammern lassen. Sprache ist individuell, die Begriffswahl ebenso. Sie sind an das Denken und an die Wahrnehmung gebunden und insbesondere an die Vorstellungen, mit welchen wir durchs Leben ziehen. Gelernt ist gelernt. Wozu denn Germanistik studieren, wenn der Kaminfeger es besser könnte. Schreiben ist aber vor allem auch an die Seele des Schreibenden gebunden. Man schreibt während dem man fühlt und bringt das Gefühlte wieder in die Form der Begriffe hinein. Wie schwer ist das! Sprache ist umfassender als das, was die Begrifflichkeit abzudecken vermag. Sprache ist alles, ist Kommunion, sich dem anderen verständlich machen, so dass er begreift, was ich fühle und im Herzen angesprochen wird. Das ist sie doch: die eigentliche „Kunst des Schreibens“. Ein stetes Ringen um Bewusstsein in der Auseinandersetzung mit Worten. Letztlich sind es immer die Worte, die Begriffe, die klären, erklären, was wir fühlen. Selbst ein Bild, eine Form, ein Musikstück, Bewegung wird erst erkennbar und begreifbar, wenn es im Mantel des Begriffs „erscheint“. Nenne man es einen Roman, eine Novelle, eine Geschichte, ein Märchen, ein Traktat, eine Rezension oder was auch immer… es ist, was es ist, der Aussage entsprechend.

Die Reflexion an den Gegenständen der Welt, zu denen auch Gefühle gehören, zu denen die Kunst gehört, alles, was unsere sieben oder meinetwegen zwölf Sinne erfahren und erleben, wird gemessen an der Begrifflichkeit unserer Gedanken… Sprache, Schreibkunst ist in diesem Sinne in erster Linie das authentische Erleben, Einleben und übersetzen dieser Wahrnehmungen in Worte, Sätze… Oft ist der „schön“ gebildete Satz einer „ästhetischen Literatur“ ein Blendwerk, welches an den Tatsachen der Welt vorbeidichtet ohne dies zu bemerken. Das Sprechen und das Schreiben ist sehr individuell und an jene Sprache gebunden, die uns im Herzen berühren kann und das ist in der Regel die Muttersprache, die „Mundart“… sie ist das unmittelbarste, ehrlichste und authentischste Ausdrucksmittel… Das Beschönigen kommt oft einem Bruch gleich, der Ästhetik und Gesetz vor Sinn und Herz stellt.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Wagnis Denken…

DenkenNicht ein „Darüber-Stehen“ ist Motivation für all die Ausführungen, die in diesem Blog hier dargestellt und „angedacht“ werden. Es ist vielmehr ein „Darinnen-Stehen“, ein Kampf mit all den dunklen, hellen, klaren oder auch undurchsichtigen Kräften, welche sich schliesslich in Worte formen wollen. Dabei steht aber nicht ein Dozieren oder Rechthabenwollen im  Vordergrund. Eher ist es ein stetes Bangen und Zweifeln, gepaart mit grossartigen, überraschenden Einsichten, welche sich hin und her bewegen in einem suchenden Geist und Genossen dieses Zeitalters.

Ehrlichkeit steht zuvorderst und zwar eine Ehrlichkeit vor allem mir selber gegenüber. Mit grösster Selbstkritik diesem rasenden und fluktuierenden Medium „Gedanke“ sich gegenüber zu stellen und nur das hindurchzufiltern, was auch nach langem Hin- und Herbewegen noch Bestand haben kann. Das ist und war immer mein Bestreben. Insofern ist „Wahrheit“ ein seltener Gast im Getriebe unseres Denkapparates. Sie gibt sich oft nicht von alleine, sondern entsteht langsam, herantastend aus dem dunklen Gedankenleben heraus. Alle diese grossen Begriffe, ausgegangen vom GLAUBEN, ERKENNEN, hin zu WAHRHEIT, GEWISSEN, FREIHEIT usw. können nicht in starren Definitionen und Erklärungen verstanden werden. Sie haben vielmehr ein Eigenleben in sich, sind sehr individuell in ihrer Bedeutung und bilden sich erst mit der Zeit aus der Erfahrung heraus. Sie können auch wachsen… oder einfrieren, je nach dem.

Dennoch können viele Erkenntnisse selbst im Nachdenken über solche Begriffe gefunden werden. Sie bilden letztlich auch das Grundgerüst für die Frage nach dem Sinn des Lebens…

Was als Glaube am Anfang dieser Auseinandersetzung stand, führt alles in allem letztlich immer hin zum Freiheitsbegriff. Dabei muss der Weg von jedem einzelnen Menschen selbst begangen werden und jedes „Stadium“ kann befriedigen, weil in jedem Entwicklungsschritt entsprechende Qualitäten stecken, die gerade aus dieser Situation und nur aus dieser Situation heraus entstehen konnten.

So kann ein starker Glaube in irgendeiner Form, sei es nun in Politik, Kultur oder Religion, im wahrsten Sinn des Wortes „Berge versetzen“. In der Medizin nennt man diesen Effekt „Placebo“. Was dort immer etwas erniedrigend kommentiert wird, ist in Tat und Wahrheit eine viel stärkere Kraft, als alle chemisch-biologischen Wirkungen (inklusive Nebeneffekten)!

Auf dem Weg des Menschen tritt immer irgendwann einmal das Bedürfnis nach Erkenntnis auf. Und auf jeder „Stufe“ wird man viele positive Erfahrungen machen können. Aber jeder Schritt hat auch seine Verluste zu beklagen. So geht dem Erkenntnisringen vieles an Kräften verloren, die im Glauben drinnen stecken. Dies ist wohl der Preis auf dem Weg zur Freiheit.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Es ist alles ganz anders…

Das gebe ich gerne weiter… gefunden im Blog „Klanggebet“

„Es gibt diese Erzählung von zwei Mönchen, die ihre Vorstellung vom Paradies hatten und einander versprachen, derjenige der zuerst sterbe, werde dem Hinterbliebenen davon erzählen, wie es dort drüben sei. Sie versprachen einander, nur ein Wort zu sagen, nämlich „aliter“, was bedeutet „Es ist anders, als wir es uns vorstellten“, oder „taliter“, „Es ist so, wie wir es uns vorstellten“. Als nun der eine Mönch starb, erschien er seinem Bruder im Traum, doch nicht wie versprochen mit einem dieser Worte, sondern mit den Worten „Totaliter aliter“, was bedeutet: „Es ist vollkommen anders, als wir es uns vorgestellt haben“.

Für mich sind diese zwei Worte wie ein kraftvolles Mantra. Wann immer ich feststelle, dass ich mich in festen Vorstellungen über einen Menschen, über die Welt, über die Sinnhaftigkeit des Lebens oder gar das Wesen Gottes befinde, sagt es in mir wie von selbst: „Totaliter aliter“.

Denn nur wenn wir uns eingestehen, einen Menschen nicht zu kennen, können wir ihm noch begegnen. Und nur wenn wir die Ahnung von der Unvorstellbarkeit des Lebens hereinlassen, können wir uns der Welt noch fragend, sehnend und atmend zuwenden. Und nur wenn wir bereit sind, noch jede tröstliche Vorstellung von Gott loszulassen, öffnen wir uns dem, den wir nicht kennen, dem, der da kommt. Dem, den wir erfahren, jenseits von Wissen und Erwartung.

„Totaliter aliter“ ist ein Gebet des Loslassens, ein Mantra des Nichtwissens, eine Einlassung in die Größe der Liebe, die alle unsere Vorstellung zum Schweigen bringt, all unsere Grenzen sprengt und all unsere Gewissheiten unendlich übersteigt.

Und wenn ich nichts mehr zu sagen, nichts mehr zu wissen und nichts mehr zu hoffen hätte, wären es diese beiden Worte, auf denen ich reisen wollte, und ich wüsste, dass es eine gute Reise ist.“

Liebe ist bedingungslos…

Wieder einmal wird die Liebe thematisiert. Ein paar Gedanken mehr zu einem unerschöpflichen Thema…

Liebe kennt kein Wenn und kein Aber. Liebe kennt auch kein Weil. Ich liebe sie, weil sie so oder so ist, weil sie blaue Augen hat oder einen schönen Mund. Das sind Sätze, die vieles beschreiben, aber die Liebe nicht. Oder: sie liebt ihn, weil er gross und stark ist. Liebe kennt keine Adjektive und vor allem  keine Begründungen. Sie IST, wo sie hinfällt. Liebe ist ein Seins-Zustand. Sie ist da oder sie ist nicht da. Wer den Idealpartner/die Idealpartnerin sucht, hat im Grunde schon verloren.

Man könnte sich ja eine Checkliste machen, welche Eigenschaften der ideale Partner haben müsste. Blond, blaue Augen, mindestens 1.76 m gross und schlank, grosser Busen, schmale Taille etc. Als Hobby: Reiten, Bergsteigen, Kampfsport und Kochen.

So oder ähnlich würde dann das „Liebesprofil“ des idealen Partners vielleicht aussehen. Worauf beruhen diese Bilder und Vorstellungen? Haben sie etwas mit dem Partner/der Partnerin zu tun… oder doch eher mit mir selbst? Natürlich haben sie mit mir selbst zu tun!

Dennoch begeben wir uns auf die Suche nach diesem „idealen Partner“ oder der „idealen Partnerin“. Wir sehen dieses Ebenbild vielleicht auf einer Party und verlieben uns in – ja eben, in was denn? In sie oder ihn? Nein, in das Ebenbild natürlich, das uns erscheint. Alles, was nicht dazu passt, schalten wir einfach aus, ignorieren es. Wir sehen nur die langen schlanken Beine, die blonden Haare und die schmale Taille oder den roten Mund, den vollen Busen usw. und haben Glück, wenn auch noch das eine oder andere Hobby, die eine oder andere Eigenschaft zusammen passt…

Ich liebe sie/ihn, WEIL er oder sie so oder so ist, WEIL er oder sie schlank und gross ist usw. sind „no goes“. Sie haben nicht im Geringsten etwas mit der Liebe zu tun! Liebe heisst, sich im Wesen zu begegnen. Auch wenn alles passt in meinem Profil, so heisst dies noch lange nicht, dass wir das Wesen des anderen erkennen. Im Gegenteil, alle diese Dinge bilden Mauern und Schatten, die uns den Blick zum eigentlichen Wesen des anderen Menschen verbergen.

Ebenso die Wenns und Abers. Ich liebe ihn oder sie, wenn er so ist (sonst hasse ich ihn oder sie vielleicht sogar usw.) Das sind alles Bedingungen, die wir mit einem Gefühl verknüpfen, welches bedingungslos ist und bleiben muss… Liebe ist bedingungslos

Was bringt die Neurologie für den psychologisch orientierten Therapeuten

Psychotherapeutische Ansätze und Neurologie: Normalerweise werden die modernen Wissenschaften aus der Ecke der Schulmedizin von psychologisch orientierten Therapeuten verpönt oder zumindest nicht ernst genommen. Ähnlich verhält es sich natürlich auch in umgekehrter Richtung. Dabei hätten die beiden vollkommen polar ausgerichteten Ansätze soviel Potential in sich, um fruchtbar in beide Bereiche hinein zu wirken. Darüber wird in diesem kleinen Hörbeitrag gesprochen.

Gedankenkontrolle

Fünf Schritte zu einer spirituellen Entwicklung

Erster Schritt: Erkenntnis der Korrelation von Gedanke und Gefühl. Dies beinhaltet gleichzeitig das Erkennen, dass Gedanken unsere Emotionen und Gefühle auslösen und deren Schöpfer sind. Deswegen sind wir nicht identisch mit unseren Gedanken, wie die meisten Menschen glauben, sondern wir sind mehr, ohne etwas zu benennen…

Übung: Gedanken schaffen, positive wie negative und lernen zu beobachten, was sie mit uns machen, währenddem wir gleichzeitig möglichst tief in sie hinein gehen und uns möglichst tief mit ihnen identifizieren. Dies kann zum Verlust der Beobachterposition führen und somit aus dem bewussten Prozess hinausführen… diesen Schritt durch erneute Verankerung immer wieder üben…
Es geht zunächst nur darum, für eine neue Kraft wach zu werden…

Zweiter Schritt: Gedankenkontrolle. Die Beherrschung des ersten Schrittes führt dazu, dass wir mehr Bewusstsein über unsere Gedanken bekommen. Es ist ein grundlegender Schritt zum Einmaleins jeder geistigen Entwicklung. Leider wird er unterschätzt. Er führt nicht direkt zur erweiterten Erkenntnis, ist aber dennoch Bedingung auf dem Weg dahin. Man kann diesen Schritt nicht umgehen. Er ist notwendig.

Dritter Schritt: die Gedankenkontrolle befähigt erst, uns von Gedanken zu lösen und sie auf Distanz zu beobachten. Das heißt, dass wir uns nicht mehr als deren Knecht fühlen, sondern erkennen, dass wir die Schöpfer sind. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch die Wesen erkennen, die in uns ständig neue (sogenannt gute oder schlechte) Gedanken einpflanzen und somit die Emotionen steuern, denen wir ohne diesen inneren Beobachter ausgeliefert sind (voice dialogue: Teilselbste).

Vierter Schritt: Erkennen des „höheren Ich“ oder einer geistigen Mitte (Begriffe spielen keine Rolle). Aus dieser Erkenntnis heraus erleben wir uns zunehmend als Schöpfer und Herrscher eines inneren Systems von Gedanken und den damit verbundenen Gefühlen aus denen die Handlungen folgen. Wir erkennen, dass wir diesen Vorstellungen und Gedanken nicht maßlos ausgeliefert, sondern deren Herrscher und Schöpfer sind.

Fünfter Schritt: Verankerung des Bewusstseins an dieser nun bewussteren Mitte-Kraft. Das stete Üben dieser Schritte und deren Erkenntnisse und Leiden bringen uns zunehmend einen festen Anker in einer inneren, „geistigen“ Verortung. Dort sind wir keinen uns beherrschenden Schwankungen mehr ausgeliefert. Wir erleben unsere Gefühle von diesem Zentrum aus selbst und lassen uns nicht mehr unbeherrscht in den Strudel der Emotionen hinein ziehen…

Das Emotionen und Gefühle unmittelbar an Gedanken gekoppelt sind glauben viele nicht. Deshalb nicht, weil sie sich im Denken selbst vergessen. Sie wissen nicht, dass sie denken, selbst wenn sie denken! Weil man im Normalfall immer erst dann etwas wahrnimmt, wenn man fühlt, meint man die Gefühle seien autonome Erlebnisse. Es entsteht Gefühlsmystik mit Aussonderung des Denkens. Hier wird das Fühlen zuoberst gestellt und das Denken als etwas niedereres oder sogar Inexistentes negiert. Dass der Gedanke die Gefühle auslöst und, eng verbunden mit der Wahrnehmung, Gefühle erschafft, bleibt deshalb im Dunkeln.

Lauschen

Hineinlauschen in das Innere. In das Eigenleben der Seele. Wach sein für die feinen Stimmen. Überdeckt vom Getose der äußeren Welt. Das ist die zentrale Aufgabe unseres Lebens. Nicht mürbe werden am Geplapper unserer Gedanken. Sie kommen und gehen. Sie führen und leiten unsere Gefühle und Handlungen. Ohne das innere Wachsein beherrschen sie unser Leben. Sie sind mächtig. Suchen Streit, Argumente, Rechtfertigung. Gedanken sind unser heiligstes Werkzeug. Aber sie sind wie kleine Kinder ohne unsere Führung. Zuweilen wie Tiere, Drachen, heillose Zerstörer. Sei achtsam. Aber bewerte, beurteile sie nicht. Erkenne, beobachte. Finde deinen inneren Führer. Dann wirst du zum Führer von Menschen.

Der „Freidenker“ in Ihnen

Freidenker

…das Wort kennt jedenfalls mein Handy nicht: „Freidenker“. Nicht verwunderlich, denn dieser Begriff ist ja schon fast ein Schimpfwort, wie alles, was mit persönlicher Freiheit zu tun hat. Wie frei sind wir denn wirklich? Immer wieder ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema. Es ist erst ein paar Tage her, als mir eine nahe Verwandte mit dem jüngsten Gericht drohte…

Nein beliebt ist man nicht, wenn man „frei denkt“ oder es zumindest versucht oder meint, es zu tun. Die einen argumentieren mit der göttlichen Vorsehung und dass sowieso ein großer Plan alle Geschicke der Erde und des Kosmos lenken würde und wir, um Gottes Willen – und zum Glück – keinen Einfluss darauf hätten…
Für andere wiederum sind wir nur kleine Würmchen (mein Handy meint Würstchen, was die Sache ja auch nicht wirklich verfehlt), also jedenfalls ein Nichts im großen allmächtigen All. Somit gänzlich unberechtigt, irgendwelche Urteile zu fällen. Nur gefällt werden sie (die Urteile) eben trotzdem und zwar von genau denen, die solches sagen.

Und da steht Mann/Frau vor der Tatsache der gänzlichen Inkompetenz und Unfähigkeit, Urteile zu fällen und dennoch argumentieren zu müssen.

Aber wie steht es denn nun damit? Sind ein paar Gedanken dazu dennoch erlaubt, so seien sie hier angefügt.
Die Frage ist halt immer wieder dieselbe: Gibt es diese persönliche Freiheit und wenn, wo gibt es sie… habe ich also die Berechtigung, mich überhaupt zu diesem Thema zu äußern oder hat die göttliche Vorsehung keinen Platz dafür?

Glaubt man an eine unwiderrufliche göttliche Macht wie diese Vorsehung, braucht man hier gar nicht weiter zu lesen. Denn es spielt eigentlich keiner Rolle, was ich über die Freiheit schreibe, es gibt sie doch nicht und allein der Glaube macht selig. Das argumentieren und diskutieren allein schon öffnet mich für den anderen Menschen. Im besten Fall wird es ein Dialog mit offenem Ausgang. Beharre ich indessen auf meinem seit jeher gelebten Dogma (auch den Begriff kennt mein Handy nicht) – unverrückbar und unwiderruflich, dann bin ich nicht offen für andere, für Argumente der Anderen.

Wenn Sie diesen Artikel also lesen, dann gibt es drei Möglichkeiten, warum Sie dies tun.
Die erste (und wohl beste aus meiner Sicht) ist Ihre Offenheit für neue Gedanken, unabhängig davon, ob Sie sie für wahr halten oder nicht.
Die zweite hilft Ihnen damit aufgrund von anderen Ansichten, Ihr eigenes und fest gefahrenes Weltbild zu befestigen, indem Sie quasi den „Gegner“ studieren um so das „Böse“ immer besser kennen zu lernen.
Und die Dritte: Sie fühlen sich als Retter und machen Jagd nach neuen Schäfchen, um sie vor dem jüngsten Gericht zu bewahren.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich mit diesen Aussagen manche Menschen provoziere. Das ist aber gar nicht meine Absicht. Was ich damit bezwecke, Sie merken es, ich hoffe auf das Quäntchen Freiheit in Ihnen, das sich gegen meine Argumente aufmüpft… an den Freidenker in Ihnen…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Lebensscript und Teilselbste

Teilselbste und Lebensscript als eingeschränkter Erfahrungsraum

Es gibt zwei Haltungen in mir, die ich immer wieder wahrnehme und die voneinander vollkommen verschieden sind. Die erste Haltung ist der „Rechtfertiger“. Ich höre andere Menschen sprechen und bilde im selben Moment in mir Gedanken, die die Argumente und Erklärungen des anderen oder der anderen beurteilen und/oder umbiegen, rechtfertigen wollen.
Auch das Gegenteil ist aus dieser Haltung heraus durchaus möglich. Ich stimme diesen Gedanken, die ich höre sofort und ohne zu reflektieren, zu. Ablehnen oder Zustimmen erfolgen aus dieser Haltung heraus gleichermassen und unreflektiert.

Die andere Haltung ist der ersten gänzlich entgegengesetzt. Sie tritt weniger häufig ein, aber zuweilen so stark und unverkennbar, dass ich verwundert darüber bin, wie man immer wieder sehr schnell in die andere verfällt. Diese zweite Haltung könnte man als den „Liebenden“ bezeichnen. Hier spielt das Urteil und die Argumentation keine Rolle mehr! Es ist ein Gefühl von Verbundenheit da. Es ergreift mich und geniesst das andere, ohne es zu beurteilen oder zu verurteilen.

Wenn ich mich in der ersten Haltung befinde, suche ich sofort Argumente, mit denen ich mich vergleiche oder abgleiche mit meinem Gegenüber. Ich empfinde das zwar als unangenehm, meine aber (warum eigentlich?), dass ich es tun muss, dass ich meinen Standpunkt unbedingt verteidigen muss. Diese Argumente werden in Gedanken und Vorstellungen transportiert.

Woher kommen diese Gedanken?

Sie sind aus meinen ganz persönlichen Lebenserfahrungen heraus entstanden. Aus meinen Erlebnissen, die mich seit meiner Kindheit geprägt haben, verletzt haben oder gefordert haben. Es sind Gedanken, die sozusagen das Konglomerat von ganz spezifischen, ganz persönlichen und ganz subjektiven Erlebnissen bilden.
Auch wenn das „Meisterwerk der Logik“ genauso gut sogenannte „objektive Urteile“ zu bilden vermag, so ist die Klippe zwischen dem persönlich gefärbten und dem, was man als Logik bezeichnet, doch recht oft sehr schmal und tief und mit viel Unklarheit verbunden. Sicher, gibt es Bereiche, die unausweichlich und mit wenigen Erklärungen allgemein verifizierbar sind. Die Mathematik zum Beispiel. Aber das Leben ist zum grössten Teil nicht mit mathematischer Logik erklärbar und so kommt man kaum darum herum, irgendwann sich auch mit Begriffen wie „Gott“, „Freiheit“, „Liebe“ auseinanderzusetzen!

Und hier bleiben wir schnell hängen mit unserer Logik und verfangen uns in diesen oben angetönten, zweifelhaften und subjektiv gefärbten Argumenten! Was ist Liebe? Was ist Freiheit? Was ist Kunst? Was ist – Gott?

Gibt es da auch nur ansatzweise logische Argumentationen? Vielleicht gibt es sie, wenn man vom Denken in den Zustand der Wahrnehmung übergehen kann! Jemand, der den Tisch nicht sieht, vor dem wir stehen, wird kaum mit Gedanken und Logik davon zu überzeugen sein, dass es ihn gibt! Genauso gut kann man das von Engeln sagen! Jemand, der sie sieht, kann einen anderen, der sie nicht sieht kaum mit Worten davon überzeugen, ohne sich lächerlich zu machen. Er müsste ihn soweit bringen, dass dieser sie selbst wahrnehmen kann! Dann sagt der plötzlich: „Ach so, das hast du gemeint! Warum hast du das nicht früher gesagt J“

Die erste Haltung lebt also in den Gedanken und Vorstellungen. Diese wiederum hängen von den persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen ab, die man in seinem Leben durchmacht. Und das bezeichne ich als das „Lebensscript“. Es ist die Geschichte, die man schreibt und anhand der man sich ein persönlich gefärbtes und gezimmertes Nest baut. Und aus der Sichtweise dieser Brille, die man sich hier aufgesetzt hat, sieht und beurteilt man die Welt, scheidet sie in Gut und Böse, Richtig oder Falsch usw.

Das ist, gelinde gesagt, fatal!

Und mein Fazit daraus (objektiv verifizierbarJ?): Erst wenn wir anfangen, dies zu erkennen, dass wir nicht Wir selbst sind, dieses kleine Ich, welches durch diese Brille schaut, erst dann können wir von dem zweiten Zustand zu sprechen anfangen. Wir verlassen die Ebene der Teilselbste und treten in einen neuen Erfahrungsraum: der Liebe… wie wir diesen bezeichnen, ist irrelevant…

Mein Kinderbuchprojekt „Ursli und der Traum vom Schiff

Mein Verlag erwacht zum Leben… Wirkstatt-Verlag

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