Alles Vergängliche ist ein Gleichnis

„Alles Vergängliche ist ein Gleichnis“. Dieser Satz Goethes lässt so manches Rätsel offen. Wir können vom Standpunkt der Symbolik aus versuchen, uns Klarheit darüber zu verschaffen, was Goethe damit gemeint haben könnte.

Im „Faust“, Goethes großartigem Lebenswerk, treten die Darsteller und Figuren oft in symbolischen Bildern auf. Man versteht das Drama nicht im richtigen Sinn, wenn man sich kein klares Bild über diese Tatsache zu machen versteht. Jedoch darf man den Begriff des Symbols nicht falsch verstehen. Für Goethe war es klar, dass die Bildersprache immer nur im Sinne eines Urbildes in symbolischer Form auftreten kann. Alle Dinge der Welt, alles Dingliche (oder eben Vergängliche) hat ein Urbild, dem es angehört. In diesem Urbild, welches geistiger Natur ist, fassen sich gewisse Dinge der Welt in „andersartiger Gleichheit“ zusammen. Damit ist der geistige Kern materieller Dinge gemeint, die untereinander wesensverwandt sind. Im „Faust“ kann man erkennen, dass alle Figuren, die hier auftreten, andersartige Wesenheiten ein und derselben Persönlichkeit sind, nämlich jener des Faust. Auch Mephistopheles muss in diesem Sinne aufgefasst werden. Er ist gewissermaßen die Zusammenfassung aller Aspekte dieser Persönlichkeit, die man schlechthin das Böse nennen kann. Dieses Böse ist aber nicht destruktiv zu verstehen, sondern letztlich eine konstruktive Kraft, die es der Persönlichkeit Fausts erlaubt, sich zu weiter zu entwickeln!

Die Symbole oder symbolischen Bilder, die sich im Vergänglichen befinden, haben also immer ihr Urbild im geistigen Welt-Ganzen! Dies war für Goethe klar! Für uns ist dieser Zusammenhang leider nach und nach verloren gegangen. Wenn wir von Symbolen sprechen, haben wir diesen Zusammenhang meistens vergessen. Es entstehen „stroherne Allegorien“, die keine Verbindung zu einem Urbild mehr erkennen lassen. „Alles Vergängliche ist ein Gleichnis“ muss also immer im Zusammenhang mit einem geistigen Urbild verstanden werden, so wie ich es oben für den Faust dargestellt habe. Das Urbild nicht mehr erkennen heißt „Materialismus“. In ihm ist jeglicher Zusammenhang mit einem geistigen Kern jeder materiellen Erscheinung verloren gegangen, selbst jener des Menschen, der Tiere, der Pflanzen. Mit ihm wird jede Möglichkeit einer höheren (geistigen) Entwicklung der Arten und Individualitäten in Frage gestellt. Hier tritt der Begriff der Entelechie in Erscheinung.

In einer materiellen Gesinnung kann man alles zusammenwürfeln, zusammenreimen, mischen und probieren. Manches beißt sich, manches ergänzt sich. Durch „try and error“ findet man das heraus. Die ganze materialistische Wissenschaft beruht auf diesem Prinzip. Selbst akrobatische Bezüge und Zusammenhänge lassen sich oft intellektuell teuflisch gut und vermeintlich logisch erklären. Auch dies ist ein mephistophelischer Aspekt!

Goethe forschte ganz anders! Er nennt die Erscheinungen des Vergänglichen „offenbare Geheimnisse“. Geheimnisse deshalb, weil die Welt der Dinge mehr offenbart, als sich in Worten ausdrücken lässt. Sie sind nur für den erkennbar, der es versteht, diese „innere Sprache“ zu sprechen. Diese innere Sprache beruht auf einer Erkenntnis, die mehr mit Intuition als mit Intellekt zu tun hat. Am besten verstehen wir dies, wenn wir Menschengesichter betrachten. Jeder halbwegs gesunde Mensch versteht es einigermaßen, den seelischen Zustand seines Gegenübers aus dem Gesicht abzulesen; Zumindest in groben Zügen. Beschreiben lassen sich diese Empfindungen schon weniger gut. In gleicher Weise verstecken sich aber ähnliche Wahrnehmungen in allen materiellen Dingen. Deren Erkennen ist aber schon schwieriger. Goethe nennt sie sinnlich-sittliche Erkenntnis. Sowohl die Pflanzenmetamorphose, wie auch die Farbenlehre und auch andere naturwissenschaftliche Forschungen Goethes beruhen auf solcher Erkenntnisart!

Jede Entwicklung beruht also auf einer mehr intuitiven Erkenntnis, die über das „try and error“ hinausgeht. Im Grunde stehen wir hier an einer Schwelle! Wir stehen vor dem Nichts! Denn jede bisherige, auf Wissens-Basis errungene Erkenntnis kann uns eher hinderlich sein als förderlich! Wissen kann uns stufenweise auf einer Treppe höher bringen. Die „Fülle“ des Wissens gibt uns Sicherheit in der materiellen Welt, Sicherheit in der Argumentation. Aber Fliegen (aus eigenem Antrieb) werden wir nie lernen! Hier soll das Fliegen eine Metapher sein für die „andere Seite“, die Entwicklung einer geistigen Erkenntnis. Sie ist das „offenbare Geheimnis“, welches sich Isis-gleich, erst entschleiert, wenn wir gelernt haben zu fliegen. Es ist eine Erkenntnisart, einer Schöpfung gleich, aus dem Nichts heraus. Hedwig Greiner Vogel schreibt in ihrem Buch „Das Menschen-Drama der Gegenwart“, welches sich mit Goethes Faust beschäftigt folgendes zu der Ariel-Szene: „Goethe verfährt hier, wie die Natur selber, die kein Geheimnis kennt, das sie nicht einmal dem aufmerksamen Blick an einer Stelle unmittelbar offenbart. Es handelt sich um das Geheimnis der Entelechie, deren Wiederherstellung ein sich selbst hervorbringender, schöpferischer Akt ist: die Schöpfung aus dem Nichts.“

[wysija_form id=“1″]
Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… – Einblicke in die Kunsttherapie… ein Resume nach 25 Jahren…

Der böse Traum und die schöne neue Welt

Der freie Mensch

Ein kleiner Traum von der „schönen neuen Welt“…

„Du lebtest in einem Dorf. Es war das Jahr 2025. Du hast dich in den vorherigen Jahren extrem mit allen möglichen Strategien beschäftigt, wie du einen Crash überleben und dich frei und unabhängig vom Staat machen kannst. Die Leute haben dich damals – im Jahr 2018 – ausgelacht. Die meisten haben dir gesagt, dass du hysterisch und total überreizt seist. Sie haben dich ausgelacht und dir versichert, dass deine versponnenen Ideen keinerlei realen Boden hätten. Es gehe der Welt doch so gut wie nie zuvor, sagten sie. Die Aktien steigen und steigen, sagten sie. Die Börsen kennen nur eine Richtung – nach oben. Der Staat hätte alles im Griff und man müsse sich keine Sorgen machen.
Du aber hast gesehen, dass etwas nicht stimmen könne. Dass die Verschuldung der Welt in nie zuvor gekannter Weise gewachsen sei und die Zinsen in historischen Tiefstständen sich bewegen würden. Du hast auch gesehen, dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer. Ja, dass selbst der „Mittelstand“ seine Finanzen nicht mehr im Griff haben würde. Du hast gesehen, dass die Immobilienpreise von Jahr zu Jahr in horrende Höhen getrieben werden und sich in den letzten 20 Jahren locker verdoppelt hätten. Dies und vieles andere gab dir kein gutes Gefühl für die Zukunft.

Zu deiner Strategie gehörte, Gold und Silber zu kaufen, wann immer es möglich war. Du hast dir ein Auto gekauft und einen kleinen Anhänger, den du als Miniwohnwagen umgebaut hast. Du hast dir auch ein kleines Minihaus leisten können, natürlich ohne Bankschulden. Dazu hattest du ein kleines Grundstück von 150 m2 gekauft und dann einen Bausatz dieses Minihauses für knapp 30000 Euro bekommen. Dann hast du das Haus mit eigenen Händen gebaut. Du fühltest dich gewappnet und sicher. Anfang 2019 hast du das Haus mit deiner Partnerin bezogen.

Dann passierte es…

Im Mai 2019 kam der Crash. Für das gemeine Volk natürlich völlig überraschend. Er war grösser als alles, was man in den Jahrzehnten zuvor gesehen hatte. Die Börsenwerte der meisten Indizes: der Dow Jones, der Nikkei und der DAX, alle verloren in wenigen Tagen 50% und dann nochmals 30 %. Es wurde eine neue Währung eingeführt. In Deutschland führte Angela Merkel nach einem massiven Eurocrash die «Neue Deutsche Mark», NDM, ein. Andere Länder taten es ebenso mit ihren Währungen. Es gab in den meisten Ländern der Welt eine Währungsreform – ausser in der Schweiz. Man konnte nach zwei Monate die neue Währung gegen die alte eintauschen – mit 80% Verlust. Damit war ein grosser Teil der Schulden auf der Welt getilgt – auf Kosten des kleinen Bürgers…

Die Reichsten hatten dafür gesorgt, ihre Schäfchen ins trockene zu bringen, bevor es crashte. Viele Banken erhielten von den Ratingagenturen zwei Tage vor dem grossen Crash ein «Triple A», also die beste Bewertung für ein Unternehmen, die vergeben wird. Wer also davon wusste was passiert, konnte sehr reich werden! Und die „obersten 10000“ wussten es mit Sicherheit. Sie waren die einzigen Nutzniesser. Weder Politiker, noch Finanzexperten zweithöchster Stufe ahnten etwas davon.

Du hattest einiges davon geahnt, was passieren könnte. Du hast dich damals – im Jahre 2018 -intensiv damit beschäftigt, denn es gab genügend Informationen im Internet darüber, während dem das gemeine Volk sich mit den Mainstreamnachrichten einlullte. Die Partys wurden ausgiebiger gefeiert denn je.
Aber es kam viel schlimmer, als man ahnen konnte. Das Bargeld wurde im Zuge der neuen Währungsreform als Krisenmassnahme sofort abgeschafft! Zahlen konnte man nun nur noch mit einem unter die Haut implantierten Chip (genannt RFID). Auch darüber lachten deine Freunde damals. Und wenn schon, sagten sie, das sei doch eine innovative und sehr vorteilhafte Erfindung! Sogar die Türe des Hauses oder der Wohnung, des Autos usw. liess sich damit nun öffnen, das Smartphone entsperren. Es würde kaum mehr Kriminalität oder Terror auf der Welt geben. Was ist dagegen einzuwenden?

Schöne neue Welt

Der Staat überwachte nun alle Menschen. Jeder konnte nur noch kaufen und verkaufen mit dem implantierten Chip. Wer ihn verweigerte, musste faktisch mit Beeren und Nüssen im Wald vorliebnehmen und darauf hoffen, dass man ihn nicht erwischt. Die inzwischen erhobene «Lastenausgleichssteuer» auf das Grundstück von Eigenheimbesitzern musste ab sofort bezahlt werden. Denn der Staat, der sich in vielen Jahren dadurch verschuldet hatte, dass er von den Banken Geld aufnehmen musste, um wenigstens die Zinsen ihrer Schulden begleichen zu können (oder ebendiese Banken wieder zu „retten“), dieser Staat war nun verarmt.

Was George Orwell schon in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts geschrieben hatte, wurde nun Tatsache. In einigen Jahren würde eine globale Weltwährung entstehen und die gegenwärtigen provisorischen Währungen ablösen. Die totale Kontrolle würde Wirklichkeit. Gesteuert durch den Chip würde der so verhasste freie, autarke und individuelle Mensch endlich abgeschafft und von globaler Intelligenz gesteuert. Dem Teufel sei Dank!

Dein Verweigern des Chips brachte dich nun in eine schwierige Situation. Und der Traum wurde allmählich unbequem. Der Schweiss rann dir von der Stirn. Du müsstest mit deiner Lebensgefährtin das Haus, welches mit keinerlei Schulden finanziert wurde und dir allein gehörte, verlassen, wenn du diese Steuer nicht zahlen würdest. Und Grundstück und Haus wurden vom Staat enteignet. Gut, dass du nun noch den kleinen Anhänger und das Auto hattest. Aber leider kein Benzin mehr, um damit zu fahren…“

«Schöne neue Welt», dachtest du – und erwachtest aus diesem bösen Traum, um etwas zerknirscht zur Arbeit zu gehen.
Und wenn sie nicht gestorben sind (deine Freunde), so lachen sie heute noch…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… – Einblicke in die Kunsttherapie… ein Resume nach 25 Jahren…
RSS
Follow by Email
LinkedIn
Share
%d Bloggern gefällt das: