Philosophie der Keule

KeuleDer Begriff der Freiheit wird ganz unterschiedlich aufgefasst. Wie macht man eine Erfahrung zugänglich, die scheinbar kaum zu erklären ist? Wie vermittelt man sie in Gedankenform, in Worten und Vorstellungen? Und – gibt es sie überhaupt?

Wie ist dieser „Ort“, der innere Freiraum, dieses Innerste, welches manche Menschen gemäß ihren Berichten erfahren haben, erlebt haben, denen zugänglich zu machen, die es entweder nicht erfahren können oder schon gar nicht daran glauben, dass es erfahrbar sei? Beides wird (zunächst) immer nur über Gedanken vermittelbar sein. Die zweitgenannte Haltung kann sich zuweilen sehr aggressiv äußern, weil die Protagonisten möglicherweise enttäuscht wurden von ihrem eigenen Leben und zum endgültigen und sakrosankten Schluss gekommen sind, dass sowieso alle Menschen Egoisten seien. Ein Leben mit dieser Maxime kann nur noch dramatisch enden und viel Leid durch Abgrenzung erzeugen. Denn schließlich gehört man, dieser Logik folgend, selbst zu ihnen…

Ein wenig Licht könnte in diese Gesinnung kommen, indem man sich die gesamte Entwicklung der Menschheit vor Augen stellt. Immerhin sind in gewisser Weise doch einige soziale Fortschritte zu erkennen? Betrachtet man die ersten Menschen, die noch tagtäglich den Hasen, Schweinen und Enten hinterher rannten und die sehr ungemütlich werden konnten, wenn der Höhlennachbar ihm diese Beute vor der Nase wegschnappte. Dass dieser dann die Keule zu spüren bekam, war sicherlich nicht selten der Fall. Irgendwann besann sich der „Homo sapiens“ und fand, es sei irgendwie unstimmig, den Nachbarn gleich in die ewigen Jagdgründe zu befördern. Und er befand in einer ruhigen Stunde, dass es dafür eine Strafe geben müsse. Vielleicht waren es ja zuerst nur ein paar Hasen, die geopfert werden mussten. Aber immerhin, ein Anfang war gemacht! Heute lacht man darüber, denn man ist ja im direkten Vergleich sozial höchst „kompetent“ geworden. Man tötet hierzulande nicht mehr so schnell einen anderen Menschen, wenn dieser einem die Beute wegschnappt. Und man tut es – normalerweise – nicht nur deswegen nicht, weil es im Gesetzbuch steht, sondern weil es „moralisch nicht vertretbar“ ist.

Die Moral scheint sich also in den letzten zehntausend Jahren zugegebenermaßen ziemlich verändert zu haben. Der Weg, den die moralische Entwicklung genommen hatte, wanderte sozusagen vom äußeren ins Innere. Jetzt ist das Gewissen quasi zum moralischen Leitstern der modernen Zivilisation geworden. Dies ist es, wonach sich der durchschnittlich entwickelte Mensch heute ausrichtet. Noch vor einigen hundert Jahren war das nicht so. Die Autorität eines Königs oder anderer Befehlshaber wurde zum Maßstab des Handelns bestimmt und bewegte die Massen (was teilweise noch bis in die Gegenwart hinein seine Nachwirkungen zeigt). In jener „Keulen-Zeit“ gab es bestenfalls eine den Tieren nahe stehende Moral, auch wenn es in allen Zeiten höher entwickelte Ausnahmen gab. Kein Tier würde wegen eines schlechten Gewissens auf seine Beute verzichten! Schon eher, weil es „seinen Meister“ gefunden hat, der – darwinistisch gesehen – über ihm steht.

Doch zurück zur Freiheitsfrage. Diese kann parallel zur moralischen Entwicklung betrachtet und positioniert werden! War im Anfangsstadium beim Durchschnittsmenschen noch der reine Naturtrieb handlungsleitend, so rückte das Motiv im Laufe der Zeit immer näher ins Zentrum jedes einzelnen Menschen. Das Gewissen ist sozusagen schon näher an den innersten Kern menschlicher Moral herangerückt. Die Frage bleibt noch unbeantwortet, ob es dort – also quasi am Ziel der Entwicklung – schon angelangt ist, oder ob es noch etwas „Luft nach oben hat“? Wenn ja, dann gibt es (noch) keine wirkliche Freiheit im alltäglichen „Normalzustand“. Dies wäre ein Zustand dieser „oberen Luft“, der erst noch errungen werden muss: also eine Zukunftsidee. Selbst das Gewissen bleibt im Alltagsmodus noch von rein persönlichen Faktoren und Erlebnissen abhängig. Während der Naturtrieb noch nichts mit unseren wahrhaft individuellen Impulsen zu tun hat, sondern naturgemäß einem instinktiven, automatisierten Trieb folgt, ist das Gewissen doch schon viel individueller geworden. Aber es hängt immer noch an vielen äußeren und inneren (also unfreien) Faktoren. Da wäre zum Beispiel die religiöse Erziehung als Richtschnur anzusehen, die unser Leben bestimmt oder schon in frühem Alter imprägniert wurde. Je nach den persönlichen und/oder fremden Glaubenssätzen ändern sich die Kriterien des „Bösen“, die durch dieses Gewissen definiert werden, in ganz unterschiedliche Richtungen: siehe christliche Moral versus islamische Moral, jüdische Moral versus buddhistische Leitbilder usw. usf.

Allein schon das Erkennen dieser Moralentwicklung des Menschen lässt die Hoffnung und Vermutung offen, dass die Gewissensfrage noch nicht das Ende allen Entwicklungspotenzials sein kann. Auch wenn die Erkenntnis und das Erleben dieser Stufe vielleicht noch in weiter Ferne ist, so lässt sie doch ein Ahnen, ein Hoffen übrig. Dieses Erwarten allein schon kann der Antrieb sein, weiter zu suchen, sich zur Freiheit hin zu entwickeln. Ich finde, das macht Mut! Deshalb lade ich Sie herzlich ein, darauf einzugehen, denn es lohnt sich! Die Suche gipfelt sozusagen in der Selbsterkenntnis unter dem Aspekt der „Selbstbeobachtung“ des Menschen. Mit ihr beginnt ALLES! Der Blick auf sich selbst, auf die eigenen Urteile, die Beweggründe, die Motive die das moralische Gewissen bilden, sind der Schlüssel zum tieferen Geheimnis/Verständnis unseres Seins. Aus dem moralischen Gewissen werden so „moralische Intuitionen“. Sie haben ihre Wurzeln in der Geistes-Gegenwart erlebter „moralischer Phantasie“ (Rudolf Steiner, Philosophie der Freiheit).

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Gespräch mit Rudolf Steiner

rudolf-steinerZum 154. Geburtstag Rudolf Steiners (1861-1925)…

Virtueller, in künstlerischer Weise gestalteter Dialog mit Rudolf Steiner zur heutigen Weltlage und der persönlichen Situation des anthroposophischen Impulses. Das Thema will zu einem Dialog über die „Anthroposophie“ Rudolf Steiners (und darüber hinaus) anregen. Es folgen Fortsetzungen…

UW: Herr Doktor Steiner, ich bedanke mich herzlich, dass Sie sich die Zeit nehmen, dieses Gespräch zu führen!

RS: Ich bedanke mich!

UW: Etwas, was  mir seit Jahren auf dem Herzen liegt und mich sehr beschäftigt, und was ich Sie gerne zuerst fragen möchte, ist folgendes. Wenn ich heute in die Welt schaue und all die Ereignisse um mich herum wahrnehme, die tagtäglichen menschenfeindlichen Geschehnisse, so kommt es mir vor, als ob es nicht gelingen will, wirkliche und nachhaltige Fortschritte im Sinne der von Ihnen initiieren Anthroposophie wahrzunehmen. Zumindest was die Entwicklung der einzelnen Menschen angeht, kann man doch gewiss ein paar Fragen stellen. Die Verstrickungen in die festgefahrenen materiellen Verhältnisse, die vielen Kriege und Missstände, scheinen mir so komplex, unüberbrückbar und unverrückbar geworden zu sein, dass ich den Sinn und Zweck einer anthroposophischen Geisteswissenschaft, wie sie heute betrieben wird, nicht mehr richtig nachvollziehen kann. Wenn Sie nun heute, als Begründer dieser weltweiten Bewegung, hineinschauen in deren Wirken und Tun, was wäre das allerwichtigste und aller dringlichste, was Sie den Menschen, die sich damit verbunden fühlen, sagen möchten?

RS: Diese Frage scheint mir durchaus berechtigt! – Denn tatsächlich ist es ja so, dass sich nach meinem Tode so manche Dinge zugetragen und verzerrt haben und in verschiedene Richtungen auseinander getrieben wurden. Das ist der Preis dafür, dass man vielerorts selbst nicht mehr zusammenhalten kann, was zu meinen Lebzeiten noch an der eigenen Person „gemessen“ werden konnte. Aber genau dieses „Messen an einer anderen Person“, ist das allerschlimmste, was passieren kann und konnte. Die Inhalte der von mir damals „Anthroposophie“ genannten Geisteswissenschaft, blieben als Reste in allem zurück, was davon schriftlich in einem für die damaligen Verhältnisse angepassten Begriffssystem, übrig geblieben ist. Damals war aber eine ganz andere Zeit und es galten andere geistige Gesetze als heute! Das gilt es zu erkennen! Heute müsste alles viel unmittelbarer und direkter und mit großer Einfühlung in die Verhältnisse geschehen. Es dürfte nichts mehr in der gleichen Weise an den von mir seinerzeit vermittelten Inhalten hängen bleiben. Das liegt allerdings mehr an der Verwandlung der Begrifflichkeit, als am damals vermittelten geistigen Kern der Aussagen und Erkenntnisse.

UW: Können Sie uns diesen Punkt noch etwas genauer erläutern?

RS: Gut, ich gebe ein Beispiel: Die von mir im Jahre 1894 geschriebene „Philosophie der Freiheit“, war der Einstieg einer denkend durchdrungenen Gesinnung und Geisteshaltung, die, richtig verstanden, zur Schwelle einer dahinter, im verborgenen liegenden – für das normale Bewusstsein nicht zugänglichen, nicht materiellen – geistigen Welt führen sollte. Es war der Versuch, auf philosophischem Wege, heranzuführen an diese Schwelle. Alles dasjenige, was ich im Weiteren schrieb und vorgetragen hatte, sollte an dieses Schwellenerlebnis anschliessen, was jeden nach Erkenntnis strebenden Menschen in seinem tiefsten Wesen ansprechen sollte. Das Durchschreiten dieses Nullpunktes, dieses Nadelöhrs aus dem philosophischen Kontext heraus, war aber dasjenige, was ich für den Zeitgeist und dem wissenschaftlichen Verständnis am Ende des 19. Jahrhunderts für das dringlichste empfunden habe. Um von Innen her an die Inhalte heranzukommen, im Nacherleben heranzukommen, die ich den Menschen damals mitteilte, musste die künstlich gezogene Grenze des Dualismus von der zur Selbsterkenntnis drängenden Seele durchbrochen werden. Der Begriff „Anthroposophie“ war schlicht die Weiterführung der bis dahin auf dem Erkenntnisweg geltenden Philosophie. Er ist, wie alle Begriffe, zugleich zu einem Hindernis geworden und ich hätte ihn am liebsten täglich neu erschaffen! So wie alles, was sich daraus ergibt, immer nur im eigenschöpferischen Nachschaffen und Neubilden, in einer Art „ethischem Individualismus“ und durch „moralische Impulse“, möglich wird. Daraus enstehen stets neue und überraschende, freie Erkenntnisse, die jeder für sich aber erst mit der jeweiligen eigenen „moralischen Technik“ erschaffen muss, bis sie tätig umgesetzt werden kann. Nur wer sich in diesem Sinne an der Schwelle befindet – oder wer sie überschreitet und in diesen Innenraum eintreten kann – ist im wahren Sinne ein „Anthroposoph“, also einer, der der „Weisheit des Menschen“ von innen heraus erlebend gegenübertreten kann.

UW: Erlauben Sie mir die Frage: Inwiefern wird denn in diesem Kontext heute, aus Ihrer Sicht betrachtet, „Anthroposophie“ betrieben und in diesem von Ihnen gemeinten Sinne weitergeführt?

RS: Weitergeführt werden kann sie ja nur aus der Innenschau heraus. Das heißt, aus dem Erleben heraus! „Anthroposophie“ ist ja eigentlich eine Erfahrungswissenschaft. Sie erfordert Erkenntnisse der sogenannten „höheren Welten“ (auch das sind ja alles zunächst nur Begriffe!). Das meiste, was ich heute wahrnehme, ist noch immer an das Erleben dessen gebunden und verhaftet, was ich in der damaligen Terminologie die „Verstandes- und Gemütsseele“ nannte. Das heisst, es besteht aus einem analytischen und kombinierenden Zusammenreimen von verschiedenen Inhalten, im Sinne des metaphysischen Realismus. Dabei sind die einzelnen Inhalte durchaus richtig, aber es fehlt das „geistige Band“, beziehungsweise die Bewusstwerdung der bereits schon im Erkenntnisakt betriebenen ideellen Gedankengebilde, die der metaphysische Realist vergisst! Dieses „geistige Band“ kann nur über das eigene Nacherleben – in der Selbsterkenntnis – geschaffen werden. Was sich in dieser Weise, der „Verstandesseele“ offenbaren kann, sind nur sehr eingeschränkte, fragmentierte Erkenntnisse, die sehr schnell auch in Verirrungen und Wirrnisse führen können, weil das verbindende Glied fehlt. Der Intellekt erfordert in diesem Sinne keine Erlebnisse, denn er kann auch ohne diese seine Schlüsse ziehen! Genauso wie die materielle Welt, die „Dinge an sich“, ebenso gut ohne unsere Erkenntnisse existieren können.

UW: Was muss denn heute getan werden, damit die Anthroposophie wieder den Faden aufnehmen kann, der verloren zu sein scheint?

RS: Der geistige Faden ist es, der wieder gefunden werden muss. Das heißt nicht weniger, als dass eine neue Erkenntnisstufe erreicht werden muss. Dazu ist aber dringend notwendig, dasjenige zu erreichen, was ich damals mit dem Begriff „Bewusstseinsseele“ in Verbindung gebracht habe. Es ist heute dringender denn je geworden, diesen Schritt wirklich und bedingungslos zu tun! Die Bewusstseinsseelenentwicklung in diesem Sinne verlangt zunächst Selbstbesinnung und dann Selbstbeobachtung. Das Zurückgehen von all den Inhalten und Gebilden, die man sich wie eine neue Sprache angeeignet hat, das Zurückgehen auf sich selbst, auf die Tätigkeit im eigenen Seelenleben, auf die Gedanken und Gefühle, die in jedem Menschen leben, konsequent zu beachten. Diese Art von Selbstbesinnung, wie ich sie auch in meiner „Geheimwissenschaft im Umriss“ damals beschrieben habe, ist der entscheidende Schlüssel auf dem Wege zum Erleben einer geistigen Realität. Alle andere Erfahrung ist stets umhüllt von den Vorstellungen und Gedankengebilden, die wir uns selbst auferlegt haben im Laufe unseres Lebens. Sie werden dem wissenschaftlichen Anspruch der geistigen Erkenntnis nicht gerecht und finden keinen rechten Boden auf der neu zu erwerbenden Stufe der Bewusstseinsentwicklung des Menschen

UW: Wenn das Wirken der Anthroposophie in diesem Sinne gefasst werden soll, dann stellt sich mir die dringende Frage nach einer Erneuerung der Bewegung und wie sie sich auf diese direkte Art und Weise diesen neuen Boden schaffen soll. Immerhin sind die Wurzeln tief im Boden der bloßen Ideenwelt bereits weit ausgetrieben.

RS: Die Wurzeln müssen auch dort tief verankert sein. Wenn daraus aber etwas entstehen soll, was die Sphäre der bloßen Ideenwissenschaft überwindet, dann muss das bereits Errungene zuerst völlig losgelassen werden. Das Wissen, welches angesammelt wurde und die festgefahrene, überfüllte, abstrakte Terminologie, muss neu aus jedem Menschen durch eigene Erlebnisse, geschaffen werden. Was als „geistiger Zusammenhang“ nur mit dem Verstande begriffen wird, jedoch jeglicher Erfahrung entbehrt, bildet nicht nur Schleier, sondern Krusten vor dem geistigen Schauen. Es verdeckt und verhüllt das Wesentliche und verhindert genau dasjenige, was gesucht werden will… (—.— längeres Schweigen)

UW: Doktor Steiner, Sie beschrieben in dem eben von Ihnen genannten Buch „Geheimwissenschaft im Umriss“ den Weg zu geistiger Erkenntnis so, dass Sie davon erzählten, die Dinge dieser geistigen Welt müssten zuerst geschildert werden, bevor man dort selbst durch eine meditative, spirituelle Schulung in rechter Weise eintreten könne. Es stand dort folgendermaßen geschrieben: „Wer, ohne auf bestimmte Tatsachen der übersinnlichen Welt den Seelenblick zu richten, nur „Übungen“ macht, um in die übersinnliche Welt einzutreten, für den bleibt diese Welt ein unbestimmtes, sich verwirrendes Chaos“. Das war ja auch der Grund, weshalb Sie den praktischen Teil in diesem Buch, das ja so etwas wie ein Gesamtüberblick der Anthroposophie darstellte, dem inhaltlichen, theoretischen Teil hinten anzustellen.

RS: Heute würde ich den Begriff „Geheimwissenschaft“ durch „Geisteswissenschaft“ ersetzen, also „Geisteswissenschaft im Umriss“ oder besser „Anthroposophische Geisteswissenschaft im Umriss“ Denn geheim ist im Grunde nichts darin. Es sind „offenbare Geheimnisse“, die sich durch das entsprechende Bewusstsein jedem erschließen können, der sich darum bemüht.
Doch nun zu Ihrer Frage: Diese Abfolge machte ich allerdings mit Bedacht. Liest man jenes Buch genauer, so wird man die Sache doch etwas differenzierter ansehen müssen. Der „theoretische Teil“, wie Sie es nennen, will eben bereits weit über dasjenige hinausgehen, was bloße Theorie im intellektuellen Sinne meint. Nicht darauf kommt es an, dass man den Inhalt nur gedanklich aufnimmt und als Wissen verwertet. Das genau tut im üblichen Sinne die Verstandesseele. Was für das praktische Leben durchaus sinnvoll und richtig ist, gilt nicht für das Aufnehmen der vorgetragenen übersinnlichen Inhalte. Vielmehr lebt sich der sich selbst gewahrende Geist im selbstbewussten Aufnehmen solcher Inhalte alleine durch das Mit-Denken erkennend und empfindend in den Inhalt ein. Das ist im Grunde schon der erste, aber sehr wichtige Schritt hin zur Geistesschulung. Auf diesem Weg werden Inhalte nicht dogmatisch übermittelt und weiter gegeben, wie man vielleicht meinen könnte. Vielmehr wird der Leser Miterkenner durch Selbstbesinnung. Dadurch wird nicht der Verstand angesprochen, ebenso wenig eine unterschwellige suggestive Ebene, sondern der sich selbst erkennende Mensch. So gesehen beginnt die Geistesschulung bereits in der Wahrnehmung der Welt.

Es folgen weitere Teile…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Was bleibt, ist Geist…

SpiegelbildKleiner philosophischer Ausflug:
Ein nicht ganz unbedeutender Philosoph behauptete einmal, Meinungen seien generell subjektiv. Alles sei bloß Vorstellung; reale Dinge existierten nur in unserem Kopf. Natürlich muss, gemäß seiner eigenen Theorie, auch dieses Statement subjektiv sein. Was passiert aber, wenn dem tatsächlich so wäre? Eine äusserst knifflige Frage, sagen Sie? Ja, vielleicht…

Wenn es so ist, dass selbst dieser Gedanke subjektiv ist, dann muss (nach der Logik bemessen) der Schluss folgen, dass alles subjektiv ist. Dass es also keine objektive Wahrheit gibt. Dass jeder Mensch, der sich über irgendetwas ausspricht, nur immer seine ganz persönliche, individuelle und private Meinung vertritt. Und wenn dies der Fall ist, dann gibt es selbstverständlich auch keine Freiheit (außer vielleicht einer kleinen beschränken, persönlichen). Denn alles, was ich denke und sage, hängt immer nur von einem Faktor ab: von mir persönlich und von meiner Lebensgeschichte. Niemand kann mir drein reden, niemand kann das Gesagte dementieren, verdammen, kritisieren, verurteilen, denn all die Gegenargumente wären ebenso private Meinung einer Sache, wie die des anderen. In die Quere kommt allerdings der eben geäußerte Gedanke: „Alles ist subjektiv, die Welt ist nur meine Vorstellung“. Denn er selbst wäre demnach die grosse und einzigartige (objektive) Ausnahme!

Scheint logisch, oder?

Jetzt sagt der „gesunde Menschenverstand“ natürlich, nein, wie kommst du auf so einen Quatsch. Selbstverständlich gibt es objektive Tatsachen und Wahrheiten! Und tatsächlich kommt man dabei ganz schön ins Schwitzen, weil dieses blöde „Logik“-Argument immer wieder dazwischen kommt. Wenn die Vöglein nicht mehr singen, dann ist es Nacht, ausser es ist eine Nachtigall oder ein Uhu, ist doch logisch! – Hm, tja, einigermassen. – Wenn du mir eine runter haust, dann haue ich dir auch eine runter, ist doch logisch oder? – Hm, nun ja, nicht wirklich.
Das mit der Logik wird zuweilen schon ganz arg strapaziert. Es ist ein Begriff, wie so vieles andere auch. Ich könnte doch ebenso gut sagen: Ist doch Suppe statt, ist doch logisch, oder? Nicht? Ne, gut, klingt unlogisch…

Fakt ist, wir strapazieren Begriffe oft ganz fürchterlich. Damit alleine sind jedenfalls noch keine logischen Schlüsse gezogen. Also gibt es nun etwas objektiv Gültiges oder nicht? Du selbst bestreitest doch deine Existenz kaum, oder? Ja gut, aber es gab doch auch Philosophen wie George Berkeley oder andere, die behaupteten doch tatsächlich, dass nur das existiert, was ich wahrnehme! Schaue ich weg, existiert es nicht mehr! Mag blöd klingen, war aber seine feste Überzeugung. Und er galt in seiner Zeit etwas. Versuchen Sie es doch einmal. Stellen Sie ein Glas Wasser auf den Tisch! Machen Sie die Augen zu – und beweisen Sie mir mit geschlossenen Augen, dass es noch da ist. Klar, wenn Sie die Augen wieder aufmachen, oder andere Sinne verwenden, aber dann nehmen Sie es ja wieder wahr…

Gut zurück zu der obigen Frage nach den „privaten“ Meinungen. Der ganze Mist, der hier steht und den Sie tatsächlich bis hierher ausgehalten haben, wird entweder nicht verstanden, dann sind meine Gedanken aus der Optik des Nichtverstehers tatsächlich privat. Geh doch zum Teufel mit deinen Philosophien! Arbeite besser etwas vernünftiges, dann bringst du es auch zu was… oder sie werden verstanden und dies sogar zustimmend! WOW. Das wäre (fast) schon der Beweis, dass meine Meinung doch nicht so ganz „privat“ ist! Und dass es so etwas gibt, ein kleines Fünklein von etwas Verbindendem! Oder es entsteht eine andere Meinung darüber. Bei Ihnen vielleicht, lieber Leser, liebe Leserin? Das könnte darauf hinweisen, dass ich falsch denke und Sie richtig! Ist auch eine Möglichkeit! Wie denken Sie darüber? Lassen Sie es mich wissen! Was ist falsch daran? Könnte ich es wohl verstehen, wenn ich „richtig“ denken könnte, so wie Sie?

Ehrlich gesagt, gefällt mir der zweite Gedanke ganz ausserordentlich, der mit dem Verstandenwerden! Stellen Sie sich vor, Sie werden von irgend jemandem verstanden! Egal ob der aus Japan kommt, ob er ein Yankee ist oder ein Muslime, ein Christ oder ein Buddhist. Ist doch ein ganz tolles Gefühl! Das Gefühl, verstanden zu werden! Etwas klitze kleines weist also über mich persönlich hinaus (und über Sie natürlich auch!), etwas, was so ganz „privat“ zu sein schien, findet plötzlich Anklang bei anderen, vielleicht sogar bei Andersdenkenden, bei der SVP oder SP (je nach persönlichen Standpunkt). Ist doch grossartig!

Worauf will ich damit hinaus? Im Prinzip bin ich immer noch daran, meine ganz private Meinung zu äussern, aber es könnte sein, dass Sie es verstehen und dann wäre ein Tatbestand gesichert: der Geist! Etwas Geistiges (zunächst ist auch das natürlich nur ein Begriff, an dem Sie sich vielleicht die Zähne ausbeissen), etwas Geistiges überhebt sich dem Alltäglichen in uns und schafft zum Beispiel Verbindungen zwischen Ihnen und mir! Geistige Fäden, unsichtbare Verbindungen (die kaum etwas mit digitaler Daten-Übertragung im technischen Sinne zu tun haben), die nicht nur an meinem kleinen persönlichen ich hängen bleiben, sondern einen bleibenden Wert haben, für mich und für Sie!

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Fussball-Fieber

FussballSommer, Hitze. Fussball. Herz, was willst du mehr! Alles sitzt, steht, (liegt?, oder steht Kopf…) vor den Fernsehern und Leinwänden der vielen Public Viewing Events, die in allen Ländern der Welt zur größten Show der geliebten Fußballstars einladen.

Wohl kaum einer interessiert sich da für philosophische Themen. Die können im Winter mal ganz interessant sein, wenn die Kugel in den Katakomben der Stadien ruht. Dann, wenn die Langeweile einen überkommt und Schnee und Kälte uns vor größerer Aktivität zurückhalten, dann, ja dann schlägt man vielleicht einmal ein Buch auf, welches man seit Jahren vergessen hatte, Hegel, Fichte, Goethe und wie sie alle heissen…

Gedanken über die Welt, über Leben oder Sinn (und Unsinn) unseres Daseins sind oft unangenehm. Sie kühlen unsere automatisierten Handlungen und Abläufe auf fatale Art und Weise auf den Gefrierpunkt ab. Sie fordern uns vielleicht dazu auf, diese ewigen Fragen des Daseins zu beachten, einmal inne zu halten, zu schweigen, Dinge anzuschauen die wir sonst kaum beachten im Trubel der vielen Aktivitäten einer überbeschleunigten Zeit.

Ich schreibe das nicht etwa ironisch, quasi aus der Position eines Fussballmuffels heraus, sondern – im Gegenteil – als bekennender Fan! Als ehemaliger Junior und Spieler eines mittelmäßigen Thurgauer Fußballvereins, weiß ich um die Faszination dieses wunderbaren Spiels, und um die Anziehungskraft des runden Leders (welches damals in den 70ern noch ziemlich unangenehm ledrig war). Man muss sich ja nicht grundsätzlich ins Abseits stellen um die Welt philosophisch zu betrachten. Gerade das „in den Dingen sein“ (genannt inter-esse), macht das Leben doch so spannend. Egal, was wir tun, das Anteil-nehmen macht die Würze aus!

Philosophie muss nicht belehrend sein, sondern beschreibend.
Sie muss nicht urteilen, sondern erkennen.
Sie soll nicht lähmend sein, sondern begeisternd.

In diesem Sinne lade ich immer wieder zur „philosophischen Unterhaltung“ und zum Mitdenken auf meinem Blog ein. Ähnlich wie im Spiel mit dem Ball, verhält sich doch das ganze Leben. Alle Themen spiegeln sich darin. Von totaler Selbstüberschätzung bis hin zur nüchternen Ungewissheit, von anerkennendem Lob bis zu verachtendem Tadel: Immer wieder wechseln Emotionen, Aggressionen und überschäumende Freude sich ab im Tanze des Ballzaubers. Nichts ist im Grunde berechenbar, nur tendenziell einschätzbar. Die Pässe, Blockaden und Mauern (Hindernisse), die (Frei-) Räume und Attacken, alles entsteht in jedem Moment immer wieder neu und unvergleichlich. Kein Spiel hat denselben Verlauf. Und doch sind die Spielregeln, die Verhältnisse exakt vorgegeben, das Spielfeld um die 100 Meter lang und 65 Meter breit, zweimal 11 spielende Akteure usw. Was innerhalb dieser Einschränkungen passiert ist ungewiss und überraschend wie das Leben selbst, welches ebenfalls gewisse klar gesetzte Rahmen hat.

Hier liegt wohl die grösste Faszination: In dieser relativen und doch planbaren Unsicherheit im Spielverlauf. Auch hier gibt es Stars, Gewinner und Verlierer, wie im Leben auch.

In diesem Sinne: Hopp Schwiiiiiiz!

Schweiz-Flagge

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

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