Motiv und Individualität

Meinungsautomaten

Die meisten Menschen in meinem Umfeld, haben keine eigene Meinung, wenn es um grosse politische Themen geht. Wenn man mit ihnen spricht, hat man das Gefühl, mit einem Automaten zu sprechen, der nur die Nachrichten des Mainstreams wiedergibt. Die Argumente sind dünn. Geht man mehr in die Tiefe, haben sie keine weiteren Begründungen, um ihr Narrativ zu stützen. Selbst die mir wohlwollend gesinnten, driften dann ab in allgemeine Floskeln wie «Schwurbelei» oder «Verschwörungstheorie», als Kompensation der Ratlosigkeit. Es sind Verteidigungswerkzeuge, die ins Leben gerufen wurden, um solche Diskussionen ins Abseits zu steuern. Man hat bei vielen Menschen das Gefühl, mit einem Radioempfänger zu sprechen. Selbst wenn man selbst nicht informiert ist was aktuell gerade läuft, nach einem solchen Gespräch weiss man, was die Staatsmedien darüber berichten. Diese Menschen sind sich dieser Tatsache nicht bewusst. Sie glauben natürlich, das seien ihre eigenen Gedanken. Das Erkennen, woher all die Einflüsterungen kommen, ist sehr schwierig und braucht ein hohes Mass an Selbstreflexion. Das wurde in anderen Artikeln eingehend thematisiert. Es ist schwierig, solche Gesprächspartner in wirkliche, tiefere Diskussionen zu verwickeln. Mit einem Radioempfänger lässt es sich nicht streiten!

Noch vor zehn Jahren war dies anders
Immerhin gab es damals, soweit ich mich erinnern kann, bei den meisten Themen immer mindestens zwei Meinungen. Es gab in jeder Sache, in den meisten Ländern noch so etwas, wie eine wirkliche Opposition. Dies scheint heute nicht mehr der Fall zu sein. Wer nicht Links ist, hat keine Lebensberechtigung. Die Staatsmeinung wird in den wichtigen globalen Themen reduziert auf eine einzige Meinung, nämlich die «richtige». Und die Richtige ist jene der Staatsmacht und einer globalen politischen Korrektheit. Die Oppositionen, oder das, was sich im entfernten noch so nennen könnte, passt sich oft dieser einen Meinung mehr oder weniger an. Oder wenn sie sich dagegenstellt, dann wird sie von den Medien und vom «Wahrheitsministerium» denunziert, schlecht geredet oder, tendenziell immer häufiger, sogar verboten.

Das selbstständige Denken ist anstrengend
Für die meisten Menschen ist es einfacher, die Informationen, wie in einem Trichter zu sammeln und dann ungefiltert wiederzugeben. Kritik am Staat und an der Politik, wie ich sie von linker Seite in den Siebzigern noch kannte, scheint mehr und mehr zu verstummen. Kritik wird als staatsfeindlich gesehen. Dabei wäre sie, wohl verstanden, ein gutes Instrument zur Regulierung von Übergriffen oder Fehlentwicklungen. Es kommt dabei nicht auf die Objektivität des Inhaltes an, sondern auf den Dialog, aus dem heraus die Dinge erst ins rechte Licht gerückt werden können. Eine solche Gesprächskultur müsste vom Staat erwünscht, ja sogar willkommen sein! Die Politiker sind vom Volk gewählte Diener und Verwalter des Volksvermögens. Es sind nicht die Besitzer!

Die Manipulation ist zu einem Herrschaftsinstrument geworden
Es werden Prämissen aufgestellt und so oft wiederholt, bis sie sich in die Köpfe der Bürger eingefressen haben. Dies geschieht visuell, auditiv oder über das geschriebene Wort. Durch die Autonomie der Medien und deren Besitzverhältnisse, ist es möglich geworden, über Nachrichtenagenturen, solche Prämissen standhaft und resolut in alle Welt zu tragen. Dazu kommt die Zensur als einem zweiten Instrument zur Beherrschung der Meinungshoheit. Die Konsumenten können sich zwar auch über das Internet anderweitig informieren. Diese Zugänge werden jedoch weitestgehend erschwert oder durch Zensur sogar verhindert.

Auf diese Weise werden Prämissen verbreitet
Beispiel: Prämisse eins «alle Russen sind böse» – Prämisse zwei «Putin ist ein Russe» – Und als Konklusion ein pseudologischer Schluss: «Also ist auch er böse und muss vernichtet werden». Die Menschen geben sich mit dieser Art von «Logik» zufrieden, ohne die Prämissen in Frage zu stellen. Dasselbe haben wir erlebt mit der Pandemie, die ja nach den Computer-Modellen enorm hohe Todeszahlen fordern sollte. Die Tests trugen dazu bei, die Kurven entsprechend gefährlich aussehen zu lassen, was ich ja bereits ausführlich in meinem Buch «Die grosse Entscheidung» ausgeführt habe. Angst und Panik wurde über drei Jahre hinweg geschürt, ohne dass eine Übersterblichkeit eingetreten wäre aufgrund des Virus.

Das alles sind die Auswirkungen eines übergeordneten Phänomens
Ohne die Manipulation der Massen könnten die Kräfte, die dahinterstehen, die Systemarchitekten gewissermassen, gar keine Erfolge erzielen. Sie erreichen ihre Ziele nur deswegen, weil das Bewusstsein der Massen manipulierbar (geworden?) ist. Dazu gibt es viele weitere Techniken, wie zum Beispiel das «Nudging», einer etwas abgemilderten Variante einer grossen Manipulation. Darauf soll aber in einem anderen Beitrag näher eingegangen werden.

Unsere „Vorstellungskonserven“

Ein Blick in die Tiefen unserer Seele

Abgeleitet von den obigen Gedanken, möchte ich ein wenig tiefer in diese Vorstellungswelten eintauchen. Ich stelle die Frage: In welchen Situationen stösst du in der Kommunikation auf Widerstand? Es wird immer dann der Fall sein, wenn sich die eigenen Vorstellungen denen des Gesprächspartners widersprechen. Gibt es eine andere Situation des Widerstandes? Ja, jener mit dir selbst! Und wie oft am Tag ist «Kommunikationswiderstand» bei dir der Fall? Zähle einmal die Situationen auf! Wir haben Mühe damit, dies zu erkennen, weil wir das immer wieder vergessen? Ich habe es versucht. Und das erste Mal hat es auch geklappt. Aber im Laufe des Tages nimmt die Wachheit ab und ich vergesse mich im Gespräch mit anderen. Wenn du dich nicht vergessen würdest, dann könntest du so Vieles entdecken! Erstens würdest du erfahren, dass es sehr viele solche Situationen geben wird in deinem Alltag! Da steht etwas in der Zeitung, was dir nicht gefällt: Widerstand, innere Ablehnung oder sogar Empörung sind die Folge. Ein Freund trifft auf dich. Was er erzählt kannst du nicht teilen, etwas bäumt sich in dir auf dabei: Widerstand, Ablehnung. Am Abend mit deiner Partnerin. Eine, zwei, drei … viele Situationen? Kein Konsens, sondern Widerstand und Ablehnung. Vielleicht bist du beleidigt, Streit, Aggressionen werden entstehen? Dann Fernsehabend: Politiker treten auf, erzählen dir von diesem und jenem: Du teilst die Meinung nicht: Widerstand, Ablehnung, Empörung. Deine Mannschaft verliert im Fussball. Das ist nur deswegen schlimm, weil du die Vorstellung hast, sie müssen gewinnen. Alles «Kopfsache», wie man so schön sagt.

Viele solche Erlebnisse prägen unsere Tage. Wer könnte nicht davon berichten! Nur achten wir nicht darauf. Wir reagieren nur. Und mit zunehmendem Alter wird es oft noch schlimmer. Immer mehr Dinge ärgern dich, weil deine Vorstellungen in der Aussenwelt anstossen. Sicher, es gibt auch Konsens, Einigkeit. Es gibt immer Gesinnungsgenossen in unserem Leben! Mit denen trifft man sich, tauscht sich gerne aus, weil man weiss, dass man nicht so oft auf Widerstand stösst: Friede, Freude, Eierkuchen … oder ein Gläschen Wein. Also tun wir uns nur noch mit unseren engsten Freunden zusammen, mit denen, die uns ähnlich gesonnen sind, die die gleiche Sprache sprechen, die gleichen, oder zumindest ähnliche Gedanken haben, jedenfalls in den entscheidenden Fragen unseres Lebenskonzeptes. Ein bisschen gefährlich ist das allerdings schon. Stell dir vor, du bewegst keine neuen Gedanken mehr. Du konservierst alles, was du bisher gelernt hast und wovon du dir eine Meinung gebildet hast: du bist «konservativ» gewissermassen. Jetzt wird alles Fremde zunehmend noch Fremder, andere Vorstellungen noch unzugänglicher. Die Jahre vergehen unbedacht. Die Gehirnstrukturen befestigen ihre vorgegebenen, vorprogrammierten Bahnen und fixieren das Gedankengut per Absolutum.

Was bleibt dir nun? Nur noch die Gleichgesinnten! Aber auch die werden immer weniger, weil in irgendeinem Punkt auch bei ihnen langsam die Einigkeit zu schrumpfen beginnt, oder sie dir wegsterben. Einer nach dem anderen passt dir nicht mehr, oder er verlässt dich. Bald hast du nur noch ganz wenige, die dir die Treue halten. Ein kleiner, «verschworener Haufen» wird das sein. Und bald bist du alleine, einsam, gefangen in einem Gefängnis deiner «Privatvorstellung». Du bist Gefangener in einer Glocke, die du dir selber erschaffen hast. Ein Leben lang hast du sie geschaffen, nach und nach, immer ein bisschen mehr. Niemand wird dich mehr verstehen, nicht einmal deine Parteigenossen und Genossinnen, deine Freunde und Bekannten oder sogar deine Frau, Freundin, dein Mann, dein Freund, deine Kinder. Du bist alleine mit dir und all deinen konservierten Vorstellungen, die doch die richtigen sein müssen! Aber die ganze Welt versteht dich nicht mehr! Warum sieht die Welt nicht, dass ich doch recht habe?! So denken alle im Laufe der Zeit, wenn nicht … ja wenn nicht etwas entscheidendes in unserem Leben passiert!

Und alle meinen, recht zu haben. Jeder schafft seine eigene moralische Welt, die aus den Vorstellungen seines bisherigen Lebens erzeugt wurde. Bis – ja, bis man endlich sich selbst entdeckt! Der Weltenlauf beginnt von vorne. Zunächst beginnst du zu zweifeln. Wer oder Was in mir stellt etwas vor, hat «Vorstellungen» spricht nach, hört, liest, sieht? Bin ich es selbst, oder ein Anderer in mir? Man entwickelt die Empfindung dafür, dass ein Anderer in uns spricht, liest, hört. Man erwacht und denkt: Was, das habe ich gedacht, ich gefühlt oder ich getan? Ich kann es nicht glauben! Es sind die ersten Gehversuche in einer anderen Hülle. Und die Frage wird fühlbar: wer ist dieser Jemand, der das beobachten kann? Wer bin Ich? Das ist das erste Erwachen in einer anderen Welt, auch wenn man ständig wieder in die andere hineinschläft und weiterhin ein Gefangener bleibt. Etwas wird sich ändern. Es ist ein kleiner Tod. Ein Aussersichstehen. Man erblickt ein Wesen, mit dem man sich vollkommen identifiziert hat. Es ist der erste Blick auf einen Lichtspalt in seinem Gefängnis. In Platos Höhle …

Die grosse Entscheidung

Aufwachprozesse aus einem materialistisch-technokratischen Weltbild

Von Urs Weth

In diesem Buch möchte ich viele Aspekte aufzeigen, die tiefer einzudringen versuchen in eine grössere Welt als es jene ist, die wir nur mit unseren dogmatischen Vor-Stellungen erreichen können! Es gilt um-zu-denken. Nicht nur «quer» soll gedacht werden, sondern umsichtig, weitsichtig! Die grosse Entscheidung ist die Entscheidung darüber, ob wir unseren wahren, geistigen Ursprung fortan leugnen wollen zugunsten eines materiellen «Scheinparadieses» – oder ob wir es schaffen, wieder ganz Mensch zu werden: ein Mensch, der sich nicht von der Kleinlichkeit des materialistischen Denkens unterkriegen lässt und der über sich, als rein materiell-gedachtes Wesen, hinauszuwachsen im Stande ist!

Das dahinterliegende Weltbild

Der erste Schritt zur Beurteilung einer Krise wie der gegenwärtigen, ist es, das dahinterliegende Weltbild zu durchschauen, welches einer entsprechenden Wissenschaftstheorie und ihrer Geschichte zugrunde liegt. Man muss erkennen, dass es sich um ein technokratisch-materialistisches und deterministisches Weltbild handelt, dem seit einigen Jahrhunderten bereits gehuldigt wird. Der Mensch wird nicht mehr als ein lebendiges, seelisch-geistiges Wesen betrachtet, sondern als eine Art pseudomoralische Bio-Maschine. Diese materialistische Wissenschaft wurde zur neuen Religion erhoben und einige ihrer Vertreter zu den neuen Priestern der Menschheit. Francis Bacons[i] Ideal hat sich nicht nur verwirklicht, sondern wurde auf die Spitze getrieben mit einer Art ranghoher Priesterschaft des (materialistischen) Wissenschaftlers, die er einführen wollte.

Man macht heute in der Medizin potenziell jeden Menschen zu einem Kranken. Man vergisst Begriffe wie Resilienz oder Immunität, weil sie materiell nicht erklärt werden können und monetär kaum beeinflussbar sind. Man verschreibt jedem Menschen auf dieser Welt eine einzige Therapie, und zwar alternativlos, wie die gegenwärtige Krise zeigt: Tests, Masken, Quarantäne, Impfung. – Menschen, die sich nur wenig darum gekümmert haben in ihrem Leben, sich Fragen zu stellen wie: Wo komme ich her? Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist der Mensch als Wesen? … Solche Menschen werden es sehr schwer haben, die gegenwärtige Lage, in der wir stecken, zu durchschauen und aus einer wirklichkeitsgetreuen Erkenntnis heraus zu handeln. Sie sind Getriebene, die sich nur danach ausrichten, das zu tun, was man ihnen eingetrichtert hat. So wurden sie konditioniert und sozialisiert. Sie haben gelernt, aus diesem antrainierten Wissen heraus zu wirken und zu handeln. Das ist der Weg zu ihrer Konformität. Man muss sich selbst immer wieder hinterfragen, ob man dem nicht in gleicher Weise unterlegen ist! Insofern möchte ich hier nicht von «den anderen» sprechen, «die es einfach nicht kapiert haben», sondern generell über eine Fähigkeit, die uns dahin bringt, uns selbst einzuordnen in diesem Erkenntnisprozess! Dieser erste Schritt muss getan werden: das Erkennen der Lage aus einer anderen Perspektive als der dogmatischen und konditionierten, antrainierten Konformität unseres Alltagsbewusstseins. Es muss ein Schritt aus sich selbst heraus getan werden, hinein in die «Beobachtung des Denkens» (Philosophie der Freiheit). Nur so wird man künftig auch neue Wege finden, die nicht immer wieder in den gleichen Abgrund führen.

Betrachtet man gewisse manipulative «Techniken» einmal ausserhalb des Gut-Böse-Kontextes, ganz neutral, dann stösst man auf verschiedene Modelle, die alle dasselbe Motiv zugrunde legen: Die Machtkonzentration und Übervorteilung dessen, der sich ihrer bedient auf Kosten anderer. Meistens wird dies als Wettbewerb im sozial-darwinistischen Sinne aufgefasst. Und viele Mitstreiter gehen davon aus, dass dieses Vorgehen legitim sei, weil es der andere genauso tut. Das sei, so meint man, die natürliche Selektion; das Recht des Stärkeren und Klügeren gegenüber den «Schwächeren». Wenn der Mitbewerber Mittel und Wege anwendet, um sich auf dem Markt zu übervorteilen, dann tue er dasselbe und dies womöglich noch besser und noch cleverer als sein Konkurrent.

Wir erkennen darin das wahrhaft «Böse», dem wir jeden Trug und Schein entnehmen möchten. Unser persönliches, selbst geschaffenes Idealbild von Moral allein genügt da bei Weitem nicht aus. Gewiss kann es eine Hilfe sein, ein Trittbrett, eine Leiter, die uns, wenn wir die Wahrheit etappenweise erringen möchten, von Stufe zu Stufe führt, um so letztlich an diesem «Gutort», den wir «Wahrheit» nennen, anzukommen. Aber was ist, wenn wir unverhofft an einem «schlechten Ort» gelandet sind und es erst dann bemerken, wenn wir dort angekommen sind? Das ist wundervoll dargestellt in einem kleinen Zeichentrickfilm[ii] von Walt Disney aus den letzten Jahren des 2. Weltkriegs. Aus diesem Kontext heraus wurde er geschaffen. Aber er könnte auch ganz gut in die heutige Zeit passen!

Eine kleine Erzählung

In einem kleinen Dörfchen auf dem idyllischen Lande lebte eine ganze Sippschaft von Hühnern zusammen mit dem Hahn «Hacki». Das Dorf ist umgeben von hohen Bretterwänden. Diese sind für den Fuchs unüberbrückbar. Weil er aber so gerne Hühner frisst, denkt er sich eine List aus, wie er es trotzdem schaffen würde, sich Zutritt zu verschaffen in das Dorf. Dort herrscht ein munteres Treiben unterschiedlicher Hühnercharaktere. Alle leben in mehr oder weniger grossem Frieden beisammen und gackern dies und das wenn der Tag lang ist. Es gibt das eine oder andere kleine Problemchen zu betratschen, weiter nichts. – Nun tritt der Fuchs auf. Er denkt still vor sich hin, durch ein Loch in der Bretterwand spähend: «Hm. Es gibt mehrere Methoden, um ein Huhn zu rupfen» – «Ich bin doch nicht umsonst ein Fuchs! Und warum soll ich nur ein Huhn kriegen, wenn ich alle schnappen kann!? – Nur ein bisschen Psychologie braucht man dazu!», meint er listig-vergnügt. – Also liest er aus seinem dicken Buch,

Zitat: «Um die Masse zu manipulieren, muss man bei den Dümmsten ansetzen!»

«Aha!», sagt er sich. Und schon hat er auch den Dümmsten ausgemacht und bezirzt ihn durch eine Ritze mit grausig-hohler Stimme und etwas Zigarrenrauch, um das Ganze optisch zu untermalen! Gleichzeitig lässt er von oben an der Mauer ein blaues Stück Holz mit einem draufgemalten gelben Sternchen herunterfallen, dass er einem Astrologen geklaut hatte. Was gilt es jetzt zu tun? Lasst mal sehen. Was steht denn im Buch?

Zitat: «Wenn du ihm was vorlegst, sei nicht zaghaft, sondern lüge ihm die Hucke voll!».

Und so liess sich der Fuchs eine kleine Geschichte einfallen und trug sie theatralisch vor mit den Worten: «Achtung, hier spricht die Vorsehung; der Himmel stürzt ein! Du hast gerade ein Stück davon abgekriegt». Aus der Angst heraus rennt «Klein Hühnchen», das ist der «Dümmste», nun um sein Leben. Er beschwatzt seine Kumpanen stotternd und aufgeregt: «Hilfe! Hilfe! Der Himmel stürzt ein!». Die Hühner sind jetzt in grosser Aufregung und rennen wie wild herum: «Oh Gott, der Himmel stürzt ein! Wir werden alle sterben!» schreien sie. Aber einer von ihnen, Hacki der Hahn, lacht nur und meint gelassen: «Haha, der Himmel stürzt ein? Dass ich nicht lache, das ist doch nur ein kleines Stück Holz, Klein Hühnchen!». Der Fuchs sieht das und meint beleidigt: «Na warte, diesem Schlaumeier werd ichs gleich zeigen!» Und er schlägt erneut sein dickes Psychologiebuch auf und liest dort,

Zitat: «Untergrabe das Vertrauen in ihre Anführer!»

«Oho!». Nun verkleidet er sich und verstellt seine Stimme in den Gackerrunden der Hühner, die er belauscht um sich dann in ihr Gespräch einmischend zu schmeicheln: «Aber schaut, was, wenn er sich irrt!? Dann sind wir alle tot!!». Dies und mehr Derartiges haucht er mit hoher, krächzender Stimme ein. – Und das wilde Durcheinander beginnt von vorn. Der Fuchs doppelt, vom Erfolg befeuert, gleich nach: «Wir sind doch nicht dumm, Hacki der Hahn redet nur dummes Zeug! Wir können doch allein beurteilen, ob der Himmel einstürzt!?» – Wieder aus einer anderen Ecke durch ein Loch tönt es aus dem Mund des Fuchses, der sich quirlig von Loch zu Loch bewegt, diesmal mit verpennter Stimme: «He, he, Leute, Hacki der Hahn hängt neuerdings an der Flasche! – Hups!» Und schon macht das Gerücht die Runde. Grosse Aufregung im Hühnerdorf: «He, wisst ihr schon das neueste von Hacki? Er hat einen Riss in der Schale!» Und so geht es munter weiter. Panik wird geschürt. Alle schreien: «Hacki ist nicht mehr länger unser Hahn im Korb! Wir glauben dir nichts mehr, Hacki!» Aber der Fuchs legt noch einen nach. Er liest in seinem psychologischen Buch weiter.

Zitat: «Durch Schmeicheleien schafft man es, dass sich unbedeutende Leute für eine Führungspersönlichkeit halten.»

Und er schleicht sich wieder zu «Klein Hühnchen» hin und flüstert ihm ein: «Das ist deine Chance, mein Held! Höre! Du bist der geborene Anführer!» Und «Klein Hühnchen» bäumt sich mächtig auf, stellt sich vor das Hühnervolk und schreit: «Hört alle mal her! Ich bin jetzt euer neuer Anführer und sag euch, was zu tun ist!» Hacki schreit noch von hinten: «Hört nicht auf diesen Grünschnabel, der Himmel stürzt nicht ein!» – «Und ich sage euch, er stürzt ein!». Mutig doppelt «Klein Hühnchen» nach: «Und er stürzt ein!!». Und so geht das Hin- und Her. Oben auf der Mauer steht der Fuchs. Er schmeisst Hacki ein zweites blaues Brett mit gelbem Stern an den Kopf, just in dem Moment, wo dieser lacht! Nun ist kein Halten mehr! Die ganze Hühnerbande fleht «Klein Hühnchen» an, es solle ihnen sagen, was nun zu tun sei! Hinter dem Loch der Bretterwand flüstert der Fuchs ihm zu: «Sag allen: Lauft in die Höhle!!» – Und schon schreit es «Klein Hühnchen» in den Hühnerhaufen hinaus: «Alle in die Höhle! Alle in die Höhle!» Und schon rennen alle zum Tor, öffnen es und rennen, was das Zeug hält um ihr Leben, geradewegs in die Höhle. Diese befindet sich ausserhalb des geschützten Dorfes. «Es ist angerichtet», schlabbert der Fuchs nun mit grossem Behagen. Er bindet sich ein Tuch um den Hals und tritt ein. Der Rest dürfte sich ergeben …

Das Ideal muss zum Erlebnis werden

Das ist die Ironie der Geschichte: Alle rennen um ihr «Leben» – um es zu verlieren! Sie rennen um ihr Leben, um ins Verderben zu gelangen! Darin zeigt sich deutlich die Problematik, die ich vorher angedeutet habe. Wenn man die Wahrheit erkennen will, muss das Ideal zum Erlebnis werden. Auf der «kognitiven Ebene» konnte die Hühnerbande nicht zum Guten finden. Das Erleben müsste auf einer höheren Ebene stattfinden, nicht auf der unteren, bloss emotionalen. Zumal diese keinen festen, eigenen Boden hat, sondern von aussen «zugeraunt» wurde!

Die Frage nach dem «Guten» rein «objektiv» beantworten zu wollen, ist meines Erachtens weit danebengegriffen, trotz der Klarheit der Geschichte. Ist der Fuchs nun der «Böse»? Verkörpert er das «Böse»? So würde es sich für jeden selbstverständlich ergeben. Und so werden auch Märchen aufgebaut. Nur dort werden die Geschichten oft verkleidet dargestellt. Hinter den Tiergestalten wird das Menschliche im übertragenen Sinn ausgedrückt. Was für das Tierreich normal ist, ist es für die Menschen nicht. Man könnte für beide Seiten immer so argumentieren, dass sie nur das Beste für ihre Mitmenschen wollen. «Klein Hühnchen» wollte das Beste, «Hacki» wollte das Beste. Die ersten sagen, sie möchten aufzeigen, dass sich hinter dem vermeintlich «Bösen» eine grosse Illusion verbirgt, von der wir uns befreien müssen (Philosophie des «Hacki»). Sie erachten es als ihre «heilige» Aufgabe, den Mitmenschen davon zu erlösen, dies zu glauben. – Die andere Seite möchte zwar nicht helfen, diese zu «bekehren» und sie von der Bösartigkeit zu überzeugen. Das tun sie eben gerade nicht, weil sie in der Illusion verhaftet sind; sie würden sich schwertun, evidente Argumente dafür zu finden. Vielmehr sehen sie in dem «Verweigerer Hacki» eine grosse Gefahr für die Mitmenschen. Und weil dieser «Idiot» sowieso nicht einsichtig sei, müsse man mit restriktiven Massnahmen gegen ihn ankämpfen, ihn verleumden, schlecht reden. Das alles sei gerechtfertigt, um diesen Verrückten zur Strecke zu bringen. – Geht man in sich hinein und horcht mit einem empathischen Mitgefühl für das allgemein Menschliche auf die innere Stimme, dann kommt man zu anderen Kriterien der Beurteilung. Vielmehr noch: zu einer Erfahrung. Das zeigt sich in der Geschichte sehr deutlich. Denn wir alle «wissen» beim Zuhören oder Lesen, dass dieser arme Kerl wohl recht hatte und dass niemand deswegen ins Verderben geraten will. – Weder im «objektiven Gutachten», noch in der Denunziation findet sich das allgemein-menschliche und verbindende Glied in einer gespaltenen Gesellschaft. Das eine, wie das andere könnte ein und dieselbe Angriffsform benutzen, nur eben mit unterschiedlichen Mitteln! In der einen Haltung erlebt man jedoch eine andere Qualität, die sich im menschlichen Miteinander offenbart, eine Geste des Wohlwollens, der Liebe und des Verständnisses zeigt. – Auf der anderen Seite findet man einerseits die Ignoranz, und andererseits auch das Mitläufertum, eine Art Gesellschaftstrieb, die zum Konformismus führt.

Selbstbeobachtung

Fairerweise muss man sich ein Stück zur Seite begeben, oder ins Innere schauen, um nicht dasselbe zu tun, was in der Gesellschaft heute geschieht: in die Spaltung zu gehen! Denn zur Spaltung gehören immer zwei! Um nicht in dasselbe Fahrwasser zu kommen, muss man die Sache immer individuell betrachten. Man müsste in jeden Menschen hineinsehen, egal, auf welcher Seite er oder sie sich gerade befindet. Es gibt Aspekte, die uns in diese oder jene Situation gebracht haben, die uns öffnen oder schliessen, ängstlich machen oder beruhigen. Ängste, die uns leiten, sind nicht nur schwer durch Argumente zu beseitigen. Sie verlangen Empathie und Mitgefühl. Jedes individuelle Leben ist verschiedenen Erfahrungen ausgesetzt. Diese Erlebnisse beeinflussen unser Denken, Fühlen und Handeln. Für manches tragen wir selbst die «Schuld», auf anderes haben wir scheinbar wenig oder gar keinen Einfluss. Es sind Geschehnisse, die wie Zufälle in unser Leben treten und uns zu dieser oder jener Handlung treiben. Die Berufswahl ist ein mögliches Resultat dieser Vorerfahrungen und dessen Verinnerlichung. Einer wird Polizist, der andere Therapeut. Das hat selbstverständlich nichts mit «gut» oder «böse» zu tun. Beide können in ihrem Beruf viel Gutes bewirken, aber auch viel Schlechtes! Dennoch wird man plötzlich in eine Lage versetzt, die zu einem Abwägen führt: «Soll ich meinen Job nun aufgeben, weil man mich beordert hat, Dinge zu tun, die ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann?» – «Soll ich einen Befehl verweigern und riskieren, dass man mir meinen Job kündigt, oder soll ich darüber hinwegsehen, damit ich die Stelle behalte und meine Kinder und meine Ehefrau nicht in eine bedrohliche Situation geraten?»

Der Blick hinter die Kulisse sieht immer etwas anders aus, als er vordergründig erscheint! – Vielleicht ist es gerade dieses Verallgemeinern, dieses Uniformieren, dieses Schlechtreden, welches die Impulse zu wahrhaft bösen Taten ausmacht. Statt Freiheit entsteht Zwang, Einschüchterung und Bedrängung. Betrachtet man die Sache individuell, so stösst man immer auf gewisse Probleme. Das soll nun mit ein paar philosophischen Überlegungen über unser Denken verdeutlicht werden. In den Begriffen liegt der Urgrund von Täuschung und Illusion und damit auch von allem, was wir als gut oder böse bezeichnen …

Wir stehen nun zunächst zwischen diesen beiden Polen, dem «Eigenen», selbstbeherrschten und dem (unbeherrschten) «Fremden», ausserhalb von uns sich befindlichen. Zwei Kräfte, die stets vorhanden sind und denen wir uns immerfort stellen müssen im Leben. Weder im Einen noch im anderen können wir unmittelbar Mensch sein und zu uns kommen, das heisst zum «Sein»! Es ist nicht regsames Denken, nicht passives Vorstellen, sondern etwas dazwischen, nur einer Art Selbstbeobachtung zugänglich. – In solcher Selbstbeobachtung erfassen wir mehr als Inhalte. Mit letzteren befinden wir uns immer im Gewesenen! Wir umkreisen das Wesentliche, was das «Sein» ist, stets. Unser ganzes Bildungssystem dreht sich hauptsächlich oder sogar ausschliesslich um ein Werden im Sinne von «etwas» werden, etwas, was in der Zukunft liegt. Wir schaffen Inhalte, sammeln Informationen und erklügeln diesem Prozess wieder neue Inhalte, Kombinationen, Definitionen hinzu. Das ist im Grunde das Fuchsige, auch wenn wir es «gut» meinen. Es verkörpert sich aber gleichzeitig im «Klein-Hühnchen»-haften, wenn wir blind einer «Eingebung» folgen, deren Herkunft im Nebel liegt.

Die gegenwärtige Wissenschaft ist in ihrem Duktus keine «Seinswissenschaft», sondern eine Wissenschaft des Gewordenseins, des Toten und abstrakten. Sie kreist ständig um das Wesentliche herum, im besten Fall um die Wahrheit, ohne selbst in der Wahrheit zu sein. Das also ist die «Priesterschaft» einer Wissenschaft im Sinne Bacons. Im ehrlichen Bemühen und in der Erkenntnis dieser Tatsachen, wäre dem nichts entgegenzuhalten. Wenn aber der in dieser Weise Suchende sich so hinstellt, als ob er aus der reinen Wahrheit spräche, ähnlich einem materiellen «Gott», dann sind wir im Bereich des Bösen: Es enthüllt sich der Antichrist vor unseren Augen!


[i] Francis Bacon, 1. Viscount St. Albans, 1. Baron Verulam (* 22. Januar 1561 in London; † 9. April 1626 in Highgate bei London), war ein englischer Philosoph, Jurist und Staatsmann, der als Wegbereiter des Empirismus gilt. «Etwa im Jahr 1614 schreibt er mit Nova Atlantis eine wirkungsgeschichtlich folgenreiche Utopie, in der er unter anderem die Gründung wissenschaftlicher Akademien nach seinen Vorstellungen anregt (unvollendet – erstmals im Druck in seinem Todesjahr). Er schildert dazu einen Tempel auf der Insel Bensalem (Friedenssohn), wo seine Schätze, seine Wissenschaftsideen von weisen Männern, die Wissenschaftler und Priester in einer Person sind, aufbewahrt und gehütet werden». Wikipedia

[ii] https://www.youtube.com/watch?v=J-8-sBB5n0Q

Falls der Hinweis noch erlaubt ist auf das Buch:

Die grosse Entscheidung

Urs Weth, Taschenbuch, Wirkstatt-Verlag, Softcover, Fadenbindung, 328 Seiten

ISBN: 978-3-949299-01-8

Erhältlich im Buchhandel oder unter Glomer: https://www.glomer.com/neu/die-grosse-entscheidung_10013876_24837

Aus dem Inhalt: Einleitung; Das Kollektiv; Die Individualität; Neue Wege; Anhang über „Corona“; Nachklang

Alle Menschen sind Egoisten

Von Urs Weth

Würden Sie diese Aussage unterschreiben? Sehen Sie das auch so?

Vor vielen Jahren lernte ich einen Mann kennen. Nennen wir ihn Hans. Hans war damals schon aus den politischen Ämtern ausgetreten und ging auf die 60 zu. An seinem 60 Geburtstag war ich eingeladen. Es waren viele Freunde und Bekannte aus seinem politischen Umfeld dabei, so auch Regierungsräte und Nationalräte seiner Partei. Hans war ein hochangesehener Gefährte in seinen Kreisen. Es entstand nun meinerseits eine Freundschaft zu Hans und seiner Partnerin, die er, nach seiner Trennung, kennen und lieben gelernt hatte und mit der ich vorher schon bekannt war. Wir trafen uns bald regelmäßig und gingen auch zwei, dreimal paarweise zusammen in die Ferien. Während dieser Zeit gab es ab und zu heftige Auseinandersetzungen, die gelegentlich auch in großem Streit endeten. So auch an einem Abend, als es um die menschliche Natur ging und Hans auf seinem Glaubenssatz beharrte, dass alle Menschen zum Vornherein Egoisten seine, und, dass man sie zu ihrem Glück zwingen müsse. Ich sah die Sache nicht so radikal, wusste mich aber damals nicht gut zu verteidigen.

Jetzt in dieser Weltkrise nahm ich nach vielen Jahren wieder Kontakt auf mit ihm. Inzwischen hatten wir uns, aus meinen privaten Verhältnissen heraus bedingt, lange Zeit wieder aus den Augen verloren. Hans verteidigte die Maßnahmen des Bundesrates im Rahmen der Krise aufs Schärfste. Dies trat aus seinen Äußerungen in einer E-Mail deutlich hervor. Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, musste ich an jene Auseinandersetzung im Tessin zurückdenken und an diesen Satz: „Alle Menschen sind Egoisten. Deshalb muss man sie zu ihrem Glück zwingen.“ Damals konnte ich die Dinge noch nicht im rechten Licht sehen. Heute aber lebt diese Aussage in mir als Warnzeichen wieder auf. Ich könnte diese Haltung auch als grundsätzlich verantwortlich für jene sehen, die ihre Regierung in ihren Aktivitäten loben und die Maßnahmen befürworten. Denn die innere Überzeugung, dass der Mensch grundsätzlich egoistisch sei, muss, wenn dies alternativlos dasteht, zwingend zu dieser Meinung hinführen. Freiwillig wird sich niemand an die Regeln halten. Deshalb muss man die Menschen zwingen. Freiwillig wird niemand eine Maske tragen, deshalb braucht es Maskenpflicht. Freiwillig wird sich niemand impfen lassen, deshalb braucht es den Impfzwang. Der Egoist ist derjenige, der das nicht gerne tut. Und da alle potenzielle Egoisten sind, muss man radikal vorgehen.

Diese Haltung hat zur Folge, dass man den Menschen im Grunde als eine „Fehlkonstruktion“ der Natur hält. Er ist unvollkommen und hat scheinbar auch nicht die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Diese Radikalität wurzelt in obiger Aussage, die ich aus vieler Munde in meinem Umfeld vernommen habe. Manchmal kam sie reuig und wehmütig daher. Sie kam gut gemeint und mit leichter Verbitterung zum Vorschein. Es steckt oft eine gewisse Resignation dahinter, dass es so sei. Aber man sieht keine Möglichkeiten, dies zu ändern. Damit gesteht man der Evolution keine Bewusstseinsentwicklung zu. Denn Alle sind so.

Betrachtet man diesen Satz aus einer logologischen Sicht, dann kommt man auf Folgendes. Aristoteles setzte der Logik eine These, eine Antithese und eine Synthese zugrunde. „Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Also ist Sokrates sterblich“. Das ist in sich logisch. Daraus könnte man nun ableiten: „Alle Menschen sind Egoisten. Hans ist ein Mensch. Also ist er egoistisch.“ Dieser Satz ist auch in sich logisch. Der zusätzliche Schluss: „Also muss man sie, die Menschen, zu ihrem Glück zwingen“ hingegen ist ohne jeden logischen Bezug zum ersten Schluss. Die Frage ist doch: Wer ist man? Wer übernimmt die Aufgabe, die anderen zu ihrem „Glück zu zwingen“, sind doch ALLE egoistisch, der ersten Logik gemäß. Auch derjenige, der diesen Satz ausspricht, ist ein Egoist, denn er muss sich ja mit einschließen in seine These, sonst lebt er in einem Widerspruch. So kommen wir zum Schluss, dass Egoisten sich dafür einsetzen müssen, dass die anderen Egoisten nicht egoistisch sind! In dieser Haltung steckt natürlich ein großes Machtpotenzial! Das müsste geradezu eine verlockende Aufgabe sein für einen Egoisten! Man müsste jemandem zugestehen, dass er nicht so egoistisch sei, wie die anderen. Diesem etwas weniger egoistischen Menschen übertragen wir nun die Aufgabe, die anderen, größeren Egoisten zu kontrollieren. Und man muss Vertrauen haben, dass dieser Eine seine Macht nicht ausnützt. Man attestiert ihm einen gewissen Altruismus! Das ist natürlich absurd. Denn die Position, in der er steckt, brauchte eher besonders viel Egoismus. Das wird auch nicht als etwas Negatives angesehen von Hans. Er gehörte ja selbst dazu. „Man braucht eben die Ellbogen, um sich durchzusetzen“. Aber es bleibt der Widerspruch, dass von dieser Ellbogenmentalität plötzlich abgelassen werden könne, um eine gemeinnützige Sache zu meistern – und die Gunst der Stunde nicht auszunutzen! Hier greift die Logik eher im gegenteiligen Sinn. Wenn dieser Machthaber nun, wo er die Spitze seiner Macht erreicht hat, eben diese Macht zugunsten seiner Bevölkerung nicht ausnutzen darf, dann hat er womöglich ein Problem. Man muss im positiven Sinne sich durchsetzen, heißt es. Aber dieser positive Sinn muss durch das Okular der Egoität gesehen werde. Alles andere wäre bei dieser Doktrin: „Alle sind Egoisten“ nicht konsequent gedacht.

Dieser Satz ist geradezu das Glaubensbekenntnis des Teufels selbst, der sich dann an die Stelle des „Man“ setzt! Er macht sich damit Gottgleich. Er nutzt die Gelegenheit dieses Credos vieler seiner atheistisch gesinnten Mitmenschen aus, um den Menschen zu „verbessern“. Da er von der Natur nicht verbessert werden kann, hilft man durch technische Hilfsmittel nach. Damit verbunden ist natürlich auch die Frage nach der Freiheit. Es gibt für diese „Glaubensgemeinschaft“ keine Freiheit! Freiheit gibt es nur im Rahmen enger Beschränktheit. Das ist die feste Überzeugung, die zwangsläufig aus der ersten Folgerung, dass alle Menschen Egoisten seien, resultiert! Deshalb dieser Umgang mit den Menschenrechten und den Grundgesetzen, die ja nicht nur durch ein „Opfer“ zurückerobert werden müssen, sondern eine allen Menschen zugrundeliegende Basis bilden, egal welcher Gesinnung, Farbe oder Konfession sie angehören!

Man verstehe mich nicht falsch. Ich glaube nicht, dass wir frei von Egoismus seien. Darauf, dass er mich so verstanden haben wollte, lief die Diskussion mit Hans hinaus. Nur war die Alternativlosigkeit, die im menschlichen Kern angelegte Entwicklung zu leugnen für mich unhaltbar! In diese Gesinnung fließt natürlich ein gänzlich anderes soziales Verhalten mit ein. Wenn der andere ein Egoist ist, dann muss man ihm zum Vornherein misstrauen. Denn er will nichts zu meinem Vorteil, sondern alles was er tut, ist nur zu seinem eigenen Vorteil. Das ist ja der Grundsatz jeglichen Egoismus. Misstrauen braucht Kontrolle. Jeder Abweichler gilt als Egoist. Das wird zwar kritisiert, gleichzeitig aber auch als naturgemäß angesehen. Das alles läuft darauf hinaus, dass es auch durchaus angebracht ist, solche Abweichler zu strafen, denn: „Man muss sie zu ihrem Glück zwingen“, weil sie eben naturgemäß Egoisten sind. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn auch der Kritiker, der diffamiert, der über andere schimpft, ist, gemäß seiner eigenen Logik, auch ein Egoist und möchte ebenfalls nur immer alles zu seinen eigenen Gunsten. Also möchte er nicht den anderen schützen, wenn er eine Maske trägt, sondern, weil er eben ein Egoist ist, möchte er vor allem sich selbst schützen. Aber er zwingt dem anderen eine Maske auf und kritisiert ihn, wenn er sie nicht trägt, er gefährde seine Gesundheit (also die des Kritikers)! Dass er selbst die Maske zum Schutz anderer trage, ist nur eine scheinheilige Ausrede, die sich wiederum nur auf seine egoistische Haltung bezieht. Das ist ja seine Weltanschauung. Er sieht den anderen so, wie er selbst naturgemäß ist!

Man sieht, so kommt man nicht weiter und den Dämonen sind Tür und Tor geöffnet, um einzutreten! Denn auch alles Gerede von „sozial“ ist letztlich immer gefärbt von einem persönlichen Vorteil. Da kommt man nicht mehr darum herum. Ansonsten würde man sich selbst widersprechen. Zeigte man auch nur einen geringen Anteil von Mitgefühl für andere, dann würde man sich selbst in Frage stellen müssen. Dann wären die Menschen nämlich doch nicht generell nur egoistisch. Sie hätten einen Anteil in sich, der sich darüber erhebt. Und genau darauf wollte ich im Grunde hinaus in jenem Gespräch. Doch ich konnte es nicht.

Sobald man den Schritt zu dieser Erkenntnis hin gemacht hat, öffnet sich ein Schleier. Man durchbricht den Nebel der Befangenheit. Es tut sich ein kleines Licht auf. Und jenseits dieses Lichtes wohnt die wirkliche Freiheit. Sie ist kein von Natur aus gegebener Zustand, aber sie ist ein Licht auf dem Weg, das uns leitet und führt. Wir treten zunächst in eine duale Welt ein. Da ist auf der einen Seite die scheinbar „naturgegebene“ Egoität des Menschen und auf der anderen Seite eine Entwicklungsmöglichkeit, hin zu einem wirklich sozialen Wesen, fern von jedem Egoismus! Wer diesen Damm einmal gebrochen, diesen Schleier einmal gelichtet hat, der wird ihn nicht mehr loslassen. Darauf soll ein zweiter Teil meines Buches aufbauen.

Demnächst (ca. Juli 2021) erscheint ein neues Buch mit dem Titel „Die grosse Entscheidung“ im Wirkstatt-Verlag, Autor Urs Weth. ISBN: 978-3-949299-01-8

Weitere Bücher des Autors sehen Sie z.B. bei Glomer

Corona: Wahn ohne Ende?

Gespräch mit Prof. Dr. med. Sucharit Bakhdi (Immunolge, Epidemiologe, Virologe) zur Corona-Krise im Fernsehsender Servus TV, Sendung Talk vom 25. April 2020 (veröffentlicht am 30.04.2020). Das Gespräch wurde bereits 2 Stunden nach Veröffentlichung auf YouTube gelöscht! Kritik an der medial aufbereiteten und politisch umgesetzten Einheitsmeinung wird im Allgemeinen nicht toleriert, obwohl es so bitter nötig wäre!

Corona hats geschafft. Sie ist ein Star!

Exklusives Interview mit dem Star

Wir trafen sie in einem überfüllten Restaurant in einer grossen Stadt und konnten mit ihr ein interessantes Gespräch führen. Sie tröpfelte uns entgegen und rief gleich:

Hallo! Ich bin Corona!

Hallo Corona, wie geht es dir?

Ja, ganz wunderbar! Ich bin ja so happy!

Ach, warum denn das?

Weil ihr mir in diesem Jahr so viel Aufmerksamkeit schenkt! Das macht mich so glücklich. Das schpeichelt mir so sehr!

Was ist denn anders als in den vergangenen Jahren?

Phuu, da war es schon viel härter! Ja, das war hart! Ich habe ja gleich viel gearbeitet wie in diesem Jahr, aber der Erfolg blieb einfach aus.

Welcher Erfolg denn?

Ja, ich meine natürlich nicht der Erfolg bei der Arbeit! Der blieb immer gleich. Ich konnte fast jedes Jahr gleich viele mit meiner Begeisterung anstecken. Aber niemand schenkte mir Beachtung…

Ja, verstehe, das ist hart.

Ja, ganz hart. Niemand hat mich gelobt, hat meine Arbeit gesehen. Dabei war ich sehr aktiv und habe geschuftet, was das Zeug hält. Ich habe mich jedes Jahr verwandelt und mir ein anderes Mäntelchen angezogen, damit mich die Leute nicht erkennen. Die Wirkung blieb gewiss nicht aus. Aber man hat mich einfach mit den anderen primitiven Kolleginnen gleichgesetzt.

Aber die haben doch ebenso viel gearbeitet wie du?

Ja, schon, aber ich bin halt etwas Besonderes! Schon mein Name hebt sich doch von allen anderen ab: Corona! Klingt doch viel besser als zum Beispiel der Name meiner besten Freundin.

Aha, wie heisst denn die?

H1N1…

H1N1? Ja das klingt nicht wirklich sexy. Vielleicht hätte sie mehr Erfolg gehabt, wenn sie auch einen anderen Namen gehabt hätte?

Möglich. Aber alles egal jetzt. Ich habe es geschafft! Ich bin der grosse Star! In aller Munde sozusagen!

Was machst du denn anders oder besser als deine Freundinnen?

Hm. Eigentlich nichts, wenn ich ehrlich bin. – (Denkt nach) – Aber ich verkaufe mich halt besser. Und das liegt auch an meinem Namen.

Bestimmt!

Zum Beispiel habe ich viele bekannte Freundinnen!

Welche denn?

Greta zum Beispiel. Sie kommt aus Schweden und ist jetzt berühmter als die Königin! Ja, sie war eine gute Freundin von mir. Wir waren dick befreundet und fast jedes Jahr zusammen und ich habe sie auch sehr angesteckt mit meiner Begeisterung!

Sehr schön, und das ging gut?

Ja sicher, die ist fit wie ein Turnschuh! Segelt sogar über die Meere!

Haha. Gut. Du musst jetzt bestimmt weiter zu anderen Kunden und Kundinnen. Ich will dich auch nicht länger aufhalten. Machs gut und gute Gesundheit!

Ja danke. Tschüss!

Und weg war sie, so schnell, wie sie gekommen war. Ja es ist halt schön, ein Star zu sein. Da kann sich unsereins noch ein Scheibe abschneiden. Da lassen wir uns doch gerne anstecken…

Alles Vergängliche ist ein Gleichnis

„Alles Vergängliche ist ein Gleichnis“. Dieser Satz Goethes lässt so manches Rätsel offen. Wir können vom Standpunkt der Symbolik aus versuchen, uns Klarheit darüber zu verschaffen, was Goethe damit gemeint haben könnte.

Im „Faust“, Goethes großartigem Lebenswerk, treten die Darsteller und Figuren oft in symbolischen Bildern auf. Man versteht das Drama nicht im richtigen Sinn, wenn man sich kein klares Bild über diese Tatsache zu machen versteht. Jedoch darf man den Begriff des Symbols nicht falsch verstehen. Für Goethe war es klar, dass die Bildersprache immer nur im Sinne eines Urbildes in symbolischer Form auftreten kann. Alle Dinge der Welt, alles Dingliche (oder eben Vergängliche) hat ein Urbild, dem es angehört. In diesem Urbild, welches geistiger Natur ist, fassen sich gewisse Dinge der Welt in „andersartiger Gleichheit“ zusammen. Damit ist der geistige Kern materieller Dinge gemeint, die untereinander wesensverwandt sind. Im „Faust“ kann man erkennen, dass alle Figuren, die hier auftreten, andersartige Wesenheiten ein und derselben Persönlichkeit sind, nämlich jener des Faust. Auch Mephistopheles muss in diesem Sinne aufgefasst werden. Er ist gewissermaßen die Zusammenfassung aller Aspekte dieser Persönlichkeit, die man schlechthin das Böse nennen kann. Dieses Böse ist aber nicht destruktiv zu verstehen, sondern letztlich eine konstruktive Kraft, die es der Persönlichkeit Fausts erlaubt, sich zu weiter zu entwickeln!

Die Symbole oder symbolischen Bilder, die sich im Vergänglichen befinden, haben also immer ihr Urbild im geistigen Welt-Ganzen! Dies war für Goethe klar! Für uns ist dieser Zusammenhang leider nach und nach verloren gegangen. Wenn wir von Symbolen sprechen, haben wir diesen Zusammenhang meistens vergessen. Es entstehen „stroherne Allegorien“, die keine Verbindung zu einem Urbild mehr erkennen lassen. „Alles Vergängliche ist ein Gleichnis“ muss also immer im Zusammenhang mit einem geistigen Urbild verstanden werden, so wie ich es oben für den Faust dargestellt habe. Das Urbild nicht mehr erkennen heißt „Materialismus“. In ihm ist jeglicher Zusammenhang mit einem geistigen Kern jeder materiellen Erscheinung verloren gegangen, selbst jener des Menschen, der Tiere, der Pflanzen. Mit ihm wird jede Möglichkeit einer höheren (geistigen) Entwicklung der Arten und Individualitäten in Frage gestellt. Hier tritt der Begriff der Entelechie in Erscheinung.

In einer materiellen Gesinnung kann man alles zusammenwürfeln, zusammenreimen, mischen und probieren. Manches beißt sich, manches ergänzt sich. Durch „try and error“ findet man das heraus. Die ganze materialistische Wissenschaft beruht auf diesem Prinzip. Selbst akrobatische Bezüge und Zusammenhänge lassen sich oft intellektuell teuflisch gut und vermeintlich logisch erklären. Auch dies ist ein mephistophelischer Aspekt!

Goethe forschte ganz anders! Er nennt die Erscheinungen des Vergänglichen „offenbare Geheimnisse“. Geheimnisse deshalb, weil die Welt der Dinge mehr offenbart, als sich in Worten ausdrücken lässt. Sie sind nur für den erkennbar, der es versteht, diese „innere Sprache“ zu sprechen. Diese innere Sprache beruht auf einer Erkenntnis, die mehr mit Intuition als mit Intellekt zu tun hat. Am besten verstehen wir dies, wenn wir Menschengesichter betrachten. Jeder halbwegs gesunde Mensch versteht es einigermaßen, den seelischen Zustand seines Gegenübers aus dem Gesicht abzulesen; Zumindest in groben Zügen. Beschreiben lassen sich diese Empfindungen schon weniger gut. In gleicher Weise verstecken sich aber ähnliche Wahrnehmungen in allen materiellen Dingen. Deren Erkennen ist aber schon schwieriger. Goethe nennt sie sinnlich-sittliche Erkenntnis. Sowohl die Pflanzenmetamorphose, wie auch die Farbenlehre und auch andere naturwissenschaftliche Forschungen Goethes beruhen auf solcher Erkenntnisart!

Jede Entwicklung beruht also auf einer mehr intuitiven Erkenntnis, die über das „try and error“ hinausgeht. Im Grunde stehen wir hier an einer Schwelle! Wir stehen vor dem Nichts! Denn jede bisherige, auf Wissens-Basis errungene Erkenntnis kann uns eher hinderlich sein als förderlich! Wissen kann uns stufenweise auf einer Treppe höher bringen. Die „Fülle“ des Wissens gibt uns Sicherheit in der materiellen Welt, Sicherheit in der Argumentation. Aber Fliegen (aus eigenem Antrieb) werden wir nie lernen! Hier soll das Fliegen eine Metapher sein für die „andere Seite“, die Entwicklung einer geistigen Erkenntnis. Sie ist das „offenbare Geheimnis“, welches sich Isis-gleich, erst entschleiert, wenn wir gelernt haben zu fliegen. Es ist eine Erkenntnisart, einer Schöpfung gleich, aus dem Nichts heraus. Hedwig Greiner Vogel schreibt in ihrem Buch „Das Menschen-Drama der Gegenwart“, welches sich mit Goethes Faust beschäftigt folgendes zu der Ariel-Szene: „Goethe verfährt hier, wie die Natur selber, die kein Geheimnis kennt, das sie nicht einmal dem aufmerksamen Blick an einer Stelle unmittelbar offenbart. Es handelt sich um das Geheimnis der Entelechie, deren Wiederherstellung ein sich selbst hervorbringender, schöpferischer Akt ist: die Schöpfung aus dem Nichts.“

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… – Einblicke in die Kunsttherapie… ein Resume nach 25 Jahren…

Innenschau oder Verbitterung

daemonenaustreibungEs gibt Themen, die uns ein Leben lang beschäftigen und plagen. Dennoch werden wir deren Lösung nie Gewahr, so sehr wir uns bemühen. Mit zunehmendem Alter fühlen wir Verbitterung und verbeissen uns in unsere privaten, persönlichen Konstrukte von Meinungen und Vorurteilen. Wir zementieren sie und werden immer enger in unserem Ansinnen. Ein solches ewiges Thema ist die Genderfrage. Sie ist auf intellektueller Ebene ebenso wenig zu lösen, wie andere ähnliche Fragen.

Männer können Frauen niemals verstehen

…und Frauen können Männer niemals verstehen!
Eine Erkenntnis, die für viele schwer fallen mag. Neigt man doch oft zu maßloser Übertreibung, was den Partner anbelangt. Anfangs überschätzt man vieles, was man später zu unterschätzen geneigt ist. Ist es das Ergebnis von Verbitterung, das zu solchem Urteil führt? Oder von Enttäuschung? Letzteres sicher in dem Sinne, dass die Täuschung nach und nach weg fällt, wenn man sich auf den Weg der Selbsterkenntnis begibt. Auf der Ebene des Geschlechts bleibt der einzige Verständigungsinhalt die Sexualität und/oder damit zusammenhängende psychische Elemente, die sich mit entsprechender Wirkung auf viele Bereiche des Alltags fortpflanzen. Man kann natürlich immer eine intellektuelle Ebene des gegenseitigen Verständnisses finden aufgrund ähnlicher Erlebnisse oder Erfahrungen, und sich darüber austauschen. Es ist eine Art Nachvollziehen können dessen, was der andere fühlt, denkt und wie er handelt. Das ist die psychiatrisch/psychologische Ebene. Ein tiefes Verständnis beruht jedoch auf Verschmelzung, auf das vollkommene Hineinfühlen in den Anderen, auf Synthese, nicht Analyse! Das ist die geistige Ebene…

Wenn Verstehen wesentlich wird

Verständnis auf dieser höheren Ebene ist immer nur von Mensch zu Mensch möglich, von Wesen zu Wesen. Nur so wird das Verstehen wesentlich…
Menschen können sich nie wirklich und wahr begegnen, insofern sie in einer Identifikation leben. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, welcher Art diese Verhaftung in einer Identifikation ist. Auch das Geschlecht ist eine Verhaftung, etwas, mit dem mann/frau sich ein Leben lang identifiziert! Wie viel Einfluss diese Identifikation auf unseren Alltag nimmt, vermögen wir kaum wirklich und umfassend zu durchschauen. Jede Parteilichkeit, jegliche Zuordnung zu irgend etwas, ist eine Identifikation; das Volk, die Familie, die Partei: Sie alle prägen einen anderen Menschen in uns aus, charakterisieren uns, formen uns. Im Kleinen sind es die Gedanken, Vorstellungen, Meinungen, Urteile – das Motorrad, Auto, Haus, Geld usw., die uns vom Wesentlichen abziehen und in die Identifikation treiben. Was wir nicht Selbst tun, ist Trieb, getrieben sein.

Wir führen uns selber an der Nase herum

Eine Identifikation ist wie eine Hülle, ein Panzer, eine Fassade, eine Maske, die um unseren geistigen Wesenskern herum gelegt ist. Oder besser: es sind viele Hüllen, die uns so umgeben. Vielleicht geben sie uns warm in dem Sinn, dass Sie uns bequem machen, uns Lust und „Fun“ bereiten. Wir leben (normalerweise) in einem „Hüllenwesen“, einem Phantom oder einer Art „Doppelgänger“ gleich, statt aus dem geistigen Kern heraus zu wirken; und wir handeln, denken und fühlen – Selbstvergessen – dementsprechend. Der Körper (und damit ist das Geschlecht selbstverständlich miteinbezogen!), ist ebenso eine Hülle, wie der Charakter, die Verhaltensweisen, Regeln, Gesetze, Muster, Prägungen usw. Sie alle führen uns an der Nase herum. Mit ihnen gehen wir spazieren, verteidigen uns, fordern Rechte ein, urteilen und verurteilen alles, was uns an Meinungen lieb geworden ist..

Sie wissen es vielleicht – aber handeln Sie danach?

Natürlich wissen das heutzutage viele Menschen, die etwas mit Esoterik am Hut haben wollen. Aber sie verhalten sich nicht entsprechend! Weil sie es nur mit dem Kopf verstehen, und als blosses Wissen herumtragen und in dieser Weise gerne weiter verbreiten. Sie nennen sich “spirituell“ und fühlen sich gut dabei, weil Ihnen dieses Wissen Macht verleiht. Aber sie handeln nicht danach! Sie handeln nicht danach! Sie begeben sich in fatale Widersprüche in ihrem alltäglichen Leben, weil sie sich selbst nicht erkennen können oder erkennen wollen! Daraus entstehen die kuriosesten Weltbilder. Sie verteidigen ihre Weiblichkeit oder ihre Männlichkeit, werden zu Frauenverstehern oder zu Männerhassern und so fort. Ebenso sehr verteidigen sie auch ihre Partei oder ihre Religion oder ihren physischen Besitz. Sie schöpfen aus einem persönlich geschaffenen Dogma heraus, das sie im Aussen verurteilen, aber in sich selber nicht erkennen. Sie wollen es nicht erkennen, weil es schmerzt. Weil es Ängste schürt. Weil es Verdecktes aufdeckt. Weil es den Schatten berührt, der ihre innere Sonne vernebelt und verkrustet und der ihnen eine vorgetäuschte Sicherheit und vermeintliche Geborgenheit verspricht.

Der Retter in der Not

Die meisten Menschen hassen es, nach innen zu schauen. Jeder Wink von aussen, dies doch zu tun, wird abgelehnt oder sogar vehement bekämpft. Man hat oft Angst vor dieser Innenschau, Angst vor der Umklammerung des Schattens. Man hat unbewusst Angst, ihm nicht standhalten zu können, der Verhaftung total zu verfallen und sich nicht mehr aus ihr lösen zu können.
Das ist die Dramatik des Lebens. Dabei ist allein diese Innenschau der Retter in der Not!
Die Schmerzgrenze muss hoch, sehr hoch liegen, um aus dem Nebel aufsteigen zu wollen und sich auf den inneren Weg zu begeben.

Der Anfang jeder Erkenntnis ist die Selbstbeobachtung.

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… – Einblicke in die Kunsttherapie… ein Resume nach 25 Jahren…

Mein therapeutisches Konzept

TherapieAls junger Therapeut oder junge Therapeutin hat man sich nach der Ausbildung ein Arsenal von Werkzeugen, Methoden und Wissensstoff angeeignet, welches quasi auf seinen Einsatz wartet. Man hat – in einer guten Ausbildung – zudem viele Erfahrungen mit Menschen gesammelt, die dazu beitragen, das Gelernte in entsprechender Weise um- und einzusetzen. Wird man dann endgültig in die praktische Tätigkeit entlassen, steht man dennoch oft vor vielen neuen Rätseln.

Fehlendes Wissen kompensieren | Ich selbst versuchte das Fehlende stets mit neuem Wissen zu kompensieren. Ich las viele Bücher, die mir die Lösung der vielen Rätsel „Mensch“ zu enthüllen versprachen. Dabei stiess ich auf allerlei interessante Zusammenhänge, entwarf immer neue „Verlaufsblätter“ daraus und übertrug das Neuerlernte in den therapeutischen Alltag. Es war mir wichtig, so klar und bewusst wie möglich an den Therapieauftrag heranzugehen. Ich schrieb fleissig und akribisch Rapporte von jeder Stunde und dokumentierte den Verlauf gewissenhaft. Trotzdem stiess ich immer wieder auf neue Rätsel. Die „Fälle“ (sprich Menschen), deren Diagnose ich zu kennen glaubte, verhielten sich nie genau so, wie es aufgrund der Indikation zu erwarten war, selbst wenn nach dem Krankheitsbild zu urteilen, ähnliche Sachverhalte vorlagen. Klar, kein Depressiver ist gleich wie der andere Depressive. Ich entdeckte das Mysterium des Individuums kennen. Die Folge war, dass ich mich immer weniger auf die kreierten Verlaufsblätter verlassen konnte und immer weniger in das Wahrgenommene hineininterpretierte. Dabei durchbrach ich eine Mauer, die mir bisher trotz alles Wissens und aller „Erfahrung“ unbekannt geblieben war. Es enthüllte sich vor mir ein neuer Mensch.

Ein neues Instrument entdecken | Fortan begann ich mehr und mehr, mich auf ein anderes Instrument in mir zu verlassen und dieses allmählich auszubilden und reifer werden zu lassen. Vielmehr waren (und sind es noch) Erkenntnis-Werkzeuge, die einzig und alleine wirksam sind in der Begegnung mit Menschen und die ihnen mehr bringen, als alles andere äussere Wissen. Das wichtigste bleibt die Selbst-Beobachtung und Selbst-Erkenntnis. Jede wesentliche Begegnung bedeutet im tieferen Sinne eine heilende Begegnung. Dies begriffen zu haben, ist für mich eine der bedeutendsten Erfahrungen meiner bislang 25-jährigen Tätigkeit als Kunsttherapeut.

Evidenzbasierte Therapie | Es wird gegenwärtig viel von „evidenzbasierter Therapie“ gesprochen. Das heißt, man hat eine möglichst exakte und effiziente Kontrolle über die Beziehung von Indikation und daraus folgender therapeutischer Handlung: Fall A bedingt Behandlung B, Fall F bedingt Behandlung S usw. Zauberwort „Fallpauschale“ Dies reduziert die Behandlungsdauer radikal und damit natürlich auch die Kosten. Ob dies auch für die Krankheit selbst gilt, sei in Frage gestellt. Feste, quantifizierbare Größen, Konzepte und Rezepte sind dabei unabdingbar. Medikamente stehen im Zentrum solchen Wirkens. Die biochemischen Reaktionen im physischen Organismus sind klar und relativ objektiv ermittelbar mit Inkaufnahme gewisser „Nebenwirkungen“. Letztere sind allerdings auch ein Beweis für den Mangel an individueller Bezugnahme auf den einzelnen Menschen.

Feste Regeln geben den PatientInnen zwar eine gewisse Sicherheit und das gute Gefühl, „etwas getan zu haben“, in guten Händen zu sein. Dies mag, insbesondere bei klaren, eindeutigen Diagnosen, gewiss sehr erfolgreich sein. In erster Linie geht es da um Schmerzbeseitigung und Symptombekämpfung. Der Heilbegriff definiert sich über diese Grundhaltung. Bei psychischen Krisen und Konflikten stellt sich die berechtigte Frage, wie umfassend diese Denkweise sein kann. Inwiefern werden solche vorgegebenen, pauschalen Antworten dem individuellen Anspruch eines Menschen noch gerecht?

Mein persönliches therapeutisches „Konzept“ wenn man so will, ist, als Antwort darauf, die Anwendung einer „situationsangepassten Intuition“. Wobei ich mir nicht einbilde, zu wirklichen Intuitionen im Sinne Rudolf Steiners, vorzudringen. Das Entscheidende ist der eigene innere Weg, den man zu beschreiten gewillt ist, in diese Richtung zu wirken, mit allen entsprechenden Konsequenzen. In einer therapeutischen Situation, die auf Einzelbasis geführt wird, stehen sich zunächst zwei Individuen, TherapeutIn und KlientIn gegenüber. Der oder die letztere hat ein Ziel vor Augen. Irgendetwas hat sie oder ihn in die Therapie-Situation geführt. Die Intervention kann auf verschiedene Weise geschehen. Grundsätzlich haben die Klienten bereits vor der Kontaktaufnahme einen Teil des Weges selbst vorgegeben. In meinem Fall möchten sie ihr Ziel in einem künstlerischen Prozess und dem damit sich ergebenden verbalen Austausch angehen. In andern Fällen suchen sie den Konflikt oder das Problem allein im Gespräch zu lösen.

Ein guter therapeutischer Verlauf zeigt sich in grundsätzlich vier Stufen. Die erste ist die eigentliche Kontaktaufnahme, das gegenseitige „innere Abtasten“ und sich finden. Die zweite Stufe ist der Aufbau einer Basis, die den weiteren Prozess trägt und fördert. Sie ergibt sich aus dem Vertrauen. Eine dritte Stufe kann darauf aufbauend die grundlegende Thematik sichtbar machen. Und die vierte Stufe schließlich ebnet den Weg zur Umsetzung in die Tat. Meistens folgt darauf eine fünfte Stufe, die ich als Stabilisierungs-Phase bezeichnen möchte. Eingerahmt werden in meinem Fall die fünf Stufen jeweils von einem Erstlingswerk und einem Abschlusswerk.

Das größte Hindernis im ganzen Prozess ist die Tatsache, dass wir einen Menschen immer in seiner Doppelnatur erkennen und begreifen müssen. Sowohl der Therapeut, wie auch der Klient/die Klientin müssen in die Verhältnisse dieser Doppelnatur Klarheit bringen, um im wahren Ich angesprochen werden zu können. Hier liegt meines Erachtens das größte Konfliktpotential. Ein Teil des Selbstes möchte sich entfalten, sich weiter entwickeln, der andere ist oft bequem oder verdrängt viele Tatsachen oder Verhaltensweisen der eigenen Persönlichkeit. Dieser Tatbestand verlangt großes Einfühlungsvermögen, vor allem von Seiten des Therapeuten/ der Therapeutin. Die Gefahr besteht darin, dass mögliche Interventionen geblockt werden und in dieser Verhinderung ein Spiegelungsprozess, eine Projektion stattfindet, die tragischerweise oft von beiden Seiten nicht durchschaut wird!

Dies kann in „positiver“ oder „negativer“ Weise geschehen. Beides wird in Anführungszeichen gesetzt. Denn „positiv“ bedeutet lediglich, dass das Gefühl positiv „genährt“ wird, zum Beispiel dadurch, dass sich der eine oder die andere verliebt oder die Autorität zum tragenden Faktor wird. „Negativ“ in diesem Sinne hat das Gegenteil zur Folge und kann zum Abbruch der Therapie oder zur inneren Blockade führen. Im ersten Fall entsteht eine ungünstig zu bewertende Abhängigkeit, im zweiten Fall bleibt das Erreichen des Zieles durch Abbruch oder Selbst-Behinderung aus. In beiden Fällen wird der eigene innere Zustand auf das gegenüber projiziert, statt im eigenen Selbst ausgetragen zu werden. Wir wollen den bequemen und zur Verdrängung neigenden Teil eines Menschen einmal das „Ego“ nennen. Meines Erachtens wird dieses bedient und gefördert im erstgenannten Verfahren. Dabei werden die Menschen im schlechten Sinn nur „behandelt“. Viele Menschen wollen „nur“ „behandelt“ werden. Es ist einfacher, als in sich selber „etwas in Bewegung“ zu bringen.

Persönlichkeitsanteile | Beide, sowohl Therapeut wie KlientIn kennen und nähren jenen Anteil in ihrem Alltag und handeln aus ihm heraus. Die therapeutischer Kompetenz gegenüber den meisten Klienten besteht lediglich darin, dass sie im Idealfall ein höheres Bewusstsein von den darin laufenden Mechanismen, Prozessen und Automatismen entwickelt hat als es der Normalfall ist. Dadurch ist er oder sie besser in der Lage, diese auch bei anderen Menschen zu erkennen und zu benennen. Die Hauptaufgabe einer Therapie besteht aus meiner Erfahrung und Sichtweise darin, dass man besser und bewusster bei sich mit diesen Anteilen umgehen kann – und lernt, sie im Alltag zu erkennen. Es kann aber auch geschehen, dass gerade jene Anteile genährt und gefördert werden – und somit das Ego des Klienten gestärkt wird! Obwohl sich dies für diesen zunächst sehr gut anfühlen kann, man kann das sehr gut auch bei Kindern beobachten, so wird es sich längerfristig dennoch als Trugschluss entlarven. Damit einher geht nämlich eine Ablenkung oder Eindeckung des zentralen Anliegens meines Heil-Verständnisses.

Das Problem wird dadurch „gelöst“ (oder eben nicht gelöst), dass es von einem Lust- oder Triebaspekt des eigenen Egos überdeckt und zubetoniert wird. Dazu zählen alle möglichen Verhaltensregeln oder Anweisungen, die dies unterstützen. Durch Konditionierung im Verhalten befriedigt man das Konsumverhalten vieler Menschen und den Drang nach einfachen Lösungen („ich hab ja schließlich bezahlt, also habe ich dies oder jenes zugute!“). Ein Patentrezept zum Umgang in diesem oder jenem Konflikt erleichtert durch entsprechende Maßnahmen das Muss einer tieferen Auseinandersetzung mit sich selbst und bedient den zur Bequemlichkeit neigenden Anteil des eigenen Ego.

Fazit | Für meinen Begriff ist eine solche Intervention untherapeutisch oder sogar antitherapeutisch. Der andere Weg ist immer mühsamer und fordernder, dafür jedoch einschneidender, nachhaltiger und ehrlicher. Auch wenn hier der Therapeut manchmal ratlos erscheinen mag und stärker in den Verwandlungprozess miteinbezogen ist als im andern Fall, so ist dieser Weg doch letztlich der einzig wahrhaftige. Es gibt nie Patentrezepte oder generalisierte Lösungen. Diesen Teil der Medizin überlasse ich gerne den sogenanntem „evidenzbasierten“ Interventionen. Jeder Mensch hat, selbst wenn er äußerlich von derselben Diagnose betroffen ist, einen individuellen und originalen Weg zur Konfliktlösung bereit. Diesem Umstand muss unbedingt Rechnung getragen werden. Es gibt keine „Fälle“, sondern immer nur individuelle Menschen mit ihren jeweils vorhandenen spezifischen Ressourcen. Ich habe den allergrößten Respekt vor dem Bestehen in ungewissen Situationen, in die sich Therapeuten und Therapeutinnen immer wieder begeben, die diesen schwierigeren Weg beschreiten. Die Kunst bietet ein herausragendes Mittel auf diesem Weg!

Wirkstatt Basel… Kunst erleben…

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

 

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