Schon wieder ein neuer „Rat-Geber“!

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Es gibt doch schon so viele Ratgeber, Sach- und Fachbücher! Da kommt einem schon manchmal das grosse Gähnen. Und jetzt kommst du und preist deins auch noch der Welt an. Eines mehr. Eines von tausenden und abertausenden von Büchern. Unermesslich viele. Warum soll man denn jetzt ausgerechnet dieses hier lesen!? Muss das denn sein?

Von „Wie erhöhe ich auf Kosten anderer erfolgreich meinen Aktienkurs?“ bis hin zu „Wie werde ich schnell und schmerzlos glücklich?“, alles ist vorhanden. Was gibt es nicht alles für Botschaften, die für eine bessere Welt plädieren, wenn auch oft für deine persönliche bessere Welt! Was willst denn du für eine Botschaft vermitteln? Was bringt dein Buch, deine Gedanken neues, was andere nicht bringen?

Zugegeben, eigentlich, wenn ich ehrlich bin, geht es mir fast ebenso und ich verhalte mich sehr schnell auch genau so, wenn ich einem neuen Buch begegne, was mir ein anderer anpreisen will. Nämlich mit Ablehnung und diesem: nein, nicht schon wieder! Ist doch eigentlich eine trostlose Sache!  Auch ich bin schnell mit meinem Urteil parat, wenn ich vor einer Flut von Informationen stehe und „den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe“. Das heisst ja nichts anderes, als das „Ganze“ zu verlieren, im Anblick an die vielen Teilheiten, Informationen und Details.

Vielleicht ist dies eben genau der Grund, weshalb ich mir die Mühe genommen habe, selbst ein Buch zu schreiben?

Den Blick von der tausendfachen und unerschöpflichen Aussenwelt, der Welt der Formen, ab-, und zu mir selbst hin zu wenden… Erst so bin ich letztlich fähig, zu erkennen, woraus ich mein eigenes Urteil überhaupt bilde, woher sie kommen, welchen Grund sie haben, diese Bewertungen. Wer spricht, wenn ich „Ich“ sage… Das heisst, in welcher Kompetenz spricht dieses Ich (ich). Wer ist es in mir, der urteilt? Ich, als Weltenbürger mit all meinen angesammelten Titeln, Zeugnissen und Anerkennungen? Der „Besitzer“ eines Mercedes, Toyotas oder meinetwegen auch eines Fahrrades (wie in meinem Fall), eines Hauses, der Familie mit Kindern und tausenden von anderen Dingen? „Ich“ mit meinem Wissens- und Erfahrungsschatz, meinen Vorstellungen, die ich (vielleicht sehr erfolgreich) daraus gebildet habe und all den geschaffenen persönlichen hieraus entspringenden Vorurteilen und Denkmustern. „Ich“, mit all diesen – pardon, „Einschränkungen“? Ist das alles? Soll das alles gewesen sein? Und bin womöglich trotzdem unglücklich? Aktienkurs oben, Glück unten?

Dieses Ich (ich-es), ist/sind die Kernfrage(n) meines Buches und meiner Gedanken. Und dann eben die daraus gefundene Erkenntnis, dass es jenseits dieser Welt eine andere Ebene gibt, eine andere „Dimension“, die ich aber genau darum nicht erkenne, weil ich verwoben, verhaftet bin mit der Gedankenebene, die mich „entführt“ in die Abgründe (oder Höhenflüge) ihrer Inhalte. Und die ich eben wegen der Identifikation mit ihr nicht wahrnehmen kann/will…

Das Erleben dieser anderen Dimension kann erfahren werden. Ich habe es erlebt, es ist mir Gewissheit geworden… Nun ja, lesen kann man viel darüber: sie wird und wurde eigentlich von allen (wirklichen) Erkenntnislehrern der Vergangenheit und Gegenwart verkündet. Sie bildet zum Beispiel den Inhalt des ersten Kapitels bei Rudolf Steiners, über die Grenzen der Anthroposophie hinaus bekannten und anerkannten Buches, „Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten“.

Der Kern dieser Erfahrung ist das Erleben des Gegenwartsbewusstseins. Und dieses kann nur in der Selbstbeobachtung erkundet, vielleicht besser erlebt, werden. „Selbstreflexion“, ein Begriff, den ich bewusst im Titel meines Buches gewählt habe, mag etwas moderner klingen als Selbstbeobachtung. Es ist eigentlich der einzige  Grund, warum ich ihn gewählt habe. Auch der Hintergedanke, dass ich nicht gleich in die Esoterikecke gedrückt werden möchte, spielt dabei eine Rolle. Nicht weil ich glaube, dass Esoterik etwas Schlechtes sei, sondern viel mehr, weil mir ebendiese erwähnten Vorurteile spirituellen Themen gegenüber, so prägend erscheinen. Und dies allein kann für viele schon ein Hinderungsgrund für diese, wichtigste Erfahrung des Lebens, sein. Aber gerade jene wollte ich damit ansprechen, weil ich glaube, dass diese ewigen „Grabenkämpfe“ langsam überwunden werden sollten in einer Zeit, wo bereits die moderne Wissenschaft an die Türen eines „Jenseits“ klopft.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Unser Lebensscript

weilrheinDie Gedanken-Identifikation ist ein Hauptmerkmal des „gebundenen Ich“. Sie ist der prägende Faktor im «Es-Zustand». „Identifikationsmodule“, die man sich im Laufe eines Lebens aneignet, angefangen bei der Bindung mit der weiteren und engeren Umgebung, der eigentlichen «Heimat», bilden die Muster für die Themen des Lebensscripts. 

Wir identifizieren uns kontinental als Europäer, ferner als als Angehörige eines Landes. Die Identifikationsstärke hängt von der emotionalen und gedanklichen Verbundenheit, die wir in dieser Umgebung erbringen, ab. Vom Bundesland hin zur Wohngemeinde, dem Quartier, der Straße, des Hauses, in dem wir wohnen, bis hin zum eigenen Körper: Sie bilden weitere, immer enger werdende Identifikationsmuster.

Und, last but not least, die Identität des Geschlechtes, des Zeitgeistes, der Sittenkonventionen, der Bildung; sie alle sind weitere prägende Faktoren und schaffen an der subjektiven Anlage der gebundenen Persönlichkeit. Aus diesen Anlagen gehen die Triebfedern für unsere Willensimpulse und deren Handlungsmotive hervor. Aus den gesammelten Erfahrungen des Lebens entstehen immer wieder neue, passive Vorstellungen und Begriffsinhalte, welche ihrerseits erneuten Einfluss auf unseren Willen nehmen. Daraus gehen neue Zielvorstellungen und neue Motive hervor.
Für die meisten Menschen ist diese Identifikation «lebensnotwendig». Anders herum ist der Verlust dieser Identitäten mitunter lebensbedrohlich. Identifikationen sind der prägende Aspekt des Heimatgefühls, eines Wohlbefindens, des familiären Zusammenhanges und vielem mehr. Gleichzeitig ist es aber immer auch ein Zustand der Ausgrenzung! Jede Familie, jedes Volk, jede parteiliche Genossenschaft, kurz alles, was sich sippenmässig zusammenrottet, bildet gleichzeitig einen Antipoden, eine polarisierende Außenwelt zu andersdenkenden, zum Fremden, den eigenen Gewohnheiten und Bräuchen entgegenstehenden. Es entsteht Konfrontation, Abgrenzung gegen das Andersartige und Ungewohnte! Wenn wir uns umgekehrt ständig erniedrigen und meinen, wir seien ja nichts als erbärmliche Würmchen im Vergleich zum Universum, dann identifizieren wir uns in der Tat mit dem Kleinsten in uns, dem gebundenen Ich. Denn dieses gebundene «Es-Ich» ist klein und erbärmlich. Es ist ein Würmchen im Vergleich zum Universum! Aber sind wir nur dieses Würmchen? Wer so denkt, der erlebt den absoluten und größten aller Tode, den man sich je vorstellen kann. Es gibt für ihn kein Vorher und kein Nachher. Aber der Tod, von dem wir immer sprechen, vor dem wir so unendliche Angst haben, dieser Tod ist nichts anderes als der Tod des gebundenen Ich in uns. Das kleine ich ist Körper und alles, was durch die Identifikationen mit diesem zusammenhängt! Wer sagt: gewiss, der Tod sei ja absolut, der kennt nur ein Ich und das ist das kleine, welches in seinem «Ego-Tunnel» lebt. Er ist letztlich vor allem mit dieser Vorstellung identifiziert. Entsprechend hart wird der Bruch – sprich Tod – in das «Nichts» danach! Der identifizierte Mensch ist immer das, was er sich vorstellt! Die Beschäftigung mit dem Vergänglichen und mit dem eigenen Tod muss früh genug erfolgen, nicht erst in den letzten Lebensstunden. Dadurch wird alles einfacher. Identifikation heißt aber auch, dass ein Teil meiner Persönlichkeit, meines Identitätsgefühls, meiner Daseinsberechtigung immer von einer äußeren Zugehörigkeit abhängt. Bei jeder Identifikation ist eine Abhängigkeit als Grundemotion zu erkennen, welche etwas Zwingendes und Unausweichliches in unsere Handlungen bringt. Im Laufe des Lebens kommen weitere Verbindlichkeiten dazu. Wir treten Vereinen bei, politischen Parteien, religiösen oder kulturellen Strömungen und so weiter. Alle Arten von Prinzipien, ob «gute» oder «schlechte» (Bio Freak oder Bier-Freak) sind Identifikationsfaktoren, welche die Persönlichkeit des gebundenen Ich an etwas Äußeres fesseln will.

Der beste Kenner solcher Gesetzmäßigkeiten auf der Formebene ist die Werbeindustrie! In kaum einem anderen Feld wird die Schaffung neuer Identitätsbindungen durch Vorstellungen so resolut und so wirkungsvoll getätigt wie bei guter Werbung. Würden die Mechanismen nicht in der hier dargestellten Weise ablaufen, die Werbebranche hätte keine Chance, ihre Produkte allein durch die Schaffung von Bildern und Texten an die Käufer zu bringen! Nicht einmal der Aufdruck: «Kann tödlich sein» tut dem Kauferfolg dabei offensichtlich Abbruch. Nur durch unsere enge Verbindung, die wir zu eigenen Gedankenmodellen und Bildern haben, werden die Produktanpreisungen in dieser Weise auf uns einwirken können. Sie führen unmittelbar zum Erfolg und in die Handlung (sprich Kauf) des Kunden. Am Beispiel der Firma Apple wird dokumentiert, wie einfaches Design zusammen mit guter Technik und durch genialen Werbemethoden zusammen mit einem eingängigen Branding aufbereitet, die breiten Massen euphorisiert! Marketingstrategien dieser Art kennen die Bedingungen ihrer Kundschaft und deren Verhaftungspotential mit dem Form-Ich sehr gut. Auch wenn das Produkt «objektiv gut oder schlecht» ist, die Wirkung bleibt davon unabhängig und unumstritten.

Form-Ich-Identifikation bedeutet immer in gewissem Sinne Unfreiheit. Mein gebundenes Form-Ich grenzt sich immer gegen das andere Form-Ich ab und bildet eine in sich geschlossene Glocke.
Dadurch ist zwangsläufig eine Einschränkung in der Kommunikation gegeben. Wo das gebundene Ich tätig ist, da herrscht Identifikation mit der äußeren Welt – zu welcher eben auch fixe Vorstellungen gehören – und da ist keine Freiheit möglich. Identifikationen sind genau genommen nur Illusionen, Maya. Sie haben keinen realen Bezug zu der Welt, sondern sind passive und fixierte Gebilde, verfestigte Konstruktionen unseres personifizierten Es, welches wir nach außen projizieren. Gedanken haben großes Potential für die menschliche Entwicklung wenn sie fließend, wandelbar und aktiv bleiben. Die Tendenz, die Gedanken zu zementieren ist fest in unseren Köpfen
verankert. Dogmatismus ist verhärtete wissenschaftliche Gesinnung. Gedanken sind lebendige, fließende Kraftströme, welche in ihrem Wesen leicht und flüchtig sind. Allein die Tatsache, wie viele Meinungsänderungen normalerweise in einem Leben stattfinden (könnten), zeigt diese Beweglichkeit auf. Jede Identifikation ist eine Abgrenzung um den freien Kern des wahren Selbst, Behinderungen auf dem Weg zu sich selbst. So gesehen sind wir alle «ein bisschen behindert». Identifikationen müssen über das Denken aufgelöst werden. Das Denken überlistet sich im Akt der Selbsterkenntnis! Sie ist der Ausgangspunkt zu aller Veränderung auf dem Weg zur Freiheit. Wenn man sämtliche Bindungen abbrechen würde, um Identifikationen loszuwerden, fände man sich schnell in einer neuen Verhaftung. Denn jedes neue Prinzip löst zwar ein altes auf, schafft jedoch gern immer wieder ein Neues. Dieser stete Kreislauf muss durchbrochen werden.

Mit dem Lösen von äußeren Verbindungen ist das Grundproblem indessen nicht behoben. Man kann auch nicht die Verbundenheit mit der Heimat oder der Familie einfach kappen. Das Auflösen von Verhaftungen ist nicht ein langsamer und mühseliger Prozess über Jahre hinweg. Es ist nicht ein gänzlich frustrierender Ablösungskampf von allen Bindungen, oder der Übergang zu einem asketischen Lebensstil. Einzig das achtsame Erleben im Jetzt, löst uns von jeder Abhängigkeit! Dieser Akt ist jederzeit möglich! Das Beobachten des Denkstromes verändert die Bewusstseins-Perspektive. Sie ist eine Grundforderung unserer Zeit. Bleiben Sie überall dabei!

Gehen Sie weiterhin an die Parteiversammlungen oder zum Fußballspiel, trinken Sie weiterhin das Bierchen oder einen guten Wein mit einem Freund und genießen Sie auch fortan die schönen Annehmlichkeiten des Lebens! Es muss nichts weggeschafft werden. Etwas Neues muss dazukommen! Und davon schreibe ich die ganze Zeit in diesem Buch! Die Lösung von Verhaftungen hat vor allen Dingen mit Bewusstsein zu tun. Alles Weitere wird sich von alleine ergeben! Freude haben am schönen Spiel auf der einen Seite oder sich aufzureiben, wenn die heimische Mannschaft ihr Spiel verliert, sind zwei verschiedene Dinge! Hier werden die Abhängigkeiten sichtbar! Schauen Sie sie an! Viele Dinge werden sich dennoch, fast von selbst, verändern im Leben. Nur geschieht dies nicht mit dem Verstand, sondern es ergibt sich von alleine, etwa so, wie der Nebel sich plötzlich am Sonnenlicht aufzulösen beginnt.
Dann wird ganz bestimmt niemand dem Nebel nachtrauern.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft?

Freiheit und Beziehung

frei seinWie frei sind unsere Lebensentscheidungen?

Im Laufe unseres Lebens lernen wir viele Menschen kennen. Was macht es aus, dass manche Beziehungen länger halten als andere? Warum ersticken einige schon im Keim und andere reifen über lange Zeit, ja dauern, manchmal über ein ganzes Leben, nach? Welche Kräfte spielen da mit?

Die ersten Menschen die uns begrüssen sind unsere Eltern, unsere Mutter allen voran! Es ist das erste Gesicht, welches wir sehen und das uns auf der Welt empfängt. Was uns in den folgenden Jahren des Heranwachsens umgibt, sind Menschen, die uns, wie wir sagen „vom Schicksal“ gegeben sind. Meistens sind es die Blutsverwandten, jene Menschen, mit denen wir über den „genetischen Strom“ verbunden sind.

Wir lernen aber im Laufe unseres späteren Lebens noch viele andere Menschen kennen. Die meisten wählen wir selbst aus. Es sind Menschen, die uns, so glauben wir, mehr innerlich nahe stehen. Wahlverwandtschaften. Sei es durch ähnliche Interessen, durch einen ähnlichen Charakter, manchmal vielleicht auch nur durch rein ästhetische Gesichtspunkte. Manche vertragen wir gut, andere weniger gut. Gegen Letztere grenzen wir uns ab oder weichen ihnen aus.

Begegnungen kommen oft ohne unser bewusstes Zutun zustande. Was wir danach damit machen, liegt hingegen in unseren eigenen Händen. So empfinden wir vielleicht auch unsere erste Liebe als ein „vom Schicksal gegebenes“ Ereignis. Wir erwidern dieses Gefühl. Ein Gefühl der Verbundenheit mit einem anderen Menschen entsteht. Was nährt dieses Gefühl? Warum hält es manchmal nur kurz an? Und wenn es anhält, wie „frei“ bleibt es dann? Passen wir nicht einfach unsere Gefühle im Laufe der Zeit den äusseren Gegebenheiten und Bedingungen an? Anders herum gefragt: muss alles ausgetragen und ausgehalten werden, für was wir uns einmal entschieden haben? Wie verhält es sich mit dieser ominösen Aussage: „Bis dass der Tod euch scheidet?“ Woher stammt sie und auf welchem Urteil steht sie? Wie viel Verantwortung können wir uns selbst  mit solchen Aussagen überhaupt zugestehen? Superlative wie diese stammen doch eher aus dem Mittelalter und aus einer noch alten, verkrusteten katholischen Vorstellung heraus, nicht aus einem inneren, freien Entscheid. Basieren sie nicht eher auf einem laschen, wenig tragbaren Gefühl, welches man landläufig „Verliebtheit“ nennt. Wo sind die Grenzen des Durchhalten-Müssens und wo/wie sind die „Abzweiger“ für andere Entscheidungen zu finden?

Fakt ist: Alles Leben ist Entwicklung (Hegel, Goethe, Paracelus uvm. bestätigen dies). Jeder Mensch entwickelt sich individuell. Je mehr wir wach bleiben, uns selbst beobachten lernen und persönliche Entwicklung in uns zulassen, umso mehr können wir in unserem Leben erreichen, beziehungsweise lernen und erfahren. Nur, ebenso gut können wir Entwicklungen durch unsere Gedanken auch hemmen. Das geschieht dann, wenn wir unsere innere Mitte, den inneren Ruhepol verlieren.

Ein Beispiel: Sie müssen schmerzvoll den Tod eines Ihnen nahe stehenden Menschen beklagen. Die Klage, das Leid ist notwendig, um die Gefühle des Abschiednehmens verarbeiten zu können. Die Trauer ist wichtig, um sich innerlich von dem Menschen zu verabschieden, ihn „gehen zu lassen“. Die Phase der Trauer dauert einige Zeit. Dann verlieren sich normalerweise die damit verbundenen Gefühle durch den Abstand. Wenn es uns nicht gelingt, die Gedanken loszulassen, bilden sich immer wieder dieselben starken Gefühle. Diese Gefühle sind schmerzhaft und verursachen viel Leid in uns. Aber wir gewinnen mit der Zeit auch so etwas wie Lust am Schmerz! Der Schmerz kann uns dann ein Gefühl der Verbundenheit mit dem verstorbenen Menschen geben. Aber es ist nur eine scheinbare, keine reale Verbundenheit. Wir ziehen in dieser Weise die Vergangenheit stets von neuem in unser Bewusstsein herein.

Wir tendieren dazu, uns mit den Erlebnissen zu identifizieren und erhalten immer wieder „schmerzvolle Nahrung“. Ohne sie können wir bald nicht mehr leben. Der Prozess kehrt sich jetzt um. Wir sind nun an die Peripherie, dort wo die Gedanken kreisen, gedrängt und haben unsere innere Stabilität, den inneren Ruhepol, verloren. Aus der Stille wird Lärm. Der „Lärm in unserem Kopf“ (wie Eckardt Tolle sagt). Wir ernähren uns von diesen Gedanken, brauchen sie, ziehen sie an und züchten sie so lange in unserem Gehirn, bis sie dort physiologisch, irreversibel und nachweisbar, neurologisch feststellbar, verankert sind.

Doch zurück zur Frage des Schicksals und unseren Begegnungen. Es wird immer die Frage nach der inneren Freiheit bleiben. Manche bestreiten, dass es möglich ist, frei zu sein. Da gibt es verschiedene Begründungen. Andere kämpfen vehement für diese innere Freiheit des Menschen. Wo ist sie denn zu finden, wenn es denn eine solche gibt? Doch nur in uns selbst. Sie ist und bleibt ein individuelles Erlebnis, deren Wirklichkeit sich jeder selbst erarbeiten muss …und kann. Die „Frage der Freiheit“ kann deshalb jeder nur in sich selbst finden…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Wer spricht, wenn Sie Ich sagen?

Bin ich wirklich der, von dem ich meine, ich sei es?

Was meinst du denn, wer du bist? Manche Leute sagen, ich sei ein Christ oder ein Grüner? Bin ich es nun? Was bringt es mir und den anderen, wenn sie wissen, ob ich es bin oder nicht? Sie können sich dann besser ein „Bild“ von mir machen. Viele Leute werden sicherer, wenn sie „es“ wissen, weil sie mich schubladisieren können. Andere Schubladen sind vielleicht: ein Buddhist? Ein Katholik? Sagt man Ja, dann kommt: Aha, jetzt weiss ich, wer du bist! Jetzt kann ich dich „einordnen“! Jetzt bist du für mich einfacher zu fassen, einfacher erklärbar und ich weiss, ich muss mich dir gegenüber so oder so verhalten! Ist doch praktisch! Dann braucht man sich nicht mehr auf die vielen paradoxen Verhaltensweisen des Anderen einzulassen. Sie irritieren uns höchstens.

Aus der Schublade wird meist gleichzeitig ein Vergleich konstruiert mit der eigenen Kiste, in der man steckt. Und dann entsteht das Gut oder Schlecht, die Be-ur-teilung. Und weil man sich meist selbst recht eng einordnet, verfallen mögliche Spielräume einer Begegnung. Nicht umsonst ist man Sozialist oder Konservativ usw. Also findet man dies auch „Gut“. Und alles andere ist demgemäss natürlich „Schlecht“. Alle diese Attribute und Kästchen, worin man Menschen am liebsten stecken möchte sind ausserordentlich bequem, aber auch peinlich. Sie erleichtern einerseits den Umgang, aber andererseits auch den Widerstand, die Auseinandersetzung mit einem menschlichen Wesen. Als solches bin ich in erster Linie ein individualisiertes geistiges Wesen, welches auf der Welt Erfahrungen sammeln möchte, sich entwickeln möchte, reifer werden möchte, die Welt verstehen möchte, fühlen lernen möchte, lieben lernen möchte. Und dazu ergreife ich verschiedene Mittel.

Dazu mögen spirituelle Mittel gehören und Inhalte verschiedener Menschen und Lehrer, denen ich in meinem Leben begegne(te). Es gehören ebenso Bewegungen, „Hand“-lungen dazu, das „Begreifen“ mit den Händen und mit den Sinnen, das Erfahren wollen, das Stürzen, das Traurig sein, das Herantasten an andere menschliche Wesen. Alles ist immer nichts anderes als ein Prozess, ein  lebendiger Prozess. Er heisst Leben! Wir werden ihm nicht gerecht durch unsere festgefahrenen Bekenntnisse. Ich bin. Nicht etwa: „Ich bin Sozialist, ich bin Buddhist“… sondern: „Ich bin“ das ist die einzige Haltung, die dem Menschen gerecht wird. Das Erkennen hört nie auf, es schreitet immerzu fort. Heute bin ich der, morgen ein anderer. Und übermorgen wieder ein anderer. Wie soll es anders sein.

Blockiere ich mein eigenes Sein in einer Schublade, dann nehme ich mir die Möglichkeit des Fortschreitens. Ich erstarre in der Zeit, friere sie ein, blockiere sie. Trete hinaus aus dem einzigen wirklichen und realen Leben: Dem Jetzt, in die Vergangenheit …oder auch in die Zukunft in Form von Illusionen… Vielleicht bin ich heute ein Katholik und morgen ein Buddhist. Dennoch: „Ich bin“ noch immer dasselbe geistige Wesen. Nur eben ein Wesen, was sich verwandelt. Das alles nennt man Leben. Sich diesem Wandeln hinzugeben: ist Liebe. Mein Bekenntnis ist: „Ich bin“ ein Mensch im Prozess, der sich stets verwandelt, stets neue Erfahrungen macht und stets neue Erkenntnisse sucht, um die Welt zu Begreifen. Dieser Mensch ist jetzt auf dieser Erde mit einem Namen, einer bestimmten Statur, einer unverkennbaren Stimme, einem festgelegten Geschlecht. All dies ist „vorgegeben“. Ich verstehe vielleicht nicht warum. Es gibt Theorien dazu, die besagen, dass ich früher schon einmal da war, vielleicht mit einer ganz anderen Statur, einem ganz anderen Geschlecht, einer anderer Stimme und anderen Erlebnissen. Das mag sein. Es kann eine These sein, die vieles verständlich macht. Eine These, die verständlich macht, warum wir doch oft so ungleich und ungerecht auf dieser Welt in Erscheinung treten, mit so unterschiedlichen Bedingungen und Verhältnissen. Theorien haben einen Haken.

Es sind zwar Erkenntnismodelle, die mir helfen, mich zu orientieren in der Welt, aber sie können auch zu Hindernissen werden. Dann, wenn ich nicht immer wieder liebend in den Prozess des Lebens (und das wirkliche Leben findet nur in diesem Augenblick statt) eintauche, immer wieder das Andere zu verstehen versuche. Modelle bleiben Modelle, solange, bis sie Erfahrung werden. Aber auch dafür muss ich offen bleiben: Dass sie zu Erfahrungen werden können! Und dass es Wege gibt, die dahin führen, dass sie Erfahrung werden können, darauf muss ich vertrauen! Möge der innere Führer jeder Individualität ihn dahin führen, solche Erfahrungen machen zu können. Dazu bleibt mir eins zu tun: stets offen zu bleiben für alles, was auf mich zukommt…

Die Kunst der Kunst

Gross, laut, grell, spektakulär, gigantisch. Alles Attribute, die gegenwärtig zum Renommee eines Künstlers von Rang und Namen gehören. Nix von leise, still, bescheiden, klein oder intim. Die Beschaulichkeit des Berührtseins, das geheimnisvolle Etwas stehen hinter dem Effektvollen, Sensationslüsternen, gigantischen. Die leisen Töne fehlen. Wenn sie da sind, verschwinden sie hinter dem grossen scheppernden Klang der Kunstwelt. Sie geben sich bescheiden, fast schon anmassend bescheiden, die kleinen Künstler, die „nur“ aus Begeisterung und der reinen Freude am Tun arbeiten. Sie können nicht leben von dem was sie schaffen. Sie verbringen unendliche Stunden in ihrem stillen Kämmerlein, am Feierabend, in freien Stunden.

Mona Lisa hätte heute kaum mehr eine Chance in die Ränge zu kommen. Leonardo arbeitete fast ein ganzes Leben an ihr, immer wieder, nahm sie überall mit, wohin er auch ging. Strich mal da, mal dort sanft über die Wangen und ließ es auf sich beruhen. Dies tat er bis fast an sein Lebensende. Kurz vor seinem Tode zeigte er sie erstmals hohen Kirchenvätern und bezauberte diese. Sie war noch nicht vollendet und würde es auch nie sein…

So etwas heute? Die lauten Töne brauchen zu viel Rauch und haben wenig Feuer. Dafür umso mehr Klugheit, Intelligenz, oder besser Schlauheit. Es ist die Schlauheit des Händlers, der genau weiß, was für die Masse taugt. Bescheiden geben sie sich jedenfalls schon lange nicht mehr. Das stille Kämmerlein wird mit grossen Fabrikhallen getauscht. Der Pinsel mit Schweissapparaten und Baumfällerwerkzeug. Wer die anderen übertönt, hat schon gewonnen. Wer die beste Werbekampagne macht, geht als Sieger davon. Eine gute Idee genügt. Was geht über die Idee hinaus? Was schafft den Mehrwert – in uns?

Darüber streiten sich seit Jahrzehnten die Kunstkritiker. Sie raufen sich die Haare und jeder findet ebenso gute Argumente dafür, wie dagegen. Alles kann unter diesem Aspekt ebenso gut Kunst sein, wie es Nichtkunst sein kann… es kommt auf die Argumente an…

Liebe ist bedingungslos…

Wieder einmal wird die Liebe thematisiert. Ein paar Gedanken mehr zu einem unerschöpflichen Thema…

Liebe kennt kein Wenn und kein Aber. Liebe kennt auch kein Weil. Ich liebe sie, weil sie so oder so ist, weil sie blaue Augen hat oder einen schönen Mund. Das sind Sätze, die vieles beschreiben, aber die Liebe nicht. Oder: sie liebt ihn, weil er gross und stark ist. Liebe kennt keine Adjektive und vor allem  keine Begründungen. Sie IST, wo sie hinfällt. Liebe ist ein Seins-Zustand. Sie ist da oder sie ist nicht da. Wer den Idealpartner/die Idealpartnerin sucht, hat im Grunde schon verloren.

Man könnte sich ja eine Checkliste machen, welche Eigenschaften der ideale Partner haben müsste. Blond, blaue Augen, mindestens 1.76 m gross und schlank, grosser Busen, schmale Taille etc. Als Hobby: Reiten, Bergsteigen, Kampfsport und Kochen.

So oder ähnlich würde dann das „Liebesprofil“ des idealen Partners vielleicht aussehen. Worauf beruhen diese Bilder und Vorstellungen? Haben sie etwas mit dem Partner/der Partnerin zu tun… oder doch eher mit mir selbst? Natürlich haben sie mit mir selbst zu tun!

Dennoch begeben wir uns auf die Suche nach diesem „idealen Partner“ oder der „idealen Partnerin“. Wir sehen dieses Ebenbild vielleicht auf einer Party und verlieben uns in – ja eben, in was denn? In sie oder ihn? Nein, in das Ebenbild natürlich, das uns erscheint. Alles, was nicht dazu passt, schalten wir einfach aus, ignorieren es. Wir sehen nur die langen schlanken Beine, die blonden Haare und die schmale Taille oder den roten Mund, den vollen Busen usw. und haben Glück, wenn auch noch das eine oder andere Hobby, die eine oder andere Eigenschaft zusammen passt…

Ich liebe sie/ihn, WEIL er oder sie so oder so ist, WEIL er oder sie schlank und gross ist usw. sind „no goes“. Sie haben nicht im Geringsten etwas mit der Liebe zu tun! Liebe heisst, sich im Wesen zu begegnen. Auch wenn alles passt in meinem Profil, so heisst dies noch lange nicht, dass wir das Wesen des anderen erkennen. Im Gegenteil, alle diese Dinge bilden Mauern und Schatten, die uns den Blick zum eigentlichen Wesen des anderen Menschen verbergen.

Ebenso die Wenns und Abers. Ich liebe ihn oder sie, wenn er so ist (sonst hasse ich ihn oder sie vielleicht sogar usw.) Das sind alles Bedingungen, die wir mit einem Gefühl verknüpfen, welches bedingungslos ist und bleiben muss… Liebe ist bedingungslos

Was bringt die Neurologie für den psychologisch orientierten Therapeuten

Psychotherapeutische Ansätze und Neurologie: Normalerweise werden die modernen Wissenschaften aus der Ecke der Schulmedizin von psychologisch orientierten Therapeuten verpönt oder zumindest nicht ernst genommen. Ähnlich verhält es sich natürlich auch in umgekehrter Richtung. Dabei hätten die beiden vollkommen polar ausgerichteten Ansätze soviel Potential in sich, um fruchtbar in beide Bereiche hinein zu wirken. Darüber wird in diesem kleinen Hörbeitrag gesprochen.

Gedankenkontrolle

Fünf Schritte zu einer spirituellen Entwicklung

Erster Schritt: Erkenntnis der Korrelation von Gedanke und Gefühl. Dies beinhaltet gleichzeitig das Erkennen, dass Gedanken unsere Emotionen und Gefühle auslösen und deren Schöpfer sind. Deswegen sind wir nicht identisch mit unseren Gedanken, wie die meisten Menschen glauben, sondern wir sind mehr, ohne etwas zu benennen…

Übung: Gedanken schaffen, positive wie negative und lernen zu beobachten, was sie mit uns machen, währenddem wir gleichzeitig möglichst tief in sie hinein gehen und uns möglichst tief mit ihnen identifizieren. Dies kann zum Verlust der Beobachterposition führen und somit aus dem bewussten Prozess hinausführen… diesen Schritt durch erneute Verankerung immer wieder üben…
Es geht zunächst nur darum, für eine neue Kraft wach zu werden…

Zweiter Schritt: Gedankenkontrolle. Die Beherrschung des ersten Schrittes führt dazu, dass wir mehr Bewusstsein über unsere Gedanken bekommen. Es ist ein grundlegender Schritt zum Einmaleins jeder geistigen Entwicklung. Leider wird er unterschätzt. Er führt nicht direkt zur erweiterten Erkenntnis, ist aber dennoch Bedingung auf dem Weg dahin. Man kann diesen Schritt nicht umgehen. Er ist notwendig.

Dritter Schritt: die Gedankenkontrolle befähigt erst, uns von Gedanken zu lösen und sie auf Distanz zu beobachten. Das heißt, dass wir uns nicht mehr als deren Knecht fühlen, sondern erkennen, dass wir die Schöpfer sind. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch die Wesen erkennen, die in uns ständig neue (sogenannt gute oder schlechte) Gedanken einpflanzen und somit die Emotionen steuern, denen wir ohne diesen inneren Beobachter ausgeliefert sind (voice dialogue: Teilselbste).

Vierter Schritt: Erkennen des „höheren Ich“ oder einer geistigen Mitte (Begriffe spielen keine Rolle). Aus dieser Erkenntnis heraus erleben wir uns zunehmend als Schöpfer und Herrscher eines inneren Systems von Gedanken und den damit verbundenen Gefühlen aus denen die Handlungen folgen. Wir erkennen, dass wir diesen Vorstellungen und Gedanken nicht maßlos ausgeliefert, sondern deren Herrscher und Schöpfer sind.

Fünfter Schritt: Verankerung des Bewusstseins an dieser nun bewussteren Mitte-Kraft. Das stete Üben dieser Schritte und deren Erkenntnisse und Leiden bringen uns zunehmend einen festen Anker in einer inneren, „geistigen“ Verortung. Dort sind wir keinen uns beherrschenden Schwankungen mehr ausgeliefert. Wir erleben unsere Gefühle von diesem Zentrum aus selbst und lassen uns nicht mehr unbeherrscht in den Strudel der Emotionen hinein ziehen…

Das Emotionen und Gefühle unmittelbar an Gedanken gekoppelt sind glauben viele nicht. Deshalb nicht, weil sie sich im Denken selbst vergessen. Sie wissen nicht, dass sie denken, selbst wenn sie denken! Weil man im Normalfall immer erst dann etwas wahrnimmt, wenn man fühlt, meint man die Gefühle seien autonome Erlebnisse. Es entsteht Gefühlsmystik mit Aussonderung des Denkens. Hier wird das Fühlen zuoberst gestellt und das Denken als etwas niedereres oder sogar Inexistentes negiert. Dass der Gedanke die Gefühle auslöst und, eng verbunden mit der Wahrnehmung, Gefühle erschafft, bleibt deshalb im Dunkeln.

Lauschen

Hineinlauschen in das Innere. In das Eigenleben der Seele. Wach sein für die feinen Stimmen. Überdeckt vom Getose der äußeren Welt. Das ist die zentrale Aufgabe unseres Lebens. Nicht mürbe werden am Geplapper unserer Gedanken. Sie kommen und gehen. Sie führen und leiten unsere Gefühle und Handlungen. Ohne das innere Wachsein beherrschen sie unser Leben. Sie sind mächtig. Suchen Streit, Argumente, Rechtfertigung. Gedanken sind unser heiligstes Werkzeug. Aber sie sind wie kleine Kinder ohne unsere Führung. Zuweilen wie Tiere, Drachen, heillose Zerstörer. Sei achtsam. Aber bewerte, beurteile sie nicht. Erkenne, beobachte. Finde deinen inneren Führer. Dann wirst du zum Führer von Menschen.

Der „Freidenker“ in Ihnen

Freidenker

…das Wort kennt jedenfalls mein Handy nicht: „Freidenker“. Nicht verwunderlich, denn dieser Begriff ist ja schon fast ein Schimpfwort, wie alles, was mit persönlicher Freiheit zu tun hat. Wie frei sind wir denn wirklich? Immer wieder ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema. Es ist erst ein paar Tage her, als mir eine nahe Verwandte mit dem jüngsten Gericht drohte…

Nein beliebt ist man nicht, wenn man „frei denkt“ oder es zumindest versucht oder meint, es zu tun. Die einen argumentieren mit der göttlichen Vorsehung und dass sowieso ein großer Plan alle Geschicke der Erde und des Kosmos lenken würde und wir, um Gottes Willen – und zum Glück – keinen Einfluss darauf hätten…
Für andere wiederum sind wir nur kleine Würmchen (mein Handy meint Würstchen, was die Sache ja auch nicht wirklich verfehlt), also jedenfalls ein Nichts im großen allmächtigen All. Somit gänzlich unberechtigt, irgendwelche Urteile zu fällen. Nur gefällt werden sie (die Urteile) eben trotzdem und zwar von genau denen, die solches sagen.

Und da steht Mann/Frau vor der Tatsache der gänzlichen Inkompetenz und Unfähigkeit, Urteile zu fällen und dennoch argumentieren zu müssen.

Aber wie steht es denn nun damit? Sind ein paar Gedanken dazu dennoch erlaubt, so seien sie hier angefügt.
Die Frage ist halt immer wieder dieselbe: Gibt es diese persönliche Freiheit und wenn, wo gibt es sie… habe ich also die Berechtigung, mich überhaupt zu diesem Thema zu äußern oder hat die göttliche Vorsehung keinen Platz dafür?

Glaubt man an eine unwiderrufliche göttliche Macht wie diese Vorsehung, braucht man hier gar nicht weiter zu lesen. Denn es spielt eigentlich keiner Rolle, was ich über die Freiheit schreibe, es gibt sie doch nicht und allein der Glaube macht selig. Das argumentieren und diskutieren allein schon öffnet mich für den anderen Menschen. Im besten Fall wird es ein Dialog mit offenem Ausgang. Beharre ich indessen auf meinem seit jeher gelebten Dogma (auch den Begriff kennt mein Handy nicht) – unverrückbar und unwiderruflich, dann bin ich nicht offen für andere, für Argumente der Anderen.

Wenn Sie diesen Artikel also lesen, dann gibt es drei Möglichkeiten, warum Sie dies tun.
Die erste (und wohl beste aus meiner Sicht) ist Ihre Offenheit für neue Gedanken, unabhängig davon, ob Sie sie für wahr halten oder nicht.
Die zweite hilft Ihnen damit aufgrund von anderen Ansichten, Ihr eigenes und fest gefahrenes Weltbild zu befestigen, indem Sie quasi den „Gegner“ studieren um so das „Böse“ immer besser kennen zu lernen.
Und die Dritte: Sie fühlen sich als Retter und machen Jagd nach neuen Schäfchen, um sie vor dem jüngsten Gericht zu bewahren.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich mit diesen Aussagen manche Menschen provoziere. Das ist aber gar nicht meine Absicht. Was ich damit bezwecke, Sie merken es, ich hoffe auf das Quäntchen Freiheit in Ihnen, das sich gegen meine Argumente aufmüpft… an den Freidenker in Ihnen…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

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