Die Diagnose war eine Bombe

ZahnradEs gibt viele Theorien über alles mögliche, z.B. über die „richtige“ Ernährung, über Diäten, Vorschläge zum Abnehmen, gesund essen usw. Manche zählen nur die Kalorien, andere studieren mit der Lupe die Inhaltsangaben auf den Verpackungen und scannen sie auf Stoffe ab, die Schaden anrichten könnten. Die meisten beachten jedoch einen ganz wichtigen Faktor nicht: das WIE! Nicht, WAS esse ich, sondern WIE esse ich (richtig). Ich glaube nämlich nicht an die rein materialistisch-biochemische Wirkung, an eine von Seele und Geist losgelöste Wirkungsformel. So gesehen könnte es ja sein, dass auch der Faktor „Genuss“ eine positive Auswirkung hat…?

Ähnliche Voraussetzungen gibt es auch in der Medizin. „Die Diagnose hat eingeschlagen wie eine Bombe“, sagte letzthin eine Krebs-Patientin in der Basler Zeitung. Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen für Männer und Frauen sollen helfen, allfällige Krebszellen oder andere schädliche Erreger möglichst früh zu erkennen und sie abzutöten oder wegzuoperieren. Dabei wird oft vergessen, dass wir keine mechanischen oder rein biologisch funktionierenden Wesen sind und unser Körper ebenso wenig nur rein funktional durchgecheckt und „geflickt“ werden kann. Zu jedem Heilungsprozess gehört meines Erachtens immer auch die „innere Arbeit“ der Patienten, die Frage nach dem Grundproblem, dem Auslöser für die schädlichen Einflüsse. Und gleichzeitig eine Energieform namens „Leben“…

Das Dogma unserer Zeit besteht in der absoluten und unvereinbaren Trennung von Psyche und Körper. Leider. Und dies leider noch immer, muss man sagen! Von Geist spricht man schon gar nicht mehr. Der wurde 869 am Konzil von Konstantinopel von den damaligen Kirchen-Fürsten offiziell „abgeschafft“.
Die unüberprüfte, unverrückbare Annahme, dass etwas kleines (z.B. ein Krebsgebilde) automatisch und unbeeinflussbar gross und gefährlich wird, wenn man es nicht „abtötet“, kann und will mir nicht einleuchten. Dass dies unbeeinflusst wohl geschehen mag, bezweifle ich nicht. Aber dass der Einfluss nur auf der materialistischen Ebene zu finden sei, stelle ich sehr in Frage.

Die zeitgemäßen diagnostischen Methoden, die wir derzeit besitzen, helfen mit, jedes solche „Ding“ (Schädliche Zellen, Bakterien, Viren) schon im allerklitzekleinsten Zustand sichtbar zu machen. Was vor 10 Jahren noch nicht analysierbar war, ist heute sichtbar geworden. Vor zehn Jahren, sagen die Ärzte, wären wir halt unweigerlich daran gestorben. Ob das so ist? Damals sagten sie, beim Faktor -10 (das ist lediglich eine Beispielgrösse), es müsse tödlich enden. Entdeckt wurde es bei Faktor -20, also könne man es entfernen und somit die Gefahr mit grosser Wahrscheinlichkeit beseitigen. Heute entdeckt man das Übel bei Faktor -100 und man sagt, ab Faktor -50 sei es schon gefährlich. In weiteren 10 Jahren entdeckt man es bei Faktor -1000 und man sagt, man müsse es unbedingt vor Faktor -500 entfernen. Kann man die darin liegende (Un-) „Logik“ erkennen? Wieviele hätten dann vorher schon sterben müssen? Und warum war es nicht so? Weil es noch etwas anderes gibt als Materie, was heilt, nämlich Leben, Lebendiges, im denken, fühlen und im handeln.

Alles, was lebt verläuft in Zyklen und nie absolut. Es beeinflusst die Materie unbedingt. Und zwar nicht nur mechanisch und linear, sondern auch psychisch und mental – und zyklisch. Dies könnte bedeuten, dass jeder von uns schon einmal oder auch derzeit einen Erreger mit Faktor -500 intus hat. Zwingend ist aber nicht, dass er auch wächst und gefährlich wird oder „Nahrung“ findet, um sich auszubreiten. So wie er erscheint, könnte er auch wieder verschwinden. Das Dumme ist die Komponente „Angst“, die z.B. im Falle einer negativen Diagnose mit ins Spiel kommt. Sie beeinflusst den Verlauf mit Sicherheit zusätzlich negativ. Also erst besser gar nicht zuviel wissen? Einem Arzt stehen die Haare zu Berge, wenn er so etwas hört oder liest…

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Heilung. Die aktuell einzige schulmässig (sprich wissenschaftlich) anerkannte ist die biochemisch-mechanische. Alle anderen werden als Spuk (alte Generation Ärzte), bestenfalls noch als unbeweisbar, jedoch interessant (neue Generation Ärzte) gewertet. Der Faktor Leben existiert zwar ohne Zweifel für jeden. Aber er wirkt zu diffus, als dass man damit etwas knochig-konkretes anfangen könnte. Da er kein mechanisches oder biochemisches Konzept ist, lässt er sich auf dieser Ebene auch nicht „beweisen“. Sie können die Körpergrösse ja auch nicht mit der Waage messen. Also braucht es andere (lebendige) Messmethoden. Die gibt es zwar, sie sind aber noch nicht gesellschafts- bezw. wissenschaftsfähig geworden. Und warum nicht? Weil es gleichzeitig ein neues Denken dafür braucht. Ein „lebendiges Denken“. Es beruht nicht auf mathematischem oder statistischem Fundament. Wer da nicht hinfindet, kann auch diese Messinstrumente nicht nutzen, so wenig, wie ein kleines Kind, welches noch nicht zur Schule geht, mit einem Taschenrechner etwas anfangen kann. Oder zumindest nicht mehr, als wahllos darauf herumzuhacken…

Wie könnte dieses Dilemma gelöst werden? Fazit: Es wird immer nur durch persönliche, innere Arbeit geschehen können. Das Wahrnehmungsfeld des Beobachters in uns muss erweitert werden. Leben muss nicht nur gefühlt und irgendwie diffus benannt, sondern erkannt und bewusst gemacht werden. Die Gesetze des Lebendigen müssen erkannt und „gesehen“ werden. Das geht letztlich nur über den Weg der Selbsterkenntnis, denn Leben ist in jedem Körper, auch in dem eines Wissenschaftlers. Es gibt natürlich sekundäre Methoden um zum Beispiel sogenannte „ätherische“ Wirkungsfelder und Energien sichtbar zu machen. In der Kirlian Photographie oder im Pendeln z.B. Jedoch sind diese Methoden solange fragwürdig, als man sich auch hier wiederum nur auf Mechanik, bezw. Optik verlässt. Illusion und Wirklichkeit sind sachbedingt oft nahe zusammen. Dort liegt der Vorteil klarer, mechanisch-diagnostischer Methoden auf der Hand.

Dennoch gibt es ohne die entsprechenden Fortschritte auf diesem Gebiet, keine Auswege aus dem Dilemma. Sie führen, auch hier, immer über den Weg der eigenen Entwicklung… das sind immer wieder Themen meiner Bücher… sogar beim „Ursli“ 🙂

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft?

Die 7 Abhängigkeiten (2. Teil)

Hampelmann2. Teil | Die 7 Abhängigkeiten
Psychologische Abhängigkeiten

Natürlich gibt es neben den im vorigen Artikel genannten Abhängigkeiten, die doch vorwiegend materieller Natur sind, auch noch andere, psychische Bereiche, die unser Leben beeinflussen. Damit soll nicht gesagt sein, dass auch diese psychische Probleme verursachen können. Zunächst sei da die Abhängigkeit von anderen Menschen erwähnt. Selbstverständlich müssen sie nicht immer negativ erscheinen. Man kann sich z.B. die berechtigte Frage stellen, ob die Liebe zwischen zwei Menschen so frei ist wie man zunächst meint. Durch unsere Einbindung in die gesellschaftlichen Strukturen, entstehen viele Kontakte und Beziehungen, ein ganzes Geflecht von Menschen, die mit uns für kürzere oder längere Zeit im Leben verbunden sind. Dabei stehen vielfältige Beziehungsmuster bereit, die je nach dem, schwierigere oder weniger schwierigere – oder gewiss auch sehr schöne „Abhängigkeiten“ erzeugen. In vielen Fällen jedoch bilden sich grössere oder kleinere zwischenmenschliche Ungleichgewichte. Oft bemerkt man das Heranbilden solcher Schieflagen gar nicht oder nur unbewusst. Die Verstrickungen ergeben sich durch die unterschiedlichen Rollen, die wir in unserem Beziehungs-Umfeld einnehmen. Wir treten als Sohn, Vater, Mutter, Tochter, Lehrer, Partner, Kläger, Schuldner, Arbeitgeber, Angestellter oder wie auch immer auf und stehen dadurch meist gleichzeitig auf unterschiedlichen Bühnen. Authentizität wird zwar von vielen Menschen gross geschrieben, sie jedoch durch diese Rollen hindurch immer aufrecht zu erhalten, erweist sich als sehr schwierig. Viele solche Rollen meistern wir problemlos, andere bereiten uns mehr oder weniger Mühe. In manchen Fällen werden wir sogar zu erpressbaren Opfern, in anderen zu Antreibern oder „Verfolgern“ von anderen Menschen (Mobbing), oder auch zu „Helfern“, Begleitern, Ratgebern usw. Jegliche Form bietet unzählige Möglichkeiten von Interaktionen. Schwierige Beziehungen kennen wir wohl alle, sei es mit Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen, sei es in der Ehe, als Mitglied eines Vorstandes, einer Geschäftsleitung, in einem Verein usw. Immer stehen sich in diesem Kontext zwei Menschen (-bilder) gegenüber. Beide haben verschiedene Vorgeschichten, unterschiedliche Vorstellungen, Gefühle und Ideen. Das Feld der Beeinflussung ist reichhaltig. Oftmals bleiben die Meinungen ohne annehmbaren Konsens, hart und abgegrenzt. Gegenseitiges Verständnis, wo nicht nur akzeptiert (im Sinne von „ok, weil du es bist, tu ich dies und das…“…usw.) sondern im tieferen Sinne mit dem Herzen verstanden und mitgefühlt wird: all dies bleibt ein kostbares Gut mit Seltenheitswert.

Abhängigkeit von Gruppen und Gesellschaft. Hier finden wir über den zwischenmenschlichen Bereich hinaus ein weiteres Feld vor, welches viel mit Gruppendynamik und Gruppendruck, sowie Massenbeeinflussung zu tun hat. Es versteht sich von selbst, wie gross die Möglichkeiten hier sind! Zum letzteren gehören natürlich auch die Medien und die Werbung. Die meisten Menschen machen sich keinen Begriff davon, wie viele Abhängigkeiten hier geschaffen werden! Die Werber wissen es und haben monetären Erfolg damit! Man glaubt oft leichtfertig, dass es nur die Anderen, nicht aber mich selbst betrifft. Ein weiterer Bereich, der in Abhängigkeit mündet ist die Dynamik, die in unzähligen Gruppensituationen geschaffen werden. Man denke z.B. an die Situationen in Klassen, bei grossen Anlässen, aber auch meinetwegen in einem der vielen in den letzten Jahrzehnten in Mode gekommenen „Retreats“. Mediationspraktiken in Gruppen können zuweilen extrem beklemmend wirken, ohne dass sich ein Mitglied der Gruppe dahingehend „outen“ würde. Schliesslich will man nicht als der oder diejenige gelten, die keine „höheren“ oder „geistigen“ Erlebnisse dabei haben! Ob man einlenkt in der Situation, hängt von vielen Faktoren ab; gewiss nicht unbedingt vom „Niveau“ des Teilnehmers, der oder die sich in solcher Weise nicht „versenken“ kann. Oft braucht es die individuell angemessene Zeit oder den individuell richtigen Raum, im besten Fall einen wirklichen FREI-Raum! Der Druck, der in vielen solchen Situationen entsteht, wird durch Erwartungen gezeugt: Erwartungen an sich selbst oder an andere. So geschieht es andernorts ebenso in Schulen, an Arbeitsstätten, in Vereinen, ja selbst in Ehen und im engen Freundeskreis oder meinetwegen als Vegetarier in einer Versammlung des Metzgermeisterverbandes.

Ein dritter und letzter Aspekt bildet schliesslich auf der psychischen Ebene die sogenannte Abhängigkeit von „ethnischen Faktoren“. Dabei verstehe ich Beeinflussungen die weniger persönlicher oder gesellschaftlicher Art sind, sondern durch die Entwicklung von ganzen Völkern, aber auch Landschaften (Berge, Stadt etc.) und auch von Sippschaften und letztlich Familien zum Vornherein und ohne unser Zutun gegeben sind. Einfach durch die Einbettung unserer Geburtssituation. Sie entstehen durch die vielen Sitten und Gebräuche, die sich in die gesellschaftlichen Strukturen förmlich einbrennen und diese mitformen. Solchem Branding kann ein Neugeborenes sich kaum entziehen. Schon von Geburt an (oder bereits vorher), wird er/sie mit diesen Traditionen und Verhaltensformen konfrontiert. Sie bilden sogar physisch am Gehirn des aufwachsenden Menschen mit, prägen und formen es. Diese Dinge wirken an unserem Denken, Fühlen und Handeln wohl ein Leben lang und beeinflussen so manche Entscheide, die wir treffen.

Geistige Abhängigkeiten

Nachdem ich versucht habe im physischen und seelischen Bereich persönliche Abhängigkeiten und Verstrickungen mit der Welt aufzuzählen, gelange ich nun an eine Art Wendepunkt. Denn selbst die grösste Beeinflussung solcher Art, bedingt immer etwas in uns, was sich diesem Aussen entgegenstellt! Eine Art Echo oder Spiegel, den wir erst dann erkennen, wenn wir aus dem „Traumleben des Alltags“ erwachen. Eine Art „inneres Wort“ spricht sich in jedem äusseren Gegenstande in uns aus, ein Nachklang dieses Erlebten, Gesehenen und Wahrgenommenen. Was aussen erfahren und erlebt wird, klingt in uns gewissermaßen nach, schwingt im Hintergrund, in einer Art „zweiten Festplatte“ die wir jedoch nicht bewusst verarbeiten, mit. – Etwa so, wie der Computer sämtliche Handlungen, Tastendrücke und Aktionen die wir tätigen, in den Tiefen der Registrierung aufzeichnet, so können wir, etwas technisch ausgedrückt, sämtliche eigenen „Registrierungen“ aus Taten und Gefühlen, Gedanken und Erlebnissen erkennen. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn wir im Akt einer Selbst-Beobachtung oder „Selbst-Reflexion“ darauf hinschauen. Dies bedingt gewissermaßen eine „Entäußerung“ des Bewusstseins. Nun gehören ja durchaus auch Gedanken, Gefühle und Taten in die äußere Welt unserer Persönlichkeit! Das heißt, wir erleben uns als Denkende und Fühlende nicht auf der besagten beobachtenden Bewusstseinsstufe, sondern darunter. Wir sind damit nicht bei unserem eigentlichen Wesenskern angelangt, sondern erleben uns durch die vorgeprägte und „eingebrannte“ Optik der Aussenwelt, dem „persönlichen Branding“ sozusagen, welches sich eben in der oben angedeuteten Abhängigkeit befindet. Das heißt, dass sich auch unsere Persönlichkeit im erwähnten Zustand des höheren Bewusstseins, wie ein Spiegelbild im Aussen befindet. Das ist der Grund, weshalb wir so schnell Urteile gegen andere Menschen oder Situationen fassen, die eigentlich zu uns selbst gehören! Dieses sich selbst beobachtende und geistesgegenwärtige Bewusstsein erst, steht in einer Position der (nun wirklichen) Freiheit gegenüber der in Abhängigkeit sich befindenden Aussenwelt! Es ist eine Art Echo des Aussen in uns, was wir erleben. Die besagte zweite Festplatte in uns liefert diese Bilder und Wahrnehmungen. Sie können aber erst dann erkannt und verarbeitet werden, wenn eine Loslösung davon stattgefunden hat. Das heisst, wenn wir nicht mehr in einer Situation der Verhaftung mit den eigenen Gedanken und Gefühlen stehen. So wird das Gehirn und das Nervensystem als leibliches Werkzeug eines höheren, leibfreien Bewusstseins erkannt. Diese Form der Innenschau ermöglicht erst die Selbsterkenntnis und damit auch die Unterscheidung geistiger Wirklichkeiten! In diesem Sinne ist die Abhängigkeit von sich selbst die größte und wirkungsvollste von allen dargestellten…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Die 7 Abhängigkeiten

OLYMPUS DIGITAL CAMERA1. Teil | Einleitende Gedanken

Wir reden gern und oft von Freiheit und Unabhängigkeit. Jeder Mensch stellt diese Dinge meist zu oberst auf die Prioritätenliste, wenn es darum geht, die wichtigsten Eigenschaften im Leben aufzuzählen. Dabei vergessen oder verdrängen wir oft, wie komplex und verstrickt ein Menschenleben in der heutigen Zeit geworden ist. Kaum ist man auf dieser Welt angekommen, geht es los…

Wie viele Formulare, Einträge, Bestätigungen, Hinweise, Empfehlungen, Ratschläge, Vorschriften usw. sind zu beachten, damit man sich korrekt in die Gesellschaft einbindet! Galten vor 100 Jahren noch verhältnismäßig harmlose Bedingungen, so herrschen heutzutage schon fast bedrückende Verhältnisse. Die Freiheit, die wir meinen, findet auf einem kleinen Feld von Illusionen statt. Es ist die Freiheit, sich vermeintlich hinbewegen zu können, wo man will (wären da nicht die vielen vorgegebenen Termine und Verpflichtungen und sonstige Hürden). Oder es ist die Freiheit, zu kaufen, was man will (ohne in Betracht zu ziehen, wer einem die Wünsche diesbezüglich einflösst: Stichwort Werbung). Weitere (wohl illusionsbeladene) Freiheiten sind die freie Wahl des Wohnortes, des Partners, des Berufs usw. Dabei beachtet man zu wenig, wie viele entscheidungsrelevante Faktoren Einfluss nehmen.

In den folgenden zwei bis drei Beiträgen möchte ich vertieft auf diese Thematik eingehen. Die Gliederung der „7 Abhängigkeiten“ folgt der Logik physisch – psychologisch und geistig, also sozusagen „von unten“ betrachtet. Das Ende mag etwas überraschend sein. Lassen Sie sich überraschen!

Aus dieser Perspektive heraus, sollen hier vorerst einige Merkmale von physichen Abhängigkeiten betrachtet werden. Wir integrieren sie fast automatisch in unser Leben. Es sind Eigenschaften und Bereiche, die wesentlichen Einfluss darauf nehmen, wie wir Entscheidungen treffen, Wünsche erfüllen und Situationen meistern.

Physische Abhängigkeiten

Zunächst sind wir natürlich eingebunden in einen Reigen von Abhängigkeiten wirtschaftlicher Natur. Als vor vielen Hunderten von Jahren nach und nach immer komplexere Systeme des Umgangs mit Geld und Werten geschaffen wurden, begannen damit auch Regelwerke zu wachsen, die diese Abhängigkeit anschwellen ließen. Der Tausch von Waren zeigte sich nicht als das probate Mittel für einen reibungslosen Verkehr zwischen Gütern, die ja einen Gegenwert einforderten. So begann man mit kreativen Ideen den Umgang für diese Gegenwerte zu erforschen. Der Schuldschein entstand. Eine Art Deckung für die gekaufte Ware, die man weiter verwenden konnte. Leider war es ein übles Geschäft mit vielen betrügerischen Absichten geworden (…und ist es auch heute noch). So wurde der Egoismus des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft, der zuweilen in kriminellen Energien ausartete, wohl zum grössten Feind für die Funktionstüchtigkeit solcher Gegenwerte. Klar, der Schuldschein konnte relativ leicht gefälscht werden. Die Schaffung neuer Formen der Deckung entstanden immer aus dem Umstand heraus, dass irgend jemand nicht vertrauensvoll mit den gegebenen Mitteln umging. Die Münzprägung war eine weitere Möglichkeit, der Fälschbarkeit entgegen zu wirken. Zudem behielten die Metalle, vornehmlich Gold und Silber, einen Eigenwert, der schon deshalb als sicherer Wert galt. Und noch bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts war unser Papiergeld mit Gold gedeckt gewesen. Danach verschwand auch dieser Anker einer vermeintlichen Sicherheit. Die Münzen jedoch waren schwer und die Angst vor dem Raub schreckte die Menschen zurück, grössere Mengen davon bei sich zu tragen. Letztlich gab es auch clevere Goldschmiede, die fortan statt Schmuck Münzen herstellen konnten und diese gegen Zinsen dem Volk verkauften. Es begannen, jetzt sehr vereinfacht dargestellt, Kreisläufe der Geldvermehrung, weil sich allein das Verwalten plötzlich lohnte. Die „Goldschmiedeateliers“ wurden zu Münzbanken und das System wurde komplexer und komplexer. Wir kennen das alle. Die Märkte erstarrten immer mehr in engen Korsetts von Gesetzen und Vorschriften, die es zu beachten galt. Und darin eingebettet die gesellschaftlichen Strukturen der Konsumenten. In diese sind wir heute so stark eingebunden, dass fast jede Bemühung um mehr Freiheit zum Vornherein scheitern muss. Dazu kam eine starke Zentralisierung der Verwaltung und Macht solcher Strukturen, die den Fesseln den Rest gaben…

Neben der wirtschaftlichen Abhängigkeit steht, vom materiellen Standpunkt aus betrachtet, wohl diejenige vom Gesetzesgeber (Abhängigkeit von staatlichen Faktoren), an zweiter Stelle. Die Einbindung in ein verzwicktes Geflecht von Vorschriften und Geboten steht dem künftigen Staatsbürger schon nach, oder sogar vor seinem ersten Atemzug zur Verfügung. Alles wird erfasst und verortet, registriert und beurkundet. Eigentlich könnte es dem Staat ja egal sein wann und wo – und wie viele – Bürger in seinem Territorium geboren werden und wie viele sterben. Eigentlich… Wäre da nicht diese Steuer. Das Geld, welches jeder Bewohner seiner Regierung abzuliefern hat. Dieses Geld steht allen Dingen und Einrichtungen zur Verfügung, die der Staat im Dienste seiner Bürger tätigt. Dies erfordert Arbeitsplätze, Immobilien und Werkzeuge aller Art, die bezahlt werden müssen. Damit nun niemand dieser Pflicht der Teilnahme zum „gemeinsamen Wohl“ entkommt, muss er /sie erfasst werden. Und nicht nur dies. Es müssen klare Kenntnisse der Einnahmen und Ausgaben jedes Bürgers bekannt sein, und dies wiederum nur um zu verhindern, dass Betrug möglich ist. Auch hier also wieder die bekannte Vertrauensfrage. Auch scheinbar „verdeckte“ Beurkundungen wie die Erfassung bei der Heirat, beim Wohnort Wechsel, neuen Arbeitsplätzen, Geburten und Todesurkunden etc., haben letztlich keinen anderen Zweck, als die monetären Verhältnisse des Einwohners klar zu legen. Sämtliche Handlungen haben auch hier in erster Linie mit Geld zu tun. So steht hier ebenfalls die Freiheit des Bürgers nur allzu dünn hinter einem dicken Vorhang von Gesetzen (oder auf dünnem Eis, wie man lieber will…) , denen er sich nicht entziehen kann. Man hätte sich im Verlauf der Jahrhunderte doch sicher auch eine andere Entwicklung vorstellen können. So hätte jeder Erdenbürger (Weltenbürger) selbstbestimmend das Recht erhalten können, sich sein Leben so einzurichten, dass es auf seine persönlichen Bedürfnisse angepasst ist. Es gäbe dann keine sogenannten „öffentlichen“ Dienste, Bauten, Strassen, Bahnen, Plätze etc. Wie anders würde das Leben ausgesehen haben, wenn sich die Menschen, ähnlich den meisten Tierarten, so organisiert hätte. Selbstverständlich würden damit öffentliche Bedürfnisse dennoch auftreten. Sie könnten aber schon von Anfang an anders geregelt worden sein. Mit privatem Geld, privater Initiative oder durch Zuzahlung für deren Benutzung. Das System der Besteuerung jedes Einzelnen kennt kaum private, persönliche Interessen. Ob eine Strasse gebaut werden soll oder nicht, wird vielerorts nicht einmal vom Bürger entschieden. Nutzen oder Unnutzen von sogenannten öffentlichen Bedürfnissen könnten unterschiedlicher nicht sein. Was manche für lebensnotwendig halten, brauchen andere gar nicht (Fernseher, Internet, Auto, Einfamilienhaus, Handy usw.). Das Ganze ist sicher ein interessanter Gedanke, der schon deshalb alleine ein Buch füllen würde, weil er die Entwicklung der Menschheit nachhaltig beeinflusst und verändert hätte. Das alles hier auszubreiten macht jetzt keinen Sinn. Auf jeden Fall kann man sich fragen, was besser oder schlechter gewesen wäre… einmal eingebunden in ein System ist eine Wende aus Trägheitsgründen nur schwer zu bewerkstelligen. Die Dinge fahren sich halt immer fest und schaffen sich selbst immer neue Barrieren.

Abhängigkeit vom Gesundheitssystem: Auch hier fand in den letzten 100 bis 200 Jahren ein großer Wandel statt. Vor allem die Pharmaindustrie gewann im Bereich der Medizin an Boden. Auch diese Entwicklung könnte bestimmt hinterfragt werden. Immer wieder tauchen „neue“ Krankheiten auf, weil die diagnostischen Methoden so differenziert worden sind, dass bislang unter einem Oberbegriff gehandelte Erscheinungen, wieder unterteilt und in neue Krankheitsbilder modifiziert werden. Wir erleben dies immer häufiger mit sogenannten „neuen“ Krankheitserregern, die wohl nicht neu sind, aber deren Entdeckung und Ortung neue medizinische Eingriffe erfordern usw. Für die Produzenten von Medikamenten ist dies ein durchaus lukratives Geschäft, vor allem dann, wenn sie als Erste auf solche Neuentdeckungen im Markt reagieren. Im neuesten Fall von „Ebola“ sind bereits wieder alle Medien darauf fokussiert, die chemischen Heilbringer in Position zu bringen. Entsprechende Preise können für solche Pillchen dann auch verlangt werden. Dies ist die eine Schiene welche unser Gesundheitssystem sehr stark beeinflusst. Eine andere ist die technologische Entwicklung, die Medizinaltechnologie. Wie bereits erwähnt, bringen sie viel höhere Qualität in der Diagnostik, aber auch bei operativen Eingriffen und anderen therapeutischen Verfahren. Allerdings gilt auch hier wie bei allen anderen Abhängigkeiten: Die Bindung an die Strukturen ist enorm und der Preis für diese Medizin ebenfalls. Die Kosten dafür steigern sich von Jahr zu Jahr in Milliardenhöhe, immer mehr wird möglich, aber auch immer mehr wird gemacht! Und dennoch scheint die Menschheit nicht gesünder zu werden! Oder gibt es eine Statistik dafür? Denn wo kann nicht irgendetwas gefunden werden? Diese präzisen Gerätschaften entdecken und registrieren alles; ob es gefährlich wird oder nicht, ist ein oftmals heikler und schwieriger Entscheid, und in der Not tut man natürlich immer lieber etwas zuviel als etwas etwas zuwenig! Auch hier kann man sich fragen, was wäre, wenn diese Entwicklung nicht so stattgefunden hätte. Wenn die Weichen vor einigen Jahrhunderten in spirituellere Bahnen gelenkt worden wären? Immerhin hatten die Chinesen vor 3000 Jahren schon, und haben es noch, mit ihren uralten (und günstigen) Heilmethoden durchaus großen Erfolg. Wer heutzutage krank wird, kommt kaum mehr umhin, das „Gesamtpaket moderne Medizin“ in Anspruch zu nehmen. Allein schon deswegen, weil sogenannte „nicht evidenzbasierte Therapieformen“ immer mehr aus der Grundversicherung und sogar aus den Zusatzversicherungen der Krankenkassen hinauskatapultiert werden. Angeblich um Kosten zu sparen! Indessen machen diese Therapieformen nur einen winzig kleinen Teil der Gesamtkosten (Grössnordnung 0,5 – 1 %) aus. Also könnte es, ketzerisch gefragt, sein, dass da gewisse Leute Angst davor haben, dass die „alten Methoden“ wieder (zu) populär werden?

Fortsetzung: Die drei psychologischen Abhängigkeiten demnächst auf diesem Blog!

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Gibt es ein Leben vor dem Geld?

GeldHaben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was der Mensch wäre, wenn es kein Geld gäbe? Oder wie die Gesellschaft aussehen würde, wenn es kein Geld gäbe? Oder wie Ihr Leben persönlich ohne Geld aussehen würde? Ohne Geld!? Das ist doch gar nicht möglich, werden Sie sagen! Geld wurde in unserer Gesellschaft im Lauf der letzten Jahrhunderte zu einer Lebensnotwendigkeit wie Wasser und Luft! Es gehört quasi zu den Grundelementen der Spezies homo sapiens.

Und trotzdem, das war nicht immer so! Man kennt ja alle die Formen wirtschaftlichen Zusammenlebens aus der Geschichte der Menschheit. Ist denn unser heutiges System, welches wir seit etwa 500 Jahren – mehr oder weniger erfolgreich – pflegen, sakro sankt und unumstösslich? Wie sähe die Menschheit aus, wenn es kein Geld gäbe? Würden wir alle elendiglich zu Grunde gehen?

Gewiss, in einem System, wie wir es kennen, kann man unter Umständen tatsächlich nicht lange überleben, solange man dies als Einzelner tut. Zumindest würden Geldmittel aus anderen Quellen notwendig (Sozialhilfe, Arbeitslosengeld etc.). Der Grund dafür ist die allgemeine Vernetzung, die uns schleichend vom globalen Geldsystem abhängig gemacht hat. Das Spinnennetz des finanziellen Verbundes befestigt alle Menschen mit einem unsichtbaren Band um ein gemeinsames Zentrum: der Bank. Die Matrazen haben definitiv ausgedient. Sobald jemand geboren wird, ist er kostenpflichtig! (Meist schon vorher…) Leben kostet immer Geld, auch wenn wir jetzt einmal von den Grundbedürfnissen absehen. Allein auf der Welt zu sein, kostet. Dies gilt zumindest für unsere westliche Kultur. Niemand kann sich aus diesem Verbund mehr ausklinken*.

Natürlich kann jeder Einzelne sich dem eingespielten Finanzkoloss verweigern und versuchen,  „geldlos“ zu leben. Es gibt gute Beispiele dafür und ich bewundere sie, einerseits. Andererseits aber wird selbst das immer auf Kosten anderer geschehen müssen. Das Problem ist damit nicht wirklich gelöst. Irgendjemand muss mir einen Schlafplatz geben, mich nähren, die Lebenskosten bezahlen und dergleichen. Ich kann Arbeit als Gegenleistung erbringen, dennoch bleibe ich immer mit der Kette des allgegenwärtigen Geldstromes verbunden. Ansonsten bewege ich mich schnell an der Grenze des Illegalen und werde bald strafrechtlich verfolgt. Arbeiten darf ich natürlich jederzeit, aber sobald ich Geld dafür bekomme, bin ich wieder im System verwoben und steuerpflichtig. Mindestens das zweite Glied bleibt im System eingebunden und übernimmt gewisse Kosten für mich (seien es Freunde, die Familie, das Sozialamt oder andere). Insofern bleibe ich ein „Parasit“ (sprich Abhängiger) des Systems: Keine Rede von Freiheit, bestenfalls im egoistischen Sinn.

Ich frage mich, wie man ein solch dicht vernetztes und global verankertes System überhaupt aushebeln könnte, sei dies durch andere Geldsysteme oder durch neue Handels- und Finanzstrukturen – und; gibt es nicht immer Gewinner und Verlierer dabei? Gibt es so etwas wie ein wirklich gerechtes und absolut bedingungsloses „System“ oder ist es nicht – wie immer – nicht system- sondern bewusstseinsbedingt? Gäbe es grundsätzlich Möglichkeiten globaler Veränderungen, die selbst die heilige Kuh Geld (oder doch zumindest das aktuelle Finanzsystem) in Frage stellen würden und die für alle Menschen gleichermassen ein Gewinn sein könnten? Die Frage ist deswegen so schwierig zu beantworten, weil die Umsetzung immer mit großen materiellen Verlusten gewisser Menschen verbunden bleibt. Jede Umsetzung generiert ihre Opfer, bei den Schmarotzern, die in grossem Stil in diesem System absahnen, ebenso, wie auf der anderen Seite bei den Parasiten, die damit ihre derzeitige Lebensgrundlage verlieren!

Es gibt wohl keine Jetztlösung – und schon gar keine, die eine so breite Akzeptanz fände, dass sie eine Chance zur Umsetzung bringt. Jede Veränderung eines Systems ist IMMER eine Bewusstseinsfrage! Es muss die Einsicht auf Gerechtigkeit in jedem Menschen (bei den Schmarotzern, wie bei den Parasiten) so stark sein, dass sie entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen, weil sie wissen, dass es – ganzheitlich betrachtet – letzlich wieder ein Gewinn für ALLE und für die allgemeine Lebensqualität bringen würde. Denn diese kann man nicht mit Geld kaufen…

Und das hiesse für den Einzelnen: Einsehen: „ich bin ein Schmarotzer“, oder „ich bin ein Parasit“, und entsprechende Konsequenzen daraus ziehen… (Alle nicht davon Betroffenen haben dieses Bewusstsein ja schon, nur sind es bislang wohl viel zu wenige…). Jede nicht bewusstseinsbedingte Veränderung kann bestenfalls auf der Grundlage von Gesetzen beeinflusst werden. Aber Gesetze sind relativ, sie haben den Nachteil, dass sie nicht per se für alle einsichtig sein müssen, sondern nur für die Mehrheit (…und die „Mehrheit“ ist oft nicht einmal 1/4 der Bevölkerung, wenn sie denn überhaupt gefragt wird, wie es in der Schweiz noch der Fall ist…). Und wer wehrt sich gegen diese Gesetze? Die Betroffenen natürlich! Und wer sind in diesem Fall die Betroffenen? Die Mächtigen! Und wer hat letztlich das Sagen? Eben…

…der Kreis schliesst sich und die Welt dreht sich weiter um die Sonne wie vorher. Gelder werden in bankrotte, hochverschuldete Länder gepumpt (…und das sind nicht etwa die vermeintlich schwachen Staaten, sondern prominente wie die USA usw.), es wird gedruckt, was das Zeug hält und das System wird künstlich aufgepumpt; dies obwohl jeder Scolar mittlerweile weiss, dass es so nicht ewig weitergehen kann! Und warum tut man es denn trotzdem? Weil jeder noch einen Gewinn FÜR SICH SELBER abzwacken will. So quasi: Nach mir die Sintflut! Und diese Einzelnen werden mit Sicherheit auch Gewinne machen damit. Ob sie damit persönlich glücklicher sind, bezweifle ich. Der grösste Teil aber wird langfristig nur verlieren. Müssen wir es einfach ertragen? Können wir auf sogenannten „offiziellen“ Wegen (Gesetzesvorlagen, Abstimmungen etc.) überhaupt Erfolg haben? Ist die globale Finanzmacht (und mit ihr die Politik, die Wirtschaft) nicht immer am längeren Hebel? Und verschwenden wir unsere Energien nicht letztlich am falschen Ort?

„Kopfsache“ sagt man mittlerweile auch schon beim Fussball und im Sport. Was damit gemeint ist, ist jedem klar: Die Gedanken und Emotionen prägen unser Tun und Handeln, nicht umgekehrt. Und es nützt nichts, wenn ich der beste Dribbler der Welt bin und fit wie ein Ass, gleichzeitig aber beim Anblick von 50000 tobenden Fans im Stadion in die Hosen mache. Da helfen Gesetze zur Verhinderung der Angst auch nichts. Und es den Spielern bloss zu sagen, hilft ebensowenig. Das Beispiel macht deutlich, wie eng das Bewusstsein an die Emotionen – und damit an die Handlung, gebunden ist und wie fatal oder (je nach dem) auch fördernd es sich auf diese wiederum auswirken kann. Die Angst vor meinem persönlichen Verlust, der persönlichen Arbeit, meiner Familie, Ansehen, Status usw. verhindert letztlich jedes sozialere und menschenfreundlichere Modell für ein besseres wirtschaftliches System bisher noch immer erfolgreich… (und nicht etwa der Mangel an guten Ideen…)

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

*Ich bin offen für andere Hinweise! Hin und wieder gibt es auch durchaus interessante Artikel in der Zeitschrift Zeitpunkt… zum Thema Geld

ART Basel und ein paar neue Gedanken zur Kunst

Mato: Relief in Terracotta

Wer dieser Tage durch Basel wandelt und die sommerliche Stimmung genießt, der kann, wie jedes Jahr, ab und zu durchaus kuriose und originelle Typen antreffen. Ausgefallen sein ist zu einem Markenzeichen, zum Hauptkriterium für Anerkennung geworden.

Was früher Ausdruck war in der Kunst (Expressionismus), oder „Kunst ist, was beeindruckt“ (Impressionismus), entwickelte sich ebenso zum Symbolismus (Kunst ist, was symbolhaft ist), zu einem Ästhetizismus (Kunst ist, was ästhetischen Reiz hat), „Spaßismus“ (Kunst ist, was Spaß macht), „Sensationismus“ oder auch „Exklusivismus“ usw. Das einzig stabile was bleibt, ist der -ismus an sich, das Leitbild sozusagen, welches hinter der Motivation des Tuns steckt. Noch einer ist vielleicht zu nennen, der Egoismus (Ich bin Kunst, siehe Bild…)

Bei allem Normierten und begrenzt durch die vielen persönlichen und weltlichen -ismen (die ja meistens auch mit Geld und öffentlichem Geschmack/Meinung zu tun haben), will doch jeder und jede nicht auf die Originalität verzichten, man kann es schon fast wieder im gleichen Atemzug „Originalismus“ nennen. Welche Intentionen, frage ich mich, hatten denn die „alten Meister“ vor hundert oder vor 500 Jahren und noch ältere? Ging es um dasselbe wie heute? Um das krankhafte Bemühen nach Anerkennung, Prestige, Verkäuflichkeit, Massengeschmack usw.? Es ist sicherlich nicht abzustreiten, dass sich manches auch darum drehte.

Dennoch sehe ich die Sache etwas anders…

Ich bin allerdings sehr vorsichtig geworden mit Kritik an jedwelcher Kunstbemühung der heutigen Zeit. Zum einen kommt man dabei in Teufels Küche und zum anderen wird man gerne als überheblich und arrogant abgestempelt. Schnell wird man als (vermeintlich) Wissender hingestellt, der den „Nichtwissenden“ predigt, was gut und was schlecht ist und der sich auf den Sockel des erhabenen Expertentums stellt. Sicher, genau das tun tausende selbst ernannte Kunstkritiker auch, ohne mit der Wimper zu zucken.

Mir persönlich liegt diese Rolle eigentlich nicht und ich meine gelernt zu haben, dass doch die Bemühung um Toleranz in jedem Urteil über allen Schatten der Gegenwart stehen sollte. Diese Haltung stößt gelegentlich auf Widerstand, nämlich dann, wenn wirkliches Unrecht in der Welt geschieht, wenn es um kriegerische Handlungen geht zum Beispiel, oder um Menschenrechte, die verletzt wurden/werden usw. Immer dann sind wir aufgefordert uns den Ungerechtigkeiten mutig entgegenzustellen, aufzustehen und laut in die Welt hinaus zu schreien, was Sache ist und nicht schweigend zuzusehen und solches geschehen zu lassen! Auch wenn vieles kaum Anlass zu Fehlurteilen gibt, so sind die wirklichen Gründe doch oft tieferliegend. Dasselbe kennen wir auch in unserer eigenen, persönlichen Geschichte und wir lehnen uns (oft zurecht) auf, wenn man undifferenziert oder plakativ mit groben Geschützen unsere Taten verurteilt.

Für die Kunst gilt dies, spätestens seit der allgemeinen und provokativen Aussage, dass „alles Kunst ist“, nicht mehr. Und generell verbindet man mit Kunst nur das Adjektiv „gut“. Es gibt im Sinne der Meinung vieler Kunstexperten keine „böse Kunst“ (höchstens kaufbare und unkaufbare) Mit dem Begriff „Kunst“ verbindet man nicht zum Vornherein Gewalt, Verletzung von Menschenrechten usw. Wenn alles Kunst ist, kann man eben alles hinter diesem Begriff verstecken, einerlei, was es ist. Niemand schreit dann auf und sagt, „was Sache ist“. Einerlei gilt diese Sache oft mehr dem Beurteiler als zum Verurteilten. Auch dieses Urteil hält sich hartnäckig. Also wohin des Wegs? Was lässt sich mehr darüber sagen? Jedes Urteil wird somit im Keime erstickt. Schachmatt sozusagen. Alles ist Kunst. Punkt. Was soll das ganze Geschwafel.

Die Lösung liegt im Begriff selbst. Denn nicht alles ist ein Auto, nicht alles ist ein Kühlschrank, nicht alles ist Gott, nicht alles ist Liebe. Begriffe sind Namen, Symbole, Bezeichnungen für „etwas“, was dahintersteckt. Was als Gott „verkauft“ (oder gepredigt) wird, muss nicht zwingend Gott sein, was als Kühlschrank verkauft wird, muss kein Kühlschrank sein. Immerhin könnte es doch auch eine Attrappe sein? Außen fix und innen nix. Und was als Kunst verkauft wird, muss auch nicht Kunst sein! Denn die Aussage „alles ist Kunst“ ist im Grunde eine unsachgemäße Spielerei mit Begriffen. Denn dann wäre auch der Kühlschrank, Gott, der Mensch, das Wasser usw. Kunst. Die Welt wäre Kunst. Es gäbe Nichts, was NICHT Kunst wäre. In dieser Weise führt jeder Begriff ad absurdum. Er hebt sich selber auf. Gerade so gut könnte man sagen: Nichts ist Kunst! Also können wir wieder von vorn anfangen…

Es gibt eben nicht einfach Kunst oder Nicht-Kunst. Sondern es gibt lediglich unterschiedliche kreative Bemühungen. Wie oben erwähnt, enden sie oft mit übergeordneten Idealen, sprich -ismen. Und manche mögen die Bemühungen, andere eben nicht. Objektive Ansprüche müssen ins Tote laufen. Genau deswegen ist die Beurteilung auch so schwierig. Man kann höchstens dieses oder jenes annehmen oder ablehnen, weil man einen (subjektiven), persönlichen Bezug dazu hat oder gerade nicht. Das gilt auch für Kunstkritiker.

Die Gedanken enden immer wieder am selben Punkt, bei derselben Einsicht, nämlich dass die Geschichte dieser „Gedanken über die Kunst“ einmal mehr urteilsfrei ausgehen muss. Und wer sich ein Urteil zutraut, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass es sich um seinen persönlichen Geschmack handelt. Damit ist mein Aufsatz am Ende angelangt. Wie so oft einmal mehr mit der Bemühung um Urteilslosigkeit.

Ich schreite durch die Räume, urteilsfrei selbstverständlich: Fleischhaken an der Decke mit Kadavern, die herunterhängen… Drei Tonnen Kies auf dem nackten Boden der Kunsthalle… Leere, rötlich gefärbte Kartonschachteln ohne irgendwelche erkenntliche Ordnung in der Ecke aufgetürmt…

Ach so, die Schachteln sind kein Kunstobjekt? Was denn? Verstehe! Da waren diese Kleider drin, aus Fäden genäht, die – in Blut getüncht – zu einer Unterhose gewoben wurden… und die jetzt an einer Leine in der Vorhalle hängen…

Auch dieser Aufsatz wie immer ohne Gewähr… ob Frauen Bärte tragen oder Männer Strapse ist doch völlig Wurscht. Kunst ist und bleibt ein umstrittenes Thema…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Illusion der Sicherheit

Sonne

„Das eigene Selbst ist gut versteckt; von allen Goldminen ist die eigene die letzte, die man ausgräbt“ (Friedrich Nietzsche)

Erinnern Sie sich noch an Kobe? Oder an Haiti? Vielen Menschen entschwindet sogar das Erdbeben von Neuseeland, dem jüngsten vor Japan, wieder langsam aus dem Gedächtnis. Für direkt Betroffene ist das natürlich anders. Unmittelbare Betroffenheit wird sich wohl erst nach vielen Jahren, im ganzen Leben oder sogar über Generationen hinweg, wenn überhaupt, langsam legen! Das, was die Welt daran wahrnimmt, hat aber eine sehr geringe „Halbwertszeit“.

Medien können heute mit rasanter Geschwindigkeit Informationen verbreiten. Aber ebenso schnell verflachen die Erinnerungen, sobald sich diese wieder anderen Themen zuwenden. Es herrschte z.B. bei der Katastrophe von Japan, in der ganzen Welt spürbare Betroffenheit. Dies umso mehr, als man etwas zu verlieren scheint, was man, zumindest seit den 50er Jahren, gewohnt war und was seither zu einem der wichtigsten Lebensmaximen in der Gesellschaft geworden ist: Die Sicherheit!

Die Tendenz, alles versichern zu wollen, steigt. Wir wollen Sicherheit bezüglich unserer Finanzen, Sicherheit bezüglich unserer Beziehungen, Sicherheit in Wohnsituation, am Arbeitsplatz. Doch die feste, unkündbare Beamtenstelle ist schon seit einigen Jahren nicht mehr vorhanden. Die Lage ist instabil geworden, das haben jetzt wohl auch die letzten Zweifler begriffen. Es gibt keine Sicherheit mehr! Selbst unsere leibliche Sicherheit droht in Gefahr zu geraten. Atomkraftwerke, welche bersten und alles verseuchen, Ölkatastrophen, die unsere Gewässer verschmutzen. Das ganze Natursystem scheint aus dem Gleichgewicht zu geraten. Menschen sterben zu zehn-, zu hundert-tausenden – oder gar zu Millionen in dieser Welt. Ihr Schicksal wird in Kriegen oder solchen erwähnten Katastrophen besiegelt.

Und wir? Sind wir noch in Sicherheit? Was ist denn Sicherheit? Auf welche Faktoren stützten wir uns ein Leben lang? Woher nehmen wir die Kraft, wenn diese Stützen fallen? Gerade jetzt wird diese Frage brennender denn je! Wir waren es nie gewohnt, nach innen zu schauen und unsere eigenen Ressourcen aufzudecken. Zu sehr waren wir um den materiellen Wohlstand besorgt. Wenn ich jetzt nach außen schaue, wie sich alles bewegt, verwandelt und erschüttert wird, dann sehe ich kaum mehr Hoffnung oder Licht. Für viele Menschen auf dieser Welt wird es nie mehr so sein, wie vorher. Der Zusammenhang in der Gesellschaft ist so komplex und vernetzt, dass wir auch nicht mehr so locker ans andere Ende der Welt blicken können, via Spendengelder ein paar Franken abgeben, das Gewissen damit beruhigen und die Sache damit abhaken können.

Für mich stellt sich die ganz grosse Frage: Wieviele Erschütterungen muss es noch geben, bis wir endlich aufwachen! Es war in den letzten 50 Jahren nicht notwendig, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Mal abgesehen von der Ölkrise in den Siebzigern, haben wir in den letzten Jahrzehnten kaum Anlass gehabt uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens zu stellen. Der Sinn bestand darin, dass man sein Einfamilienhaus bis zur Pensionierung abbezahlt hatte. Oder dass man sich alle Dinge leisten konnte, um ein angenehmes Leben zu leben: Genung zu Essen hatte, gesunde Kinder, den Hund, vielleicht die Ferien in der Karibik und einige Extras obenddrauf. Heute scheinen sich diese Werte langsam zu verwandeln, die Krise weicht alles auf und setzt es in Relation zum Gewesenen.

Sind wir denn nur diese „Selbstheit“, die sich als „Merkmalsidentität“ (Begriffe von Winfried Wagner) an den äußeren Dingen orientiert? Oder sind wir vielleicht doch etwas mehr? Macht es einen Sinn, das Leben nur an die äußeren Werte zu binden, wenn man sich als zweibeiniges mit Fleisch behangenes Skelett ein Leben lang daran orientiert, wie man nach außen wirkt, um 70 oder 80, vielleicht auch 90 Jahre später wieder dem Erdboden gleich gemacht zu werden?

Erschütterungen sind gut dazu, um uns aufzuwecken! Wir sind nicht nur diese „Merkmalsträger“, sondern haben, wenn wir nach innen schauen noch eine andere Erfahrung: Unser Selbstsein! Die Katastrophen bringen uns näher an diese Fragen und es ist wichtiger denn je, diesem inneren Wesen nachzuspüren! Man muss alle Kraft verwenden, um in den bedrohten Gebieten Leben zu retten und uneingeschränkt alle äußeren Hilfsmittel nutzen, um andern Menschen zu helfen! Es nützt nichts, wenn wir nur hinter den Räucherstäbchen sitzen und stundenlang meditieren, ohne den grössten Wert auf die Hilfe nach außen zu pflegen! Wenn wir uns besinnen, wie viel Potenzial in uns steckt, welche Ressourcen brach liegen, nur weil wir ein Leben lang den Schein statt das Sein pflegten, dann merken wir, was wir verpasst haben.

Diese Kräfte sind da und es ist unsere Aufgabe, sie zu ent-decken. Dazu muss man nicht den ganzen Tag meditieren. Meditation ist nicht eine Frage der Zeit, sondern eine Frage der Qualität! Ich nenne sie Geistes-Gegenwart. Der erste Schritt ist die Einsicht, dass wir nicht durch unsere Außenwelt bedingt sind, sondern durch uns selbst.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Sigmund Freud und die „geistige Wende“

libidoWenn wir in die Zeit um die Jahrhundertwende des vergangenen Jahrhunderts zurückschauen, können wir nach drei Seiten hin mächtige kulturelle und gesellschaftliche Impulse erleben.

Der erste große Impuls wirkte sich in der Kunstszene aus. Der Impressionismus und später der Expressionismus sind wichtige Zeugen davon. Eine zweite große Welle entstand als ein anderer mächtiger gesellschaftlicher Impuls in der Psychoanalyse. Namen wie Sigmund Freud und später C.G. JungAlfred Adler, und andere; sie trugen ebenfalls zu einer weitreichenden und wichtigen Entwicklung bei. Der dritte große Impuls schließlich war spiritueller Art und verwirklichte sich u.a. in der theosophischen Bewegung und etwas später durch die aus dieser heraus entstehenden anthroposophischen Bewegung.

Alle drei Impulse standen einander – nicht inhaltlich, aber zeitlich – sehr nahe. Die Aufbruchstimmung jener Zeit war auch gleichzeitig eine Bewusstseins-Revolution. Das florierende Industriezeitalter war über seinen Zenit gelangt und die Menschen standen vor ähnlich grundlegenden Fragen wie heute. Sigmund Freud und die Psychoanalyse waren eine Revolution in instabilen wirtschaftlichen Verhältnissen. Der erste Weltkrieg und die darauf folgende globale große Krise der Dreißiger veränderten die Strukturen der Gesellschaft von Grund auf.

C.G. Jung, damals ein wichtiger Schüler und Freund Sigmund Freuds, schrieb in seinem Buch: „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ über Freud folgendes: „Vor allem schien mir Freuds Einstellung zum Geist in hohem Maße fragwürdig. Wo immer bei einem Menschen oder in einem Kunstwerk der Ausdruck einer Geistigkeit zutage trat, verdächtigte er sie und ließ «verdrängte Sexualität» durchblicken. Was sich nicht unmittelbar als Sexualität deuten ließ, bezeichnete er als «Psychosexualität». Und an anderer Stelle heißt es: „Ich erinnere mich noch lebhaft, wie Freud zu mir sagte: «Mein lieber Jung, versprechen Sie mir, nie die Sexualtheorie aufzugeben. Das ist das Allerwesentlichste. Sehen Sie, wir müssen daraus ein Dogma machen, ein unerschütterliches Bollwerk.» Das sagte er zu mir voll Leidenschaft und in einem Ton, als sagte ein Vater: «Und versprich mir eines, mein lieber Sohn: geh jeden Sonntag in die Kirche!» Etwas erstaunt fragte ich ihn: «Ein Bollwerk – wogegen?» Worauf er antwortete: «Gegen die schwarze Schlammflut -» hier zögert er einen Moment, um beizufügen: «des Okkultismus.» Zunächst war es das «Bollwerk» und das «Dogma», was mich erschreckte; denn ein Dogma, d. h. ein indiskutables Bekenntnis, stellt man ja nur dort auf, wo man Zweifel ein für alle Mal unterdrücken will. Das hat aber mit wissenschaftlichem Urteil nichts mehr zu tun, sondern nur noch mit persönlichem Machttrieb“.
Für C.G. Jung war diese Begegnung ein „…ein Stoß, der ins Lebensmark unserer Freundschaft traf“. So eng die Freundschaft dieser beiden Größen auch war, so verschieden war ihre Auffassung der Libido-Theorie, wie sie von Freud als „Bollwerk“ gegen die „Schlammflut des Okkultismus“ proklamiert wurde. Was hat nun aber diese Auffassung Freuds für Auswirkungen bis in die Gegenwart hinein?

Freud reduziert den Menschen auf die eine, allmächtige Urkraft der Libido. Für ihn gab es keine spirituelle Entwicklung, wie sie z.B. von C.G. Jung angestrebt wurde. Es gab für ihn auch nie so etwas, wie keine höhere, „göttliche Kraft“ im Menschen. Alles, was in ihm zum Ausdruck gebracht wurde, war die pure Energie der Sexualität. Die gesamte psychische Struktur eines Menschen findet, nach Freud, dort ihren Ursprung.

Das atheistische, auf rein physikalische Vorgänge reduzierte Menschenbild ist die Grundkraft für viele andere, auch neuere Anschauungen geworden. Sie zeigen sich auch heute wieder in der bildenden und in der darstellenden Kunst. Man wird den Eindruck nicht los, dass selbst die großen Klassiker des Theaters von Goethe, Shakespeare oder Schiller usw. im Wesentlichen auf eine psychosexuelle Ebene reduziert werden.

Freud hat aber mit seiner Libido-Theorie auch noch andere gesellschaftliche Auswirkungen zu verantworten. Wie soll unter diesen Vorzeichen die Sinnfrage für ein neues Bewusstsein oder auf die Selbst-Reflexion hin beantwortet werden und damit Anreiz für eine persönliche innere Entwicklung jedes Einzelnen angestrebt werden, wenn solche innere Entwicklung bloß auf die sexuelle Energie reduziert wird? Doch die Zeichen häufen sich, dass die Werte wieder tiefer greifen und der spirituelle Hintergrund des Daseins einen neuen, gesünderen und sozialeren Aufschwung erfährt. Nicht zuletzt die Quantenphysik und die moderne, neurologische Forschung stellen vieles unter ein neues Licht. Die Wurzeln unserer Herkunft, welche für Freud noch an die engen Ketten der Sexualität und des Ödipus gebunden waren und sich nur auf die Kindheit ausgerichtet haben, werden von neuem Bewusstsein freigelegt und neu definiert.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Eigene Geschichte als Spiegel der Weltgeschichte

kunstgruppeDie Geschichte der Menschheit ist ein Spiegel unserer eigenen Geschichte. Sie wiederholt sich seit Jahrtausenden in immer gleicher Art und Weise von neuem, Millionenfach, in jedem Menschen. Erst wenn wir beginnen, sie zu ahnen, erwachen wir aus dem Tiefschlaf immerwährender Kriege und Schlachten, ewigem Zwiespalt und Feindschaften.

Du kommst auf diese Welt und erfährst im Laufe der Jahre, die Du durchschreitest bis zu Deinem jetzigen Moment, tausende und abertausende von Situationen. Zeitpunkt und Ort Deiner Geburt prägen zudem Deine Eindrücke und Wahrnehmungen. Umstände legen sich an Deine Seite, Bedingungen, die Du zunächst weder beeinflussen, noch verändern kannst. Das ganze daraus entstehende Gebilde nennen wir unsere Persönlichkeit. Du bildest aus all diesen Facetten und Bildern Deine eigenen Vorstellungen und Gedanken. Das ganze daraus entstehende emotionale Gefüge lässt in Dir den „Motor“ von Sympathie und Antipathie aufleben. Du beginnst, die Dinge der Welt unterschiedlich zu gewichten und zu beurteilen. Du liebst dieses und hasst jenes.

Sowohl Freude und Begeisterung wie Ablehnung und Widerwillen, prägen fortan Deinen Charakter. Du beziehst daraus Deine Belohnungen, an denen Du Dich klammerst, genauso wie Deine Niederlagen, an denen Du wächst und reifst. So werden in Dein Seelenleben Werte implantiert. Sie befestigen sich zunehmend. Lob und Tadel haben dabei zweierlei Wirkung. Sie beflügeln Dich im einen Fall, geben Dir Bestätigung für Dein Tun und Handeln und öffnen Dir die Türen zu Gleichgesinnten. Tadel kann je nach dem in beide Richtungen wirken. Entweder es wird im Sinne eines Angriffs verteidigt und dadurch zusätzlich gefestigt oder es treten Zweifel auf, die zum Wandel führen. Letzteres vor allem dann, wenn man im eigenen Standpunkt noch schwankt.

Aus der Dynamik dieser Schwankungen, diesem Hin- und Her der Gefühle und Emotionen, welche vor allem im jugendlichen Alter, aber auch später noch, stattfinden, gewinnen wir Festigkeit und Stabilität in der eigenen Meinung. Ein Gefühl von innerer Sicherheit entsteht nach und nach. Wir suchen Gemeinschaften auf, politische, künstlerische, soziale oder religiöse usw., die uns nahe stehen, die eine Verwandtschaft mit dem selbst Erfahrenen und selbst Erlebten haben. Eine zunehmende Vertiefung des Erlernten tritt ein. Unsere Standpunkte werden geschliffen wie Kristalle. Individualitäten mit „geschliffenen Kristallen“ stehen sich gegenüber. Je differenzierter der persönliche Schliff ist, umso schwieriger wird die Zustimmung dem Fremden, dem Andersartigen gegenüber.

Standpunkte werden gegen andere Standpunkte verteidigt. Wahrnehmungen werden eingeschränkt, ausgerichtet nach dem vorgegebenen Muster dessen, was man sich über Jahrzehnte „eingeschliffen“ hat. Nur so können überhaupt Kriege entstehen. Das ganze Deutschtum als Beispiel, ist eine Blutschlacht zwischen solchen „Kristallen“ der Persönlichkeit, ob sie nun Wallenstein, Friedrich der Große oder Maria Theresia hießen. Kämpfe zwischen den Protestanten und den Katholiken bildeten über Jahrhunderte hinweg Spuren von Blut und Macht und formten am Volk. Immer waren es Standpunkte „nach bestem Glauben und Gewissen“, und dies auf beiden Seiten.

Solche Standpunkte haben einen schwerwiegenden Mangel. Sie verhindern Kommunikation. Als Wallenstein im dreißigjährigen Krieg, nach über 10 Jahren erst, selbst verletzt durch die Schlachtfelder seiner Kriegsmaschinerie tummelte und die blutverschmierten, entstellten oder verstümmelten Leichen sah, entdeckte er, wie unsinnig dieses Blutvergießen war! Er zog die Konsequenzen daraus und wollte mit den Protestanten verhandeln. Dem Kaiser gefiel das gar nicht und er ließ ihn richten. Andere schnallen sich eine Bombe an den Bauch und jagen sich und andere unschuldige Opfer, für die eigenen Standpunkte in die Luft!

Aber auch Weltanschauungen sind voll von diesen Standpunkten. Die Bombe kann auch ein schneidendes Schwert der (persönlichen) Gerechtigkeit sein, mit dem man(n) das Böse bekämpft. Und immer wieder die Frage: Was ist das Böse? Die eine Antwort lautet: Jede Art von Gewalt am anderen Menschen und an Lebewesen sind böse. Die andere Antwort geht tiefer. Sie beschäftigt sich nicht nur mit einer Tat und verurteilt diese, sondern mit dem Motiv! Und dabei ist Gewalt viel weiter zu fassen, als nur auf Mord und Totschlag. Gewiss, dort zeigt sie sich am unmittelbarsten und am fatalsten. Was aber, wenn Gedanken selbst Gewalt bringen können? Wenn Gedanken zu Waffen werden?

Mit dieser Art von Gewalt beschäftigt man sich viel zu wenig. Es gibt Kulturen, die den Totschlag gegen das „Böse“ mit einer göttlichen Mission rechtfertigen. Der Beurteiler wird also sehr schnell zum Verurteiler, je nach dem, welchen Standpunkt er oder sie vertritt. In diesem Dilemma befinden wir uns auch heute wieder ständig, wenn wir über Recht und Unrecht urteilen sollen. Standpunkte haben oft Ansprüche auf die alleinige Wahrheit. Es sind die Schwerter, die unsere Persönlichkeit geschmiedet hat. Es gibt aber auch ganze „Volksschwerter“, religiös motivierte Schwerter, politisch motivierte Schwerter, Macht motivierte Schwerter, kunstmotivierte Schwerter. In jedem Bereich des Lebens bilden wir unsere persönlichen Standpunkte, manchmal härter, manchmal schwächer, je nachdem, wie fest wir uns damit verbunden haben. Die Verbundenheit zu diesem oder jenem, bildet auch aus dem Umfeld heraus, in das hinein wir geboren wurden. Wir nehmen alles aus der Perspektive der eigenen Brille wahr. Das ganze Gebilde daraus ist unser persönliches Lebensmodell. Es ist ein Flickenteppich aus ganz verschiedenen Färbungen und Facetten, zusammengebaut, konstruiert aus einer Fülle von Erlebnissen und Erfahrungen.

Wenn man sich der Stärke dieser Kraft des physischen UND geistigen „Erbstromes“ einmal wirklich bewusst geworden ist, wird man nachdenklich. Denn so vieles verkappen und verdecken wir nur zu gerne mit einem „Schein des Guten“. Wir wollen darüberstehen und eignen uns moralische Vorstellungen an, mit denen wir die Welt nach unseren Maßstäben richten und beurteilen. Dies ohne zu bemerken, dass wir keinen Deut aus der Vernetzung der eigenen Persönlichkeit herausgetreten sind. Dies allein ist unser Beitrag, den jeder für sich zu tätigen hätte. Das Hängenbleiben auf der Ebene der Vorstellungen generell, ob sie nun edel oder weniger edel sind, verhindert den Blick zum eigenen Kern. Die Kraft, aus der das eigentliche Leben fließt, wird dadurch abgedeckt, der „geistige Quantensprung“ erfolgreich verhindert.

Jens Heisterkamp fragt in seinem Vorwort zur letzten Ausgabe von info3 zurecht: “ …wie schwer es für die jeweilige Zeitgenossenschaft ist, Unrecht beim Namen zu nennen und in der Unübersichtlichkeit widerstreitender Urteile die Übersicht zu behalten…“

Man kann sich fragen, wer diese Urteile fällen soll? Der moralisch integre Mensch? Der Gutmensch? Alle, die noch „den gesunden Menschenverstand“ besitzen? Sehen wir in unserer Zeit die wirklichen Gefahren? Wer sieht sie? Oder sind sie etwa genauso versteckt, wie jene vor den beiden Weltkriegen oder zu anderen Zeiten? Keiner will doch, so gegensätzlich die Meinungen auch sind, darauf verzichten, an diesen „gesunden Menschenverstand“ zu appellieren. Alle Kriegsparteien bezichtigen die anderen des Unvermögens und umgekehrt. Am Schluss kommen wir immer wieder an die „letzte Instanz“, an die objektive, allgemein gültige Wahrheit, die jeder zu haben glaubt.

Gerne verweisen wir dabei an einen unbestimmten „Gott“, an ein etwas, weitab von der menschlichen Seele; ein irgendwo in der Ferne, hinter den Wolken sitzendes Wesen oder was auch immer damit für Vorstellungen verknüpft sind; ein Wesen, was sich genau genommen keiner so richtig vorstellen kann und worauf sich doch so viele Völker berufen: „Im Namen Gottes, des Allmächtigen“ schreien sie und stürzen sich auf all jene, die Unrecht haben. Und die andere Kriegspartei tut dasselbe. Und dazwischen alle möglichen Tönungen und Schattierungen von anderen vermeintlichen Göttern, die alle Recht haben wollen. „Aber man sieht doch, wie die Lage aussieht!“ Schreien die einen dies, so schreien die anderen dasselbe. Sie beurteilen die Lage anders, weil sie eben niemals nur von einem Standpunkt aus zu beurteilen ist und weil, das kommt heute dazu, oft schlicht falsch informiert wird, nämlich so, wie es für die jeweilige Partei von Nutzen ist… Informationen aber sind das A und O der globalisierten Welt und für die „Wahrheitsfindung“, sie bilden die Vorstellungen zum Guten oder Schlechten. Lob dem Journalismus! Anders ist nichts zu beurteilen. Immer ist man auf deren Vertraulichkeit angewiesen.

Wer schreibt Geschichte? Und mit welchen Interessen…? Wie auch immer man die Sache dreht und wendet: Man landet letztlich immer wieder… bei sich selbst: „Wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein…“. Das gespaltene Wesen, was wir sind und wovon schon Immanuel Kant sich scheute, indem er jene Macht in ein unbestimmtes Jenseits verschob, muss erkannt und gesichtet werden. Erst wenn wir dieses Andere IN UNS erkennen UND ERLEBEN, wird es zu einem unerschütterlichen Fels, auf dem wir nun – es wird langsam Zeit! – die eigene innere „Kirche“ erbauen können. Dasselbe, was den Anderen bisher immer nur im Außen erkannte (und verurteilte), der große, unerkannte Feind, erkennt sich selbst! Und er stirbt den ersten Tod… den des Egos.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Lebendige Prozesse

mato | werke
mato | werke

22 Jahre Erfahrung als Kunst-Therapeut veränderten im Laufe der Zeit meine eigenen Ansprüche und Intentionen im therapeutischen Prozess grundlegend.
Es gibt und gab viele unterschiedliche Phasen. Einige taugten weniger, einige mehr. Vieles führte aus meiner heutigen Sichtweise am eigentlichen Ziel vorbei. Es waren oft zu harte und zu enge Korsetts, die ich mir mit festgefahrenen Konzepten selber schnürte.
Solche Konzepte konnten vielfältig und interessant sein. Sie wurden aus ganz verschiedenen weltanschaulichen Richtungen geholt. Wissensstoff unterschiedlicher Art spielte dabei die vorherrschende Rolle. Viele Bücher waren meine Meister.

So wird sich wohl jeder Therapeut, jede Therapeutin am Anfang der beruflichen Praxis über die Runden helfen müssen. Eigentlich eine Binsenwahrheit, die für alle Berufe gleichermaßen gilt. Meistens jedoch stimmen die Konzepte nie ganz mit der Realität überein. Und die Realität in der therapeutischen Situation ist der gegenwärtige Zustand zweier Menschen, die sich im Jetzt, in einem bestimmten Abschnitt ihres Lebens, mit bestimmten Erfahrungen, Einsichten, Vorbehalten, Ideen und Gefühlen gegenüberstehen. Und jedes Mal wird diese Situation durch Veränderungen erneuert. Jede Begegnung wird wieder anders. Die vorgegebenen Konzepte, selbst wenn sie höchsten sozialen und menschenkundlichen Ansprüchen gerecht werden, hindern den klaren Blick auf das Jetzt, auf die Situation, so wie sie ist.

Gewiss, bestimmte Lehrinhalte haben einen durchaus allgemein gültigen Charakter. Sie betreffen die Haltung des Therapeuten selbst, der soziale und empathische Umgang und Zugang zu den Menschen. Sie können vielleicht u.a. in Rollenspielen oder Retreats gelernt werden. Aber sie werden untauglich mit jeder neuen Begegnung, wenn sie nicht modifiziert und verinnerlicht werden. Wer sich beim Autofahren jedes Mal überlegen müsste, welcher Hebel wann und wo zu bedienen ist, der würde nicht sehr weit fahren, ohne Totalschaden zu erleiden.

Zu dieser Verinnerlichung benötigen wir aber andere Kompetenzen und diese erwachsen nicht aus dem angelernten Wissen, sondern durch bewusstes Erleben und selbst reflektierten Erfahrungen. Auf dieser Basis schälten sich die im Folgenden aufgeführten Aspekte meiner therapeutischen Arbeit im Laufe der Jahre heraus. Sie sind zu grundlegenden Säulen für mich geworden. Es soll jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sie keine fixen Regeln darstellen, sondern lediglich für meine eigene Arbeit (als Kunsttherapeut), eine Bedeutung haben. Wenn sie dennoch hier aufgeführt werden, so deshalb, weil ich glaube, dass sich meine Erfahrungen mit anderen vielerorts decken könnte, oder dass sie hilfreich sein können für die innere Grundausrichtung jeder therapeutischen Arbeit oder des Therapeuten an sich selbst!

Die vier Säulen des therapeutischen Prozesses (mit den Mitteln der Kunst):

  1. Medium
  2. Kreativität
  3. Raum
  4. Technik

Zum Medium: Das Medium spielt in der Wirkungsweise eine sehr wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle. Ob mit Farben, Klängen oder mit bildhauerischen Mitteln (z.B. mit Ton), gearbeitet wird, ist nicht gleichgültig für den Zugang zu den kreativen Impulsen, die dem Klienten entsprechen. Der Aspekt der Auswahl steht vor einer Entscheidung über die Art des künstlerischen Mittels. Die Wahl des Mediums steht also zuoberst auf der Liste, weil es eine wichtige Bedingung ist, um eigene kreative Intentionen effizient und unmittelbar umzusetzen.
Ob man eher einen musikalischen Sinn hat, oder mit Farben oder Formen besser umgehen kann ist hilfreich zu wissen für den therapeutischen Prozess. Das muss nicht zwingend heißen, dass man für das künstlerische Mittel schon zum Vornherein gewisse Begabungen mit sich bringt. Vielmehr stelle ich fest, dass oft ein innerer Wunsch die Klienten leitet, diese oder jene Methode vorzuziehen. Auch andere Kriterien könnten Vorrang haben. Die Zusammenarbeit mit Ärzten z.B. erfordert die Erfüllung gewisser Kriterien, so zum Beispiel, wenn Wert darauf gelegt wird, dass sich ein bestimmtes Kind mit der Erdelement auseinandersetzen sollte.
Dies sind nur einige Aspekt, die zur Entscheidung des Mediums führen könnten. Sie liegen meistens außerhalb der eigenen therapeutischen Kompetenz und werden im Vorfeld entschieden. Manche Therapeuten arbeiten gleichzeitig mit unterschiedlichen Methoden, andere spezialisieren sich auf eine einzige Methode. Einige arbeiten in Einzeltherapie, andere in Gruppen. Der Prozess an sich, der im weiteren Verlauf besprochen wird, verändert sich indessen nicht wesentlich. Lebendige Prozesse sind gewissermaßen zeitlos. Sie bedienen sich nur unterschiedlicher Zugangs-Tore und Techniken.

Zur Kreativität: Hat der Klient das geeignete Mittel gefunden, gilt es in weiteren Schritten, durch das Medium zu einem adäquaten Ausdruck zu finden. Es stehen aber damit nicht die Ideen, Konzepte und Vorstellungen im Vordergrund, die der Klientel (oder der Therapeut!) mit sich bringt, sondern tiefer liegende, zunächst verborgene Fähigkeiten und Ausdrucks-Werkzeuge.
Alles was auf der Ebene der Ideen und Konzepte liegt, erreicht nur die Oberfläche der Seele (manche mögen den Begriff nicht…). Wenn er zu esoterisch klingt, verwende man „Psyche“, gemeint ist sowieso das Gleiche :-)…
Unbewusste Prozesse bringen es nicht bis zu den Gedanken, deshalb sind sie ja „unbewusst“. Um an diese Schichten heranzukommen, muss die Fähigkeit einer achtsamen Präsenz geübt werden. Jede Gestaltung aus diesem Hintergrund heraus, fördert den Zugang zu neuen, lebendigen Kräften, die ansonsten verdeckt bleiben. Jeder Gedanke und jede Vorstellung verdeckt den gegenwärtigen Moment. Nur hier, im Jetzt, findet Erleben statt, nirgends sonst!
Das Tor zu diesem Jetzt ist aber so eng, wie einfach. Es ist sozusagen das Nadelöhr, der Punkt, (Neudeutsch „Flow“), den es zu erreichen gilt. Eng deshalb, weil unser Gedankenstrom lieber in der Vergangenheit oder in der Zukunft weilt, statt gegenwärtig zu bleiben. Der Schritt zu dieser Art Präsenz,  stellen also den ersten und wesentlichsten therapeutischen Anspruch dar. Natürlich kann man auch mit dem konditionierten Ich arbeiten. Das Erkennen von Einseitigkeiten in einer Persönlichkeit steht hier im Zentrum der therapeutischen Intervention. Wie in den verhaltensorientierten Therapien üblich, wird versucht, den Umgang mit diesen Einseitigkeiten zu erkennen und dann zu korrigieren oder konditionieren. Dies geschieht mit klar vorgegebenen Standards. Polare Verhaltensmuster können dann z.B. diese Korrektur bewirken.
Diese Methoden zielen nicht darauf ab, grundsätzliche Umwandlungen im Sinne eigener Bewusstseinsarbeit herbeizurufen. Sie zielen auf das Verhalten und nicht auf den sich so Verhaltenden.
Die kreativen Prozesse wirken tiefer. Sie bleiben nicht an der Oberfläche der Persönlichkeit stehen. Sie korrigieren das Verhalten nicht indirekt, auf der Ebene der Konditionierung (was ja der Tierdressur nahe steht). Sie gehen an die Quelle, an den Kern jeder Persönlichkeit. Diese bildet sozusagen den Vorhang oder die Fassade, welche sich aus den Einflüssen der Umgebung im Laufe eines Lebens im Hintergrund, vor allem in der Kindheit, aufbaut.

Zu Raum: Der oben beschriebene Anspruch kann aber nur gewährleistet werden, wenn es gelingt, einen inneren Raum (der letztlich korreliert mit dem äußeren Raum), zu schaffen. Wesentlich für diesen Schritt ist der Aufbau einer gesunden Vertrauensbasis zwischen Klientel und Therapeut. Was hier Raum genannt wird, ist die Summe aller begleitenden Einflüsse. Dies geht von der allgemeinen Stimmung, als Produkt der Gefühle und Emotionen der Beteiligten, über das „Klima“ oder der Wirkungsweise des physischen Umfeldes, bis hin zu spezifischen unterstützenden Maßnahmen während des ganzen Prozesses. Der Therapeut „steuert“ so weit wie möglich die Aspekte dieses „Raumes“. Dies tut er einerseits durch seine eigene Präsenz und Geistesgegenwart, wie auch durch Bereitstellung der notwendigen Einrichtung, Techniken, Werkzeuge und Abläufe, sowie dem unmittelbaren Mitgehen des Prozesses.

Zu Technik: Die Technik wiederum steht zwar hier an letzter Stelle, ist aber sehr wichtig, eigentlich unerlässlich, damit der Klient, die Klientin seine/ihre eigenen schöpferischen Prozesse umsetzen können. Sehr oft stellen dabei die äußeren Umstände im Stoff Widerstände dar, die durch vorgegebene Bewegungsmuster des Klienten blockiert sind. Sie zu überwinden braucht die notwendige Aufmerksamkeit des Therapeuten, sowie Flexibilität und Originalität im Auffinden von begleitenden Maßnahmen. Die Hürden des physischen Stoffes sollten dabei soweit wie möglich überwunden werden. Damit wird die Brücke zur unmittelbaren Umsetzung geschaffen.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

…und hier wird die „Theorie“ gelebt! http:www.wirkstattbasel.ch Besuchen Sie uns!

PS: Im pädagogischern Bereich erzählt Dr. Prof. Gerhard Hüther ziemlich genau, was der Spirit dieser Gedanken ist. Ich empfehle sehr, sich dieses Gespräch zu Gemüte zu führen:

Sucht und Gesellschaft

suchtIn der UPK (Universitäre psychiatrische Klinik) in Basel findet derzeit eine Ausstellung zum Thema: „Rausch, Ekstase, Sucht“ statt. Schon schnell wird dem Betrachter der Dokumente, Bilder, Texte und Tabellen bewusst, dass es sich um ein riesiges gesellschaftliches Thema handelt. Auch wenn es hier um die Geschichte der Suchtpolitik des Kantons Basel Stadt geht, so wird dem Besucher doch schnell klar, dass ein Spiegel für die ganze gesellschaftliche Situation der Gegenwart gezeigt wird.

Was spiegelt sich denn da?
Sucht ist mit Sicherheit weiter zu fassen, als es noch vor einigen Jahrzehnten Fall war. Damals beschränkte sich der Begriff vor allem auf Tabak und Alkohol. In den Sechzigern kamen u.a. die Drogen Opium, Marihuana, Kokain und Heroin dazu, später alle möglichen „designten“ Pülverchen, Mittelchen und Wässerchen.
In den 90er Jahren, als ich noch selbst in der damaligen PUK arbeitete, begann die große Diskussion um den medialen Konsum (Fernsehen, Internet, Games etc.). Damals, in den Anfängen des Internets, war es durchaus nicht Usus, dass man diesen neuen Medien ein Sucht-potential zusprach! Heute ist das kein Thema mehr. Die Gefahren von Verhaltenssucht wurden erkannt und heiß diskutiert.

Es gab vielfältige Hilfestellungen, die dem Phänomen entgegenwirken sollten.
Es wurden zunehmend alle möglichen (und unmöglichen) Experimente unternommen, die das Suchtverhalten Erwachsener und Jugendlicher aufzeigten. So auch aktuell in einer Studie mit einer Klasse in Basel. Es ging darum, 24 Stunden aufs Internet zu verzichten!
Ich wiederhole: 24 Stunden!
Keiner der Klassenmitglieder bestand den Test!
Denn es gab immer wieder einen Grund, die Abmachung zu brechen. Hier einige Stimmen aus dem von den Schülern protokollierten Verlauf:

  • Ich konnte nicht widerstehen meine Mails auf Facebook zu checken…
  • Ich hatte keine andere Wahl, da ich ein Bewerbungsschreiben per Mail versenden musste…
  • Wie ich mich fühle? Langweilig. Langweilig. Langweilig…
  • In der Schule habe ich mein Handy nicht benutzt. Am Nachmittag musste ich Musik hören. Musik ist sehr wichtig für mich…

Bei aller „Logik“ dieser Antworten: das Problem ist langsam im gesellschaftlichen Bewusstsein angekommen. Es ist sicher müssig, sich darüber auszulassen, welche Art von Sucht nun die Schädlichste im lusteren Reigen ist. In jedem Fall geht es immer um den Verlust von Eigenständigkeit. Jede Sucht ist gewissermaßen eine selbst auferlegte Freiheitsstrafe.
Die Abhängigkeit ist in jedem Fall das zentrale Thema. Ob es ein Stoff ist oder ein psychischer oder sozialer Faktor: die Folge bleibt immer gleich: Bindung und Abhängigkeit.

Die Präventionsmaßnahmen oder die „Suchtbekämpfung“ sehen jedenfalls sehr unterschiedlich aus. In vielen Fällen werden weniger die eigentlichen Wurzeln angegangen, als vielmehr ein „gemäßigter Umgang“ mit den Mitteln angestrebt. Aber eben, was heißt gemäßigt? Kann ein Süchtiger überhaupt mäßigen? Oder ist es eben nicht gerade das Überschreiten des gesunden Maßes, was die Sucht erst ausmacht? So oder so, das Übel liegt wohl tiefer.

Natürlich gibt es nahe liegende Zusammenhänge zwischen Sucht und Psyche, zwischen Sucht und Depressionen, zwischen Sucht und Angst, Sucht und Psychose  usw. Man kann aber davon ausgehen, dass die Kernthemen überall tiefer liegen. Die moderne Gesellschaft ist keine Einheit mehr. Auf der einen Seite werden künstliche Gemeinschaften geschaffen, welche diese Einheit vortäuschen sollen (Staatenbünde, Interessengemeinschaften etc.), auf der anderen Seite zerfallen immer mehr die Grundelemente jeglicher Einheit bildender Faktoren, wie Gerechtigkeit, Toleranz, Achtung und Mitgefühl. Die Gesellschaft, so scheint es, ist global ausgebrannt, ist nicht mehr in der Lage, ihre Individuen mitzutragen, Hüllen zu bilden, oder meinetwegen auch ein Heimatgefühl, welches den Reiz von jeglicher Maßlosigkeit verhindern oder zumindest dämpfen könnte. In diesem Fokus steht die Sucht allerdings nicht alleine, sondern wohl jede Art von Überreaktionen, also auch jene von Gewalt und Kriminalität.

Was bleibt als Eindruck übrig?
Die oberste und wichtigste aller Kompetenzen zur Förderung eines gesellschaftlichen Bewusstseins steht und fällt mit der Persönlichkeitsentwicklung jedes Einzelnen. Nur wer sich in der Auseinandersetzung mit sich selbst erkennt, bildet neue soziale Fähigkeiten heran, die diesen Überreizungen entgegenwirken können… genau so stand es schon vor Jahrtausenden am Tempel zu Delphi: „Erkenne dich selbst“.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

RSS
Follow by Email
LinkedIn
Share
%d Bloggern gefällt das: