Die inneren Überzeuger

Überzeuger„Es“ spricht mit mir…

„In Dir wohnt ein Wesen, was sag ich, dutzende, wenn nicht hunderte von Wesen, die Dich, jeder für sich, überzeugen wollen. Sie schustern Argumente für oder gegen dies und jenes und schmieden damit ihre Kampfschwerte, um Dich in ihrem Namen zum Sieg zu führen.

Aber es sind nur scheinbare Siege. In Wirklichkeit schwächen sie Dein eigentliches Selbst. Sie sind hartnäckig und verfolgen Dich solange, bis Du ihnen nachgibst, bis sie Dich voll und ganz in Deinen Besitz genommen haben. Wisse, diese Wesen, nenne sie meinetwegen „Deine inneren Überzeuger“ oder sonst wie, sie sind stark und mächtig.

Unterschätze sie niemals. Versuche nicht, Dich von deren Harmlosigkeit „überzeugen!“ zu lassen. Wer auch immer dies tut, ob von innen oder von außen, von mir in Dir selbst – oder von einem Freund; wisse, dass der Weg der Verharmlosung gefährlich ist, weil er Dich dumpf macht. Er führt Dich immer weiter von Dir selber weg. Alle diese Überzeuger wollen Dich auf ihren Weg führen. Und das heißt, weg von Deinem eigenen.

Sie sind Geschöpfe deiner selbst. Du hast sie einst erschaffen! Durch Verletzungen und durch Irrtum. Jetzt verfolgen sie Dich ständig. Du hast sie durch Vorurteile und Kritik gestärkt. Und solange sie von Dir Nahrung erhalten, werden sie immer grösser und mächtiger – und sie werden Dich quälen bis an Dein Ende.

Dennoch sind sie letztlich Deine Freunde, denn sie wollen nichts anderes, als Dich, auf dem Pfad der Selbsterkenntnis, vorwärts bringen. Der Schmerz, der innere Schmerz, soll Dich wecken! Wenn Du das begriffen hast, wird dieser Schmerz nachlassen und Du wirst neu geboren werden.“

Ich sage Dir das alles als Dein „Es“, denn „ich bin der Geist, der stets verneint und am Ende doch das Gute meint„…

Urs Weth: „Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz“

Drei geniale Schweizer

Gotthardpass
Gotthardpass

Schweiz, Anfang des 19. Jahrhunderts. Immer wieder gab es, wie auch in dieser Zeit, schillernde und herausragende Persönlichkeiten, die entscheidendes geleistet haben. Mag man heute dies oder jenes Urteil über diese Menschen haben, so muss man dennoch ihre großartigen, oft wagemutigen und selbstlosen Leistungen unverhohlen anerkennen. Damals gab es drei, die letzthin in Sat 3 vorgestellt wurden: Henry Dufour, Henry Dunant und Alfred Escher. Ohne den ersten gäbe es die Schweiz in der heutigen Form wohl nicht mehr. Der zweite lebte für eine Idee, die damals als vollkommen unrealistisch und idealistisch gegolten hat: Das „Rote Kreuz“. Und ohne den dritten wären der Gotthardtunnel und das Eisenbahnnetz, wie es heute noch besteht, sowie die internationale Anbindung der Schweiz, an den Rest Europas, wohl verloren gegangen.

Alle drei Männer haben sich gegen größten Widerstand und unter Gefährdung ihrer Gesundheit, oder gar ihres Lebens, für eine Sache eingesetzt. Und alle haben dabei den Ruhm ihrer Leistungen anderen überlassen müssen. Henry Dufour war Ingenieur, riss viele Mauern ab, plante und baute dafür sein Leben lang Brücken und vermass die ganze Schweiz, sodass auch heute noch erstklassiges Kartenmaterial vorhanden ist. Nach ihm wurde der höchste Berg Europas, die Dufourspitze, benannt. Er wurde zudem als Oberst der Tagsatzungsarmee, im Sonderbundkrieg 1847, als General eingesetzt. Dieser Krieg, der geprägt war von der Auseinandersetzung einer liberalen Schweiz gegen eine mächtige innerschweizerische, katholische Verschwörung, hatte das Potential, dieses Land zu zerreißen und anderen Mächten zu überlassen. Dass Dufour es schaffte, den Krieg zu seinen Gunsten zu entscheiden und sämtliche Sonderbundkantone kapitulierten, war nur aus seiner tiefen menschlichen Haltung seiner verfeindeten Brüder auf der anderen Seite gegenüber, zu verdanken. Denn er wollte mit seiner Kriegsführung möglichst wenig Blut vergießen, weil er sich selbst mit dem Feind menschlich verbunden fühlte. Sein oberstes Ziel war die Wiedervereinigung aller Kantone und somit der Weiterbestand der Schweiz. Selbst gegen den größten Widerstand seiner eigenen höchsten Offiziere, hielt er Angriffsbefehle zurück, versuchte lediglich den Gegner sozusagen „Schachmatt“ zu stellen, ihn zu umstellen, so dass dieser kapitulieren musste. Dies gelang ihm in fast schon genialer Art und Weise. Nur wenige Menschen starben in diesem, nur wenige Wochen dauernden, Bürgerkrieg. Die Folge war nicht nur die Wiedervereinigung, sondern auch ein verstärktes Zusammenstehen aller Kantone. Als Folge gelang es 1848, aus dem Staatenbund einen Bundesstaat Schweiz zu begründen.

Der zweite, Henry Dunant, ebenfalls in Genf geboren, wie Dufour, wuchs in einer begüterten Familie auf und erlebte bereits in Algerien und später in Norditalien viel Leid, als Napoleon III in der Schlacht von Solferino mit den Franzosen gegen die Österreicher kämpfe. Dunant kam dort in ein Lazarett und erlebte, wie von Kanonen zerrissene Soldaten und Zivilisten beider Kriegsparteien, um ihr Überleben kämpften. Er pflegte und unterstützte, unter schwersten Bedingungen, den Arzt, ohne jede medizinische Kenntnis, jedoch mit größter menschlicher Anteilnahme. Seine Briefe und Berichte, die er einer Freundin in Genf schickte, verbreiteten sich mit deren Hilfe schlagartig über die Genfer Presse in alle Welt, sodass das Tabu unmenschlichster Kriegsführung gebrochen wurde und ans Tageslicht kam. Dunant erntete nicht nur Unmut, sondern geriet in größte Not, und dies nicht nur von Seiten der Feinde, sondern auch von vielen Freunden und von seinen Familienmitgliedern. Sein Vorgehen war für diese so etwas, wie ein politischer Verrat. Gegen die größten Widerstände schrieb er ein Buch, welches schnell in ganz Europa gelesen, ebenso gelobt, wie auch zerrissen wurde. Um die Verletzten aus dem, nun noch stärker von den Franzosen kontrollierten, Lazarett zu bringen, zeichnete er mit seiner blutverschmierten Hand ein großes rotes Kreuz auf die weißen Laken der Kranken. Dunant verstand das Lazarett nie als Gefangenenlager, sondern als Krankenlager für Menschen in Not, egal, welcher Kriegspartei sie angehörten und er konnte nicht verstehen, dass man keine Mittel zur Hilfe bereitstellen wollte. Mit diesem Blutkreuz auf weißem Leinen als Fahne, ritt er mit einem Zug Kriegsverletzter, Pflegern und Zivilisten, voran, und durchquerte so die heißen Feuergefechte einer tobenden Schlacht. Beide Parteien stellten ihre Waffen sofort beiseite als sie die sich nähernde Kolonne mit den roten Kreuzen, dem christlichen Symbol beider, sahen und ließen die Menschen passieren! Aus dieser waghalsigen und wagemutigen Initiative entstand nach langen Wirren und Diskussionen schließlich das internationale rote Kreuz, als kriegsneutrale Organisation, welche von allen Staaten Europas unterzeichnet wurde.

Alfred Escher schließlich, der dritte im Bunde, war von der Idee befeuert, einerseits die von den Alpen getrennten, schweizerischen Regionen miteinander zu verbinden. In ganz Europa entstand in jener Zeit ein großes Netzwerk von Eisenbahnen.  Die Schweiz drohte mit seiner einzigen Linie (von Baden nach Zürich), langsam aber sicher, ins Abseits zu geraten. Wozu brauche man denn Eisenbahnen, beschwor vor allem wieder die ländliche Bevölkerung. Bauern und Konservative stellten sich massiv dagegen und verstanden nicht, was ihnen das Ganze bringen würde. Escher kämpfte, mit seinem damaligen Tessiner Freund, Bundesrat Stefano Franscini, um die Idee einer Verbindung vom Norden in den Süden der Schweiz und damit einer Verbindung, die die Schweiz wieder ans internationale Netz anbinden konnte. Es sollte der längste Tunnel der Welt werden! Escher war überzeugt von der Möglichkeit der Realisierung seines Projektes und konnte schließlich auch das Parlament in Bern davon überzeugen. Den Zuschlag erhielt ein gewisser Louis Favre aus Genf. Der versprach, das Projekt in 8 Jahren und zum tiefsten Preis aller Gebote, zu realisieren. Zuvor entstanden schon andere wichtige Bahnverbindungen im Land, für die sich Escher einsetzte. Escher wollte bezüglich Gotthard nicht von ausländischen Banken kontrolliert werden und gründete, ohne jede Kenntnis des Bankenwesens, in Zürich am Paradeplatz, eine kleine Bank. Auch eine Versicherungsanstalt stellte er eigens dafür auf die Beine. Beides, um die Fäden einer später gegründeten Gotthardgenossenschaft, in den landeseigenen Händen zu behalten. Sowohl die Bank, wie auch die Versicherungsgesellschaft  entwickelten sich bis heute zu weltweit renommierten Institutionen mit Namen „Credit Suisse“ und „Swiss Re“. Auch Escher musste später im Alter zusehen, wie ihm das Projekt aus den Händen glitt. Zum einen, weil sich Favre in den Kosten verschätzt hatte, was dann fast zum Stillstand des Projektes führte. Und zum anderen, weil dieser kurz darauf, an Herzversagen, verstarb. Der Bau konnte in letzter Not und nur dadurch weitergeführt werden, weil sich Alfred Escher, mit Druck von aussen, erst aus der Bank und dann auch aus dem Präsidium der Gotthardgesellschaft zurückgezogen hatte. Die Einweihung seines Lebenswerks fand schließlich ohne ihn statt. Er wurde nicht dazu eingeladen! Bundesrat Emil Welti, dem Escher selbst zu seinem Amt verholfen hatte, erntete stattdessen die Lorbeeren.

Die drei biografischen Skizzen haben bei mir einen extrem starken Eindruck hinterlassen. Wie auch immer das politische Urteil dieser Männer aussehen mag, es gibt Dinge, die ich jenseits der Grenze des Beurteilers anerkennen muss. Das eine ist die hohe moralische Kompetenz und das Eintreten für eine menschlichere Welt, welche von allen drei Männern gelebt wurde. Und das andere ist die Fähigkeit, sich in ein Fachwissen und in Verhältnisse einzuarbeiten, auch wenn man darin keinerlei Vorkenntnisse hatte. Sowohl Alfred Escher, wie auch Henry Dunant hatten in den Projekten, für welche sie all ihre Kraft und, man kann wohl sogar sagen, ihr Leben opferten, keinerlei „Professionalität“! Beide arbeiten sich „nur“ aus der Kraft der Begeisterung heraus in die Thematik ein. Sie schufen letztlich Werke, die ihren Einfluss bis in die Gegenwart nachhaltig prägen. Auch Henry Dufour war nicht als General ausgebildet worden. Er erlangte dieses Amt als Oberst einer Milizarmee. Als Ingenieur war er in einem ganz anderen Bereich ein „Profi“. Und dennoch zeigte er in der besagten Situation geniale Fähigkeiten.

Was mich in diesem Zusammenhang insbesondere immer wieder beschäftigt, ist die Frage nach der Bildung. Man beschwört gerne immer wieder die notwendige „Professionalität“ und beharrt in der Beurteilung auf angelernten, studierten, schulischen Kompetenzen. Nur solche Fähigkeiten können, so sagt man, darüber entscheiden, ob jemand imstande ist, eine Aufgabe, was immer es auch sei, zu erfüllen.

Es gibt noch viel mehr Beispiele, als die drei angeführten, die belegen könnten, dass solche Professionalität auch ein Hemmschuh sein kann, um zu wirklich genialen Lösungen zu kommen. Alles, was ich mir an Inhalten aneignen, einstudieren und anlesen kann, mögen wichtige Bausteine und Fertigkeiten sein. Wie oft ist es jedoch so, dass wir im Schulalltag schlicht zu wenig Motivation verspüren, um die nötige Tiefe des Erlernten auszuloten. Umgekehrt kennen wir alle wohl die Situation, wie schnell man lernt, wenn man mit Feuer und Interesse bei einer Sache ist. Die Titel, die wir, oft stolz, durch unser Leben tragen, haben oft nicht mehr wert, als dass sie Freischeine für manche hochdotierten Stellen bedeuten. Ob die Doktorarbeit selbst erdacht, oder bloß ein Plagiat ist, ändert daran auch nicht wirklich viel. Das Papier, welches meine Fähigkeiten ausweist, ist im besten Fall ein gutes Fundament, um in mein Berufsleben einzusteigen. Im Laufe der Jahre kommen Aufgaben an uns heran, die wir nie in einer Schule simuliert haben. Das Erlernte hilft in komplexen Themen oft wenig. Erst das Durchdringen der Aufgabe mit einem aus den Erfahrungen des Lebens geschaffenen Grundverständnis, öffnet die Tore für das Neue, Unbekannte. Eine Kraft, die Intuition genannt werden kann. Aus ihr gebiert die Genialität. Mag es noch so verschroben sein, wenn wir ein Loch durch 15 km Granit-Gestein bohren wollen, damit die Züge einst hindurch fahren können; nichts ist unmöglich, wenn es auch von den meisten Menschen im Vorfeld als verrückt bezeichnet wird.

Urs Weth, Autor von: Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz und andere Bücher…

Meine besten 74 Bilder 1999 – 2014

Diese grossflächigen Bilder wurden nicht mit einem Pinsel, sondern mit Putzfäden von Hand, gemalt. Die meisten sind in einer Mischtechnik von Guache-Farben unterschiedlicher Dichte und Wachsblock-Kreiden bearbeitet. Es ist eine Auswahl von weit über 250 solcher Bilder, die in den Jahren 1999 bis heute entstanden. Weitere Infos zu meinem Werk: http://wirkstatt.jimdo.com/

 

Sind Smartphones lebensnotwendig? Eine (selbst-) kritische Betrachtung…

Skizze, auf dem smartphone gemacht...
Skizze, auf dem smartphone gemacht…

In Baden-Württemberg läuft derzeit ein Test mit Jugendlichen. Sie wollen 7 Wochen auf Handy, Tablet und Spielkonsole verzichten. Schon nach einer Woche scheint es Probleme zu geben und drei der sieben haben heimlich ihr Handy benutzt.

Die meisten von ihnen hatten kurzentschlossen zugesagt, dieses Experiment mitzumachen. Sie glaubten nicht, dass dies grössere Probleme mit sich bringen würde. Mangelnde Selbsteinschätzung? Oder unterschätzt man diese Medien eben doch? Viele von ihnen beschreiben den Zustand ihres handylosen Daseins als quälend. Sie hätten plötzlich viel mehr Zeit für sich. Wissen aber damit nichts anzufangen. Früher hätten sie in solchen Momenten einfach ihr Handy gezückt und mal eben eine SMS geschrieben oder geschaut, was es Neues gäbe. Und jetzt? Die Mutter eines Teilnehmers bemerkte, ihr Sohn hätte sich schon in einer Woche merklich verändert, positiv notabene. Er denke viel mehr über sich selber nach und werde sich erst jetzt langsam bewusst, wie viel Zeit er mit diesen Dingen zugebracht habe. Weil er den Termin einer Online-Anmeldung für die Teilnahme an einem Event im Sommer verpasst hatte, musste er nun einige Kilometer mit dem Rad zum Veranstalter radeln und dort die Teilnahme persönlich auf einem Papier bestätigen. Zum Glück reichte es gerade noch.

Die Zeit, die man offensichtlich plötzlich durch den Nichtkonsum dieser Medien zur Verfügung hat, ist so beträchtlich, dass sie merkliche Löcher in unser Bewusstsein bohren. Nicht nur junge Menschen, sondern zunehmend auch ältere, und ich nehme mich hier nicht aus, bemerken, wie viel Zeit investiert wird für eine Sache, die offenbar (und schleichend) großes (zu großes?) Gewicht bekommen hat.

Im Vordergrund steht die virtuelle Kommunikation auf verschiedenen „sozialen Plattformen“, wie Facebook, Google+, Twitter usw. Da drängt sich immer häufiger die Frage auf, wie sozial sind denn diese Netzwerke, die so viel Zeit unseres Lebens beanspruchen. Sie vernetzen uns zwar, aber verbinden sie uns auch, im Sinne von Verbindlichkeit? Und wofür würden wir diese Zeit denn sonst nutzen? Nicht nur die Jugendlichen dieses Experimentes stellen sich diese Frage, sondern auch ich werde mit ihr, unverhofft stark, konfrontiert. Und inwieweit habe ich die Sache selber noch „im Griff“? Ist es nicht manchmal allzu leicht, das iphone oder smartphone zu zücken, um eben „schnell“ Aktualitäten zu checken?

Wie frei sind wir wirklich im Benutzen dieser Medien? Sind wir nicht eher zunehmend Sklaven derselben?

Es wurden immer wieder viele Studien gemacht in den vergangenen Jahrzehnten, früher noch über den Fernsehkonsum, dann über die Zeit, welche Jugendliche und Erwachsene am Computer und im Internet verbringen. Mittlerweile sieht man all diese Menschen wieder auf der Strasse! Die technische Entwicklung hat es ermöglicht, das Internet immer bei sich zu haben und fast überall online zu sein. Dadurch kommen wir wieder aus den verstaubten Zimmern und Löchern mit all den vergammelten Hamburgern und mit Cola verklebten Tastaturen zurück in die Zivilisation. Wir werden wieder öffentlich! Doch die Realität täuscht. Wie oft sieht man sie, die „Liebespaare“, vereint am Tisch, im Zug oder auf einer romantischen Gartenbank im Park sitzend, beide online, beide über whatsapp mit ihren (jeweils anderen) Freunden kommunizierend.

Was harmlos erscheint und manche vielleicht bestenfalls zu einem müden Lächeln verlockt, scheint epidemische Ausmasse zu erlangen. Wo man hingeht, mich nicht ausgenommen, der Touchscreen ist immer auf Stand-by in unserer Nähe. Was gibt es doch nicht alles Wichtiges! Man könnte ja etwas verpassen! Wie schrecklich! Was haben wir früher nicht alles verpasst! Mag sein, aber irgendwie stimmt mich die Sache dennoch nicht gerade froh. Es gibt soviel, was man/frau bedienen muss: Man denke an all die Facebook-Gruppen, in denen wir dabei sind. Die zwei oder drei Twitter-Konten, die wir verwalten müssen, die vielen Emails, die uns, meist spam-verdächtig, erreichen. Dann all die Internetseiten, Foren und Wölkchen, sprich clouds, die wir zu bedienen und zu „pflegen“ haben. Und nicht zuletzt den eigenen Blog, wie meinen hier.

Was ist das Motiv all dieses Handelns? Ist es denn wirklich so wichtig, wie wir meinen? Ich denke darüber nach, aber erst muss ich kurz meine Mails checken…

Urs Weth…Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz…
bei Thalia

Schon wieder ein neuer „Rat-Geber“!

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Es gibt doch schon so viele Ratgeber, Sach- und Fachbücher! Da kommt einem schon manchmal das grosse Gähnen. Und jetzt kommst du und preist deins auch noch der Welt an. Eines mehr. Eines von tausenden und abertausenden von Büchern. Unermesslich viele. Warum soll man denn jetzt ausgerechnet dieses hier lesen!? Muss das denn sein?

Von „Wie erhöhe ich auf Kosten anderer erfolgreich meinen Aktienkurs?“ bis hin zu „Wie werde ich schnell und schmerzlos glücklich?“, alles ist vorhanden. Was gibt es nicht alles für Botschaften, die für eine bessere Welt plädieren, wenn auch oft für deine persönliche bessere Welt! Was willst denn du für eine Botschaft vermitteln? Was bringt dein Buch, deine Gedanken neues, was andere nicht bringen?

Zugegeben, eigentlich, wenn ich ehrlich bin, geht es mir fast ebenso und ich verhalte mich sehr schnell auch genau so, wenn ich einem neuen Buch begegne, was mir ein anderer anpreisen will. Nämlich mit Ablehnung und diesem: nein, nicht schon wieder! Ist doch eigentlich eine trostlose Sache!  Auch ich bin schnell mit meinem Urteil parat, wenn ich vor einer Flut von Informationen stehe und „den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe“. Das heisst ja nichts anderes, als das „Ganze“ zu verlieren, im Anblick an die vielen Teilheiten, Informationen und Details.

Vielleicht ist dies eben genau der Grund, weshalb ich mir die Mühe genommen habe, selbst ein Buch zu schreiben?

Den Blick von der tausendfachen und unerschöpflichen Aussenwelt, der Welt der Formen, ab-, und zu mir selbst hin zu wenden… Erst so bin ich letztlich fähig, zu erkennen, woraus ich mein eigenes Urteil überhaupt bilde, woher sie kommen, welchen Grund sie haben, diese Bewertungen. Wer spricht, wenn ich „Ich“ sage… Das heisst, in welcher Kompetenz spricht dieses Ich (ich). Wer ist es in mir, der urteilt? Ich, als Weltenbürger mit all meinen angesammelten Titeln, Zeugnissen und Anerkennungen? Der „Besitzer“ eines Mercedes, Toyotas oder meinetwegen auch eines Fahrrades (wie in meinem Fall), eines Hauses, der Familie mit Kindern und tausenden von anderen Dingen? „Ich“ mit meinem Wissens- und Erfahrungsschatz, meinen Vorstellungen, die ich (vielleicht sehr erfolgreich) daraus gebildet habe und all den geschaffenen persönlichen hieraus entspringenden Vorurteilen und Denkmustern. „Ich“, mit all diesen – pardon, „Einschränkungen“? Ist das alles? Soll das alles gewesen sein? Und bin womöglich trotzdem unglücklich? Aktienkurs oben, Glück unten?

Dieses Ich (ich-es), ist/sind die Kernfrage(n) meines Buches und meiner Gedanken. Und dann eben die daraus gefundene Erkenntnis, dass es jenseits dieser Welt eine andere Ebene gibt, eine andere „Dimension“, die ich aber genau darum nicht erkenne, weil ich verwoben, verhaftet bin mit der Gedankenebene, die mich „entführt“ in die Abgründe (oder Höhenflüge) ihrer Inhalte. Und die ich eben wegen der Identifikation mit ihr nicht wahrnehmen kann/will…

Das Erleben dieser anderen Dimension kann erfahren werden. Ich habe es erlebt, es ist mir Gewissheit geworden… Nun ja, lesen kann man viel darüber: sie wird und wurde eigentlich von allen (wirklichen) Erkenntnislehrern der Vergangenheit und Gegenwart verkündet. Sie bildet zum Beispiel den Inhalt des ersten Kapitels bei Rudolf Steiners, über die Grenzen der Anthroposophie hinaus bekannten und anerkannten Buches, „Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten“.

Der Kern dieser Erfahrung ist das Erleben des Gegenwartsbewusstseins. Und dieses kann nur in der Selbstbeobachtung erkundet, vielleicht besser erlebt, werden. „Selbstreflexion“, ein Begriff, den ich bewusst im Titel meines Buches gewählt habe, mag etwas moderner klingen als Selbstbeobachtung. Es ist eigentlich der einzige  Grund, warum ich ihn gewählt habe. Auch der Hintergedanke, dass ich nicht gleich in die Esoterikecke gedrückt werden möchte, spielt dabei eine Rolle. Nicht weil ich glaube, dass Esoterik etwas Schlechtes sei, sondern viel mehr, weil mir ebendiese erwähnten Vorurteile spirituellen Themen gegenüber, so prägend erscheinen. Und dies allein kann für viele schon ein Hinderungsgrund für diese, wichtigste Erfahrung des Lebens, sein. Aber gerade jene wollte ich damit ansprechen, weil ich glaube, dass diese ewigen „Grabenkämpfe“ langsam überwunden werden sollten in einer Zeit, wo bereits die moderne Wissenschaft an die Türen eines „Jenseits“ klopft.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Unser Lebensscript

weilrheinDie Gedanken-Identifikation ist ein Hauptmerkmal des „gebundenen Ich“. Sie ist der prägende Faktor im «Es-Zustand». „Identifikationsmodule“, die man sich im Laufe eines Lebens aneignet, angefangen bei der Bindung mit der weiteren und engeren Umgebung, der eigentlichen «Heimat», bilden die Muster für die Themen des Lebensscripts. 

Wir identifizieren uns kontinental als Europäer, ferner als als Angehörige eines Landes. Die Identifikationsstärke hängt von der emotionalen und gedanklichen Verbundenheit, die wir in dieser Umgebung erbringen, ab. Vom Bundesland hin zur Wohngemeinde, dem Quartier, der Straße, des Hauses, in dem wir wohnen, bis hin zum eigenen Körper: Sie bilden weitere, immer enger werdende Identifikationsmuster.

Und, last but not least, die Identität des Geschlechtes, des Zeitgeistes, der Sittenkonventionen, der Bildung; sie alle sind weitere prägende Faktoren und schaffen an der subjektiven Anlage der gebundenen Persönlichkeit. Aus diesen Anlagen gehen die Triebfedern für unsere Willensimpulse und deren Handlungsmotive hervor. Aus den gesammelten Erfahrungen des Lebens entstehen immer wieder neue, passive Vorstellungen und Begriffsinhalte, welche ihrerseits erneuten Einfluss auf unseren Willen nehmen. Daraus gehen neue Zielvorstellungen und neue Motive hervor.
Für die meisten Menschen ist diese Identifikation «lebensnotwendig». Anders herum ist der Verlust dieser Identitäten mitunter lebensbedrohlich. Identifikationen sind der prägende Aspekt des Heimatgefühls, eines Wohlbefindens, des familiären Zusammenhanges und vielem mehr. Gleichzeitig ist es aber immer auch ein Zustand der Ausgrenzung! Jede Familie, jedes Volk, jede parteiliche Genossenschaft, kurz alles, was sich sippenmässig zusammenrottet, bildet gleichzeitig einen Antipoden, eine polarisierende Außenwelt zu andersdenkenden, zum Fremden, den eigenen Gewohnheiten und Bräuchen entgegenstehenden. Es entsteht Konfrontation, Abgrenzung gegen das Andersartige und Ungewohnte! Wenn wir uns umgekehrt ständig erniedrigen und meinen, wir seien ja nichts als erbärmliche Würmchen im Vergleich zum Universum, dann identifizieren wir uns in der Tat mit dem Kleinsten in uns, dem gebundenen Ich. Denn dieses gebundene «Es-Ich» ist klein und erbärmlich. Es ist ein Würmchen im Vergleich zum Universum! Aber sind wir nur dieses Würmchen? Wer so denkt, der erlebt den absoluten und größten aller Tode, den man sich je vorstellen kann. Es gibt für ihn kein Vorher und kein Nachher. Aber der Tod, von dem wir immer sprechen, vor dem wir so unendliche Angst haben, dieser Tod ist nichts anderes als der Tod des gebundenen Ich in uns. Das kleine ich ist Körper und alles, was durch die Identifikationen mit diesem zusammenhängt! Wer sagt: gewiss, der Tod sei ja absolut, der kennt nur ein Ich und das ist das kleine, welches in seinem «Ego-Tunnel» lebt. Er ist letztlich vor allem mit dieser Vorstellung identifiziert. Entsprechend hart wird der Bruch – sprich Tod – in das «Nichts» danach! Der identifizierte Mensch ist immer das, was er sich vorstellt! Die Beschäftigung mit dem Vergänglichen und mit dem eigenen Tod muss früh genug erfolgen, nicht erst in den letzten Lebensstunden. Dadurch wird alles einfacher. Identifikation heißt aber auch, dass ein Teil meiner Persönlichkeit, meines Identitätsgefühls, meiner Daseinsberechtigung immer von einer äußeren Zugehörigkeit abhängt. Bei jeder Identifikation ist eine Abhängigkeit als Grundemotion zu erkennen, welche etwas Zwingendes und Unausweichliches in unsere Handlungen bringt. Im Laufe des Lebens kommen weitere Verbindlichkeiten dazu. Wir treten Vereinen bei, politischen Parteien, religiösen oder kulturellen Strömungen und so weiter. Alle Arten von Prinzipien, ob «gute» oder «schlechte» (Bio Freak oder Bier-Freak) sind Identifikationsfaktoren, welche die Persönlichkeit des gebundenen Ich an etwas Äußeres fesseln will.

Der beste Kenner solcher Gesetzmäßigkeiten auf der Formebene ist die Werbeindustrie! In kaum einem anderen Feld wird die Schaffung neuer Identitätsbindungen durch Vorstellungen so resolut und so wirkungsvoll getätigt wie bei guter Werbung. Würden die Mechanismen nicht in der hier dargestellten Weise ablaufen, die Werbebranche hätte keine Chance, ihre Produkte allein durch die Schaffung von Bildern und Texten an die Käufer zu bringen! Nicht einmal der Aufdruck: «Kann tödlich sein» tut dem Kauferfolg dabei offensichtlich Abbruch. Nur durch unsere enge Verbindung, die wir zu eigenen Gedankenmodellen und Bildern haben, werden die Produktanpreisungen in dieser Weise auf uns einwirken können. Sie führen unmittelbar zum Erfolg und in die Handlung (sprich Kauf) des Kunden. Am Beispiel der Firma Apple wird dokumentiert, wie einfaches Design zusammen mit guter Technik und durch genialen Werbemethoden zusammen mit einem eingängigen Branding aufbereitet, die breiten Massen euphorisiert! Marketingstrategien dieser Art kennen die Bedingungen ihrer Kundschaft und deren Verhaftungspotential mit dem Form-Ich sehr gut. Auch wenn das Produkt «objektiv gut oder schlecht» ist, die Wirkung bleibt davon unabhängig und unumstritten.

Form-Ich-Identifikation bedeutet immer in gewissem Sinne Unfreiheit. Mein gebundenes Form-Ich grenzt sich immer gegen das andere Form-Ich ab und bildet eine in sich geschlossene Glocke.
Dadurch ist zwangsläufig eine Einschränkung in der Kommunikation gegeben. Wo das gebundene Ich tätig ist, da herrscht Identifikation mit der äußeren Welt – zu welcher eben auch fixe Vorstellungen gehören – und da ist keine Freiheit möglich. Identifikationen sind genau genommen nur Illusionen, Maya. Sie haben keinen realen Bezug zu der Welt, sondern sind passive und fixierte Gebilde, verfestigte Konstruktionen unseres personifizierten Es, welches wir nach außen projizieren. Gedanken haben großes Potential für die menschliche Entwicklung wenn sie fließend, wandelbar und aktiv bleiben. Die Tendenz, die Gedanken zu zementieren ist fest in unseren Köpfen
verankert. Dogmatismus ist verhärtete wissenschaftliche Gesinnung. Gedanken sind lebendige, fließende Kraftströme, welche in ihrem Wesen leicht und flüchtig sind. Allein die Tatsache, wie viele Meinungsänderungen normalerweise in einem Leben stattfinden (könnten), zeigt diese Beweglichkeit auf. Jede Identifikation ist eine Abgrenzung um den freien Kern des wahren Selbst, Behinderungen auf dem Weg zu sich selbst. So gesehen sind wir alle «ein bisschen behindert». Identifikationen müssen über das Denken aufgelöst werden. Das Denken überlistet sich im Akt der Selbsterkenntnis! Sie ist der Ausgangspunkt zu aller Veränderung auf dem Weg zur Freiheit. Wenn man sämtliche Bindungen abbrechen würde, um Identifikationen loszuwerden, fände man sich schnell in einer neuen Verhaftung. Denn jedes neue Prinzip löst zwar ein altes auf, schafft jedoch gern immer wieder ein Neues. Dieser stete Kreislauf muss durchbrochen werden.

Mit dem Lösen von äußeren Verbindungen ist das Grundproblem indessen nicht behoben. Man kann auch nicht die Verbundenheit mit der Heimat oder der Familie einfach kappen. Das Auflösen von Verhaftungen ist nicht ein langsamer und mühseliger Prozess über Jahre hinweg. Es ist nicht ein gänzlich frustrierender Ablösungskampf von allen Bindungen, oder der Übergang zu einem asketischen Lebensstil. Einzig das achtsame Erleben im Jetzt, löst uns von jeder Abhängigkeit! Dieser Akt ist jederzeit möglich! Das Beobachten des Denkstromes verändert die Bewusstseins-Perspektive. Sie ist eine Grundforderung unserer Zeit. Bleiben Sie überall dabei!

Gehen Sie weiterhin an die Parteiversammlungen oder zum Fußballspiel, trinken Sie weiterhin das Bierchen oder einen guten Wein mit einem Freund und genießen Sie auch fortan die schönen Annehmlichkeiten des Lebens! Es muss nichts weggeschafft werden. Etwas Neues muss dazukommen! Und davon schreibe ich die ganze Zeit in diesem Buch! Die Lösung von Verhaftungen hat vor allen Dingen mit Bewusstsein zu tun. Alles Weitere wird sich von alleine ergeben! Freude haben am schönen Spiel auf der einen Seite oder sich aufzureiben, wenn die heimische Mannschaft ihr Spiel verliert, sind zwei verschiedene Dinge! Hier werden die Abhängigkeiten sichtbar! Schauen Sie sie an! Viele Dinge werden sich dennoch, fast von selbst, verändern im Leben. Nur geschieht dies nicht mit dem Verstand, sondern es ergibt sich von alleine, etwa so, wie der Nebel sich plötzlich am Sonnenlicht aufzulösen beginnt.
Dann wird ganz bestimmt niemand dem Nebel nachtrauern.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft?

Gegenwartsbewusstsein

Kaltbrunnental bei Grellingen

Die Vergangenheit ist immer Grundlage für die Zukunft. Das Jetzt, die Gegenwart, ist dabei stets real und unmittelbar anwesend. Vergangenheit und Zukunft sind rein virtuelle und abstrakte Vorstellungen in unserem Gehirn. Sie existieren nur im Gedanken oder in der Erinnerung eines Menschen. Wer das Leben unmittelbar und real erfassen will, der muss es gegenwärtig erfassen!

Die Gegenwart ist nichts fixes und abgeschlossenes. Alles Lebendige bewegt sich unaufhörlich und leicht durch Zeit und Raum. Formen kommen, Formen gehen. «Fertig» sind sie schlechtestenfalls beim Tod. Aber nicht einmal dort wirklich.
Die Materie verschwindet, zersetzt sich, vermischt sich wieder mit der Trägermaterie, verwandelt sich und erscheint wieder in neuer Form! Diese neue Form durchlebt die Zeit und Raumgesetze, bis sie stirbt und verwelkt. Das ist der Kreislauf der Formenwelt. Dabei sind alle Formen in der Natur ohne Einwirken des Menschen geschlossen und harmonisch. Der Mensch kann sie zersetzen, verändern, bearbeiten, umwandeln… und wieder neu zusammensetzen. Das tut er industriell oder in der Kunst. Neues entsteht immer aus dem Vorausgegangenen. Der Schnittpunkt ist die Gegenwart. Sie ist der kreative Moment!
Wir leben in einer «Fertigkultur»! Die westlich ausgerichtete Zivilisation mag Fertigprodukte, weil sie verlernt hat, selbst schöpferisch zu sein und weil unser Wirtschaftssystem diese Art von Kreativität unterdrückt. Der Handlungsspielraum ist eingeschränkt, eingepresst in rational optimierte Produktionsketten und fest strukturierte Abläufe. Bereits in der Schule spürt das heranwachsende Kind diese Zwänge. Alles ist ausgerichtet auf Optimierung, Rationalisierung und Leistungszwang.
Der Zukunft gehört eine kreativere Gesellschaft! Entwicklung bedingt stets die Auflösung alter Formen und Strukturen. Es gibt keine Entwicklung ohne Verluste und Krisen. Nur auf der Basis einer grundlegenden Offenheit und Unbefangenheit gedeihen neue Ideen! Gedanken sind lebendig. Alte Formen müssen auch hier sterben und sich auflösen, damit neue entstehen.

Neuerscheinung: Urs Weth, „Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz“ bei Thalia

Die Kunst der Kommunikation

mato | bilderwelt
mato | bilderwelt

Wenn ich mich mit den Dingen in der Außenwelt beschäftige, habe ich in mir zwei verschiedene „Aufmerksamkeitspolaritäten“, welche Hand und Herz voneinander trennt. Die Tätigkeiten, die ich jetzt gerade tue, ist der eine Pol und die Gedanken und Vorstellungen, die ich mir im gleichen Moment daraus bilde, der andere. Was ich als Interesse bezeichne, verbindet diese beiden Pole.

Der Anspruch des Interesses besteht darin, Übereinstimmung zu erreichen, diese Pole quasi synchron zu machen. Interesse heißt: «in den Dingen sein», anwesend und mit meiner ganzen Aufmerksamkeit bei einer Sache zu sein.

Wenn ich gelernt habe, genau zu beobachten während dem ich handle, werde ich bemerken, dass sich innere Bilder wie ein Schleier vor die äußere Wahrnehmung stellen. Die Handlung werde ich zwar, in gewisser Weise automatisiert, weiter ausführen, aber meine Gedanken befinden sich an einem ganz anderen Ort. Die Augen sind auf ein Objekt gerichtet, welches fokussiert wird, aber sie «sehen» das Objekt selbst nicht mehr, weil sie das innere Auge auf dieses vorgestellte «Schleiergebilde» gelenkt haben.

Es ist aber nicht nur ein Bild, sondern ein vielfältiger Wechsel von Bilderfluten und Vorstellungen, einem Film gleich, welche am «inneren Auge» vorbei ziehen. Die Gedanken sind dann nicht mehr mit dem anvisierten Objekt verbunden, auch wenn die physischen Augen es durchaus noch anstarren, sondern auf diese inneren Bilderwelten fokussiert. Wer das nicht nacherleben kann, für den wird dies abstraktes Geschwätz sein. Zugleich automatisiert sich dabei der Handlungsimpuls. Daraus entsteht die Trennung des Bewusstseins in zwei Ebenen. Wir bemerken diese Bilder nur deshalb nicht, weil wir mit ihnen eins geworden sind, mit ihnen verhaftet, identifiziert sind, das heißt, weil unsere Persönlichkeit damit Eins geworden ist. Wir sind der Gedanke selbst geworden.

Aus diesen passiven Vorstellungsbildern sondern sich gleichzeitig Energien ab, welche unser Gefühlsleben vereinnahmen und beeinflussen. Der depressive Mensch hat in der Regel viele solche Bilderfluten mit negativen Inhalten. Dadurch trübt sich sein Seelenleben entsprechend melancholisch. Dazu kommt die Identifikation mit diesen Bildern. Sie lässt keinen Ausweg aus der Negativität mehr zu. Ich werde der Zustand selbst. Ich wird Es.

Es gibt jedoch eine Form von Aufmerksamkeit, die den Schleier zu durchbrechen vermag und das volle Bewusstsein und die Wachheit auf das Objekt richtet. Hand und Herz gehen erst so wieder gemeinsame Wege. Die eigene «Ich-Organisation» wird dann als Einheit erlebt. Die Energie bleibt am Beobachter gebunden und verleiht der Aufmerksamkeit, und damit der Handlung, die nötige Intensität.

Der Zustand der Trennung von Bewusstsein und Selbst-Bewusstsein ist unser alltägliche Normalzustand. Wir können das an uns selbst beobachten. Wie viel Aufmerksamkeit bringen wir auf ein betrachtetes Objekt und wie oft stellen sich schnell wieder solche passive Vorstellungsbilder vor unser inneres Auge?
Vielleicht ist das gerade jetzt, in diesem Augenblick wo Sie diese Zeilen lesen, der Fall und Sie wachen auf und denken, oh, was habe ich eben gelesen!
Vielleicht werden Sie durch das Lesen oder weil es fett gedruckt ist, aufwachen und denken: «Bitte, was schreibt er da, jetzt muss ich diese Zeile noch einmal lesen!» Ihr Auge war auf die Buchstaben gerichtet. Und weil Sie gelernt haben, automatisiert zu lesen, gingen diese Zeilen über Sie hinweg, ohne den Inhalt mit aktivem Denken aufzunehmen und zu verarbeiten! Es kann durchaus sein, dass Sie an bevorstehende Feste gedacht haben und den Gänsebraten vor Ihren Augen «gesehen» haben, während Sie gleichzeitig die Buchstaben zu Worten zusammenfügten! Nur der Inhalt des Gelesenen ist Ihnen nicht präsent. Somit hätten Sie das Erlebnis, was ich oben angesprochen habe!

Wir werden bemerken, dass die Frequenzen der Aufmerksamkeit auf die Handlungen oft nur sehr geringe Zeit aufrechterhalten werden können. Das dualistische und trennende System ist so lange eine Realität, bis wir den inneren Standpunkt wechseln können! Vorher soll niemand über Kant schimpfen! Die Kunst der Beobachtung besteht indes noch aus einer anderen Qualität. Statt dass sich der Vorgang nun ins Objekt hinein fixiert und dort haften bleibt, wacht im Hintergrund eine Präsenz, welche gleichzeitig auch die inneren Vorgänge während des Handlungs-Aktes beobachtet, ohne nun aber wieder von ihm abzugleiten!

Die Inhalte, die wir vermitteln und mit der Welt kommunizieren, sind immer an Begriffe gebunden. Nonverbale Kommunikationsformen werden auf einer unbewussteren Ebene gebildet. Letztlich müssen diese, um wieder ins wache Bewusstsein transformiert zu werden, erneut zu einem Begriff umgeformt werden. Alle diese Formen, ob verbal oder nonverbal, schaffen immer etwas Verbindendes. Begriffe bilden eine Art Überbau, ein Symbol für die wahrgenommenen Inhalte. Damit diese Inhalte nicht ständig neu umschrieben und wiederholt werden müssen, werden ihnen die Begriffe, zur allgemeinen Verständigung, angeheftet.

Es ist dennoch schwierig, das Verbindende der Begriffe in einheitlichen Formen aufrecht zu erhalten. Begriffe werden zu potenziellen Kampfwerkzeugen, zu Abgrenzungsmechansimen. Je komplexer die Wahrnehmungen, welche vom Nutzer mit dem Begriff verwoben sind, desto schwieriger wird es, einen gemeinsamen Nenner dahinter zu finden. In einer dualistischen Welt der Trennung und Abgrenzung, hat der Begriff immer weniger eine universelle Wirkung! Vielmehr umfasst er nur noch das subjektive, persönliche Selbstbild seines Trägers. Begriffe sind nie die Sache selbst. Es ist ähnlich wie mit abstrakten Symbolen. Begriffe sind letztlich Etiketten, die wir an etwas Sichtbares oder Unsichtbares anheften, um einer Erfahrung Ausdruck zu verleihen.

Nehmen wir irgendeinen beliebigen Begriff, sagen wir «Büchse». Wir nennen dieses Ding, was da vor uns steht «Büchse» und meinen damit etwas Bestimmtes. Dieses Etwas ist aber nicht erfassbar mit einem einzigen Begriff, denn es lassen sich viele Büchsenarten unterscheiden. Mit «Büchse» bezeichnen wir die Wahrnehmung sehr oberflächlich. Um es genauer zu beschreiben, so dass ein blinder Mensch das ganz genau gleiche Bild davon haben könnte wie wir, müssten wir sehr viel investieren. Wir müssten einen langen Vortrag halten und die kleinsten Feinheiten umschreiben. Erst so ergäbe sich ein einigermaßen befriedigendes Bild.

Wenn es schon mit der «Büchse» nicht gelingen mag, wie soll dies mit einem Begriff wie «Gott» möglich sein? Es ist nicht nur nicht möglich, sondern sogar äußerst gefährlich. Das sieht man an den Kriegen und an dem Leid und dem vielen Blut, welches in den vergangenen Jahrtausenden und bis in die Gegenwart hinein geflossen ist. Man lernt jahrelang Begriffe kennen und ist damit beschäftigt, diese Begriffe mit Inhalt und Wahrnehmungen zu füttern. Die Gefahr, die eigenen Vorstellungen hinein zu interpretieren und mit dem Wort zu verknüpfen ist groß. Viele solche Bemühungen werden durch Gewalt vollzogen.

Begriffe können in dieser Weise zu riesigen Gedankenkomplexen heranwachsen. Diese Konstruktionen können zurückwirken auf uns selbst und eine machtvolle Eigendynamik erlangen. Dazu kommt wiederum das Problem der Verhaftung. Deshalb wird sehr oft über Inhalte gestritten. In der Kunst, der Religion, in der Politik und in der Wirtschaft, weil den Streitenden das Verbindende und die Ganzheit hinter den Begriffen fehlt. Wir verlieren etwas dadurch, dass der Begriff keine universelle Kraft mehr hat. Man kann sich fragen: Warum ist das so? Und war es früher auch immer so? Begriffe wirkten in früheren Zeiten vielfach noch mantrisch und ganzheitlich, heute sind sie symbolische und abstrakte Worthülsen geworden. Sie wirken oft suggestiv oder haben den Charakter von Schlagworten. Alles Kampfbegriffe, welche das Gesagte bestätigen.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Anthroposophie ist ein Begriff

rudolf-steinerEine Würdigung der Impulse Rudolf Steiners und – gleichzeitig – eine kritische Betrachtung der Bewegung.
Ein Begriff (z.B. „Anthroposophie“) deckt in erster Linie die persönliche, individuelle Vorstellung jedes Fragenden ab, wenn er dich fragt, ob du ein „Anthroposoph“ bist. Dem zuzustimmen ist sehr gefährlich, denn wir kennen die Vorstellungen, die das Gegenüber mit diesem Begriff verbindet, nicht! Und schon sind wir mitten drin…

Die Würdigung gilt dem Menschen Rudolf Steiner und hat durchaus eine persönliche Färbung. Es ist meine Beziehung zu ihm und das Verhältnis, welches sich vor mehr als 33 Jahren zu seinem Werk gebildet hat. Im Frühling 1981 (mit 25), kam mir der Name Steiners zum ersten Mal zu Ohren. Die Annäherung führte über sehr unterschiedliche Stationen schliesslich ins Heute.

Als ich damals mit der Anthroposophie in Kontakt kam, hatte ich einen naiv-kindlichen Zugang und betrachtete alles in einem rosafarbenen Schleier. „Esoterische“ und spirituelle Themen beschäftigen mich schon seit meiner Kindheit. Psychologische Fragen über Mensch, Gott und die Welt, die damit zusammenhängen ebenso wie Fussball und Lesen.

Damals war ich intensiv mit Büchern eines gewissen Carlos Castagneda`s und jenen lebensvollen Romanen von Hermann Hesse beschäftigt. Es prägte sich eine sehr idealisierende Haltung in mein (Unter)-Bewusstsein ein. Von bewusstem Sein kann nicht im Geringsten die Rede sein, weil ich aufgesogen war mit Inhalten aller Art und schnell alles für bare Münze nahm, was mir diesbezüglich in die Hände, oder in den Sinn, kam. Als ich zum ersten Mal Bücher Steiners las, gab es keinen Unterschied zwischen einem Castagneda, Hesse und ihm. Sie sprachen selbstverständlich alle vom gleichen und liessen meinen Interpretationen und Phantasien viel Spielraum.

Was ich gelesen hatte, und das war am Anfang sehr viel, integrierte ich in mein Denken. Ich färbte mein Tun und Handeln danach. Ich sah, dass es anderen auch so erging und es entstanden ähnliche, oft symbiotische Beziehungen im Umfeld von Steiners Anhängern. Man war sich in grundlegenden Fragen wie Reinkarnation und Karma in internen Kreisen meistens einig. Ein Zitat des Meisters galt als unanfechtbares Glaubensgut, was es nach aussen zu verteidigen galt. Differenzierte Fragen wurden hingegen deutlich weniger gleichmütig diskutiert. Ich habe niemals so viele Idealisten an einem Ort erlebt, wie damals.

Dann geschah etwas, was meinem innersten Wesen vollkommen widersprochen hatte: Eine persönliche Absonderung gegen anders Denkende und ein Entwicklungsstillstand wurde spürbar. Das erlebte ich spätestens, als ich die Ausbildung als Werklehrer und Kunsttherapeut am Goetheanum abgeschlossen hatte und wieder in „die Welt da draussen“ eintauchen musste/durfte. Es wurde mir zum innersten Bedürfnis, diese Re-Integration von neuem zu suchen und mich zu öffnen. So kam ich auf kleinen Umwegen schliesslich an die Psychiatrische Universitätsklinik in Basel, wo ich drei Jahre tätig war, bevor ich eine eigene kunsttherapeutische Praxis eröffnete.

Diese Beschreibungen sollen die Beziehung zu Rudolf Steiner und zur Anthroposophie als Entwicklungsprozess, auf einem individuellen Weg, darstellen. Am ersteren blieb alles, an der letzteren wenig, insofern es sich um den Begriff und einer vorgefertigten Vorstellung darüber handelt! Aus dem Verhältnis als Guru und Lehrer, erwachte allmählich eine innere Bruderschaft zu Rudolf Steiner. In den vergangenen 30 Jahren kam es nie zu einem grundsätzlichen Bruch, trotz meines individuellen und unkonventionellen Weges.

Das erwähnte Stehenbleiben bei den vorgefertigten Interpretationen der anthroposophischen Inhalte war mir zunehmend ein Dorn (-ach) im Auge. Davon (von den Interpretationen,nicht von den Inhalten) habe ich mich gelöst. Das ständig neue überdenken und neue formulieren von Erlebnissen und Erfahrungen brachten mich dazu, auch bei anderen Weltbildern wieder den Zugang zu Antworten über das, was die Welt im Innersten zusammenhält, zu suchen.

Die Synergien zwischen den verschiedenen Weltbildern und Religionen standen im Mittelpunkt und keine abgeschlossene Glaubensdoktrin. Es wurde mir klar: Begriffe können eine Sache benennen, und ihnen einen Anker geben, an dem man sich festhalten kann. Die Rückaufschlüsselung dieses Ankers ist viel schwieriger, weil derselbe Begriff unterschiedliche Bedeutungen haben kann und somit nicht objektiv ist.

Das Bewusstsein der Begrenztheit unserer Vorstellungen (wir nennen es landläufig „denken“) wurde mir immer klarer. So begann ich nach bewusstem Sein zu suchen, welches sich über die reine gedankliche Ebene erhebt. Ich war davon überzeugt, dass wir grundsätzlich keine Begrenzung in der Erkenntnis haben, wie uns dies Immanuel Kant in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ nahegebracht hatte. Was ich aber im Denken suchte, offenbarte sich nun bald in der selbstreflektiven, bedingungslosen Schau desselben.

Dieses Erlebnis bedeutete für mich eine neue Wende in meinem persönlichen Entwicklungsweg. Wenn ich, so sagte ich mir, das Bewusstsein des Wahrnehmens der Gedanken erlebe, dann enthebe ich mich gleichzeitig der Identifikation mit diesen Gedanken. Das Erleben im Zustand der Selbstbeobachtung und der „Achtsamkeit“, wie ihn die buddhistische Tradition kennt, war ein Schlüssel zur Freiheit, ohne deswegen dem Buddhismus oder einem anderen „Ismus“ beitreten zu müssen…

Die Dinge widersprechen sich nicht. Man muss nicht Buddhist werden, um dies zu begreifen. Es gibt immer nur ein zu sich selbst finden.

Ich fühle mich heute näher verbunden mit Rudolf Steiner! Näher denn je! Das Beobachten des Denkens in seinem wichtigsten Werk: Der „Philosophie der Freiheit“ zeugt davon und entschlüsselte mir neue Erkenntnisse. Steiner wollte den Begriff „Anthroposophie“ jeden Tag neu definieren!

Was wäre wohl aus der Gesellschaft geworden, wenn die Menschen heute keinen Begriff mehr hätten, an welchen sie sich klammern könnten? Wenn die vermeintliche „Wahrheit“ nicht mehr aus unendlichen Diskussionen herausgepresst werden müsste, sondern bewusstseinsmässig im Jetzt erfahrbar würde. Wenn wir in jeder Situation aus uns selbst die Wahrheit finden müssten, ohne Bezugnahme oder Rezitation von irgendwelchen klugen Sprüchen! Wenn nur noch diese Erfahrungen und Erlebnisse relevant würden auf einer internationalen, vollkommen unabhängigen Plattform, die keinen Namen hat und aus dem Herzen jedes Einzelnen entspringen würde…

Steiners Anthroposophie ist diesem Gedanken sehr nahe gekommen. Nur, wohin steuert dieses zunehmend träge werdende Schiff, welches den Namen heute trägt und verantwortet und welches sich im riesigen Ozean der Ideologien zu verirren droht, sich mehr und mehr spaltet in Untergruppen, Nebengruppen und in feindliche Lager. Wie unabhängig und frei ist die Gesellschaft (…und die damit zusammengeschlossenen Verbände) heute noch?

Solche Fragen bewegen mich unaufhörlich. Ich bin nicht am Ende meiner Weisheit angekommen und werde dies auch nie schaffen. Ich stelle lediglich ehrlich und offen meine persönliche Sicht der Dinge dar. Offenheit im Rucksack tragend, allen ernsthaften Bemühungen gegenüber, seien sie mir ideologisch näher oder ferner… so lautet mein Lebensmotiv.

Die einzige Abhängigkeit, oder besser Verantwortung, habe ich meinem eigenen, inneren geistigen Führer gegenüber. Er aber hat keinen Namen und bleibt für immer unaussprechlich.

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und ein KinderbuchUrsli und der Traum vom Schiff

Glaube macht selig?

Glaube, WissenDer Weg von der Information hin zum eigenen Standpunkt ist mit vielen Hindernissen gepflastert. In der Regel werden Gedanken von außen aufgenommen und nur empfindungsmässig „kontrolliert“. Gedanken werden selten umgewandelt und zu Ende gedacht. Weil nun aber viele Informationen von außen mit einem rosafarbenen Mäntelchen daherkommen und in schöne Kleider verpackt sind, ist man nicht mehr geneigt den Dingen auf den Grund gehen zu wollen.

Sowohl in der Politik, in der Werbeindustrie, in den Medien, kurz: überall wo man die Gunst möglichst vieler Menschen erwerben will, macht man sich deren Tugend der Massen zu nutzen: die Abstumpfung und Lethargie. Verpackung ist alles, Inhalt ist nix! Der grösste Mist wird verkauft, die hinterhältigsten Politiker gewählt, wenn der Wille nicht aufgebracht wird, Tatsachen auf den Grund zu gehen und ihnen auch ungeschminkt in die Augen zu schauen. Nur ist es kaum möglich, immer und zu jeder Zeit hinter alle Fassaden blicken zu können und alles zu hinterfragen. Man bekommt mit der Zeit so etwas wie eine „Empfindungsmeinung“.

Ich erfahre und erlebe sie in der Skepsis oder auch als dumpfe Zustimmung wieder. In vielen Fällen werde ich damit gute Erfahrungen machen. In manchen Fällen greife ich auch daneben. Jede Information, die mich berührt, erzeugt in mir zunächst Zustimmung oder Skepsis. Beide bilden sozusagen meine Arbeitshypothese für die Weiterverarbeitung. Sie kann eine gute erste Grundlage sein für alle erkenntnisbildenden Prozesse. Was danach folgt, ist eigenschöpferische Kraft. Der Erkenntnisakt geht immer durch die Gefühle hindurch bis er, wieder zurück in meinem Kopf angelangt, zur Meinung wird. Verfolge ich diesen Vorgang weiter zurück und frage mich, was liegt denn dem Glauben zu Grunde, so stoße ich zunächst immer auf ein Gefühl! Aber was ist die Grundlage des Gefühles? Gefühle sind Produkte meiner Erlebnisse und Erfahrungen.

Alles, was mich in meinem Leben berührt, was ich verarbeite und innerlich bewege (oder verdränge), bildet an diesen Gefühlen mit. Hinter all den Erfahrungen stehen meine Lebensumstände.

Wo wurde ich hineingeboren, in welche Kultur, in welches Land, in welche Stadt, welches Dorf, welche Landschaft. Was für Menschen umgeben/umgaben mich, prägen mit, trösten, plagen oder bilden, erziehen mich? Freunde, Bekannte, Eltern, aber auch Feinde: es entstehen Feindbilder. Vorlieben oder Neigungen formen mich, schmieden am Glück oder am Leid meines Lebens. Glaube Sie alle bilden an meinen Empfindungen, welche dann dumpf in den Untergrund tauchen und alles Verhalten und Beurteilen in meinem Leben mitbestimmen. Lebensumstände bilden an den Glaubensbekenntnisse.

Diese Lebensumstände sind eingeleitet worden durch die Geburtsumstände. Dahinein spielt die die Vorgeschichte der Geburt ebenso eine Rolle, wie auch der Verlauf der Geburt selber. Wer noch weiter zurück will, wird wieder auf das Problem des Dualismus stoßen und den Ursprung an verschiedenen Orten suchen. So werde ich als Materialist als einzige Bedingungen die Gene und irgendwelche biochemischen Prozesse akzeptieren, währenddem ich als spiritueller Mensch dahinter eine geistige Realität sehen kann. Dieser wird die Ursache des Glaubens letztlich ebenso gewiss als karmischen Ursprung definieren können wie der Materialist den seinen in den Genen und biochemischen Prozessen sucht.

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

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