Gegenwartsbewusstsein

Kaltbrunnental bei Grellingen

Die Vergangenheit ist immer Grundlage für die Zukunft. Das Jetzt, die Gegenwart, ist dabei stets real und unmittelbar anwesend. Vergangenheit und Zukunft sind rein virtuelle und abstrakte Vorstellungen in unserem Gehirn. Sie existieren nur im Gedanken oder in der Erinnerung eines Menschen. Wer das Leben unmittelbar und real erfassen will, der muss es gegenwärtig erfassen!

Die Gegenwart ist nichts fixes und abgeschlossenes. Alles Lebendige bewegt sich unaufhörlich und leicht durch Zeit und Raum. Formen kommen, Formen gehen. «Fertig» sind sie schlechtestenfalls beim Tod. Aber nicht einmal dort wirklich.
Die Materie verschwindet, zersetzt sich, vermischt sich wieder mit der Trägermaterie, verwandelt sich und erscheint wieder in neuer Form! Diese neue Form durchlebt die Zeit und Raumgesetze, bis sie stirbt und verwelkt. Das ist der Kreislauf der Formenwelt. Dabei sind alle Formen in der Natur ohne Einwirken des Menschen geschlossen und harmonisch. Der Mensch kann sie zersetzen, verändern, bearbeiten, umwandeln… und wieder neu zusammensetzen. Das tut er industriell oder in der Kunst. Neues entsteht immer aus dem Vorausgegangenen. Der Schnittpunkt ist die Gegenwart. Sie ist der kreative Moment!
Wir leben in einer «Fertigkultur»! Die westlich ausgerichtete Zivilisation mag Fertigprodukte, weil sie verlernt hat, selbst schöpferisch zu sein und weil unser Wirtschaftssystem diese Art von Kreativität unterdrückt. Der Handlungsspielraum ist eingeschränkt, eingepresst in rational optimierte Produktionsketten und fest strukturierte Abläufe. Bereits in der Schule spürt das heranwachsende Kind diese Zwänge. Alles ist ausgerichtet auf Optimierung, Rationalisierung und Leistungszwang.
Der Zukunft gehört eine kreativere Gesellschaft! Entwicklung bedingt stets die Auflösung alter Formen und Strukturen. Es gibt keine Entwicklung ohne Verluste und Krisen. Nur auf der Basis einer grundlegenden Offenheit und Unbefangenheit gedeihen neue Ideen! Gedanken sind lebendig. Alte Formen müssen auch hier sterben und sich auflösen, damit neue entstehen.

Neuerscheinung: Urs Weth, „Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz“ bei Thalia

Die Kunst ist eine Herzensangelegenheit

BleistiftJedes Objekt lässt sich begründen. Eine Kunstkritikerin meinte kürzlich anlässlich der Art Basel sinngemäß: Die moderne Kunst hat in erster Linie mit dem bestmöglichen Transport von Ideen zu tun. Es geht also einerseits um die gute Idee und andererseits darum, die Idee im Objekt sichtbar zu machen. Dabei, so meine sie, stünden häufig philosophische Themen im Vordergrund.

Das Wie ist dabei keine Frage der Qualität des Objektes, sondern von dessen Symbolwert abhängig. Die Umsetzung, das heißt die Konstruktion der Gedankenkette, um das Objekt verständlich zu machen, ist zuweilen abenteuerlich…

So kann für den Normalsterblichen ein Bleistift ein Bleistift sein. Für den modernen Künstler kann es jedoch zu einem Symbol für die moderne Gesellschaft werden. Im ersten Fall ist es keine Kunst und kostet 1.95 Euro. Im zweiten Fall, als Kunstobjekt, entsprechend präsentiert 10000 Euro.
Sie fragen sich jetzt sicher, worin der Zusammenhang des Bleistiftes mit der modernen Gesellschaft bestünde? Ok, ich auch. Aber lassen Sie mir eine Stunde Zeit, ich werde Ihnen einen entsprechenden Aufsatz darüber schreiben. Und Sie werden überzeugt sein davon, dass dieser Zusammenhang besteht…

Das Objekt wird also zum Symbolträger. Der Wert besteht in der Erklärung, die dazu geliefert werden muss. Das Objekt selbst hat lediglich den Wert des Schreibgerätes. Somit erschließt sich aus der Betrachtung selbst keine künstlerische Nahrung, kein ästhetischer Wert, mal abgesehen von der Banalität einer simplen Ästhetik, die man jedem Objekte beimessen kann.

Genau hier setze ich persönlich meinen Maßstab. Für mich besteht der Wert eines Kunstobjektes nicht in der intellektuellen Erklärung seiner Bedeutung, sondern aus dem, was sich aus ihm selbst erschließt. Damit wird der Kernpunkt auf die Gestaltung gelegt, auf die Qualität der Formgebung zum Beispiel. Das Wie hat nicht mehr mit einer Idee zu tun, beziehungsweise deren optimalem Transport, sondern mit der Gestaltung. Diese erschließt sich jedem fühlenden Menschen. Sie kann auch aus der Betrachtung selbst erschlossen werden, sowohl von Kindern, wie selbst für kognitiv beeinträchtigte Menschen. Die Wirkung umgeht den Weg über den Intellekt, über das bloße Verstehen. Natürlich kann auch der Bleistift als Objekt eine Wirkung auf mich ausüben. Das kann jedes Objekt, ohne dass ich den Zusammenhang mit der modernen Gesellschaft herstellen muss. Der Wert bleibt aber dann bei 1.95 Euro.

Diese Kunst ist der Spezialfall. Das herausheben eines Objektes und dessen Anbindung an einen, zum Beispiel philosophischen, Grundgedanken.

Die künstlerische Bemühung um Gestaltung beinhaltet auch den Willen einer gezielten Aussage. Die hat aber keinen symbolischen Charakter, sondern will unmittelbar wirken. Insofern transportiert sie keine Gedanken oder Erklärungen, sondern Gefühle, Empfindungen, Emotionen. Kunst ist, wie die Liebe übrigens, in erster Linie eine Herzensangelegenheit und weniger nur Nahrung für den Intellekt. Ob diese Gefühle dann positiv oder negativ nachklingen ist dabei noch nicht gesagt.
Dies einige Gedanken zur gerade beendeten ART Basel…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

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