Wirtschaft und Mensch

Was sind gegenwärtig die wichtigsten Antriebe für den Handel zwischen Menschen? Ist es die christliche oder humane Gesinnung für einen fairen Handel mit fairen Mitteln? Ist es die eigene Freude, anderen Menschen etwas Gutes zu tun? Oder ist es der uneigennützige Antrieb, anderen Menschen aus purer Liebe Freude zu bereiten? Vielleicht auch die reine Lust am Handel?
Wohl nichts von alledem!

Das wesentliche Motiv – welches oft kaschiert auftritt, der persönliche finanzielle Gewinn, wird kaum jemand bestreiten, ohne Selbstbetrug zu begehen. Es ist die Maximierung des Umsatzes, die allen anderen Motiven voransteht. Der Drang, immer reicher und wohlhabender zu werden, sich immer mehr leisten zu können, der persönliche Wohlstand – oder auch Machtbesessenheit. Jedes andere Argument kann bestenfalls eine Alibi-Bezeugung sein, ein schöner Vorwand, um den wahren Grund zu verbergen. Wenn Aktionäre eine schmeichelhaft hohe Dividende ausbezahlt bekommen, kann es ihnen doch völlig Wurscht sein, ob die Firma an die Chinesen verschachert wird…
Natürlich können persönliche Freude an der Arbeit und der Nutzen idealerweise verschmelzen und zusammenwachsen. Bleibt der Gewinn aus, verdirbt es in den meisten Fällen jede Freude dieser Art. Wer etwas verkaufen will, egal was, muss sich in das Räderwerk der “freien“ Marktwirtschaft, wohl oder übel, einfügen.

Gewinnoptimierung

Die Gewinnoptimierung hat schon sehr viel Phantasie in der Geschichte der Menschheit angeregt. Selbst wenn wir eine, für anständige Menschen gezogene Grenze überschritten glauben, so sind wir noch lange nicht am Abgrund legaler (oder versteckt illegaler) Möglichkeiten angelangt. Es ist heute eine Selbstverständlichkeit geworden, Geräte, Apparate, Bestandteile, Kleider, Schuhe e.t.c. so zu konstruieren, dass sie kurz nach Ablauf der Garantiefrist (im Fall der Gerätschaften) irreparabel kaputt gehen (Stichwort Sollbruchstelle). Ein persönlicher Einschub sei mir erlaubt: Letzteres erlebe ich nämlich regelmässig bei der Munddusche, die nun zum dritten mal hintereinander nach knapp drei Jahren einen Riss am Kabel aufweist, immer exakt an der gleichen Stelle, die technisch durchaus besser gelöst werden könnte. Die Garantiefrist beträgt zwei Jahre. Selbstreparatur ist praktisch ausgeschlossen, weil man das Gerät nur mit radikalen Methoden (Hammer und Zange) öffnen kann…

Kundenbindung

Selbstverständlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten der Kundenbindung. Ohne den Druckverbrauch zu erhöhen, haben sich die Kosten für Tinte in den letzten zwei Jahrzehnten in meinem Fall mindestens verdreifacht, bis ich übergegangen bin, wieder uralte, professionelle, gebrauchte Drucker zu verwenden, die nur 10% des Tintenverbrauchs eines neuen aufweisen! Hinter dieser Tatsache stecken bestimmt keine humanen Gründe.

Nur: wie banal sind solche Dinge im Vergleich zur menschlichen Gesundheit! Wenn das “Verkaufsgut“ Geräte sind, dann tangiert es uns, mal abgesehen davon, dass es Ärger verursacht, dennoch wenig.
Bei den Medikamenten zum Beispiel ist das „Endprodukt“ der Mensch! Hätte die Gesundheitindustrie wirklich Interesse daran, Menschen zu heilen, dann würde sie doch bald schon abdanken können! (siehe aktuelles Beispiel unten!). Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn die Gesinnung der dortigen Manager der erstgenannten, humanen Variante, entspräche. Dies käme aber wohl kaum dem Anforderungsprofil eines solchen nahe.
Würden Medikamente die Menschen wirklich heilen, dann würde der Umsatz in kurzer Zeit stark zurückgehen. Das mögen Aktionäre nicht gerne. Deshalb gilt der Grundsatz der Gewinnoptimierung selbstverständlich auch in diesem Fall. In diesen Tagen werden in den Nachrichten (…alle halbe Stunde und an erster Stelle!) die grandiosen Gewinne eines bekannten Basler Chemiekonzerns von über 9000000000 Sfr. (9 Milliarden!, Tendenz steigend, trotz Finanzkrise) vermeldet. Ich habe mich gefragt, was das Motiv sein könnte, dass diese Nachricht in der Öffentlichkeit an so vorrangiger Stelle präsentiert wird!? Werden die Leute sagen: „WOW, toll! – Uns geht es aber gut!“ Doch eher müssten sich die meisten verärgert oder betrogen fühlen und sich fragen: „Hm, werden wir eigentlich immer kränker, oder stimmt da was nicht?“ So weit sind die meisten allerdings noch nicht gekommen!

Kunden finden, Kunden binden, heisst es im Jargon der Verkaufsschulung. Im Fall der Medikamente heisst dies fatalerweise, dass es möglichst viele kranke Menschen geben muss und dass man sie möglichst lange (chronisch) krank halten muss (akute Krankheiten, schnell und radikal heilende Medikamente oder der Tod rentieren weniger). Die Abhängigkeit von einem Medikament (sprich, eine „Gesundheit“, die immer so auf der Kippe steht), ist der beste Garant für einen florierenden Markt! Wie absurd ist diese Situation!
Und sie spiegelt nicht nur die Absurdität der Pharmaindustrie, sondern jene eines ganzen (Markt und Finanz-) Systems. Niemand scheint den Irrsinn zu durchschauen.

Der Massenschlaf geht endlos weiter. Der Glaube ist nirgends so ausgeprägt wie jener an dieses System. Religionen könnten stolz darauf sein, wenn sie so viele Gläubige motivieren könnten, an ihren Gott zu glauben! Leichter geht es mit den Gläubigern! Es ist vor allem der blinde Glaube daran, zu den Gewinnern zu gehören! Der Verkäufer möchte natürlich immer Gewinner sein! Das Geschäft zwingt ihn dazu, Gewinne zu erzielen. Und die meisten sind es auch – Gewinner nämlich. Da es bei einem Gewinn aber immer einen Verlierer gibt, zieht der Käufer, also der Kunde in dem Fall immer den kürzeren. (Jeder Kredit ist eine Schuld). Die Sache gleicht sich irgendwie dadurch aus, dass der Verkäufer gleichzeitig auch immer Kunde ist – und umgekehrt! Betrügen und betrogen werden: Ist dies die Maxime, die ein solches System aufrechterhält? Ist es deshalb so schwer auszutilgen, weil wir immer zu beiden Seiten gehören?! Es ist ein Spiel, in dem der oder die Stärkere gewinnt. Ein Kampf ums Überleben für die meisten, ein Kampf um Macht für die Wenigen, die wirklich Gewinner bleiben am Schluss…?

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Ein aktuelles Beispiel zum Thema (18.04.2018)

Goldman-Sachs-Studie für Big Pharma: Gesunde Menschen sind schlecht fürs Geschäft

Gesunde Menschen sind schlecht fürs Geschäft, heißt es in einer neuen Studie der Investmentbank Goldman Sachs, die am 10. April veröffentlicht wurde. Der US-Sender „CNBC“ berichtete am Mittwoch über den internen Bericht der Investmentbank an ausgewählte Kunden in der Pharmaindustrie.

Vor allem was die gentherapeutischen Behandlungen angehe, seien Heilungen langfristig kein gutes Geschäftsmodell, meinten die Analysten in ihrem Bericht mit dem Titel „Die Genom-Revolution”.

„Die Möglichkeit, Behandlungen zu entwickeln, die nach nur einer Anwendung die Heilung vollbringen, ist einer der attraktivsten Aspekte der Gentherapie, der gentechnisch veränderten Zelltherapie und der Genbearbeitung“, schrieb die Analystin Salveen Richter in einer Mitteilung an die Kunden.

Solche Behandlungen hätten allerdings im Vergleich zu Behandlungen von chronischen Krankheiten ganz andere Prognosen in Bezug auf wiederkehrende Umsätze, so Richter weiter.

Obwohl dieses Angebot einen enormen Wert für die Patienten und die Gesellschaft hat, könnte er eine Herausforderung für die Entwickler von Genom-Medizin darstellen, die einen nachhaltigen Geldfluss suchen“, fügte die Analystin hinzu.

Richter führte ein Beispiel an: So habe eine Gen-Behandlung gegen Hepatitis C namens GILD eine Heilungsrate von 90 Prozent. 2015 habe das Unternehmen mit diesem Medikament 12,5 Milliarden Dollar verdient. Seitdem seien die Verkaufszahlen gefallen und werden sich in diesem Jahr laut der Einschätzung von Goldman Sachs auf 4 Milliarden Dollar belaufen.

Der Erfolg des Hepatitis-C-Medikaments habe dafür gesorgt, „dass die Verfügbarkeit von behandelbaren Patienten immer geringer wurde”, schrieb Richter. D. h., dass eine Heilung von ansteckenden Krankheiten dafür sorge, dass sich immer weniger Menschen mit der Krankheit anstecken. Dies sei ein typisches Beispiel für ein schlechtes Geschäftsmodell.

Wenn die Zahl der Patienten stabil bleibe, wie etwa bei Krebserkrankungen, gefährde eine Heilung nicht den langfristigen Vertrieb eines Medikaments, so Richter weiter.

In ihrem Bericht bietet Goldman Sachs ihren Pharma-Kunden drei mögliche Lösungen an, um langfristig im Geschäft zu bleiben:

  1. „Sucht große Märkte“: D. h., Krankheiten, die sich immer mehr ausbreiten, wie z. B. Hämophilie, die Bluterkrankheit. Der Markt für diese Krankheit wachse jährlich um 6-7 Prozent.
  2. „Behandelt Krankheiten, die häufig auftreten“: Damit sind vor allem solche Krankheiten wie die Spinale Muskelatrophie gemeint, die ständig behandelt werden müssen.
  3. „Konstante Innovation und Erweiterung des Portfolio“: Es gebe hunderte von Genkrankheiten, für die noch kein Medikament entwickelt wurde. Außerdem könnten neue Medikamente alte ersetzen und damit die rückläufige Umsatzentwicklung ausgleichen.

Salveen Richter wollte sich gegenüber CNBC nicht zu der Studie äußern.

(as)

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Veröffentlicht von

weth

1956 in der Schweiz geboren; Autor, Bildhauer, Werklehrer, Architekt und früher einmal Hochbauzeichner und Maurer...

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