„Ich glaube nur, was ich sehe…“ – Dogma

GlaubenVom materialistischen Standpunkt aus betrachtet, geschieht unser denken – fühlen – wollen über das Nervensystem und damit im Gehirn als deren zentralem Organ. Jeder Mensch hat ein ihm spezifisches, individuelles und unvergleichbares Gehirn.

Aus der Sicht des Materialismus erfolgen Gedanken und Gefühle aufgrund biochemischer Prozesse in den Nervenbahnen. Wenn also der Materialist sagt: „ich denke“, dann ist dieser Gedanke seiner Theorie gemäß nichts anderes, als ein Vorgang von diversen Abläufen in den Schaltstellen seines Gehirns. Jetzt kann man sich fragen, woher es denn kommen kann, dass auch nur zwei Menschen den gleichen Gedanken haben können, warum z.b. alle Materialisten sich an diese ihre eigene Theorie anlehnen können?

Wo bleibt Gott?

Das müsste doch zur Folge haben, dass es etwas Übergeordnetes gibt, etwas, was quasi über all diesen Gehirnen „in der Luft liegt“. Ein Prozess, der verschiedene Aussagen oder Meinungen zu einem Thema miteinander verbindet und von vielen Gehirnen verstanden wird, kann niemals in einem einzigen, individuellen Gehirn stattfinden. So weit so gut. Es muss also „etwas“ geben, was dem zugrundeliegenden Erkenntnisprozess übergeordnet ist und was sich in vielen Gehirnen gleichzeitig oder nacheinander manifestieren kann. Je nach Art und Offenheit des Denkenden, verbinden sich somit Gedanken untereinander zu einem objektiven Tatbestand. Wenn Sie das, was ich hier schreibe, nachvollziehen können, dann ist der Beweis erbracht, dass dem so ist. Nämlich: Dass Sie (im gleichen Moment!) – wo Sie dieses lesen – denselben Gedanken mitdenken können! Ist das nicht unglaublich? Und dann sind Sie gewiss auch kein Materialist, auch wenn Sie sich vielleicht gerne so nennen oder sehen mögen…

Und nun zum Dogma

Aber auch wenn Sie es nicht verstehen, heisst das noch lange nicht, dass Sie ein Materialist sind. Es ist nämlich gar nicht so einfach, einer zu sein! Es könnte durchaus sein, dass ich meine Worte für Sie ungünstig gewählt habe, oder Begriffe eingeflochten habe, die Sie nicht zu deuten wissen – oder dass es Ihnen erst durch mehrmaliges Lesen erschliesst, was gemeint ist und so weiter…
Diese Denkmöglichkeit liegt aber jenseits des Materialismus! Sie ist sozusagen Materie unabhängig! Sobald wir das Denken außerhalb des Gehirns legen, haben wir als pragmatisch denkende Menschen ein Problem. „Ich glaube nur an das, was ich sehe…“. Dieser berühmt-berüchtigte Satz dementiert alles, was sich jenseits vom Sichtbaren, Wägbaren usw. abspielt. Konsequenterweise müssten selbst Smartphones bezweifelt werden und jegliche digitale, webbasierte Übertragung von Daten, wie ich sie eben in diesem Moment, wo ich diese Gedanken via Datenbahnen in die Wolke sende, tätige.
Aber weil es eben funktioniert, glaubt man es auch. Man macht eine grosszügige Ausnahme. Aber da beginnt auch gleichzeitig das Problem des Dogmas. Natürlich funktionieren noch ganz andere Dinge: Tausende und abertausende von sogenannten „Wunderheilungen“, seltsamen Phänomenen und dergleichen, könnten die Sache mit dem „ich glaube nur, was ich sehe“ – Dogma ebenso ins Wanken bringen. Denken Sie darüber nach…

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… – Einblicke in die Kunsttherapie… ein Resume nach 25 Jahren…

 

Überdruss eines Materialisten

gustavAus Gustavs Tagebuch, nach seinem Tod entdeckt: „Normalerweise werden wir unser Bewusstsein nur auf die Aktivitäten und Tätigkeiten ausrichten, welche sich zwischen Geburt und Tod befinden. Es ist nicht anzunehmen, dass wir im Laufe des Lebens viele Gedanken über anderweitige Realitäten auskundschaften.“

Und weiter steht da: „Der normale Bürger gibt sich mit der sichtbaren, wägbaren und hörbaren, vielleicht noch spürbaren Welt zufrieden. Der Gedanke, dass es weiter gehen könnte nach dem Tod macht ihm eher Angst. Damit beschäftigt er sich nicht gerne. Und noch viel weniger wird man an einen ähnlichen Prozess denken, welcher sich vor der Geburt zugetragen haben soll. So gesehen ist die Normalperspektive unseres Lebens in der Regel zwischen 50 bis maximal 100 Jahre lang (nehmen wir Johannes Hesters einmal aus). Daraus ergibt sich eine entsprechende Lebensoptik, Lebensperspektive und Lebenslogik, welche dem Zeitzustand und der Vergänglichkeit die grösste Aufmerksamkeit und damit auch jede verfügbare Energie zuwendet. „Schliesslich leben wir nur einmal…“ heisst es dann etwa „…und das müssen wir in vollen Zügen geniessen!“ Eine solche Lebensoptik erwägt keine Gedanken darüber, dass man in irgendeiner Form auf seine Gesundheit oder auf den Lebensstil achten müsse. Höchstens insofern man in mittlerem Alter vielleicht die ersten Bresten zu verspüren beginnt. Schliesslich will man die Lebensqualität der verbleibenden 20-30 Jahre noch „optimieren“ und pflegt seinen Körper mit den üblichen biochemischen Créme’chen und Pülverchen oder durch entsprechende körperliche Ertüchtigung, die sich nur am Faktor „Verjüngung“ ausrichtet. Er, dieser Körper, ist ja nicht viel mehr, als ein abgewandelter Motor, der einfach alle paar Monate seinen normalen Check-Up braucht. So wie beim Auto: da wird geschmiert und geölt und wenn es Winter wird, werden neue Reifen montiert und der Frostschutz nachgefüllt. In ähnlicher Weise füllt man den „medizinischen Frostschutz“ in Form von teuren, vorbeugenden Präparaten in die Bindegewebe, in die Blut- und zu den Nervenbahnen und meint so dem Ungeheuer Grippe, dem Cholesterin, prämenstruellen Syndromen oder anderen ähnlichen Übeln entkommen zu können, um sich dann wieder seinem eigentlichen Kerngeschäft widmen zu können. Das ist schliesslich alles notwendig, damit man sich all die teuren und ausgelassenen Abenteuer leisten kann, die man noch hegt: Angefangen vom tollen BMW-Motorrad bis zur großen Party. Damit kann man(n) sich dann in seiner zweiten Pubertät genüsslich ausleben und weiterhin jeden unnützen Gedanken an den Tod erfolgreich verdrängen. Frau kuriert dieselbe Not mit teuren Wellness- und Schönheitskuren und hält sich so das „Übel Tod“ möglichst lange vom Leibe. Böse Zungen behaupten… aber lassen wir das…“ Gustav war nie ein Kind der Traurigkeit, genoss sein Leben in großen Zügen und ließ auch mal die Fünfe grade sein. Sein Tod kam unerwartet in jungen Jahren, unverhofft verschwand er aus diesem Leben…

Hermann las die Tagebuchzeilen seines Freundes und lobte die eigenen Weleda-Produkte… „Ganz schön deftig, diese „Lebensoptik“ und ganz schön provokativ, diese Gedanken, die ich mir aufzuschreiben erlaube. Dennoch sehe ich das Ganze selber nicht so negativ, wie ich es hier aus dem Tagebuch meines Freundes gelesen habe. Es gibt durchaus sinnvolle Erklärungen für eine materialistische Weltanschauung. Vielleicht ist es der Überdruss und das genug haben, welches die nötigen Impulse für neue Gedanken bringt, die, wer weiß, über diese beiden Tore des Lebens hinausgehen.“
Er versuchte, sich eine Erklärung für die Ambivalenz in Gustavs Verhalten zurechtzulegen: „Das volle Abtauchen in rein materialistisches Gedankengut ist eine Form des Protestes und Kampfes für die Unabhängigkeit und die persönliche Autonomie. Zwar gleitet sie sehr schnell ab in puren Egoismus, aber dennoch braucht es diese Energie, um wach zu werden. Das, so meine ich, ist der „westliche Stil“ der Entwicklung. Sollen wir also die „Flucht nach vorne“ antreiben oder uns in eine abgehobene Spiritualität versenken, die alles Körperliche vermeidet. Ich sehe es nicht so eng, verbrüdere mich mit dem Teufelchen in Gustavs Seele und schaue künftig, dass ich den Dreck vor der eigenen Haustür erst mal wegschaffe…“

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

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