Die Illusion vom Glück

GlückViele Menschen streben vor allem nach einem im Leben, nach Glück. Es ist der meist gehegte und genannte Wunsch nebst der Gesundheit. Glücklich zu sein ist für sie die größte Errungenschaft ihrer persönlichen Entwicklung. Nur, was heißt es eigentlich, glücklich zu sein, und wie wird man es?

Viele Menschen meinen, das Glück hänge irgendwo als süße Frucht an einem Baum und könne dort jederzeit gepflückt und gegessen werden. Glück in der Funktion des Geldes, was man eben besitzt oder nicht besitzt, ist ebenso absurd. Beides sind Illusionen. Ebenso wenig wird einem (normalerweise) das Geld tatenlos zuströmen, wie das Glück. Und wenn es tatsächlich tatenlos zufließt, was ja bei manchen Menschen mit klugen Tricks möglich zu sein scheint, so werden sie damit auch nicht wirklich glücklicher. Das Gegenteil scheint sogar der Fall zu sein, wenn man die Selbstmordstatistiken zur Kenntnis nimmt. Vergessen Sie also, tatenlos glücklich werden zu wollen! Tun Sie, wonach Sie getrieben werden, wonach Ihre ethisch-moralischen, sittlichen, kulturellen und/oder sozialen Ziele Sie hinbewegen und Sie werden im Nebeneffekt ein Übermaß von diesen Früchten genießen können!  Die Illusion vom Glück weiterlesen

Buddhismus oder Christentum?

Christus„Was soll der Streit zwischen Buddhisten und Christen? Machen Sie sich doch einfach „leer“ und sehen Sie, ob was übrig bleibt…“

Als mir der Gedanke kam, lachte ich zunächst schallend! Es trifft einen Nerv, den ich nie bedacht hatte, obwohl er ein wenig salopp daher kam. Aber er hat dennoch eine ungeahnte Tiefe, die ich nicht vermutet hätte, als ich ihn jemandem lachend an den Kopf geworfen hatte…
„Der Satz beruht auf der alles verbindenden Kraft des Erlebens selbst. Alles andere sind Streitereien, die ins Abseits führen, sprich weg von der Erfahrung der Einheit…“ ergänzte ich noch und erntete nur Kopfschütteln…

Hier der Nachklang dieser Erfahrung | Gerade die Erfahrung ist es aber, die viele Diskussionen zunichte machen könnte. Doch wenige wollen sich wirklich darauf einlassen. Besonders in spirituellen Fragen scheint es wenig Bereitschaft zu geben, die Erfahrung dem blossen Wissen, oder dem Glauben, vorzuziehen.
Warum eigentlich?
Weil es mühsam ist und eine Fähigkeit verlangt, die uns nicht zum Vornherein gegeben ist, eine gewisse Konzentration und Ausdauer. Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit z.B. lange auf einen Gegenstand zu lenken, ein Bild, einen Menschen, einen Gedanken, eine Pflanze und vieles andere. Dabei stößt man bald an Grenzen. Es kommt immer „etwas“ dazwischen. Ein Gedanke wie dieser: „Was bringt das denn“, oder: „Ich habe doch wichtigeres zu tun, als mich mit solchen Dingen herumzuschlagen“, oder „Es warten so viele wirkliche Probleme auf mich zu Hause, lieber sollte ich mich denen widmen…“ usw.

Erfahrung ist Arbeit | Manchmal Schwerstarbeit! Wissen, welches schnell verfügbar gemacht werden kann, ist oft schon vorhanden, zu allen möglichen Themen. Es ist schnell recherchierbar, jederzeit online abrufbar. Wir hatten vielleicht schon das Vergnügen, einmal einen Buddhisten zu treffen und haben uns mit ihm über Religion unterhalten, dasselbe mit einem Christen, einem Hindu, einem Moslem, Juden usw. Wir waren vielleicht geteilter Meinung. Uns widerstrebte manches, was geäussert wurde und wir zimmerten uns eine entsprechende Antwort zurecht. Diese Antwort taucht nun jedesmal aus dem Untergrund unserer Persönlichkeit auf und ist präsent, wenn das entsprechende Stichwort fällt. Es ist uns zuwider und wir gehen auf Konfrontationskurs. Dasselbe geschieht mit der uns wenig sympathischen Partei, mit Fragen des Alltags usw.

Das ist der Automat in uns | Und der ist ziemlich resistent. Er ist immer präsent und verteidigt SEIN oder „UNSER“ (wessen?) Weltbild, oft vehement, starrköpfig und unnachgiebig.
Sämtliche Unterteilung in Konfessionen, Religionen, politische Parteien usw. ist eine persönliche Abstraktion von einem Ganzen, eine Abtrennung von einer Einheit, die alles umfasst und verbindet. Es sind Standpunkte, Weltanschauungen, die immer aus persönlichen Geschichten heraus konstruiert (und, je nachdem vermarktet) werden. Selbst Religionen, Sekten, werden vermarktet (Stichwort Scientology). Nicht, dass die Erfahrungen der Begründer aller dieser abstrakten Konstrukte zum vornherein falsch sein müssen. Oft sind sie absolut echt und wahrhaftig (Buddha, Christus u.v.a.). Der Bruch passiert nachher, bei denen, die die Erfahrung nicht mehr nacherleben können. Das Wesentliche geht verloren und ein Rinnsal dieser Weisheiten ergiesst sich in den Schriften der Nachfolger (Apostel, Päpste, Priester usw.). Jeder neue Abdruck (und deren mannigfaltige Interpretation) verwässert die reale Erfahrung des Urhebers über Jahrtausende hinweg solange, bis nur noch dürres, brüchiges Geäst übrig bleibt, welches bestenfalls noch als Grundlage für ein Feuer dient…
Ein religiöser Zugang muss immer wieder neu gewonnen werden. Er kann nur durch die persönliche Anbindung an das Ganze gefunden werden. Und das ist das Erlebnis… Vielleicht treffen wir sie dann alle bald wieder: den Buddha, den Christus und alle anderen?

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Machen Gesetze bessere Menschen?

Mann drückt Paragraph-SymbolIndividualismus wird oft mit Egoismus verwechselt. Letzterer verlangt nach einschränkenden Maßregeln, der erste die bedingungslose Freiheit, wenn es sie denn gibt. Die große Frage lautet: Führen Gesetze näher an die individuelle Freiheit des Menschen heran oder von ihnen weg? Und: Was bezwecken Gesetze eigentlich?

Ist der „ethische Individualismus“, wie Rudolf Steiner jene Geisteshaltung nennt, die den Menschen zur Freiheit führen soll, geeignet, sich über Gesetze und Richtlinien zu verwirklichen? Das heißt, anders gefragt: wird der sittliche Mensch durch die Gesetze besser – oder gar schlechter? Lässt sich die Frage vom Standpunkt eines „naiven Realismus“ überhaupt beantworten? Welch Drama steckt in der Beurteilung dieser Frage! Und wie existentiell ist sie, heute mehr denn je, geworden!

Der (fortgeschrittene) „naive Realist“ sagt: ich glaube nur an das, was ich sehe! Und ich sehe, wie sich die Menschen verhalten! Sie sind, leider, moralisch so labile Geschöpfe, dass sie ohne äußere Einschränkungen (Gesetze, Sittengebräuche, Normen usw.) masslos werden und ihrem Zerfall entgegen steuern würden. Wir können durch die Gesetze diesen Zerfall ein Stück weit aufhalten. Deshalb müssen wir besorgt sein, dass wir die Lücken immer dichter schließen und das System durch Kontrolle und einem “gesunden“ Misstrauen gegenüber diesen Kriminellen, „Freidenkern“ und Anarchisten, aufrecht erhalten. Dies dient dem Wohle aller! Ansonsten werden wir gnadenlos ausgenutzt. Es braucht dafür wohl keine Beweise! Du findest das Übel an jeder Strassenecke und auf den Titelseiten jeder Tageszeitung. Im besten Fall werden die Gesetze von einer demokratischen Mehrheit des Volkes bestimmt (dafür gibt es leider nur wenige Beispiele auf der Welt). Im schlechteren Falle durch ein paar hundert Parlamentarier (was der Norm eines “westlichen“ Staates entspricht). Und im allerschlechtesten Fall von einem Monarchen oder, vielleicht noch schlimmer, von einem Diktator (was faktisch leider noch die meist praktizierte Staatsform auf dieser zivilisierten Welt ist). In dieser Bandbreite bestehen die Entwicklungspotenziale. Mehr liegt nicht drin!

Da kann man nur sagen: ja, sicherlich, deine Analyse ist klar, sachlich und verständlich und, von deinem Standpunkt aus betrachtet, unausweichlich! Aber dann müssen wir auch nicht weiter über die Freiheit reden. Eine höhere Form der Freiheit als die des tun und lassen Könnens, was jeder und jede will zur Erlangung egoistischer Ziele, kann und wird es nicht geben – und letzteres ist ja wohl kaum erstrebenswert. Was übrig bleibt, ist das oben erwähnte „System“. Es garantiert einen relativen Frieden auf Erden. Wenngleich im besten Fall (dem der Volksdemokratie) immerhin ein Quäntchen Individualismus hängen bleibt, so kann er zumindest kaum ethisch genannt werden, sondern unterliegt der steten Gefahr einer riesigen Maschinerie von professioneller Gehirnwäsche durch Werbung, Marketing und Machtdemonstrationen der Regierenden und jenen, die es werden wollen.

Dann kommt der „metaphysische Realist“ auf die Bühne und sagt: hört mir zu! Die Gesetze sind doch niemals alles! So kann man keine „sittlichen Menschen erziehen“! Es gibt doch eine innere Stimme in uns, in jedem von euch allen, nenne sie die „Stimme des Gewissens“, „Gottes Stimme“ oder anders! Sie sagt uns, was richtig oder falsch, gut oder böse ist. Wir müssen nur lernen, auf sie zu hören, dann werden wir auch in rechter Weise handeln können!

Ja!
…aber die Stimme des Gewissens ist an deine persönliche Moral gebunden. Sie ist das Produkt, die Essenz deiner Glaubenssätze und Ideale, die du dir aus deiner Lebensgeschichte zusammen geschustert hast! Die Freiheit bleibt also auch hier auf der Strecke. Sie ist keine wirkliche Freiheit, sondern resultiert aus einem ewigen, reibungsvollen Kampf: dem Gewissenskampf mit dir selbst. Du bist ihm ausgeliefert bis ans Ende deiner Tage. Es bleibt dir keine Wahl, du kannst bestenfalls als kleines, elendes Würmchen des Kosmos in der Erde herumwühlen und so elendiglich krepieren.
Auch hier müssen wir kaum weiter über Freiheit diskutieren. Die egoistische Variante wäre, dass Du glaubst, du seist alleinig Gott selbst und somit das Zentrum der Welt! Dein Gewissen sei die objektive Wahrheit, nach der sich alle anderen Menschen zu richten haben!

Freiheit, die auf Kosten anderer erkämpft wird, nennt man Egoismus | Und damit sind wir wieder bei den Gesetzen angelangt. Anders ist keiner dieser Varianten beizukommen, als durch Gesetze, will man sich nicht in äußere Knechtschaft einzelner „Autonomen“ begeben. Zwar sind die Gesetze auch nicht zwingend objektiv und allgemein gültig, aber sie resultieren, wie wir gesehen haben, im besten Fall nicht nur aus wenigen oder aus einer Stimme (Monarchie, Diktatur), sondern aus der (vermeintlichen) Mehrheit. Zwar ist auch diese „Mehrheit“ oftmals ein Trugschluss, aber es genügt vorläufig, bei diesem Gedanken zu bleiben, denn auch aus ihr wird die Frage der Freiheit nicht befriedigend beantwortet werden können. Der Fokus wird nur immer wieder auf die äußeren Verhältnisse hingelenkt. Man bedenke die oftmals als „Gegenbeweis“ der Freiheitsphilosophie aufgeführten Beispiele eines Verbrechens als Ausdruck einer solchen “freien individuellen Handlung“. Es sei hier nochmals deutlich ausgesprochen: sie haben allesamt nichts mit der Individualität im genannten Sinn zu tun, sondern entspringen immer einem egoistischen Trieb und der ist das objektivste im Menschen!

Zu einer inneren, wirklichen Freiheit kommen wir auf diesem Weg nie. Eingeleitet wird dieser Schritt nur immer durch die ehrliche und konsequente Selbstbeobachtung. Im Akt der Selbsterkenntnis erst, durchschaut der Mensch die Motive seines eigenen Handelns. Dazu reicht die rein analytisch reflektierte Rückschau nicht aus, weil wir dadurch auf der Gedankenebene bleiben. Wir beurteilen (und verurteilten) dabei die eigene oder fremde Sachlage lediglich aus einem anderen Blickwinkel heraus – und umgehen dabei elegant das eigentliche Zentrum unseres Seins. Erst im gegenwärtigen Augenblicke vermögen wir sie anschauend zu verlassen.

Darauf kommt es an und nur darauf! Im Jetzt “erwischen“ wir die wahren Motive und zwar nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren! Erstere bestimmen den naiven Realismus, letztere den metaphysischen. In diesem Selbst beobachten haben wir den Standpunkt „erhöht“. Wir sind aus uns selbst herausgetreten. Heraus aus dem verhafteten, automatisierten Schablonenmenschen. An diesem haftet unser Ego. Der neu gewonnene Standpunkt vermag uns aus diesem zu befreien. Wir erleben jetzt eine neue Bewusstseinsqualität, die Intuition genannt werden kann! Die wahren, menschenfreundlichen Gesetze und Erfindungen sind allesamt aus solchen Intuitionen heraus entstanden! Durch die „Erhebung“ des Bewusstseins auf diesen Punkt, verbinden wir uns sozusagen mit der einheitlichen Welt, mit dem All-Einen, aus dem heraus solche bewusstseinsübergreifende Intuitionen entstehen, an denen alle Menschen mitwirken. Die Erfahrung bringt es zutage! Wir haben Anteil an einer gemeinsamen Welt eines großen geistigen Ganzen. Hier, und nur hier, wohnt die wahre Natur der Freiheit! Sie ist bedingungslos und ein im höchsten Grade sittlicher Zustand. Wäre der ganzen Menschheit diese Erfahrung präsent, oder besser: gegenwärtig, dann würden sämtliche Gesetze und Vorschriften hinfällig. Die Motive der Handlungen jedes Menschen entsprächen einem ethischen Individualismus (siehe „Philosophie der Freiheit“, Rudolf Steiner) und würden von jedes Menschen spezifischer Form, durch seine individuelle moralische “Technik“ verwirklicht und realisiert. So verwandeln wir den zweckbestimmten Naturmenschen zum freien Geistmenschen.

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Vom Sinn des Lebens

Sinn des Lebens Irgendwann in ihrer weltlichen Karriere stellen sich viele Menschen die Frage nach dem „Sinn ihres Lebens“. Nur wenige sind fraglos zufrieden und glücklich mit dem, was sie haben, auch (oder gerade?) wenn sie viel besitzen.
In meiner Tätigkeit als Therapeut wurde ich in den letzten zwei, drei Jahrzehnten häufig mit Sinnfragen aller Art konfrontiert, die im Grunde immer auf ein „zu sich kommen“ hinzielen. Nur, was heißt „zu sich kommen“?

Begegnet man Menschen, die sich intensiv mit spirituellen Fragen beschäftigen, hört man oft unterschiedliche „Weisheiten“ zu dem Thema, die manchmal sehr unbefriedigend sein können. So hört man dort auch oft den Einwand, dass man nicht zuviel darüber nachdenken sollte, was der „Sinn des Lebens“ sei, sondern lernen müsse, mehr „in sich hinein zu fühlen“. Die Frage allein schon, so heißt es dann, zeige auf, dass man zu sehr „im Kopfe“ sei, was ein Hindernis in der spirituellen Entwicklung bedeute. Die „Suche“ nach dem Sinn des Lebens, heißt es dann oft, höre dann ganz auf, wenn man im „Jetzt“ angekommen und gegenwärtig „geworden“ sei, sich quasi „gefunden“ habe. Hm, schön erklärt, dann nichts wie los, fangen wir gleich damit an! Hören Sie also auf zu denken!

Da diesen Anspruch (des im „Jetzt“ lebens) die meisten Menschen (noch) nicht erfüllen können und man in der Gegenwart auch nicht „geworden ist“ (sondern zeitlos „ist“), stellt sich die Frage halt weiterhin und von neuem – und man kommt zunächst nur mit Denken weiter. Mit dieser Antwort ist also nicht viel gewonnen. Verkürzt hieße die Lösung des Problems für mich vielleicht etwa so: Der Sinn des Lebens besteht darin, Erfahrungen zu sammeln, um sich weiter zu entwickeln. Was damit aber nicht beantwortet ist und zuweilen einen fahlen Geschmack hinterlässt ist die Frage, für wen oder wozu man dies denn tun solle, was bringts, wem hilfts? Für sich selbst? Sozusagen, als Ego-Trip? Hm, unbefriedigend. Für die „Verbesserung der Welt“ oder der Schaffung „kultureller Vielfalt“ usw? Doch was ist „besser“? Und warum soll man das Denken dabei ausschalten? Stehen die Gefühle tatsächlich höher als die Gedanken? Oder ist dies ein Trugschluss?

Immerhin haben Sie jetzt schon kräftig mitgedacht und womöglich den Kopf hin und wieder in die eine oder andere Richtung bewegt. Bis hierher haben Sie übrigens schon die durchschnittliche Seitenbesuchsdauer auf diesem Blog erreicht! Sie können jetzt also getrost wegklicken…

Sollten Sie aber dennoch unbedingt weiter lesen wollen, so fragen Sie sich, warum Sie dies tun und warum Sie den Kopf geschüttelt haben. Weil Sie vermutlich eine eigene Meinung dazu gebildet haben? Möglich, sonst hätten Sie sich kaum für den Artikel interessiert oder schon gar nicht weitergelesen. Das Bewegen Ihres Kopfes bestätigte – oder tadelte – die von mir angeführten Gedanken. Das heißt, dass Sie sich bereits im Laufe der Jahre ein persönliches, nämlich Ihr (Lebens-) Konzept erarbeitet haben. Aus dessen Erfahrungsschatz beziehen Sie nun Ihre Urteile. Und davon möchten Sie sich jetzt womöglich nicht so leicht umstimmen lassen! Ein solches Konzept ist zum Beispiel jenes einer Gefühlsmystik? Wie auch immer Ihres aussehen mag, es beruhte und beruht jedenfalls auf intensivster gedanklicher Arbeit Ihrerseits. Wenn Sie jetzt damit auf die Welt blicken, können Sie relativ schnell eine Einschätzung diverser Situationen zu verschiedenen Themen abgeben. Ihre Gefühle richten sich indessen ganz an das von Ihnen geschaffene Weltbild. Sie empfinden Missmut, wenn Ihnen etwas widerfährt, was sich in der Abgleichung mit Ihren eigenen Konzepten wenig oder gar nicht decken lässt. Und das Gegenteil passiert Ihnen im Fall der teilweisen oder totalen Übereinstimmung. Dann nämlich sind Sie vermutlich glücklich mit dem vorgebrachten oder gelesenen.

Mag sein, sagen Sie, aber was hat das Ganze nun mit dem Sinn des Lebens zu tun? Scheinbar wenig – und doch sehr viel! Will heißen, Ihre persönliche Situation und das Leid, die Freude im Leben, hat immer mit einer dieser inneren „Abstimmungen“ oder „Abgleichungen“ der anderen Inhalte zu tun. Glück oder Unglück fühlen sich an wie gestimmte oder ungestimmte Saiten auf dem Instrument Ihrer Seele. Dies lässt Sie hoffen oder zweifeln, lieben oder hassen. Das ist alles?
Sind wir also, so kann man sich jetzt fragen, hoffnungslose Automaten, nur immer dem Wind, den Wellen oder dem Sturm eines inneren Seelenmeeres ausgeliefert? Heißt die Losung des Übels bestenfalls „positiv denken“ um einigermaßen über die Runden zu kommen? Und was ist der Sinn dahinter?

Allein das Gewahr werden dieser Tatsache enthüllt so manches Leid. Und insofern Sie dies immer näher an der Gegenwart tun (und nicht erst im nachdenken oder reflektieren!), enthüllt sich Ihnen auf einmal etwas Neues. Dieses „dahinter erleben„, deckt eine Schicht ab, unter der Sie zuvor eingehüllt, sozusagen eingenebelt waren. Nur aus dieser neuen Perspektive heraus, in der Selbstbeobachtung (neudeutsch Selbst-Reflexion), können Sie auf sich selbst blicken oder eben zu sich selbst kommen. Damit treten Sie heraus aus der „Gefangenschaft“ Ihrer Seele. Die Wellen können Ihnen nichts mehr anhaben, denn Sie wandeln jetzt auf ihnen (wie Jesus dies getan hat, ein sehr schönes Sinnbild!!). Aus dieser neuen Perspektive heraus begreifen Sie erst ihr wahres Leben, ihr Schicksal und Ihr Verhalten!
Dies geht selten von heute auf morgen, sondern ist mit steter Übung verbunden. Immer wieder werden wir dabei fallen (oder absaufen)! Wir sehen aber dieses „Licht am Ende des Tunnels“ stets deutlicher und richten unser Leben mehr und mehr darauf hin aus.

Der Eintritt in das Innerste hat begonnen. Das ist der primäre Sinn des Lebens…

Nur ist dies kein Ego-Trip. Denn dieses Ego haben Sie soeben verlassen. Und Sie werden erst jetzt die wirkliche Verbundenheit mit der Welt erfahren können. Damit aber hat sich wohl auch die zweite Frage erledigt, jene nach dem wozu und für wen. Alles ist immer für alle, aber immer aus Ihrer intuitiv erfassten, individuellen, situationsangepassten (moralisch abgestimmten) und somit freienTat heraus, will heißen aus dem JETZT.
Das klingt zunächst unverständlich und schmeckt sehr nach bloßem daran glauben und diesem viel beschworenen Wir-Gefühl der Eso-Szene. Und dennoch kennen die meisten Menschen dieses Erlebnis wenigstens ansatzweise. Nur vergisst man es (oder besser: sich selbst) ständig wieder. Kaum hat uns die Nebeldecke der Vorstellungen und Glaubenssätzen wieder erfasst und eingelullt, ist es schwer, an eine Sonne darüber zu glauben. Da hilft nur dranbleiben…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Von Engeln, die vergessen haben, Engel zu sein

EngelAlles was ich über die letzten Jahre in diesem Blog und in anderen Schriften zu verkünden versuchte, zielte im Grunde nur auf eines hin, dem bewusst werden eines Verbindenden, der Trennung und dem Dualismus entgegen wirkenden in den Menschen.

Daran kann man glauben oder nicht. Dennoch liegen meinem Bemühen genügend Erfahrungen zugrunde, um in dem hohen Anspruch nicht müde zu werden, es immer wieder von Neuem und mit anderen Worten zu versuchen. Dieses Trennende in uns muss jedoch entlarvt werden. Ihm muss hinter die Kulissen geschaut werden, damit der Glanz dieses All-Einen, Alles-Umfassenden in uns erlebt werden kann. Dahinter lauern tausende von Fallen, die uns in alte Muster zurück bringen, die all das verdecken, was dieses Verbindende, stets erneut und ohne Unterlass, in uns aufbauen will. Etwas einfacher ausgedrückt: Es geht darum, uns wieder daran zu erinnern, dass wir alle Engel sind…

Wohin fließen die Energien?

Der wohl wichtigste spirituelle Grundsatz aller Zeiten lautet: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Man kann sich ja einmal fragen: Wohin fließen denn die Energien (sprich die Aufmerksamkeit) in unserem persönlichen Leben, am allermeisten? An sehr viele Orte, in andere Dinge schlüpfen sie hinein, in Taten, in Bildschirme und in die Touchscreens unserer Handys, hin zu Erinnerungen, in die Ängste um unsere Zukunft und so weiter, kurz: überallhin, aber am allerwenigsten in den eigenen Körper! Als mir dies vor kurzem erst so richtig klar wurde, erschrak ich zunächst. Denn das hatte ich am allerwenigsten erwartet!
Wenn Sie es nicht glauben, dann machen Sie einmal den Versuch. Probieren Sie Ihre Aufmerksamkeit für fünf lumpige Minuten radikal auf Ihren Körper zu richten! Es wird Ihnen schwer fallen, weil ständig wieder der Gedankenfluss unseres Kopfkinos die Aufmerksamkeit zurück fordert und durchbricht. Im Gefolge dessen werden die Emotionen und das persönliche Wollen an die Handlungen gebunden. Sie bringen stete Unruhe und Stress in unser Leben, weil die Taten nur wenig demjenigen folgen, was wir „die Wahrheit“ nennen. Nur durch ein stetes probieren und irren (try and error), nähern wir uns schließlich wenn überhaupt, so etwas ähnlichem wie dem Optimum (nicht etwa Opium…, auch das ist möglich, aber soweit möchte ich jetzt nicht gehen). Dieses Optimale fokussiert sich allerdings weniger auf eine innere, spirituelle Entwicklung, als einem rationalen oder materiellen Aspekt. Die Energien werden also dauernd aus dem Körperbewusstsein heraus gezogen und an Ihre Vorstellungen einer „optimalen“ persönlichen (optimierten) Lösung gebunden.

Zuhause ankommen und Engel werden

Das ist der Grund, weshalb wir so gut wie nie wirklich anwesend sind, bei uns selbst sind. Denn alles, was wir in unseren Vorstellungen erleben, zieht uns weg von uns selbst, an einen anderen Ort, eine Lebenssituation, an ein Erlebnis in der Vergangenheit oder an etwas, was uns bevorsteht, vielleicht sogar an ein spirituelles Konzept, welches sich verhärtet hat, eingefroren ist.
So einfach wäre es doch, Engel zu werden:. Wir müssen nur dorthin zurückkehren mit unserer ungeteilten Aufmerksamkeit, wo wir eigentlich zuhause sind, wo wir wohnen, zurück in unseren eigenen Körper.
So könn(t)en wir viel Leid, viel Schmerz und viele unnötige Probleme verhindern. Alleine dadurch, dass wir bei uns selbst einziehen! Bei uns selbst ist aber kein persönlicher Ort mehr, kein Ort, wo das Ego wohnt. Dieses wohnt eben dort, in diesen gefilterten Gedanken und fixen Vorstellungen; vielmehr nämlich als in unserem Körper! Dieselbe Energie, die meinen Körper belebt und unterhält, aufrecht erhält, ist die Energie, die auch bei meinen Freunden, den Nächsten und Fernsten und in allen anderen Menschenwesen wohnt! Der Weg zu sich selbst ist also gleichzeitig ein Weg zum All-Einen: Und er beginnt im Körper!
In den Körper hineingehen hat aber leidlich wenig zu tun mit Krafttraining, Joggen, Skifahren oder anderen körperlichen Betätigungen, sondern einzig und allein damit, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Richten wir sie auf den eigenen Körper, spüren wir das fließen und atmen in ihm, in uns, dann verbinden wir uns mit der Energie, die diesen Körper aufgebaut hat und in jedem Augenblick neu aufbaut!

Das heisst natürlich nicht, dass Sie kein Krafttraining mehr machen dürfen oder nicht mehr joggen sollen, oder sonst irgend was. Die Möglichkeit meine Aufmerksamkeit auf den Körper zu lenken, mich in die Anwesenheit meiner Lebenskraft, die in ihm wohnt, einzufühlen, ist grundsätzlich überall und jederzeit möglich, natürlich auch beim joggen, Fussball spielen und Hanteln stemmen. Egal, was wir tun, ob wir gehen, sitzen, liegen, lachen, weinen, denken, fühlen, lieben; er ist immer da, dieser Körper und wartet auf uns. Es gibt natürlich viele Möglichkeiten diese Achtsamkeit zu wecken. Über den Atem, über die bewusste Anwesenheit, visuelle (bewusst gebildete) Vorstellungen, Chakren usw. Darüber möchte ich jetzt nicht weiteres ausführen, denn es ist der Beginn einer großen Reise durch ihn hindurch, durch viele verschiedene und unterschiedliche Energieflüsse, Strahlen und Kräfte. Sie verlangen vor allem eines: die eigene Erfahrung. Was mir zunächst am Herzen liegt ist vielmehr, aufzuzeigen, wo die Schatten dessen liegen, was uns voneinander trennt. Insofern wir lebendige Wesen sind, empfinden wir, wie der Schleier der Trennung verschwindet. Das ist ein erstes und grundlegendes Erlebnis! Insofern wir denkende Wesen sind, treten trennende Strukturen auf. Aber nicht etwa, weil das Denken selbst uns verhindert, sondern weil wir es gemäß unserer Lebensgeschichte filtern. Dazu habe ich wohl schon genug geschrieben…

Die Frage lautet also nicht: Gibt es Engel? – Sondern, sie lautet: Wie können wir uns unserem Engel-Bewusstsein wieder annähern? Denn es gibt nur eine dünne Wand, einen dünnen Schleier, der uns davon trennt. Er heißt Zeit. Erinnern wir uns daran und machen wir uns auf die innere Reise zu unserem Ursprung…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Illusion der Leere

LeereIn vielen asiatischen Religionen oder Weltanschauungen, die ja auch hierzulande immer populärer werden, ist sie ein ideal, sozusagen das Ende, der Gipfel jeder spirituellen Entwicklung: die innere Leere. Damit ist vor allem gemeint, ein leer sein von Gedanken und Vorstellungen, die den Adepten durchziehen und ihm die Erfahrung des ewigen Seins verbauen. Diese finale Erfahrung, die allerorten als „friedvolle Glücksmomente“ oder als „tiefe innere Stille“ beschrieben und erlebt werden, sind in diesem Kontext das oberste Ziel jeder menschlichen Entwicklung.

Dabei werden oft die Gedanken als der böse Belzebub in den Fokus jeglicher Hemmnis gerückt und deren zerstörerische Wirkung in die Verantwortung mangelnder Tiefenerfahrung geschoben. Das ist der erste zentrale Punkt, an dem sich die Gemüter streiten. Der zweite ist die Verhaftung mit dem „ich“, welcher, als Konsequenz dieser unaufhörlichen Denktätigkeit, die Schuld zugeschoben wird.
Das Denken und diese dauernde Identifikation scheinen demnach Urheber und Hemmschuh jeder spirituellen Entwicklung zu sein und müssen „gelöscht“ werden.

Auch ich habe im Buch über „Selbstreflexion“ viel über diese Themen geschrieben. Dennoch grenze ich mich deutlich von den so dargestellten Vorstellungen ab und halte die Erreichung dieser Art von Leere für eine große Illusion. Folgende Gründe möchte ich dazu anfügen.

Das doppelte Denken

Zum ersten Punkt, dem Ideal innerer Leere näher zu kommen, könnte folgender Gedanke behilflich sein. Zwei Erfahrungsebenen menschlichen Erlebens werden mit einem einzigen Begriff belegt. Das erste ist die Erfahrungsebene der „Vorstellungen“. Das zweite jene des „Denkens“. Die erste ist passiv, die zweite aktiv. Diese beiden unterscheiden sich im Kern durch Qualitäten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und müssen unterschieden werden. auch wenn sie sich für den naiven Realisten gleich anfühlen.

Wenn ich sage: „die Farbe blau gefällt mir am besten“, dann drücke ich damit ein Verhältnis aus, welches mein inneres Seelenleben in Bezug setzt zu einer inneren, persönlichen Welt und damit zur zur Bildung meiner Vorstellung. Das tue ich, indem ich mein Denken in Bezug setze zu meinen Gefühlen, zum Körper, zu den persönlichen Emotionen, die sich aus meiner eigenen Geschichte ergeben. Das ist schön und selbstverständlich legitim! Aufgepasst: Es geht um die Unterscheidung, nicht um die Wertung!
Wenn ich hingegen sage: „die Farbe Blau unterscheidet sich von der Farbe Rot“, dann habe ich kein persönliches Verhältnis damit ausgedrückt, sondern eine universell gültige Tatsache, die sich aus der Wahrnehmung beider Farben und einem Vergleich zusammen mit einem aktiven Denkprozess ergibt. Dazu muss ich den Standpunkt nach außen verlegen. Beide male benutzte ich meine Denkfähigkeit, setzte sie aber unterschiedlich ein.

Wenn ich nun den Gedanken ausspreche: „die innere Leere ist das Ziel jeder spirituellen Entwicklung“, dann könnte man sich darüber streiten, ob es eine universelle oder nur eine persönliche Wahrheit darstellt. In solchen Fällen kann es durchaus ebenso auf einem aktiven Denkprozess beruhen, der sich aber auf einer persönliche Erfahrung stützt. Gesetzt der Fall, dass ich sie tatsächlich erreiche, als Übender dieses Gedankenkonzeptes, diese innere Leere erreiche, dann bin ich in dem Moment  zugleich „frei von jeglichen Gedanken“. Da ich diese selbst aber dazu benutzte, um später gegenüber anderen, von den erreichten Erlebnissen zu berichten, bin ich entweder der Illusion verfallen, wirklich leer zu sein (denn scheinbar war ein erinnerndes Bewusstsein gleichwohl noch vorhanden, sonst hätte ich nachher keine Kenntnisse darüber), oder ich war wirklich leer, dann könnte ich dieses Erlebnis aber niemanden mehr mitteilen, da ich es selber vergessen hätte. Die Erfahrung dieser Glücksmomente müssen irgendwo (außerhalb der Leere, quasi in einem Erinnerungspool) gespeichert worden sein. Wovon ich leer geworden bin, mögen meine Vorstellungen sein, die passiven Gedanken, die ständig durch meinen Kopf ziehen, unaufhaltsam und ohne mein Zutun. Aber „etwas“ ist geblieben und hat sich in diesem Erinnerungspool erhalten. Nenne es Bewusstsein oder Gedanke, jedenfalls lassen sie sich im Nachhinein wahrnehmen und wieder zu Gedanken zusammensetzen. Sie verhindern sozusagen das Selbstvergessen und damit auch die Möglichkeit des Nachempfindens irgendwelcher Gefühle!

Das doppelte Ich

Zwingend mit dieser Tatsache verbunden, ist aber genauso der Begriff des „ich“. Auch hier muss man ihn in zweierlei Richtungen einsetzen! Das erste ist das Erleben der Verhaftung mit den Gedanken, das zweite die Erinnerung daran („Erinnerungspool“). Bin ich nämlich wirklich und endgültig verhaftet, und gäbe es nur ein einziges ich, nämlich das kleine, dann könnte ich nicht gleichzeitig ein Bewusstsein darüber haben, dass ich (Ich?) es bin. So gesehen würde ich mich quasi in einem Tunnel befinden (im „Ego Tunnel“ des Thomas Metzinger), wüsste aber nichts davon!

Fazit ist: Das Wissen um solche Identifikationen kann nur ein Bewusstsein mit einem Aussenblick haben! Der „feste Punkt“ oder ein Gefäss, welches nun auf diese Weise entsteht, ist nicht auf derselben Ebene wie das identifizierte kleine ich, wenngleich es mit ihm verbunden ist! Auf Begriffe kommt es in diesem Falle nicht an, ich kann das kleine X nennen und das andere Y, oder Ego und Ich usw. Wichtig ist die Unterscheidung von zwei unterschiedlichen Bewusstseinsebenen! Nur auf diese Weise kann der Damm der Erkenntnisgrenze gebrochen werden und die Verwurzelung zum geistigen Ursprung wiederhergestellt werden, beziehungsweise die unmittelbare Erfahrung desselben. Dies zweite ist auch die Ebene, von welcher aus ich „Selbst-Reflexion“ meine! Auch wenn der Begriff „Reflexion“ vielleicht ungünstig ist und besser von „Selbst- Beobachtung“ gesprochen werden müsste. Eine Reflexion, die quasi kontrollierend und urteilend gegenübersteht, findet immer nur auf der unteren Ebene statt. Sie geschieht dadurch, dass wir uns aus dem einen Teilselbst lösen und von einem anderen auf dieses Eine blicken. Zum Beispiel aus der „Vaterrolle“ auf unser kindliches Verhalten in einer bestimmten Situation usw. Das kann durchaus psychologisch interessant und gut sein, bleibt aber für die angesprochene Erfahrung irrelevant.

Aus diesem Grund ist die Phrase zur Erreichung der inneren Leere (vielleicht besser „Stille“), bestenfalls eine Krücke, die quasi an ein Erlebnis heranführen will, nämlich an jenes unserer eigenen Doppelnatur. Die Verbindung mit dem universellen Keim unseres Bewusstseins darf dabei nicht übersehen werden. Der „Fall“ ins „Nichts“ ist aber nicht nur eine Illusion, sondern zudem auch gefährlich für unsere psychische Struktur. Die Abkoppelung von dem universellen Erleben und die Einbindung in ein wunderschön ausgeschmücktes „Gefängnis“ kann die Folge sein, eines unüberprüfbaren Wolkenkuckucksheim des schönen Scheins. Deshalb betonen viele grosse spirituelle Lehrer die Wichtigkeit der Charakterschulung, bevor man die ersten konkreten spirituellen Schritte unternimmt. Rudolf Steiner z.B. mahnt in seiner Schrift „Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten“ eindringlich und unmissverständlich,  immer erst drei Schritte in der Charakterbildung und einen in der konkreten Schulung der Hellsichtigkeit zu tun…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Weihnächtliche Spitzfindigkeiten

drudenfussJesus war kein Christ, sondern Jude, soviel ist gewiss. Nur vergessen das viele. Die Art und Weise wie er gewirkt hat, mag man „christlich“ nennen. Doch den Begriff „Christentum“ gab es zu seiner Zeit noch nicht! Wie alle …ismen, alle …tums, so ist auch das „Christentum“ eine aus der Nachwelt (eines durchaus grossen Impulses…) geschaffene Lehre.

Durch den zeitlichen Abstand verändern sich zudem die überlieferten Inhalte massiv. Je mehr die Zeit vergeht, desto komplexer wird jede „Lehre“. Sie wird zur „Lehrmeinung“, zum Dogma und der Zauber der einst darin lag, erlischt schnell. Die „Begründung“ eines Impulses wird mit der Zeit wichtiger als das einstige Erleben desselben. So ist es immer, wenn etwas Entscheidendes auf der Welt passiert. Es geschieht selten (ich behaupte sogar niemals) irgendetwas wirklich Nachhaltiges aus einem konstruierten oder ausgedachten Wissen, sondern immer nur aus unmittelbar Erlebtem, quasi aus der Quelle selbst geschöpfter Tat. Seien es wichtige Ereignisse, wichtige Erfindungen, wichtige Impulse, wichtige Wendungen: Immer sind es kleine oder grössere Wunder, die sich in der Welt manifestieren und etwas, wie aus dem Nichts – oder fast wie zufällig – in Bewegung setzen.

Dies gilt durchaus für alle oder doch zumindest für die meisten Religionen und deren grosse Führer, mögen sie Buddha, Krishna, Zarathustra, Moses oder Jesus oder anders heissen. Sie alle schöpften aus der „Quelle“ selbst, aus dem Lebendigen und Unmittelbaren. Es sind nicht nur blosse Ideen von Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Nächstenliebe und so weiter, die daraus hervorgingen. Es ist mehr. Es ist ein geistiger Schöpfungsprozess.

Ein starkes Zeichen für den Verlust unmittelbaren Erlebens  ist der „Weihnachtsstern“. Schaut man auf das Bild oben, so sind Zweifel an einem spirituellen (und damit unmittelbaren) Zusammenhang dieses Symbols mit dem Inhalt berechtigt. Man fragt sich dann ernsthaft, was viele dieser „Christen“ eigentlich noch mit dem Weihnachtsfest verbindet (ausser dem üblichen Rummel in den Kaufhäusern). Die meisten hängen heutzutage diesen Stern nämlich verkehrt herum auf (als „Drudenfuss“!). So sieht er eher aus wie eine zur Erde stürzende Rakete… So auf der Spitze stehend, sieht er aber auch aus wie ein umgedrehter Mensch. Man denke etwa an die Symbolik dieses Sterns im Sinne Lionardo de Vincis (siehe Bild).

davinciDer eine, obere Zacken symbolisiert den Kopf des aufrechten Menschen. Dort sammeln sich gemäss seiner erlebten (christlichen) Praxis die Kräfte in der Einheit (im Denken und Erkennen nämlich: also im Bewusstsein). Sie schaffen den Zusammenhang des Menschen mit dem „Himmel“, oder dem „göttlichen“. Die Zweiteilung unten entspricht den beiden Beinen, die fest und stabil auf dem Boden stehen, um durch Bewegung die Welt zu begreifen und den festen „Standpunkt“ zu gewinnen! Sie schaffen so die Grundlage für Kräfte, um „oben“ – im Bewusstsein – frei zu werden. Ebenso dienen die ausgebreiteten Arme dazu, ein Gleichgewicht zwischen oben und unten, links und rechts, vorne und hinten zu schaffen und sich in der Mitte (ausgleichend) auszubalancieren.

Der umgedrehte Stern (Drudenfuss) stellt dementgegen den Menschen mit dem Kopf nach unten und den Beinen nach oben dar. Es zeigt uns sozusagen den „gefallenen Engel“, der auch oft Satan, Daimon, Bahomed oder Luzifer zugeordnet wird. Zudem stellt er eine sehr passable Grundlage für dessen Kopf dar… (siehe Bild)

dämonKurz, er ist zweifellos ein dämonisches Symbol.
Was (zum Teufel), so kann man sich fragen, hat dies noch mit dem christlichen Urimpuls zu tun? Nicht nur nichts, sondern das Gegenteil! Das Bewusstsein darum war noch vor einigen Jahrzehnten, zumindest latent, vorhanden. Man fühlte sozusagen die Unstimmigkeit. Der umgedrehte Stern ist in den letzten Jahren oder gar Jahrzehnten Usus geworden und hat sich etabliert. So wie vieles andere auch… Wer (zum Teufel) hat es bewirkt, dass heute fast die Hälfte aller „Weihnachststerne“, verkehrt herum aufgehängt werden und sogar industriell so angefertigt werden (siehe Aufhängevorrichtung), dass dies nur mit Mühe andersherum möglich wäre…

Ist also der wirkliche, spirituelle Faden mit Weihnachten und allgemein mit dem Christentum oder noch besser mit der Quelle des Seins, gerissen? Oder sind Kräfte am Werk, Geister, die wir rufen (riefen), die uns vom Kern einer inneren Entwicklung abziehen wollen? Quasi durch die Hintertüre, abseits unseres vollen Bewusstseins? Ich stelle es gerne als Frage in den Raum, im Bewusstsein, dass so mancher nur ein müdes Lächeln für solche „Spitz“-findigkeiten (im Stern), übrig haben kann.

Ohne jetzt irgendwelche Verschwörungstheorien anzuzetteln oder irgend jemanden von irgend etwas überzeugen zu wollen, ist die Frage, was sich alles in unser Unterbewusstsein einschleichen kann, berechtigt, so meine ich. Wir kennen unsere eigenen, inneren „Dämonen“  am besten… (im Prinzip zumindest, wenn wir genügend Selbstbeobachtungsgabe haben)! Wir wissen, was wir wirklich wollen und was wir nicht wollen. Jede innere Entwicklung verlangt ein gesundes Mass an Eigenwahrnehmung. Das heisst zugleich, Impulse wahrzunehmen, die aus den Tiefen unseres Bewusstsein kommen. Und dabei die Intentionen dieser Impulse zu durchschauen. Nicht immer sind diese „Kräfte“, die an unserer Vernunft zerren, einfach durchschaubar. In diesem Sinne können Sie diese Sterngeschichte gerne als Synonym für solche Prozesse auffassen…

Frohe Weihnachten !

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Welcher Lehre soll ich folgen?

nirwanaBrief eines Freundes an mich zu Rudolf Steiner und seiner Lehre und der Versuch, eine Antwort geben…

„Lieber Urs, ich wollt dich immer schon was fragen, ganz schnell auf den Punkt gebracht: Ich stehe manchmal – positiv gemeint – etwas zwischen den Inspirationen, Welten und Gedanken eines R. Steiner und den eher ‚radikalen‘ östlichen Lehren der Verwirklichung des Athman, fern ab aller Gegensätze und weltlichen Bedingungen, Kulturbestrebungen usw. – (die Verwirklichung des ICH BIN u.a. – siehe z.B. auch Satsang-Lehre oder auf meiner blogseite den Artikel „Ich BIN“ usw). Siehst du eigentlich eine Brücke, evtl. einen neuen Weg für dich, zwischen Steiners Lehre und diesen Lehren? Steiner wies ja das Nirvanabestreben eher ab habe ich das Gefühl. An seine Stelle wies er den Christusimpuls, die Kultur, die Kunst und das Erleben und Aufzeigen der höheren Welten usw. Was wiederum für östliche Verhälnisse eher nur eine weitere Maya, ein weiteres Hindernis zur Erleuchtung darzustellen scheint (?)… Hast du dich damit schon beschäftigt oder gar diese Dinge textlich verfasst, z.B. auch den Widerspuch darin? Und – Welchen Weg schlägst du ein bzw. bist du eingeschlagen? Hast du eine Synthese all dessen hinbekommen oder war das noch nie eine große Frage für dich…Ich denke manchmal bei mir, dass da noch eine kleine Thomas-seele in mir lebt, die meint sich für etwas GANZ entscheiden zu müssen, es aber nicht kann oder will, eher vielleicht nach einem Mittelweg sucht für sich… Gerade bei den sehr konsequenten, östlichen Lehren befürchte ich u.a. in ein nebulöses Nirgendwo einzugehen, vor allem auch nach dem Tode…also das Ziel ist mir schon wichtig, wo denn letztlich die Reise hingeht und enden soll! Bei Steiners Mitteilungen, die ja wunderschön zur Seele sprechen und vieles Übersinnliche gut erklären, habe ich allerdings auch das Gefühl, man könne sich manchmal auch darin verlieren …“

S. B.

Versuch einer „Antwort“:

Lieber S.
Die Frage nach den westlichen und östlichen spirituellen Ausrichtungen hat schon viele Philosophen und Esoteriker beschäftigt. Dahinter steckt im Grunde immer dieselbe Frage, nämlich jene nach den verschiedenen weltanschaulichen und/oder konfessionellen Lehren und deren Nachfolge. Jede Frage, die in diese Richtung geht, hat grundsätzlich ein und dasselbe Problem: Sie geht davon aus, dass es eine objektive, alleinige Wahrheit und somit auch nur eine Lehre gibt, welche alle anderen Lehren ausschließt. Diese Haltung ist meines Erachtens ausgrenzend und absolutistisch. Sie führt in eine Sackgasse, weil der menschliche Standpunkt immer abgesondert und individuell ist, egal welchen Dogmen er anhängt. Es ist also ein Weg, der nicht über das subjektive des egoistischen Menschen hinausführt. Jede Anhängerschaft, welcher Religion sie auch angehören mag, ist egoistisch gefärbt, solange sie andere Sichtweisen ausgrenzt. Das ist meine feste Überzeugung. Denn was wir ¨Wahrheit¨ nennen, ist doch eine allesumfassende, universelle Kraft, die alles Lebendige integriert. Sie hat verschiedene Facetten, je nach dem, wie sie von einer Persönlichkeit „eingefärbt“ wird.
Welcher spirituellen Ausrichtung soll man sich nun anschließen? Ich denke, es spielt letztlich keine Rolle, welchen Weg man geht, wenn er sich am Lebendigen, sprich an der Quelle selbst, orientiert. Und das Lebendige ist doch das alles Umfassende, an dem wir Anteil haben? Insofern kann man sicher auch ¨falsche¨ Wege gehen. Solche ¨falschen¨oder zumindest ¨kritischen¨ Wege sind für mein Verständnis alle nur analytischen, intellektuellen und ausgrenzenden Modelle. Doch wenn man in die Welt schaut, dann findet man schnell, dass es fast ausschließlich diese Wege sind, die unser Leben bestimmen. Das fängt in der Wissenschaft an, geht über die Kunst, bis hin zu den Religionen. Die Welt ist voll von Abgrenzung! Alles wird analysiert, zerteilt, zerpflückt, abgesondert und somit der Einheit entzogen. Ich erachtet dies zwar für wichtig, aber nur im Sinne eines Zwischenschrittes als bewusstseinsbildender Akt.

Deshalb sind für mich Worte wie ¨falscher Weg¨, ¨Irrweg¨usw. immer problematisch, ja sogar despektierlich und verachtend. Die moderne Bewusstseinshaltung der „Zergliederung“ der Welt (z.B. durch die Wissenschaft), hat einen ganz tiefen Sinn: Sie weckt (etwas) in uns! Erst durch die Abgrenzung dem Anderen gegenüber, erfahre ich, wer ICH BIN! Das ist paradox! Aber auch der Tod ist paradox! So, wie das Leben unseren Körper verlässt, wenn der Tod eintritt, so verlassen wir den universellen Zusammenhang, wenn wir geboren werden. Denn dieses Leben, welches sich dort mit dem Körper verbindet, ist quasi an ihn gebunden. Auch das ist paradox, denn das Lebendige lässt sich niemals binden! Wenn wir sterben, dann stirbt nicht das Lebendige selbst, sondern, das Leben verlässt unseren Körper ganz einfach wieder, etwa so, wie wenn Wasser aus der Erde verdunstet. Deshalb kann man nicht sagen, das Wasser sei nicht mehr da. Es hat sich lediglich in einen anderen Aggregatszustand verwandelt.

So verwandelt sich das Leben und alles, was wir damit verbinden, auch in einen anderen Aggregatszustand nach unserem Tod. Weil wir aber das Lebendige an unseren Körper festbinden, festbinden müssen von der Geburt bis zum Tod, haben wir zwar Anteil an ihm, aber dieser Anteil individualisiert sich quasi in jeden Körper hinein. Das wiederum hängt mit unseren Erfahrungen zusammen, die wir von der Kindheit bis ins hohe Alter durchmachen. Sie prägen die physische Verfassung und werden in entsprechender Weise vom Lebendigen mit geformt.

Meines Erachtens ist es von großer Wichtigkeit, dass wir solange und so gut als möglich flexibel bleiben und uns nicht allzu sehr an fixe Methoden, Systeme und Dogmen anhaften. Aber das ist nicht die einzige Anhaftung, die wir erleben. Auch die besagten Erfahrungen und Erlebnisse prägen sich in unsere neuronalen Datenautobahnen ein und beginnen allmählich mit diesen individuellen Absonderungen. Das All-Eine, von dem die Mystiker und Esoteriker immer sprechen, ist nur partiell erfahrbar und nur in dem Masse, wie es uns gelingt, uns von den Verhaftungen und Fixierungen zu lösen! Hier hilft auch keine Lehre und keine vorgegebene Weltanschauung, denn solche bringen bestenfalls das Wissen eines möglichen Weges. Der Weg kann auch sehr unterschiedlich sein, das Ziel wird dasselbe bleiben: Die Lösung von Verhaftungen und damit die Bemühung, frei zu werden. Manche Menschen und Forscher bestreiten, dass dies überhaupt je möglich sein wird, wie z.B. Thomas Metzinger in seinem spannenden Buch ¨Der Ego-Tunnel¨. Wie weit wir die Frage der Freiheit beantworten können liegt letztlich in der Tat jedes Einzelnen, denn es führt sowieso kein Weg an dieser Tat vorbei. Die Lehre, das Dogma, auch dieser Text gehört dazu! – bringt noch keine persönliche Erfahrung, sondern nur individuelle Wege und Hinweise, Pflöcke auf dem persönlichen Pfad jedes Einzelnen.

Ich selber kann nur immer wieder – (auch wenn es vielleicht langsam langweilig wird) – darauf hinweisen, dass das Werkzeug, welches schließlich aus diesem Tunnel hinausführen kann oder könnte, die Selbst-Reflexion ist, man mag sie auch Selbstbeobachtung nennen. Sie ist ein Werkzeug, aber noch nicht die Erkenntnis bezw. Erfahrung selbst! Erst die Beobachtung führt zur Erkenntnis! In aller Bescheidenheit: ich habe darüber ein Buch geschrieben. Und auch wenn ich heute schon wieder vieles ganz anders beschreiben würde, so stehe ich nach wie vor zu der Kernaussage: ohne die Fähigkeit der Selbstreflexion sind wir nicht in der Lage, unser Bewusstsein zu erweitern, egal welcher spirituellen Lehre wir uns verpflichtet fühlen. Es sollte jetzt klar geworden sein, dass ich mich nicht zu sehr damit aufhalte, welcher Weg für mich persönlich nun der Richtige sein mag, sondern ich möchte vielmehr lernen, was denn das Wesentliche an diesem Weg ist. Wollen wir einfach mehr wissen, ¨was die Welt im Innersten zusammenhält¨, oder wollen wir es real erleben und erfahren? Sicher bringt nun das persönliche Erlebnis noch keine objektiven, für das wissenschaftliche Verständnis relevante Resultate, sie bleiben an meine Person gebunden und werden nach meiner Auffassung verwertet. So drängt sich nun schließlich die alles entscheidende Frage auf: Löst sich jenseits dieses ¨Ego-Tunnels¨ alles persönliche Bewusstsein auf, wie es im Buddhismus gelehrt wird, oder gibt es in diesem ¨All-Einen¨ weiterhin so etwas, wie ein individuelles Bewusstsein, was eher dem christlichen Verständnis entsprechen würde. Für mich persönlich gehört diese Frage zunächst ins Reich der Vermutungen und Spekulationen. So, wie ich im Hier und Jetzt bin, kann ich immer nur von meinem vorhandenen Bewusstsein ausgehen. Dabei führt mich ein innerer Trieb des ¨mich-weiter-entwickeln-wollens¨.

Bislang bin ich noch nie an einen Punkt gekommen, an dem ich sozusagen das Bewusstsein meiner Selbst verloren hätte, wenn ich vom Schlaf absehe. Wäre dies geschehen, so wäre ich also gewissermaßen in eine Ohnmacht oder Bewusstlosigkeit eingetreten – und trotzdem: es gäbe doch immer wieder eine Kraft, die mich in mein Gegenwartsbewusstsein zurückgeholt hätte und die Erinnerung an mich selbst aufrecht erhielte, wie das beim Aufwachen geschieht. An diese im Verborgenen wirkende Kraft kann ich sozusagen “glauben“, weil ich die Erfahrung von ihr immer wieder habe. Sie ist ein anderer vertrauter ¨Teil¨ in mir, welcher dennoch fest mit mir verbunden und verankert bleibt, selbst im Traum, im Schlaf und ich denke – auch vor der Geburt über den Tod hinaus schon vorhanden ist. Diese Kraft ist eng verbunden mit dem anfangs erlebten Lebendigen. Sie verbündet sich zwar mit meinem Körper, wirkt und lebt aber weit darüber hinaus. Das kann durchaus zu einer von allen Dogmen unabhängigen Erfahrung werden. Insofern steht mir persönlich der christliche Weg näher, denn dort wird dieses Erlebnis einer wirkenden Kraft mit dem Christusstrom in Verbindung gebracht. Dieses Erlebnis hat zwar keine persönlichen, von meinen Verhaftungen gefärbte Identität mehr. Dennoch verschmilzt mein ¨kleines, individuelles¨ Bewusstsein mit einem ¨großen, universellen¨ Bewusstsein. Damit bleibt meine bewusste Identität dennoch vorhanden und verbunden. Sie wird nicht “ausgelöscht¨ und ich kann mein “Glück” erfahren, was ja sonst – leider – nicht möglich wäre … Ich denke aber, um doch noch einmal auf Steiner zurückzukommen, dass dieser mit seiner Anthroposophie eben diesen (christlichen) Ansatz vertritt. Dass diese aber nicht eine neue und zusätzliche Lehre sein möchte, sondern ein absolut integrativer, erweiternder Ansatz, wo es nebst dem bloßen Verstehen und Erkennen, vor allem auch um die Übung und um das Erleben und um spirituelle Erfahrung geht. Dass dabei viele beim Ersteren stehen bleiben, liegt nicht an der Anthroposophie, sondern an jedem Einzelnen. Die Brücke zwischen dem westlichen und dem östlichen Weg liegt für mich nahe bei diesem Ansatz.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Eigene Geschichte als Spiegel der Weltgeschichte

kunstgruppeDie Geschichte der Menschheit ist ein Spiegel unserer eigenen Geschichte. Sie wiederholt sich seit Jahrtausenden in immer gleicher Art und Weise von neuem, Millionenfach, in jedem Menschen. Erst wenn wir beginnen, sie zu ahnen, erwachen wir aus dem Tiefschlaf immerwährender Kriege und Schlachten, ewigem Zwiespalt und Feindschaften.

Du kommst auf diese Welt und erfährst im Laufe der Jahre, die Du durchschreitest bis zu Deinem jetzigen Moment, tausende und abertausende von Situationen. Zeitpunkt und Ort Deiner Geburt prägen zudem Deine Eindrücke und Wahrnehmungen. Umstände legen sich an Deine Seite, Bedingungen, die Du zunächst weder beeinflussen, noch verändern kannst. Das ganze daraus entstehende Gebilde nennen wir unsere Persönlichkeit. Du bildest aus all diesen Facetten und Bildern Deine eigenen Vorstellungen und Gedanken. Das ganze daraus entstehende emotionale Gefüge lässt in Dir den „Motor“ von Sympathie und Antipathie aufleben. Du beginnst, die Dinge der Welt unterschiedlich zu gewichten und zu beurteilen. Du liebst dieses und hasst jenes.

Sowohl Freude und Begeisterung wie Ablehnung und Widerwillen, prägen fortan Deinen Charakter. Du beziehst daraus Deine Belohnungen, an denen Du Dich klammerst, genauso wie Deine Niederlagen, an denen Du wächst und reifst. So werden in Dein Seelenleben Werte implantiert. Sie befestigen sich zunehmend. Lob und Tadel haben dabei zweierlei Wirkung. Sie beflügeln Dich im einen Fall, geben Dir Bestätigung für Dein Tun und Handeln und öffnen Dir die Türen zu Gleichgesinnten. Tadel kann je nach dem in beide Richtungen wirken. Entweder es wird im Sinne eines Angriffs verteidigt und dadurch zusätzlich gefestigt oder es treten Zweifel auf, die zum Wandel führen. Letzteres vor allem dann, wenn man im eigenen Standpunkt noch schwankt.

Aus der Dynamik dieser Schwankungen, diesem Hin- und Her der Gefühle und Emotionen, welche vor allem im jugendlichen Alter, aber auch später noch, stattfinden, gewinnen wir Festigkeit und Stabilität in der eigenen Meinung. Ein Gefühl von innerer Sicherheit entsteht nach und nach. Wir suchen Gemeinschaften auf, politische, künstlerische, soziale oder religiöse usw., die uns nahe stehen, die eine Verwandtschaft mit dem selbst Erfahrenen und selbst Erlebten haben. Eine zunehmende Vertiefung des Erlernten tritt ein. Unsere Standpunkte werden geschliffen wie Kristalle. Individualitäten mit „geschliffenen Kristallen“ stehen sich gegenüber. Je differenzierter der persönliche Schliff ist, umso schwieriger wird die Zustimmung dem Fremden, dem Andersartigen gegenüber.

Standpunkte werden gegen andere Standpunkte verteidigt. Wahrnehmungen werden eingeschränkt, ausgerichtet nach dem vorgegebenen Muster dessen, was man sich über Jahrzehnte „eingeschliffen“ hat. Nur so können überhaupt Kriege entstehen. Das ganze Deutschtum als Beispiel, ist eine Blutschlacht zwischen solchen „Kristallen“ der Persönlichkeit, ob sie nun Wallenstein, Friedrich der Große oder Maria Theresia hießen. Kämpfe zwischen den Protestanten und den Katholiken bildeten über Jahrhunderte hinweg Spuren von Blut und Macht und formten am Volk. Immer waren es Standpunkte „nach bestem Glauben und Gewissen“, und dies auf beiden Seiten.

Solche Standpunkte haben einen schwerwiegenden Mangel. Sie verhindern Kommunikation. Als Wallenstein im dreißigjährigen Krieg, nach über 10 Jahren erst, selbst verletzt durch die Schlachtfelder seiner Kriegsmaschinerie tummelte und die blutverschmierten, entstellten oder verstümmelten Leichen sah, entdeckte er, wie unsinnig dieses Blutvergießen war! Er zog die Konsequenzen daraus und wollte mit den Protestanten verhandeln. Dem Kaiser gefiel das gar nicht und er ließ ihn richten. Andere schnallen sich eine Bombe an den Bauch und jagen sich und andere unschuldige Opfer, für die eigenen Standpunkte in die Luft!

Aber auch Weltanschauungen sind voll von diesen Standpunkten. Die Bombe kann auch ein schneidendes Schwert der (persönlichen) Gerechtigkeit sein, mit dem man(n) das Böse bekämpft. Und immer wieder die Frage: Was ist das Böse? Die eine Antwort lautet: Jede Art von Gewalt am anderen Menschen und an Lebewesen sind böse. Die andere Antwort geht tiefer. Sie beschäftigt sich nicht nur mit einer Tat und verurteilt diese, sondern mit dem Motiv! Und dabei ist Gewalt viel weiter zu fassen, als nur auf Mord und Totschlag. Gewiss, dort zeigt sie sich am unmittelbarsten und am fatalsten. Was aber, wenn Gedanken selbst Gewalt bringen können? Wenn Gedanken zu Waffen werden?

Mit dieser Art von Gewalt beschäftigt man sich viel zu wenig. Es gibt Kulturen, die den Totschlag gegen das „Böse“ mit einer göttlichen Mission rechtfertigen. Der Beurteiler wird also sehr schnell zum Verurteiler, je nach dem, welchen Standpunkt er oder sie vertritt. In diesem Dilemma befinden wir uns auch heute wieder ständig, wenn wir über Recht und Unrecht urteilen sollen. Standpunkte haben oft Ansprüche auf die alleinige Wahrheit. Es sind die Schwerter, die unsere Persönlichkeit geschmiedet hat. Es gibt aber auch ganze „Volksschwerter“, religiös motivierte Schwerter, politisch motivierte Schwerter, Macht motivierte Schwerter, kunstmotivierte Schwerter. In jedem Bereich des Lebens bilden wir unsere persönlichen Standpunkte, manchmal härter, manchmal schwächer, je nachdem, wie fest wir uns damit verbunden haben. Die Verbundenheit zu diesem oder jenem, bildet auch aus dem Umfeld heraus, in das hinein wir geboren wurden. Wir nehmen alles aus der Perspektive der eigenen Brille wahr. Das ganze Gebilde daraus ist unser persönliches Lebensmodell. Es ist ein Flickenteppich aus ganz verschiedenen Färbungen und Facetten, zusammengebaut, konstruiert aus einer Fülle von Erlebnissen und Erfahrungen.

Wenn man sich der Stärke dieser Kraft des physischen UND geistigen „Erbstromes“ einmal wirklich bewusst geworden ist, wird man nachdenklich. Denn so vieles verkappen und verdecken wir nur zu gerne mit einem „Schein des Guten“. Wir wollen darüberstehen und eignen uns moralische Vorstellungen an, mit denen wir die Welt nach unseren Maßstäben richten und beurteilen. Dies ohne zu bemerken, dass wir keinen Deut aus der Vernetzung der eigenen Persönlichkeit herausgetreten sind. Dies allein ist unser Beitrag, den jeder für sich zu tätigen hätte. Das Hängenbleiben auf der Ebene der Vorstellungen generell, ob sie nun edel oder weniger edel sind, verhindert den Blick zum eigenen Kern. Die Kraft, aus der das eigentliche Leben fließt, wird dadurch abgedeckt, der „geistige Quantensprung“ erfolgreich verhindert.

Jens Heisterkamp fragt in seinem Vorwort zur letzten Ausgabe von info3 zurecht: “ …wie schwer es für die jeweilige Zeitgenossenschaft ist, Unrecht beim Namen zu nennen und in der Unübersichtlichkeit widerstreitender Urteile die Übersicht zu behalten…“

Man kann sich fragen, wer diese Urteile fällen soll? Der moralisch integre Mensch? Der Gutmensch? Alle, die noch „den gesunden Menschenverstand“ besitzen? Sehen wir in unserer Zeit die wirklichen Gefahren? Wer sieht sie? Oder sind sie etwa genauso versteckt, wie jene vor den beiden Weltkriegen oder zu anderen Zeiten? Keiner will doch, so gegensätzlich die Meinungen auch sind, darauf verzichten, an diesen „gesunden Menschenverstand“ zu appellieren. Alle Kriegsparteien bezichtigen die anderen des Unvermögens und umgekehrt. Am Schluss kommen wir immer wieder an die „letzte Instanz“, an die objektive, allgemein gültige Wahrheit, die jeder zu haben glaubt.

Gerne verweisen wir dabei an einen unbestimmten „Gott“, an ein etwas, weitab von der menschlichen Seele; ein irgendwo in der Ferne, hinter den Wolken sitzendes Wesen oder was auch immer damit für Vorstellungen verknüpft sind; ein Wesen, was sich genau genommen keiner so richtig vorstellen kann und worauf sich doch so viele Völker berufen: „Im Namen Gottes, des Allmächtigen“ schreien sie und stürzen sich auf all jene, die Unrecht haben. Und die andere Kriegspartei tut dasselbe. Und dazwischen alle möglichen Tönungen und Schattierungen von anderen vermeintlichen Göttern, die alle Recht haben wollen. „Aber man sieht doch, wie die Lage aussieht!“ Schreien die einen dies, so schreien die anderen dasselbe. Sie beurteilen die Lage anders, weil sie eben niemals nur von einem Standpunkt aus zu beurteilen ist und weil, das kommt heute dazu, oft schlicht falsch informiert wird, nämlich so, wie es für die jeweilige Partei von Nutzen ist… Informationen aber sind das A und O der globalisierten Welt und für die „Wahrheitsfindung“, sie bilden die Vorstellungen zum Guten oder Schlechten. Lob dem Journalismus! Anders ist nichts zu beurteilen. Immer ist man auf deren Vertraulichkeit angewiesen.

Wer schreibt Geschichte? Und mit welchen Interessen…? Wie auch immer man die Sache dreht und wendet: Man landet letztlich immer wieder… bei sich selbst: „Wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein…“. Das gespaltene Wesen, was wir sind und wovon schon Immanuel Kant sich scheute, indem er jene Macht in ein unbestimmtes Jenseits verschob, muss erkannt und gesichtet werden. Erst wenn wir dieses Andere IN UNS erkennen UND ERLEBEN, wird es zu einem unerschütterlichen Fels, auf dem wir nun – es wird langsam Zeit! – die eigene innere „Kirche“ erbauen können. Dasselbe, was den Anderen bisher immer nur im Außen erkannte (und verurteilte), der große, unerkannte Feind, erkennt sich selbst! Und er stirbt den ersten Tod… den des Egos.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Glaube macht selig, Wissen ist Macht, Erleben Realität

mato | bilder
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Vor einigen Jahren noch hätte ich Erkenntnis und Wissen über Glauben gestellt. Heute denke ich darüber nach, ob das wirklich so ist? Ganz im Sinne des letzthin geposteten Gedankens über die „Instabilität als Triebkraft„, ist es durchaus ratsam, immer wieder auch Grundsätzliches in Frage zu stellen…

Auf der Ebene des Wissens ist die Einsicht verhältnismäßig einfach. Hingegen aus einer tieferen Ebene heraus betrachtet, komme ich schnell ins Schleudern. Erkennen ist jedoch nicht nur mit Wissen verbunden. Wenn ich mir Dinge aneigne, Zusammenhänge analysiere und gedanklich durchdringe, habe ich etwas gewonnen. Ich schaffe damit Vorteile, die im beruflichen Alltag und für das gewöhnliche Leben wichtig sind. Im Raum der Gegenstände und der Formen fühle ich mich sicherer damit. Dabei geht es vor allem um das Zerstückeln der Welt in kleine und kleinste Teilchen. Etwas anderes kann ich mit dieser Art Wissen nie erreichen.
Der normale User eines Computers zum Beispiel sieht die Kiste, Maus und Tastatur und den Bildschirm vor sich. Er weiß, wie er das Ding zu starten hat und kann einige Programme bedienen, weil er weiß, wo er hinklicken muss. Der etwas „tiefer eingeweihte“ PC-User hat die Kiste schon auch mal von innen betrachtet. Er weiß, da gibt es ein Netztteil, ein Motherboard mit Sockel und Prozessor. Er findet vielleicht sogar die Speicherriegel und kann sie auswechseln. Er kann ein Laufwerk anschließen oder einen CD/DVD-Player. Oder vielleicht kennt er sich sogar mit Grafikkarten und Soundkarten aus.

Noch einen Schritt tiefer in die „Materie“ folgt ein User mit Expertenwissen. Der kennt jetzt die Sprache des Computers bis in die feinsten Tiefen. Er weiß, wie er mit den für den Laien skurrilen Zeichen einer Programmiersprache umgehen muss, weiß etwas über Java, C/C+-Programmierung, über Server, Apache, Linux usw. Und dann gibt es diejenigen, welche in die allertiefsten Innereien vordringen können, von denen der Normalsterbliche keine Begriffe mehr hat!

Dies alles ließe sich auch auf andere Bereiche des Wissens anwenden. Wo auch immer wir unseren Blick hinlenken: Immer geht es darum, die Teile zu zerkleinern um tiefer „in die Materie“ einzudringen. So können wir selbstverständlich auch in die Pflanzenwelt oder in die Tierwelt eindringen und uns darüber Gedanken machen, wie alles zusammengesetzt ist. Doch eines werden wir mit dieser Methode niemals herausfinden: das Leben selbst. Deswegen nicht, weil es nicht das Resultat oder das Produkt von Teilchen ist! Die Teilchenwelt lässt sich in die vielfältigsten Zusammenhänge hinein zerlegen und begreifen! Selbst in der Philosophie und in der Geisteswissenschaft kann man dies tun!

Erkenntnisse „höherer“ Art werden somit durch unser Denken entschlüsselt, ohne damit an das Wesentliche heranzukommen. Das Denken befähigt uns, Zusammenhänge zu schaffen. Aber dazu brauchen wir die Teile, aus denen die Zusammenhänge konstruiert werden! Haben wir die Teile, so können wir sie benennen (fehlt nur das geistige Band…). Es stellt sich da und dort ein Wort, ein Begriff ein. Die Begriffe füllen sich mit Vorstellungen. Die Vorstellungen wiederum haben einen subjektiven, persönlichen Charakter. Aber was ist denn dieses „Wesentliche“?

Je mehr wir uns den philosophischen Begriffen nähern, umso subjektiver sind diese Vorstellungen geprägt. Deshalb ist das Wissen wohl wenig geeignet, geistige Zusammenhänge zu finden, die einen objektiven, allgemein gültigen, für den Wissenschaftsanspruch „wahren“, Charakter haben!

Also macht doch nur der Glaube selig?
Von diesem Standpunkt her betrachtet scheint es tatsächlich so zu sein. Wenn wir nicht noch das hätten, was ich „Erleben“ nenne. Das einzige, was in der Realität stattfindet, ist das Erleben! Dies können auch Gedanken sein, auch sie können erlebt werden! Von dem Augenblick an, wo ich in das Erleben der Gedanken eintauche, stellt sich ein neues Bewusstsein ein. Denn das Erleben ist zugleich ein Wahrnehmen der Gegenstände (und auch Gedanken sind Gegenstände!). Gedanken und Gefühle können ebenso wahrgenommen werden, wie Steine, Bäume, Menschen!

Damit verlassen wir aber unsere Bindung an den Inhalt des Gedachten. Dies, obwohl wir Gedanken bilden. Wir schaffen dadurch eine neue Realität, die tiefer mitschwingt. Das ist das Erlebnis dessen, was alles trägt, die Erfahrung des Lebens selbst! Diese Erfahrung macht den Gedanken nicht etwa wertlos, sondern gibt ihm, im Gegenteil eine grössere Kraft, eine tiefere Dimension, macht ihn wesentlich.

Die Gebundenheit bewirkt, dass sich mein Selbst an den Inhalt klammert, sich damit – ein abgedroschenes Wort inzwischen – identifiziert. Dennoch bleibt der Inhalt eine Wegmarke, führt und leitet unser Tun. Aber dieses Tun wird damit reifer, gegenwärtiger und intensiver! Die neu gewonnene Tiefe, fördert zugleich einen anderen Bewusstseinszustand zutage. Manche Menschen schöpfen aus dieser Kraft heraus neue Erkenntnisse, welche sie „Glauben“ nennen. Damit ist eine Gewissheit der Erfahrung verbunden, für die sie keine Worte haben, weil es für solche Erlebnisse in unserer Sprache keine Worte gibt. So betrachtet wird auch dieser Begriff von (meinen) alten Vorstellungen ein wenig geläutert…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

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