Der Schablonenmensch

SchablonenmenschWir sind als Naturwesen und als Gesellschaftsmitglied in feste Strukturen eingebettet. Im Kindheitsalter sind diese Strukturen noch relativ wandelbar. Beim Verlassen der Kindheit sammeln wir unzählige Erfahrungen und Erlebnisse und bündeln sie in unserem Gehirn zu neuronalen Schablonen und festen „Datenbahnen“.

Dadurch schaffen wir ein abgeschlossenes Gefäß, gefüllt mit einschlägigen Erlebnissen, die wir durch Prinzipien geformt und eingepresst haben. Dieses Konstrukt tragen wir fortan durch unser ganzes Leben. Wir richten unsere Wahrnehmungen darauf aus. Der Verlauf dieses Lebens bleibt zwar potenziell wandelbar, unsere Erkenntnisse tendieren jedoch zur Verhärtung. Diese abgeschlossene Form nähren wir ab und zu mit Bestätigungen von außen oder begründen sie, rechtfertigen sie durch Provokationen anderer. So befestigen wir sie in ihrer Grundstruktur andauernd. Dadurch verdicken wir unsichtbare Mauern gegen außen und schließen uns immer mehr in diesem virtuellen Kerker ein.

Unser Handeln wirkt mit zunehmendem Alter normiert. Die Natur entlässt uns irgendwann mit zwanzig, dreißig Jahren und beendet ihre Wirksamkeit an unserer körperlichen Entwicklung. Die Gesellschaft und das soziale Leben wirken unentwegt weiter. Die Interaktionen befestigen sich somit nachhaltig. Das Agieren wirkt automatisiert, angepasst, etikettiert. Verständnis gegenüber Fremden, Andersdenkenden in tieferem Sinne bleibt aus, weil die geistige Beweglichkeit verloren geht. Etikette trifft auf Etikette. Maske auf Maske. Handlungsnormen, Sitten und Gebräuche, Traditionen und Gewohnheiten prägen den Routinealltag unseres Lebens.

Ein düsteres Bild von fertigen Automaten, schattenhaften Robotern zeichnet sich ab. Ist es überzeichnet dargestellt? Wie war das in den Dreissigern, Vierzigern? Und leider nicht nur damals. Nach außen wirkt alles oft relativ lebendig und es funktioniert in gewissem Rahmen auch ganz gut. Nach innen entstehen Frustration und Täuschungen, die entlarvt (ent – täuscht) werden müssen, Misstrauen und Verständnislosigkeit. Das gesellschaftliche Leben korrigiert sich in diesem Kontext weniger durch wahrhaftige Einsicht, als vielmehr durch Anpassung. Größere Korrekturen geschehen leider nur durch Katastrophen. Die Tatsache, dass es in dieser Abgeschlossenheit funktionieren kann, täuscht über die desolate Situation hinweg. Wahrhaftige Begegnungen und wirkliche Freundschaften werden immer rarer, „freundliche“ Feindschaften immer grösser.

Der Schablonenmensch isoliert sich in seinem eigenen, festgefahrenen Käfig der Meinungen, Dogmen und Prinzipien. Er sieht das letzte Stadium der Entwicklung der Menschheit darin, das Beste daraus zu machen und durch immer detailliertere, eindringlichere, pointiertere und raffiniertere Gesetze und Richtlinien, der Gesellschaft einen scheinheiligen und „gesicherten“ Überbau einzupflanzen. So soll der Kitt geschaffen werden, der zusammenhält, was sonst zerfallen müsste. Doch der Schein trügt. Diese Entwicklung hat ihre Grenzen. Die notwendige Folge sind immer mehr „Lücken im System“. Dadurch werden Kriege geschürt und Krisen provoziert. Das Ende ist ein notwendiger Kampf aller Egos gegeneinander.

Zum Glück ist dieses düstere Menschenbild nicht definitiv und abschließend vorgezeichnet! Es bleibt immer der berühmte Funken der Hoffnung aufrecht! Jeder Schatten wird von einem Licht geworfen. Ein stilles Licht, welches in uns aufleuchtet und einen kleinen freien Raum offen lässt, eine kleine Tür, die wir jederzeit öffnen können…

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Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Authentizität und die Scheinwirklichkeit

Januskopf Wort zum Freitag (dem 13.)
„Authentisch“ will fast jeder und jede sein. Der Begriff ist in aller Munde. Es ist cool, „authentisch“ zu sein: fragt sich nur: authentisch? Womit? Auch Besoffene sind authentisch…

„Als authentisch gilt ein solcher Inhalt, wenn beide Aspekte, unmittelbarer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden“, heißt es treffend im Online-Lexikon Wikipedia. Wichtig für diese Sichtweise des eigenen Scheins oder Seins ist allerdings die persönliche Identifikationssituation. Es fragt sich, womit sich ein Mensch am meisten identifiziert: Mit dem Schein oder mit dem Sein? Dazu müsste untersucht werden, welche Attribute sein Leben bestimmen, von was oder wem Mann/Frau sich führen oder bestimmen lässt. Die Gebundenheit an den Schein ist nicht per se etwas Schlechtes! Sie zeigt lediglich einen Lebensaspekt auf, der von äusseren Kriterien geleitet wird. Wir bauen uns im Laufe unseres Lebens so manche äußere (Trutz-) Burg auf, konstruieren so manche Vorstellungen und Gedankengebilde, die sich durch die Verhaftung mit dem Schein zeigen. Dadurch bleiben sie mit dem an die Sinne gebundenen Weltbild verbunden. Würden wir genau dies bei uns selbst erkennen, so würde uns etwas klar werden müssen, was wir bislang schlicht vergessen haben; nämlich dass es eben nur ein Schein war. Wir hatten den Schein gelebt, im Schein gelebt und ihn mit dem Sein verwechselt, ohne es zu bemerken!

Genau diese Erkenntnis spaltet unser Bewusstsein in zwei Hälften; die eine, die im Schein verhaftet bleibt, ohne dies zu erkennen. Die andere, die erwacht und den bisher gelebten Schein wie von außen wahrnimmt! Das doppelte Bewusstsein, welches in einer Persönlichkeit wohnt, löst eine Art Erkenntnisdrama aus und verändert unser Leben dadurch schlagartig! Wir stehen jetzt plötzlich erlebend einem Du gegenüber. Die Verhaftung mit diesem Du in uns, bezeichneten wir landläufig als Ich. Wenn wir sagten, „Ich“ will authentisch sein, dann meinten wir, dem Schein gemäß zu wirken, weil wir nichts anderes als den Schein kannten, weil wir mit ihm verbunden und verknüpft waren. Der Schein war unser Sein. Erst das Heraustreten aus dieser Verhaftung löst den gordischen Knoten der Verbundenheit mit dem „falschen Ich“. Wenn wir ihn zerschlagen, „erlösen“ wir uns, wir erkennen den „Erlöser“ in uns, unser wahres Ich, welches sich aus dem Schein der Dinge und der äußeren Welt herauslöst.

Glauben Sie also nicht jedem, der sich authentisch bezeichnet oder so „scheinen“ will. Genauso in Mode gekommen ist es, „ganzheitlich“ zu sein. Wenn aber diese „Ganzheit“ nur die Welt des Scheins ist, dann ist diese Aussage eine Art „Selbstbetrug“. So wie viele „scheinheilige“ Aussagen Selbstbetrug sind, weil sie eben nur zum Schein heilig sind.

Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche und scheinbar frohe Faschingszeit 😉

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Das Gute im Menschen…

gutboeseIst das „Gute“ in jedem Menschen veranlagt? Das war eine Frage, die mir letzthin gestellt wurde. Gewiss! sagte ich. Das Gute zu definieren hingegen fiel mir weitaus schwerer. Dennoch will ich es auf einen Nenner bringen: Das Gute ist das, was der Mensch vom anderen erwartet, dass dieser ihm selbst tun soll. Was wir umgekehrt vom anderen verlangen, ist gelinde gesagt, nicht immer ganz uneogistisch, ohne es gleich beim („bösen“) Namen zu nennen.

Die Frage ist: Was möchten wir denn, was der andere uns tut? Achtung, Anerkennung, Einfühlungsvermögen, Offenheit, Toleranz usw.? Kein Mensch möchte darauf verzichten und es tut uns wohl, es vom anderen zu erhalten, vor allem dann, wenn es uns selbst schlecht geht. Umgekehrt tun wir uns oft sehr schwer damit, genau dies anderen zu schenken.

Einer der „weisesten“ Sprüche, die mir letzthin zu Ohren kamen war: „Wenn Du Dir nichts leistest, bist Du Dir nichts wert“. Der Spruch sagt im Grund lediglich aus, dass wir das „Haben“ dem „Sein“ voranstellen sollen, weil wir „uns sonst nichts wert seien“. „Geben ist seliger denn Nehmen“ heißt es doch so schön im christlichen Kontext (und nicht nur dort). Das „Haben“ bestimmt das „Sein“ und unser Wertgefühl in einer überladenen, verwöhnten Gesellschaft. Ohne den gesellschaftlich anerkannten Wohlstands-Standart, das geliebte Auto, Haus, den Schmuck und (oft unnötige) Güter aller Art usw. sind wir (uns) scheinbar nichts wert. Das stimmt natürlich aus Sicht des Egos, nicht aber für das, was „dahinter“ lebt in jedem Menschen, was wir wirklich mit dem „Guten“ verbunden wissen möchten.

Der wirkliche Wert unserer Persönlichkeit muss also tiefer liegen, unter der „scheinbaren“ Oberfläche. Dieses „Gute“ steckt irgendwo hinter dem Schleier jeder Persönlichkeit, nur ist es oft nicht so einfach zu finden. Es zu erkennen ist aber von großer Bedeutung für die eigene Entwicklung und diejenige der ganzen Menschheit. Der „Schatten“, wie ihn auch C.G. Jung nennt, verdeckt dieses Gute; das was uns auch zum „Schenken“ beflügelt. Schenken ist doch für die materiell besessene Welt der absolut größte Blödsinn, den man sich vorstellen kann. Es sei denn, man hat in irgendeiner Weise einen Nutzen davon: „wenn ich ihm das oder jenes „schenke“ (eigentlich nur gebe), bekomme ich vielleicht später einmal dieses oder jenes zurück“! „Geschenke“ dieser Art dienen quasi als Scheck oder Schuldschein für eine Art „berechneter Rückzahlung“.
Warum schenkt man denn dann überhaupt? Welche Motive stecken dahinter?

Das „Gute“ rechnet nicht. Dadurch erst wird das Schenken zum bedingungslosen Liebesakt. Im „Reich des Guten“ gibt es keine Zahlen, keine „Gewinne“, keine „Renditen“ usw. sondern nur Liebe. Materialistisch gesehen hat dieses Wort heute etwas Anrüchiges bekommen. Denn diese Liebe wird immer wieder von einem Schatten überdeckt, der unsere tieferen Schichten verhüllt. Geschenke haben oft einen trügerischen Aspekt. Sie kaschieren „böse Absichten“ mit dem sogenannten Guten. Die Maske des Guten legt sich wie ein Schleier über dieses Böse. Das zu erkennen ist nicht immer einfach, denn dahinter verbirgt sich so manche List. Das Bedürfnis jemanden zu beschenken, hat hingegen einen unbezahlbaren Wert. Er liegt jenseits des Berechenbaren. Jeder von uns hat das bestimmt einmal in seinem Leben erfahren. Die Frage, ob es im eigenen Budget noch drin liegt, berührt dabei kaum. Davon abgesehen sind echte Geschenke in diesem Sinn viel wertvoller, weil sie nichts verstecktes einfordern.

Die Kultur des Schenkens wäre das Ende aller Kriege. Sie wäre die logische Folge einer reif gewordenen Gesellschaft. Indessen fordert die Gesellschaft, vor allem die westliche, immer mehr materiellen Reichtum und Wachstum ohne Ende.

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Ode an mein Smartphone…

smartphoneWir wissen es alle, welchen Zauber Neuigkeiten auf uns ausüben können. Seit einigen Jahren können wir drahtlos und standortunabhängig auf alle Informationen der Welt zugreifen.
Wir sind in der Lage, fast alle Dinge des täglichen Lebens mit den smarten Dingern zu erledigen. Kaum ein Gerät hat unser Leben derart verändert wie diese kleinen, netten Bildschirmchen.

Wo wir auch hinblicken, in die Trams, Busse, Züge, ja sogar bei vorbeifahrenden Automobilisten (+innen) – in Warenhäusern; an die Tischchen der Restaurants, wenn zwei Verliebte, gebannt auf diese kleinen viereckigen Flächen ihre Zeit vergessen, nur leider nicht wegen des geliebten Partners, dessen glänzende Augen sich im (unangenehmen) Widerschein des kalten Lichtes spiegeln – kurz: überall erblicken wir sie, vertieft in irgendeine Nachricht, in irgendein Bildchen, ein bisschen Musik, ein Spielchen und wer weiss was noch alles…

Mann/Frau gehört natürlich selbst dazu, will ja nicht hintendrein hinken im Strome der Zeit, uncool sein, hat sich selbst längst an den Wert dieser Dinger gewöhnt (auf dem auch dieser Text geschrieben wurde). Und dennoch: Wie langweilig sind sie eigentlich! Wie unendlich nervig, wie sehr ziehen sie uns in ihren Bann, bis unsere Augen brennen, weil wir schlicht vergessen zu blinzeln. Wir versklaven uns, machen uns zu Robotern des technischen Fortschritts mit immer wiederkehrenden, teilweise irrationalen Handlungsmustern…

Und dabei sind sie doch so langweilig! Immer das gleiche Bild, wohin wir blicken! Nach irgendetwas Interessantem spähend! Ständig checkend, ob es etwas Neues gibt, irgendeine Sache, die uns – wieder einmal – von den alltäglichen Sorgen abziehen kann; eine neue Nachricht auf Whatsapp vielleicht? Eine neue Mail vielleicht? Schon wieder diese Twitter-Benachrichtigungen, diese ewig langweiligen Mitteilungen, dass jemand irgendetwas favorisiert hat, „retweetet“ hat, was man, fast schon automatisiert, mitgeteilt hatte, weil man es ja so wichtig fand …

Man erfährt jederzeit und in Echtzeit, wer – was – wo tut, wer – wann – wo ist und was er/sie gerade denkt oder fühlt. Man sieht unendlich viele „neue“ Nachrichten in den mobilen Zeitschriften, Blogs, Portalen… …und alles das soll man lesen?!? Auch dieses hier?! Ach wie langweilig ist all das plötzlich! Langweilig, weil es keine wirklich coolen Neuigkeiten mehr gibt, die uns zu einem ultimativen „Kick“ verhelfen könnten! Es sind einfach zu viele, zu viele unnütze oder auch zu viele gleiche, immer wiederkehrende Nachrichten. Kriege, Verbrechen, wenn sie nicht gerade in unmittelbarer Umgebung passieren, werden ignoriert, von einem dumpfen Bewusstsein verdrängt, weil sie kaum mehr fassbar sind. Das Zuviel hat uns überwältigt… Das Mehr konditioniert… und: Das Wesentliche ist in die Ferne gerückt…

Es gibt kein „vernünftiges“ Mass mehr (was ist schon „vernünftig“; wer weiss es denn noch?). Der Überfluss hat gesiegt. Das Alles-und- jederzeit Verfügbare stillt irgendetwas ganz Zentrales in uns nicht mehr. Etwas, was jenseits der Zeit, jenseits des verfügbaren liegt. Und dennoch: etwas ahnen wir gleichwohl… Aber, es bleibt immer an der Oberfläche dieser Bildschirme hängen. Still und heimlich (oder besser: unheimlich), schleicht sich allmählich Unmut ein: Handy ein, Handy aus, ein, aus, ein, aus… Moment, nochmal schnell checken – – – vielleicht passiert gerade – JETZT – etwas ganz unglaubliches, etwas, was mir diesen lang ersehnten Kick verleiht, mich anstachelt, antreibt, weiter bringt… doch – wieder nichts. Alles, was kommt, wird schnell wieder vergessen, versandet im Nichts, im Nirwana eines endlosen Gähnens…

Selbst die vielen wundersamen Games mit ihrer 3-Dimensionalen, phantastischen Grafik, vermögen mit der Zeit nicht mehr wirklich zu befriedigen. Level um Level wird erreicht. Alles verlangt immer wieder nach noch mehr, noch besserem, noch schnellerem, nach etwas in uns, was endlich einmal (in ferner Zukunft vielleicht) zufrieden gestellt werden könnte.
Aber das letzte Level – wird niemals erreicht! Irgendwann wird alles langweilig. Alles… …weil wir nach etwas anderem suchen. Wir suchen immer wieder von Neuem – nach Neuem, nach dem Ultimativen, nach dem Letztgültigen, nach dem, was uns irgendwann einmal so tief befriedigt, dass wir nichts Neues mehr wollen!!! Etwas zeitloses, raumloses – ein ewig Seiendes… Aber die Illusion, der Reiz des Neuen packt uns immer wieder, zieht uns in den Bann des Besonderen, was den mühsamen Alltag versüßt. Wir können uns ihm nicht entziehen. Wir werden immer nur für eine gewisse Zeit befriedigt, dann – ist es aus… Ende – Tod… „dumm geboren und nichts dazu gelernt…“, heißt es dann…

So reiht sich Höhepunkt an Höhepunkt in unserem Leben.
Aber nach jedem Höhepunkt folgt ein Fall in die Tiefe.
Wir schwanken wie Schiffchen in den Stürmen des eigenen Seelen-Gewirrs
und merken dabei nicht, dass dieses Suchen solange weitergehen,
wiederkehren muss,
bis wir angekommen sind.
Angekommen… im Jetzt

…bei uns selbst…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie… und jetzt neu auch eines über Anthroposophie… Glaube oder Wissenschaft? und über Kunst – ein kreatives Thema… und noch ein Kunstbuch mit dem Titel: Form-Lust

Der richtige Weg…

fahrradfahrerAuf dem Weg von Weil über Frankreich in die Schweiz nach Basel überquert man eine grosse „Passerelle“, die dort seit einigen Jahren in einem stolzen, geschwungenen Bogen majestätisch den Rhein überquert und Deutschland mit Frankreich verbindet. Sie wird deshalb nicht zu unrecht „Europabrücke“ genannt.

Da mich seit geraumer Zeit mein Arbeitsweg über diese Brücke zur Wirkstatt nach Basel führt, kenne ich mittlerweile die kürzesten Wege dorthin schon ziemlich gut. Etabliert hat sich der eine („Chemie-) Weg“ via BASF und Novartis am Spielcasino und der psychiatrischen Klinik vorbei in Richtung Wasgenring und schliesslich ans Endziel Largitzenstrasse. Vor einigen Tagen sah ich kurz vor der Grenze ein Paar mit ihren Fahrrädern auf mich zukommen. Genau dort, wo sich der Radweg – nach der Schweizergrenze ins Elsass – von der besagten Abkürzung scheidet, kreuzten sich nun die Wege jener zwei Radfahrer und mir. Auf dem sportlichen „Herrenrad“ sass ein ebenso sportlich gekleideter Mittfünziger, der aussah wie Didi Thurau höchstpersönlich. Er entpuppte sich indessen als holländischer Tourist mit vorn auf dem Lenker aufmontierter grosser Radkarte. Die weniger sportliche und etwas einfacher bestückte Frau war unterdessen bereits auf dem abgekürzten Weg in der Ferne entschwunden, als „Didi“ mich nach dem Weg fragte: „Entschuldigen sie, wie komme ich denn zur Europabrücke“. Mit der Gewissheit eines Routiniers antwortete ich zielsicher und bestimmt. „Ja, da gehen sie am besten hier entlang“ und ich zeigte auf die Strasse, wo man gerade noch seine Frau in der Ferne entschwinden sah. „Aber der Radweg ist doch hier aufgezeichnet“, erwiderte der Holländer und zeigte mit grosser Handgeste auf den am Boden eingezeichneten weissen Streifen mit dem aufgedruckten Fahrrad. Dieser Weg führe bestimmt auch irgendwann zur Europabrücke, erklärte ich ihm ruhig, jedoch mit einem erheblichen Umweg via Stadtzentrum des französischen Städtchens Huningue. Inzwischen war seine Frau bereits „um die Ecke gebogen“ und würde in etwa 3 Minuten und in gemächlichem Tempo den Rhein erreicht haben. Didi aber gab sich noch immer nicht zufrieden. Wieder hackte er, auf seine Karte zeigend, jetzt allerdings schon etwas ungehaltener, nach.  „Aber hier, sehen sie denn nicht, da ist der Weg doch eingezeichnet! Und auf dem Boden ist ebenfalls ein Radweg markiert! Es MUSS doch hier entlang gehen!?!“ „Ja, gewiss, gewiss, Sie können den Weg hier auch nehmen“, beruhigte ich den inzwischen aufgebrachten Radler schliesslich und lenkte zustimmend ein. Nur still sagte ich zu mir…: „Sturkopf“. Der Mann büschelte entnervt seine Karte auf dem Lenker zurecht, trat heftig ins Pedal und fuhr den besagten Umweg, während dem seine Frau wohl bereits seit einigen Minuten an der Europabrücke angelangt war.

Noch lange habe ich mir Gedanken über diese Begegnung gemacht. Man kann lange darüber grübeln, weshalb er mich denn überhaupt gefragt hat, wenn er doch schon zum Vorherein sicher war, wo der Weg, SEIN Weg durchführen würde. Wohl nur, um von mir die bereits von ihm vorgefasste Meinung bestätigt zu bekommen, nachdem er deswegen mit seiner Frau Streit bekam – mit ihr, die doch NICHT RECHT HABEN konnte, weil sie NICHT NACH DER KARTE, sondern intuitiv (richtig) gefahren war…

Und die Moral von der Geschichte. Rechthaben ist auch eine Sportart aber eine, die je nach dem erst auf Umwegen zum Ziel führt…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

ICH …und die Welt

AussenDer Blick nach aussen ist das „alles-in-Frage-stellende“. Gedanken, Gefühle und Handlungen anderer werden bezweifelt, angefochten, berichtigt, „ergänzt“ (das ist die edle Variante, denn ergänzen kann man immer, alles, ein Leben lang), beurteilt, verurteilt, bevorzugt, benachteiligt und alles, was Berichtigung, Korrektur der anderen („falschen“) Weltbilder ist. Das Eigene ist Zentrum des Bewusstseins, Zentrum des „Für-wahr-haltens“. Die Intelligenz, die Cleverness, Bildung, Wissen usw. sind der Gradmesser dieser Haltung dem Leben und Denken gegenüber.

InnenDer Blick nach innen zeigt eine ganz andere Welt, die Eigene! Er benötigt die Haltung des Betrachters, des Beobachters, der die „Eigen-heiten“ erkennt und wahr-nimmt. Das eigene Urteil wird aus dem Blickwinkel des/der Anderen gesehen. Dessen, der vielleicht eine Welt statt in rot, in blau (oder grün, oder rosa…) sieht. Sie ist ebenso richtig und ebenso falsch, wie meine rote Welt. Sie IST halt einfach. Sie beweist NICHTS. Denn die Färbung ist die Färbung der eigenen (beschränkten) Persönlichkeit. „Wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein…“

Innen-AussenSo gibt es zwei Welten. In der ersten bin ich Akteur, Beteiligter, Auslöser, Wirkender, Schaffender. Ich tue dies aus dem Behältnis eigener Erfahrungen, Lehren und Intelligenz. In der Zweiten bin ich „nur“ Beschauer, Betrachter, passiv, aber wach: Erkennender dieser anderen Welt in mir. Ich trete ihr wohlwollend gegenüber, sie umfassend, ja liebend! Aber ERKENNEND. Ich BIN NICHT jene Welt, für die ich mich im Normalfall so sehr einsetze, für die ich so sehr kämpfe. Das ist die grösste Erfahrung jedes Suchenden. Denn was er sucht, ist schon längst in ihm…

Das Einzige, was bezweifelt und verurteilt werden kann ist die Sturheit, Abgrenzung und Intoleranz gegenüber dem/den Anderen… Intoleranz gegenüber der Intoleranz ist die einzige Legitimation für Intoleranz…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Gedankenfetzen: Vorstellung und Geist?

vorstellungDas persönlichkeitsverhaftete Denken nenne ich Vorstellung. Nicht aber jenes befreite, aktive Denken, welches sich von jeglichem Egoismus gelöst hat und, sich selbst erkennend – also den Akt des Vorstellens beobachtend – erfährt. Frei von Konventionen, frei von Dogmatismen, frei von Traditionen und frei von jeglicher mit der Persönlichkeit verhafteten Verhaltensweise.

Insofern ist Vorstellung zwar Geist. Aber sie ist ungereinigter, vom Schlamm persönlicher Sympathie und Antipathie beladener, verdeckter Geist. Geist, der sich eingehüllt, hinter der Fassade der Persönlichkeit, hinter dicken Mauern, versteckt.

Das ist zwar nur eine Definition. Eine von mir persönlich gefärbte Definition. Anyway… nicht der Begriff machts aus, sondern der Geist, welcher hinter dem Begriff steckt. Wir können die Vorstellung auch „Praximodufikantus“ nennen oder mit anderen, ähnlich phantasievollen Worten belegen. Das einzige wichtige ist für die Verständigung die Übereinkunft der Formulierung, also die gemeinsame Begriffsdefinition. Vielleicht haben Sie eine andere Vorstellung davon, was Vorstellung sei. Voilà! Das genau meine ich…

Gibt es eine Legitimation für Begriffe? Ein Patentrecht sozusagen? Sind die Worte, die wir gegenseitig austauschen, objektiv? Ist der Duden oder Wikipaedia rechtsgültig? Zweiterer definiert den Begriff, im psychologischen Sinne, folgendermassen:

[1] Psychologie: die gedankliche, vergeistigte, innere Abbildung (Projektion) der (äußeren) Realität, Wirklichkeit, im inneren (Gedächtnis, Gefühl, Bewusstsein), die real erlebte Projektion der (äußeren) Realität/ Wirklichkeit | also: vorgestellt vor die Realität/.., darum Vorstellung – aber eigentlich zwischen äußerer Realität/.. und (durch Wahrnehmung dieser Realität/..) im inneren Gedächtnis,.. abgebildeter, wahrgenommener, innerer Realität/ Wirklichkeit

Die Frage bleibt, selbst bei einer „inneren Abbildung der Realität“ bestehen: Wie wirklich ist diese Realität durch unsere individuellen, persönlichen Sinne betrachtet. Wodurch wird die reine Wahrnehmung, das Abbild gefiltert oder gestört? Wie entstehen Urteile? Und warum gibt es so krasse Wahrnehmungsunterschiede, bei aller Liebe zur „Wahr“- nehmung? Jede Projektion hat einen Bezug zur individuellen Entwicklung jedes einzelnen Menschen und ist in diesem Sinne immer nur als „persönliche, subjektive Wahrnehmung“ aufzufassen. Die Hauptfrage bleibt, ob es eine Möglichkeit gibt, diese Mauern, die Hüllen innerhalb der eigenen Persönlichkeit zu durchbrechen?! Und wer, ausser wir selbst, können diesen Schleier lüften…?
Diese Fragen versuche ich in meinem Buch über Selbst-Reflexion zu beantworten…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Gedankenfetzen

Alles hat miteinander zu tun. Je weiter wir die Kreise der Zusammenhänge ziehen können, umso bewusster sind wir. Letztlich ist alles nur eine Frage des gemeinsamen Nenners. Wer den Zusammenhang zwischen zwei unterschiedlichen Dingen nicht sieht, hat lediglich ein Bewusstseinsproblem…

Instabilität als Triebkraft

Gedankenfetzen 2

GrafikImmer auf der Suche sein. Auf der Suche nach neuen Wegen, neuen Werten… neuen Worten für alles. Ist dies der Weg? Oder führt er ab vom Strom?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und alles was ihn instabil macht, meidet er tunlichst. „Auf der Suche sein“ ist nicht „en vogue“. Bestenfalls als esoterischer Kurztrip ins vermeintliche Nirvana, um schon nach dem etwas „ver-rückten“ Weekend mit dem bekannten Guru, wieder in normale Alltagsbahnen einzulenken. Ein Retreat hier, ein Retreat da, um mitreden zu können, um interessant zu sein.

Nichts gegen solche Veranstaltungen. Sie können Wegmarken sein, Hinweise für „das andere“ in uns. Sie können uns auf „etwas“ hinführen, wegweisend sein. Die wirkliche Veränderung geschieht dennoch erst mit der Instabilität. Zurücktreten, innehalten ist gut. Nur, was geschieht danach? Was tun wir damit?

Das Leben selbst ist nie stabil. Es bewegt sich wie die Wellen oder der Wind. Es ist die Kraft hinter den Dingen, hinter allem, was wir sehen, hören, denken und fühlen. Wir sehen es nicht und dennoch existieren wir nur mittels dieser Kraft des Lebendigen. Manche nennen sie Gott, andere Chi oder ähnlich, es bleibt dasselbe, nur mit anderen Worten ausgedrückt…

Wer Veränderung will, muss sich auf das Abenteuer Instabilität voll und ganz einlassen. Erst dann wird das Zentrum in Dir spürbar, das eigentliche Sein, das, was uns trägt. Aber zuvor werden wir von den Wellen hundert mal weggespült, vom Sturm tausend mal geschüttelt…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Gedankenfetzen: Wohlstand

Gedankenfetzen 1:

mato | bilder
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Alle unsere Gedanken und Gefühle – und letztlich die Taten, sind darauf ausgerichtet, unseren materiellen Wohlstand zu erhalten.

Schon im Kindesalter werden wir dahingehend erzogen, einen „anständigen“ Beruf zu erlernen, etwas „Gescheites“ zu tun (dazu gehört definitiv nicht der Beruf eines Künstlers oder Schriftstellers), um später gut durchs Leben zu kommen, ein schönes Haus zu kaufen, eine Familie zu begründen, vielleicht ein tolles Auto zu fahren.
Und wir versuchen in den folgenden 40 bis 50 Jahren unseres Arbeitslebens, nachdem wir diese „Grundausbildung“ nach 20 Jahren abgeschlossen haben, stets, diesen materiellen Wohlstand aufrecht zu erhalten, um dann auch im Alter, im sogenanntem Ruhestand, von dem wir nicht wissen, wie lange er dauert, geschweige denn, ob wir ihn überhaupt erleben, davon zehren zu können.

Alles wird nach diesem Ideal ausgerichtet.
Wir geben es unseren Kindern genauso weiter, wie wir es selbst vermittelt bekommen haben. Mögen unsere Beziehungen leiden, unsere wirklichen Interessen und Freuden immer mehr in den Hintergrund rücken: wir klammern uns unerbittlich und fest an diesem Ziel.
Denn es ist zur Massensuggestion geworden, zu einem „Zahir“*, der uns innerlich gefangen hält.
In dieser Art und Weise verbauen wir der wahren Energie des Lebens und der Liebe jede Macht, um uns zu erfüllen…
Und jede Entwicklung, ob persönlich oder global, stockt solange, bis wir begriffen haben, dass sich das „Universum“ nicht an diesem Ideal orientiert…

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Im Sinne Paulo Coelhos ist der Zahir (gemäß seinem gleichnamigen Roman) etwas festgefahrenes in unserem Denken, etwas, was uns gefangen hält und über lange Zeit zum handeln verleitet…

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