Ein „individuelles Grundeinkommen“

Einleitende Gedanken

monopoly

„Das Geld ist da, der Platz zum Horten auch. Und sie sind ja schön, die Möbel, das Auto, die Klamotten. So füllt sich der Rucksack des Lebens. Und unter ihrem wuchernden Hausstand schleichen die Menschen langsamer und langsamer dahin. Bis endlich alle Bewegungsenergie verbraucht ist und sie zu Archivaren im Museum ihres eigenen Lebens geworden sind…“ (Hermann Scherrer)

Die Frage nach einem „bedingungslosen Grundeinkommen“, die in den vergangenen Jahren hitzige und kontroverse Diskussionen auslöste, hat auch mich zunehmend und nachhaltig beschäftigt. Vor allem die Frage: wie kann ich mich, auch ohne die offizielle staatliche Zustimmung (Stichwort: bevorstehende Volksabstimmung in der Schweiz), für ein solches Anliegen auf Vordermann bringen und mein Leben in wirtschaftlicher Hinsicht individuell optimieren…

Damit soll nun nicht wieder ein neues „System zur Rettung der Menschheit“ propagiert werden, sondern lediglich eine kleine praktische Möglichkeit ohne objektiven Charakter. Es geht mir hier also nicht um die Frage nach der Bewertung eines generellen, staatlich abgesegneten Grundeinkommens, sondern darum, sofort und ohne Rechtfertigungszwang, ganz unverbindlich und höchst privat sozusagen, etwas monetäre Ordnung unter neuen Gesichtspunkten in das eigene Leben bringen.

Entgegen allem Wachstumszwang gehört erstens etwas Mut dazu und zweitens die Einsicht, dass jeder von uns Teil des „Systems“ ist. Auch im Zusammenhang mit meinen Kernanliegen (Selbstreflexion als soziale Kernkompetenz) oder generell allen Themen gegenüber, wo es um dieses „Kern“ – Geschäft, nämlich dem Finden des eigenen (Kerns) geht …im Zusammenhang also mit diesen Fragen, ist es nicht unbedeutend, auch immer wieder über Geld (im Sinne des Geistes, der darin liegt) nachzudenken. Wie bereits in den zwei Aufsätzen „Die 7 Abhängigkeiten“ erwähnten Argumenten, verhindern gerade diese Geldangelegenheit erfolgreich die tieferliegenden Anliegen unseres Herzens. (Vor allem bei denen, die es nicht haben…). Inzwischen gibt es einige scheinbar erfolgreiche Modelle für ein Leben ganz ohne Geld. Wenngleich solche Bemühungen spannend und lobenswert sind, so bleiben sie dennoch in den meisten Fällen sekundär im „System“ verankert (über Freunde, die Geld haben oder Nahrung, Unterkunft zur Verfügung stellen usw.).

Aufgrund dieser Ideen kam ich auf die Frage, wie sich das persönliche Leben trotzdem für jeden, unter Berücksichtigung der eigenen sozialen Anliegen, optimieren lässt! Es fielen mir einige Dinge auf, die vielen von uns üblicherweise eigen sind, wenn wir in wirtschaftlichem Sinn an „Optimierung“ denken. Dabei geht es uns – und (fast) jedem Unternehmen auch – hauptsächlich um die Optimierung der Einnahmenseite des Budgets, der „Mehr – Bilanz“, wie ich sie nenne. Dies erfordert ein hartes Abgrenzen und Konkurrenzdruck, ein sich Behaupten gegenüber den anderen, die sich genau so verhalten:

Mehr –  Bilanz:

Absurderweise findet man diese Maxime auch in Bereichen, wo sie etwas seltsam anmuten. Zum Beispiel wenn ein großer Pharmakonzern davon träumt, dass ein Medikament ein „Kassenschlager“ wird. Dies kann es ja nur, wenn möglichst viele Menschen die dem Medikament zugrunde liegende Krankheit haben (bekommen). Man kann sich fragen, ob die Interessen da bei der Gesundheitsförderung liegen. Dies nur als Nebenbemerkung…
Doch zurück zum Thema: Normalerweise hat man (jetzt mal aus privater Sicht) ein Einkommen zur Verfügung, welches sich aus regelmäßigen oder spontanen Einkünften generiert. Daraus errechnet man dann die einzelnen Posten und Ausgaben für fixe und variable Kosten, die man z.B. für ein Jahr zu erwarten hat.
Die meisten Menschen versuchen dabei stets, die Einnahmenseite zu verbessern, sprich immer mehr zu verdienen. „Wenn du mehr hast, kannst du mehr ausgeben und dir mehr leisten„, sagen sie. „Du kannst im nächsten Jahr vielleicht länger Ferien machen oder mal etwas weiter reisen als normal oder es liegen gewisse Extras drin, wie z. B. ein neuer Fernseher oder eine neue Play-Station, ein Motorrad oder ein kleines Pool im Garten, neue Möbel oder ein neues Auto usw.“

Die Rechnung zielt also bei vielen Leuten auf Wohlstandswachstum ab. Dazu kommt (das muss gerechterweise erwähnt werden), dass die Preise stetig steigen , die Lebenskosten werden höher, die Krankenkassen Prämien schwellen von Jahr zu Jahr an usw. (nur: eben gerade deswegen, weil die anderen auch unter dem Motto des „Mehr“ wirtschaften). Ungeachtet dieser gegebenen Faktoren, die (zunächst) nicht beeinflussbar sind, stehen die anderen, persönlichkeitsabhängigen gegenüber. Wohl könnte die Vermutung nahe liegen, dass die Einsicht in dieses Verhalten und eine Kehrtwende aller, die sich dessen bewusst werden, durchaus auch auf die Preise, im positiven Sinne, nachhaltige Auswirkungen hätten. Die Kehrtwende müsste über eine andere Art der Bilanzierung erfolgen, die ich hier die Weniger – Bilanz nenne.

Weniger – Bilanz 

Ich habe mir die Überlegung gemacht, wie kann man das Gegenteil der erwähnten Entwicklung erreichen und eine Kehrtwende einleiten. Das hieße nicht etwa sparen, verzichten, leiden und Abstriche machen bis zum „geht-nicht-mehr“, sondern, bei einem weiter andauernden Wohlgefühl, dennoch Kostenaufwände zu minimieren. Die Bilanz würde dann etwas anders aussehen, weil die Frage umgedreht wird. Also nicht, wie kann ich immer mehr erhalten um mir mehr zu leisten, sondern wie viel muss ich arbeiten, um demjenigen Standard gerecht zu werden, den ich aufrecht erhalten möchte! Das mag nun nach Vollaskese aussehen und auf manche Hardcore-Egos abstossend wirken. Aber das muss nicht zwingend so sein. Die Verlagerung findet zwar mittel- und langfristig auf der Seite der persönlichen Ansprüche statt, was das Geld anbelangt, wiegt dafür umso mehr die andere Seite auf, Raumgewinn und Zeitgewinn. Es ist also lediglich eine Frage der Prioritäten – und damit mehr Freiheit. Dazu unten mehr…

Um nun konkret zu werden, kann man eine Kostenrechnung der Ausgangslage aufstellen. Welche Kosten verursache ich gegenwärtig. Dafür gibt es dutzendweise Checklisten im Internet, die helfen, solche Kosten realistisch einzuschätzen. Diese Aufstellung zeigt mir dann eine Gesamtsumme meines aktuellen Standards. In meinem Fall (als Selbstständiger), könnte ich nun ausrechnen, wie viele Arbeitseinheiten ich pro Woche leisten muss, um diesen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Dazu teile ich die Summe der, meines Erachtens unabdingbaren, Ausgaben durch die Jahreswochenzahl und die Honorareinheit, die ich berechne. Dies ergibt die zu leistenden Stunden meines persönlichen Nutzungsniveaus, welches ich aktuell erhalten muss oder will. Vielleicht ist der eine oder andere erstaunt, was dabei herauskommt. Dabei kann sich jeder im Laufe der folgenden Jahre die eine oder andere „Unverzichtbarkeit“ zu Gemüte führen und das Wohlfühlniveau stets nach Belieben nach unten (im Sinne des Geldes), oder nach oben (im Sinne der Freiheit) korrigieren… („das letzte Hemd hat ja eh keine Taschen…“)

Man kann sich fragen: Was soll das ganze?

Ziel der ganzen Angelegenheit ist die Optimierung freier Zeit, die nicht kostenabhängig ist. Zeit, die mir zur Verfügung steht, genau das zu tun, was mir wirklich am Herzen liegt, fern von jeglicher systemrelevanter und monetärer Pflichtleistung. Diese freie Zeit kann von Jahr zu Jahr optimiert werden. Alle in der Mehr – Bilanz angeführten Posten, lassen sich jederzeit durchchecken. Immer mit der Frage der absoluten Notwendigkeit. Dabei sollte es nie zu großen oder unrealistischen Einschätzungen kommen. Die Freude sollte nie durch negative Belastungen überdeckt werden. Wer es liebt, von Zeit zu Zeit auswärts essen zu gehen und dazu gerne eine gute Flasche Wein trinkt, der kann sich ja überlegen, ob es auch vier mal im Monat reicht statt der bisherigen 8 mal. Damit kann er schon leidlich Geld sparen ohne deswegen gleich unter schwerem Verzicht zu leiden. Dies nur als Beispiel. Für jedes eingesparte Vergnügen bekommt man auf der anderen Seite freie Zeit geschenkt. Dabei ist es ja nicht verboten, dass auch die dortigen Leistungen (also die der „freien Zeit“) Geld einbringen dürfen. Sie müssen nicht zwingend ehrenamtlich sein. Aber es besteht bei der „Weniger – Taktik“ keine absolute Notwendigkeit und keine Abhängigkeit mehr. (Dieses Privileg haben normalerweise nur sehr reiche Leute…)

Es geht ja immer darum, den Raum der eigenen Herzensangelegenheiten zu vergrößern. Das heißt Befreiung von Pflichtabhängigkeit wirtschaftlicher Art. Der Vorgang beschreibt eine Methode, sich selbst eine Art „individuelles Grundeinkommen“ zu sichern ohne den Verlust von Freude und Begeisterung (im Sinne Urslis…;-) und dabei die Abhängigkeiten äußerer Faktoren zu verringern (siehe auch letzte Artikel über die sieben Abhängigkeiten).

Beispiele für Budgetvorlagen

Urs Weth, „Selbst-Reflexion als soziale Kernkompetenz“ – „Ursli und der Traum vom Schiff“, Kinderbuch… – „Lebendige Prozesse“, Fachbuch über Kunsttherapie…

Veröffentlicht von

weth

1956 in der Schweiz geboren; Autor, Bildhauer, Werklehrer, Architekt und früher einmal Hochbauzeichner und Maurer...

RSS
Follow by Email
LinkedIn
Share
%d Bloggern gefällt das: